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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 12.03.2009
Aktenzeichen: 14 K 1916/07
Rechtsgebiete: ZKostV, VwKostG


Vorschriften:

ZKostV § 9 Abs. 2
VwKostG § 11 Abs. 1
VwKostG § 14 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

(bisher 14 K 250/06)

hat der 14. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht ......,

des Richters am Finanzgericht ...... und

der Richterin am Finanzgericht ...... sowie

der ehrenamtlichen Richter ...... und ......

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. März 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Der Kostenbescheid vom 31. August 2005 und die Einspruchsentscheidung vom 12. Dezember 2005 werden aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Gründe:

I. Streitig ist, ob der Klägerin Auslagen in Rechnung gestellt werden durften, die der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA) M für die Untersuchung von Waren im Zusammenhang mit der Erteilung von verbindlichen Zolltarifauskünften (vZTA) entstanden sind.

Die Klägerin beantragte im April 2005 bei der ZPLA der Oberfinanzdirektion K, die Erteilung von vZTA für vier Arzneimittel und begehrte die Einreihung in die Unterpos. 3004 9019 (andere Arzneiwaren, in Aufmachung für den Einzelverkauf, andere als Jod oder Jodverbindungen enthaltend) der Kombinierten Nomenklatur (KN). Auf drei der vier Anträge war in Feld 5 mit Bleistift handschriftlich der Vermerk "Ausfuhr in Drittländer" angebracht.

Da die ZPLA der Oberfinanzdirektion K der Meinung war, dass eine Einreihung als Arzneiware in das Kapitel 30 des Zolltarifs ausgeschlossen sei und vielmehr eine Einreihung in Kapitel 21 des Zolltarifs (verschiedene Lebensmittelzubereitungen) in Betracht komme, leitete sie den Antrag an die hierfür zuständige ZPLA M weiter. Diese veranlasste eine Untersuchung der vorgelegten Warenmuster, um eine zweifelsfreie Einreihung in die achtstellige Unterpos. des Kapitels 21 der KN vornehmen zu können.

Mit Kostenbescheid vom 31. August 2005 setzte der Beklagte (die Oberfinanzdirektion N - ZPLA M, deren Zuständigkeit für die Erteilung von vZTA ab 1. Januar 2009 auf das Hauptzollamt übergegangen ist), gegenüber der Klägerin Kosten in Höhe von insgesamt 475,28 EUR fest, weil es sich hierbei um nach der Zollkostenverordnung gebührenpflichtige Untersuchungen gehandelt habe. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies die Oberfinanzdirektion N mit Einspruchsentscheidung vom 12. Dezember 2005 als unbegründet zurück.

Mit vier vZTA vom 31. August 2005 wurden die Waren als "Lebensmittelzubereitungen, anderweit weder genannt noch inbegriffen, keine der Unterpos. 2106 1020 bis 2106 9059, mehr als 5 GHT Glukose oder Stärke enthaltend" in die Codenummer 2106 9098 der KN eingereiht.

Auf die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene, weiterhin auf Einreihung der Waren in die Unterpos. 3004 9019 der KN gerichtete, Klage hob das Finanzgericht die angefochtenen vZTA mit Urteil vom 19. April 2007 - 14 K 249/06 auf, wies aber die weitergehende Verpflichtungsklage ab. Das Gericht urteilte, dass die vZTA nicht hätten erteilt werden dürfen, weil die Waren, für welche die vZTA beantragt wurden, nicht Gegenstand einer Amtshandlung durch Zollstellen der Europäischen Gemeinschaft werden sollten, bei der die Tarifierung der Waren von Bedeutung ist. Die Klägerin habe nämlich angegeben, dass die in Deutschland entwickelten und hergestellten Waren nach Weißrussland ausgeführt werden sollten und sich die dortigen Zollbehörden bei der Einfuhrabfertigung an der in Deutschland vorgenommenen Tarifierung orientierten. Dass die Tarifierung der Waren für ihre Ausfuhr erheblich sein könnte, sei nicht ersichtlich. Außerdem wurde die Oberfinanzdirektion N dazu verurteilt, die Hälfte der Kosten des Verfahrens zu tragen, weil sie die vZTA trotz zutreffender Angaben der Klägerin in ihren Anträgen, dass die Waren ausgeführt werden sollen, erteilt habe. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hatte keinen Erfolg (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 20. November 2007 VII B 114/07, BFH/NV 2008, 421).

Mit ihrer Klage gegen die Einspruchsentscheidung vom 12. Dezember 2005 bringt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass der Beklagte lt. Urteil des Gerichts vom 19. April 2007 die vZTA nicht hätte erteilen dürfen und demzufolge auch nicht befugt gewesen sei, kostenpflichtige Untersuchungen zur Bestimmung des exakten KN-Codes durchzuführen. Nach den Feststellungen des Gerichts in diesem Urteil habe der Beklagte die vZTA trotz zutreffender Angaben erlassen.

Die Klägerin beantragt,

den Kostenbescheid vom 31. August 2005 und die Einspruchsentscheidung vom 12. Dezember 2005 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bringt im Wesentlichen vor, dass der Umstand, dass die Klägerin die vZTA für die Verzollung in Weißrussland nutzen habe wollen, zu keinem Zeitpunkt des Erteilungsverfahrens der vZTA bekannt gewesen sei. Die Klägerin habe die Untersuchung und damit die Kosten veranlasst.

