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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 13.05.2004
Aktenzeichen: 14 K 3814/02
Rechtsgebiete: GVG, MOG, KStG, Richtlinie 77/388/EWG, UStG, Zust-EG-ELF, FGO, ZAV


Vorschriften:

ZAV § 8 Abs. 2
Zust-EG-ELF § 2 Nr. 2
UStG § 14 Abs. 1 S. 1
UStG § 2 Abs. 3 S. 1
UStG § 3 Abs. 11
KStG § 4
KStG § 1 Abs. 1 Nr. 6
Richtlinie 77/388/EWG Art. 4 Abs. 5
Richtlinie 77/388/EWG Art. 6 Abs. 4
FGO § 33 Abs. 1 Nr. 4
FGO § 70
GVG § 17a Abs. 3 S. 2
Verordnung (EG) Nr. 1256/99
MOG § 34
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Streitsache

wegen Erstellung einer Abrechnung mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer

hat der 14. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung des Richters am Finanzgericht des Richters am Finanzgericht ... und des Richters am Finanzgericht: sowie der ehrenamtlichen Richter ... und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Der Freistaat Bayern bzw. die Landesanstalt für Landwirtschaft wird verpflichtet, dem Kläger eine Abrechnung mit Mehrwertsteuerausweis über den im April 2001 erfolgten Ankauf einer Milchreferenzmenge von 16.500 kg zum Preis von ... zuzüglich 16 v.H. Mehrwertsteuer in Höhe von ... zu erteilen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

I.

Der Kläger ist Milcherzeuger und unterhält einen landwirtschaftlichen Betrieb. Er versteuert seine Umsätze nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes. Beklagter ist der Freistaat Bayern, vertreten durch die Bayerische Landesanstalt für Ernährung, deren Milchquotenverkaufsstelle (nachfolgend: MQV) die Übertragung von Anlieferungsreferenzmengen für Milch betreibt. Streitig ist, ob die Verkaufsstelle auf den Preis für die an den Kläger übertragene Anlieferungsreferenzmenge gesondert Umsatzsteuer auszuweisen hat.

Der Kläger richtete mit amtlichem Vordruck am 20. Februar 2001 ein Nachfragegebot zur Übernahme einer Anlieferungsreferenzmenge nach der Zusatzabgabenverordnung vom 12. Januar 2000 (ZAV, BGBl. l 2000, 27) an die MQV. Darin beantragte er zum nächsten Übertragungstermin die Übernahme einer Anlieferungsreferenzmenge in Höhe von 16.500 kg zu einem Preis von höchstens 2 DM pro Kilogramm. Die MQV teilte am 03.04.2001 dem Kläger mit, dass er zum Übertragungstermin 01.04.2001 mit seinem Nachfragegebot zum Zuge gekommen sei, wobei für diesen Termin ein Gleichgewichtspreis von 1,58 DM pro Kilogramm Anlieferungsreferenzmenge zum Standardfettgehalt von 4 % ermittelt worden sei. Dabei wurde das Nachfragegebot des Klägers wegen eines Überhangs der nachgefragten zur angebotenen Anlieferungsreferenzmenge um 4,16 % gekürzt, so dass sich ein Betrag in Höhe von 24.984,54 DM berechnete. Umsatzsteuer wurde nicht gesondert ausgewiesen. Gegen diesen Bescheid hat der Kläger erfolglos Widerspruch eingelegt.

Der Kläger hat gegen den Widerspruchsbescheid vom 29. August 2001 Klage beim Finanzgericht Nürnberg erhoben und zur Begründung im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Als Verkaufsstellen für die Übertragung von Milchquoten könnten nach den Vorschriften der ZAV auch privatrechtlich organisierte Träger zugelassen werden, die die Möglichkeit des Umsatzsteuerausweises hätten. Auch wenn die Verkaufsstellen wie beiiehene Unternehmer hoheitliche Aufgaben zu erfüllen hätten, spräche dies nicht gegen die Umsatzsteuerpflicht.

Im Referenzmengenverkauf bei bestehenden Pachtverträgen sähe die ZAV eine Rechnungsstellung mit Umsatzsteuerausweis vor, was einen Vorsteuerabzug ermögliche.

Auch würden den zur Regelbesteuerung optierenden Landwirten, wie ihm, durch das bestehende Verfahren erhebliche Nachteile entstehen, da beim Ankauf von Milchreferenzmengen ein Vorsteuerabzug nicht möglich sei, beim Verkauf der Referenzmengen aber Umsatzsteuer abzuführen sei.

Die Tätigkeit der Verkaufsstellen zur Übertragung von Milchreferenzmengen sei eine gewerbliche Tätigkeit i.S. des Umsatzsteuergesetzes. Die Milchreferenzmenge gehe nicht direkt vom Anbieter auf den Nachfrager über, denn eine direkte Zuordenbarkeit sei nicht möglich. Vielmehr gehe die Milchreferenzmenge zum Zwecke der Übertragung auf die Verkaufsstelle über. Die Anlieferungsreferenzmenge werde dann von der Verkaufsstelle an den Nachfrager übertragen. Diese Tätigkeit der Verkaufsstelle sei umsatzsteuerpflichtig, woraus sich der Anspruch auf Ausstellung einer Rechnung mit Umsatzsteuerausweis ergäbe.

Der Kläger beantragt, den Freistaat Bayern zu verpflichten, ihm eine Abrechnung mit Mehrwertsteuerausweis über den im April 2001 erfolgten Ankauf einer Milchreferenzmenge von 16.500 kg zum Preis von ... einschließlich Umsatzsteuer zu erteilen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Unter Bezugnahme auf die Begründung im Widerspruchsbescheid vom 29. August 2001 trägt er im Wesentlichen folgendes vor:

Nach § 2 Nr. 2 der Verordnung über Zuständigkeiten zur Ausführung von Verordnungen der Europäischen Gemeinschaften im Bereich des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ZustV-EG-ELF) in der Fassung vom 27.06.2000 sei allein die Landesanstalt für den Betrieb der Verkaufsstelle und damit zur Übertragung von Anlieferungsreferenzmengen in Bayern zuständig. Die Milchquotenverkaufsstelle übe als Vermittler eine hoheitliche Tätigkeit aus. Ein eigenständiges wirtschaftliches Handeln liege nicht vor, sie trete weder als Käufer noch als Verkäufer von Milchquoten auf. Ein Leistungsaustauschverhältnis liege nur zwischen Anbieter und Nachfrager der Milchreferenzmengen vor. Das anonymisierte Verkaufsstellenverfahren lasse weder Käufer noch Verkäufer erkennen. Daher könne eine Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis nicht ausgestellt werden.

Auch die Möglichkeit, private Unternehmen als Träger einer Verkaufsstelle zuzulassen, führe nicht dazu, dass in der Mitteilung über die Übertragung einer Anlieferungsreferenzmenge Umsatzsteuer gesondert auszuweisen sei. Lediglich auf die erhobene Vermittlungsgebühr könne Umsatzsteuer erhoben werden. Der Freistaat Bayern habe jedoch von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht.

Sowohl von den staatlichen als auch von den privaten Verkaufsstellen würde die Übertragung der Anlieferungsreferenzmengen als hoheitliche Aufgabe wahrgenommen. In dem anonymisierten Verkaufsverfahren seien die angebotenen Milchquoten nicht deckungsgleich mit den nachgefragten Referenzmengen. Somit sei eine exakte Zuordnung der verkauften und nachgefragten Referenzmengen nicht möglich. Komme ein Anbieter einer Anlieferungsreferenzmenge zu einem bestimmten Übertragungstermin mit seinem Verkaufsangebot zum Zuge, so erhalte er hierfür einen Betrag, der sich aus dem Gleichgewichtspreis, multipliziert mit der angebotenen und zur Übertragung gelangten Referenzmenge, ergebe. Entsprechend seiner umsatzsteuerlichen Verpflichtung habe er aus dem für die Anlieferungsreferenzmenge erhaltenen Betrag die jeweilige Umsatzsteuer herauszurechnen und abzuführen. Ein möglicher wirtschaftlicher Nachteil dadurch, dass er beim Erwerb einer Referenzmenge die in dem Kaufpreis enthaltene Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer geltend machen könne, sei durch die anonymisierte Übertragung von Anlieferungsreferenzmengen über eine Milchquotenbörse systembedingt und unvermeidbar.