Sie sei auf die erforderliche Untersuchung zur Einreihung in die KN und die damit verbundenen zusätzlichen Kosten hingewiesen worden. Dies sei von der Klägerin akzeptiert worden. Im Übrigen sei die Kostenschuld mit Eingang der Anträge auf Erteilung der vZTA entstanden. Die durchgeführten Untersuchungen seien unabhängig von der tatsächlichen Erteilung einer vZTA kostenpflichtig, da die Kostenschuld bereits mit Eingang des Antrags, spätestens jedoch mit Beendigung der Untersuchungen entstanden sei. Außerdem seien die durchgeführten Untersuchungen zur Ermittlung der zutreffenden Warennummer erforderlich gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegten Akten und die von den Beteiligten im Verfahren eingereichten Schriftsätze sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung hingewiesen.

II. Die Klage ist begründet. Die Oberfinanzdirektion N hat gegenüber der Klägerin zu Unrecht Kosten für die Untersuchung der streitgegenständlichen Waren festgesetzt.

1. Die Gebührenschuld ist nicht bereits mit Eingang der Anträge bei der ZPLA nach § 11 Abs. 1 Alt. 1 Verwaltungskostengesetz (VwKostG) entstanden, denn bei der Erteilung einer vZTA handelt es sich um keine gebührenpflichtige Amtshandlung (vgl. Art. 11 Abs. 2 Satz 1 Zollkodex), so dass auch noch nicht mit dem Eingang eines Antrags auf Erteilung einer vZTA eine Gebührenschuld entstehen kann.

Der Beklagte kann sich insoweit nicht auf § 15 Abs. 2 VwKostG berufen, denn diese Vorschrift setzt voraus, dass die beantragte Amtshandlung - hier die Erteilung einer vZTA - gebührenpflichtig ist. Dies ist vorliegend aber gerade nicht der Fall.

2. Die Gebührenschuld ist auch nicht nach § 11 Abs. 1 Alt. 2 VwKostG mit Beendigung der Untersuchung der Warenmuster entstanden, denn es hat sich hierbei nicht um nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 Zollkostenverordnung kostenpflichtige Untersuchungen gehandelt. Nach dieser Vorschrift ist die Untersuchung von Waren durch eine ZPLA kostenpflichtig, wenn sie durch einen Antrag auf Erteilung einer vZTA veranlasst ist. Durch einen Antrag ist aber nur das veranlasst, was grundsätzlich der Erteilung einer vZTA zugänglich ist.

Im Streitfall hätte die ZPLA auf die von der Klägerin hin gestellten Anträge keine vZTA erteilen dürfen, sondern die Erteilung von vZTA vielmehr ablehnen und von der Durchführung der Untersuchungen absehen müssen.

Die in den Anträgen auf Erteilung einer vZTA genannten Waren sind nämlich zum einen weder zum Zeitpunkt der Antragstellung eingeführt worden noch ist Derartiges zukünftig beabsichtigt gewesen und zum anderen ist eine vZTA für die beabsichtigte Warenausfuhr auch nicht wegen einer Ausfuhrabgabe, einer Ausfuhrvergünstigung oder einer sonstigen zolltariflich relevanten Maßnahme benötigt worden. Die bloße Ausfuhr einer Ware zur Belieferung von Kunden in Drittländern rechtfertigt die Erteilung einer vZTA nicht (vgl. Urteil des Finanzgerichts München vom 19. April 2007 - 14 K 249/06 und BFH in BFH/NV 2008, 421).

Da der handschriftlich auf den Anträgen auf die Erteilung einer vZTA angebrachte Vermerk "Ausfuhr in Drittländer" unstreitig bereits bei der Verbescheidung der Anträge vorgelegen und die Klägerin in ihren Anträgen in Feld 5 nicht angekreuzt hat, dass die Einreihung zum Zwecke der Ausfuhrerstattung erfolgen sollte, stand bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung fest, dass die Anträge der Klägerin auf Erteilung von vZTA unzulässig gewesen sind. Darauf, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung grundsätzlich auch eine Ausfuhrerstattung für Erzeugnisse in Frage gekommen ist, die, wie die streitgegenständlichen Waren, Isoglucose enthalten haben, kommt es deshalb nicht an.

Aus dem Vermerk der ZPLA vom 19. August 2005 über eine telefonische Rückfrage bei der Klägerin, wonach diese auf der achtstelligen Unterpos. bestanden habe, ergibt sich nichts anderes. Denn daraus kann nicht gefolgert werden, dass sich diese Forderung auf die Einreihung in die Position 2106 der KN bezogen hat. Ihrem Antrag entsprechend ist vielmehr davon auszugehen, dass sie eine Einreihung in die achtstellige Unterpos. des Kapitels 30 als Arzneimittel begehrt hat. Hierfür sind die streitgegenständlichen Untersuchungen aber nicht veranlasst gewesen. Für die Klägerin ist es unerheblich gewesen, in welche achtstellige Unterpos. des Kapitels 21 der KN die ZPLA die Waren einreiht. Also selbst wenn man davon ausgeht, dass es sich bei den streitgegenständlichen Waren um Lebensmittelzubereitungen im Sinne der Position 2106 der KN handelt, hat für die ZPLA keine Veranlassung bestanden, durch aufwändige Untersuchungen die achtstellige Unterpos. des Kapitels 21 zu ermitteln.

Die Untersuchung der streitgegenständlichen Waren zum Zwecke der Einreihung in die achtstellige Unterpos. des Kapitels 21 ist deshalb nicht durch die Anträge der Klägerin veranlasst gewesen. Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache durch die Behörden nicht entstanden wären, dürfen gem. § 14 Abs. 2 VwKostG aber nicht erhoben werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

Ende der Entscheidung

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