Mit Beschluss vom 12. August 2002 (Az.: II 402/2001) hat das Finanzgericht Nürnberg die Streitsache an das Finanzgericht (FG) München verwiesen.

Gründe

II.

1. Das FG München ist für die Entscheidung der Sache zwar nicht zuständig, weil der Finanzrechtsweg nicht gegeben ist; der Verweisungsbeschluss des FG Nürnberg ist jedoch für das FG München bindend (§ 17 a Abs. 2 Satz 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes -GVG-).

a) Der Finanzrechtsweg ist nicht gegeben, weil keiner der in § 33 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 FGO bezeichneten Fälle vorliegt und für Streitigkeiten der vorliegenden Art der Finanzrechtsweg auch nicht durch Gesetz eröffnet ist (vgl. § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO).

Die Voraussetzungen der allein in Betracht kommenden Zuweisungsvorschrift - § 34 Abs. 1 Satz 1 MOG - sind nicht gegeben. Diese Vorschrift eröffnet den Finanzrechtsweg in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Maßnahmen zur Durchführung einer gemeinsamen Marktorganisation, soweit eine Bundesfinanzbehörde für die Maßnahme zuständig ist. Der Milchquotenverkauf durch die Bayerische Landesanstalt bzw. deren MQV und damit zusammenhängend die dem Kläger verweigerte Abrechnung mit Mehrwertsteuerausweis, über deren Ausstellung gestritten wird, ist keine Maßnahme einer Bundesfinanzbehörde zur Durchführung einer gemeinsamen Marktorganisation, sondern eine Streitigkeit zwischen einer Verwaltungsbehörde (Behörde, die zur Übertragung von Referenzmengen zuständig ist) und einem Milcherzeuger. Durch die ZAV, die auf der EG Verordnung Nr. 1256/99 des Rates vom 17. Mai 1999 (ABlEG Nr. L 160 S. 73) beruht, werden - wie bereits in der Vorgängerregelung (Milchgarantiemengen-Verordnung) - unterschiedliche Zuständigkeiten der Finanzbehörden (Hauptzollämter) und der Landwirtschaftsbehörden (Landesämter) begründet. Im Wesentlichen sind dabei die Hauptzollämter für die eigentliche (Neu)Festsetzung der Anlieferungs- und Direktverkaufsreferenzmengen für Milch (vgl. § 18 ZAV) und die Landwirtschaftsämter (u.a. Verkaufsstellen) für die Verteilung von aufgekauften bzw. eingezogenen Referenzmengen und für die Erteilung von Bescheinigungen in Fällen des Übergangs von Referenzmengen zuständig. Wendet sich der Milcherzeuger gegen die Festsetzung einer Milchreferenzmenge durch die Molkerei oder das Hauptzollamt kann er gegen diesen Bescheid Einspruch und gegebenenfalls Klage vor dem Finanzgericht erheben. Bei Maßnahmen der Landwirtschaftsämter im Zusammenhang mit der Erstellung von Bescheinigungen ist Widerspruch und gegebenenfalls Klage vor dem Verwaltungsgericht zu erheben (vgl. BFH-Urteil vom 5. August 1986 VII R 13/86, BFH/NV 1987, 196).

Im Streitfall käme eine Verweisung an ein ordentliches Gericht in Betracht, soweit der Kläger den Beklagten zur Erteilung einer Abrechnung mit Mehrwertsteuerausweis verpflichten möchte, wenn man von der Auffassung des Klägers ausgeht, dass der Beklagte unternehmerisch i.S. des § 2 UStG tätig geworden ist (vgl. zum Anspruch auf Erteilung einer Rechnung mit Mehrwertsteuerausweis: Bundesgerichtshof -BGH-Urteil vom 2. November 2001 V ZR 224/00, UR 2002, 91; BFH-Urteil vom 10. Juli 1997 V R 94/96, BStBl II 1997, 707). Daneben ist auch die Verweisung an ein Verwaltungsgericht zu erwägen, sofern man vom Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit ausgeht (§ 13 GVG, § 40 Abs. 1 VwGO). Letztlich kann dies aber hier offen bleiben.

b) Im Streitfall besteht für das hier entscheidende Gericht allerdings eine Bindungswirkung nach § 17 a Abs. 3 Satz 2 GVG.

Für Entscheidungen über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs trifft § 17 a GVG eine eigenständige Regelung, die einen Streit zwischen Gerichten verschiedener Rechtswege von vornherein ausschließen soll (BGH- Beschlüsse vom 9.4.2002 - X ARZ 24/02, NJW 2002, 2474; v. 12.3.2002 - X ARZ 314/01, BGH-Report 2002, 749; v. 13.11.2001 - XARZ 266/01, WM 2002, 406).

Verweist ein Gericht der Finanzgerichtsbarkeit nach § 70 FGO i.V. mit § 17 a Abs. 3 Satz 2 GVG an ein anderes Gericht derselben Gerichtsbarkeit, so ist dies für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, bindend. Damit ist zunächst einmal die Unzuständigkeit des verweisenden Gerichts bindend festgestellt, so dass eine Zurückverweisung ausscheidet Darüber hinaus wird jedoch auch die Zuständigkeit des angewiesenen Gerichts bindend festgelegt. Für den Umfang der Bindungswirkung gilt allgemein der Satz, dass der Verweisungsbeschluss regelmäßig nur insoweit bindet, als er seinem objektiven Inhalt nach binden will (vgl. Beschluss des Bundesarbeitsgerichts - BAG - vom 4. Januar 1993 5 AS 12/92, NJW 1993, 1878; BGH-Urteil vom 30. September 1974 II ZR 41/74, BGHZ 63, 214). Es kommt also darauf an, welche Zuständigkeitsarten das verweisende Gericht für das zweite Gericht geprüft und bejaht hat. Ist nur die örtliche Zuständigkeit des zweiten Gerichts festgestellt worden, so kann wegen sachlicher Zuständigkeit weiter verwiesen werden und umgekehrt (BAG a.a.O.) Hat dagegen das verweisende Gericht sowohl die sachliche als auch die örtliche Zuständigkeit des zweiten Gerichts bejaht, kommt eine Weiterverweisung wegen fehlender sachlicher Zuständigkeit nicht in Betracht. Nach der Auffassung des Senats gilt die Rechtsprechung des BAG und des BGH zur Bindungswirkung bei der Verweisung hinsichtlich der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit im Interesse des Rechtssuchenden auch für die Bejahung der Zulässigkeit des Finanzrechtswegs. Soweit das verweisende Gericht als Vortrage zur Feststellung seiner örtlichen Unzuständigkeit den Finanzrechtsweg bejaht hat, wird das von ihm für örtlich zuständig erachtete FG auch in Bezug auf den Finanzrechtsweg gebunden. Eine Weiterverweisung kommt dann nicht mehr in Betracht. Soweit Stimmen in der Literatur (Brandis in Tipke/Kruse AO/FGO, § 70 Rz. 7; List in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 70 Rz. 15, Stocker in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, AO/FGO, § 70 Rz. 10) bei dem Umfang der Bindungswirkung grundsätzlich auf den Inhalt der verweisenden Entscheidung abstellen, bei der Frage der Bindung jedoch die Zulässigkeit des Finanzrechtsweg hiervon ausnehmen, vermag dem der Senat nicht zufolgen. Insbesondere der Hinweis der Literatur auf einen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Dezember 1992 (Az.: 5 B 144/91, NVwZ 1993, 358) geht fehl, weil diese Entscheidung nicht zu der Frage Stellung nimmt, wieweit die Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses reicht.

Vorliegend hat das FG Nürnberg ausdrücklich den Finanzrechtsweg nach § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO für gegeben erachtet und dies auch ausführlich begründet. Es hat sich nicht mit der bloßen Feststellung begnügt, dass es örtlich nicht zuständig sei. Eine Weiterverweisung an ein ordentliches Gericht scheidet mithin aus.

2. Die Beklagte ist auch zur Ausstellung einer Rechnung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) verpflichtet.

a) Die Beklagte war im Streitfall mit dem Verkauf von Milchquoten (s. unten b) durch die MQV im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art i.S. des § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 Körperschaftssteuergesetz - KStG - tätig und handelte deshalb insoweit als Unternehmer. Es handelt sich um keine Ausübung öffentlicher Gewalt (Hoheitsbetrieb im Sinne des § 4 Abs. 5 KStG).

Juristische Personen des öffentlichen Rechts (hier: die Bayerische Landesanstalt und die von ihr eingerichtete MQV) sind grundsätzlich nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG) und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig (§ 2 Abs. 3 Satz 1 UStG). Nur insoweit sind sie Unternehmer (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG) und unterhalten ein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UStG).

Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind grundsätzlich alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben; die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich (§ 4 Abs. 1 KStG). Zu den Betrieben gewerblicher Art gehören auch Betriebe, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme, dem öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen (§ 4 Abs. 3 KStG). Nicht dazu gehören Betriebe, die überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe); für die Annahme eines Hoheitsbetriebs reichen Zwangs- und Monopolrechte nicht aus (§ 4 Abs. 5 KStG).

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteile vom 21.09.1989 V R 89/95, BStBl II 1990, 95, vom 30.06.1988 V R 79/84, BStBl II 1988, 910, sowie vom 8. Januar 1998 V R 32/97 BStBl II 1998, 410) sind unter Ausübung öffentlich-rechtlicher Gewalt Tätigkeiten zu verstehen, die der juristischen Person des öffentlichen Rechts eigentümlich und vorbehalten sind. Kennzeichnend für die Ausübung öffentlicher Gewalt ist dabei die Erfüllung spezifisch öffentlich-rechtlicher Aufgaben, die aus der Staatsgewalt abgeleitet sind, staatlichen Zwecken dienen und bei denen es sich um Leistungen handelt, zu deren Annahme der Leistungsempfänger aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung verpflichtet ist. Auf die Frage, ob der juristischen Person des öffentlichen Rechts die Tätigkeiten durch Gesetz zugewiesen werden, kommt es, wie sich aus der Verknüpfung der Auslegungskriterien der Rechtsprechung "eigentümlich und vorbehalten" ergibt, nicht an.

Eine Ausübung öffentlicher Gewalt liegt allerdings nicht vor, wenn sich die Körperschaft durch ihre Einrichtungen in den wirtschaftlichen Verkehr einschaltet und eine Tätigkeit entfaltet, die sich ihrem Inhalt nach von der Tätigkeit eines privaten gewerblichen Unternehmens nicht wesentlich unterscheidet (vgl. Abschn. 5 Abs. 13 Satz 7 KStR). Bewegt sich die juristische Person des öffentlichen Rechts in Bereichen der privatunternehmerischen Berufs- und Gewerbeausübung, ist immer eine unternehmerische Tätigkeit anzunehmen. Denn der private Unternehmer darf nicht durch den Wettbewerb mit (grundsätzlich nicht steuerpflichtigen) Körperschaften des öffentlichen Rechts benachteiligt werden. Es ist dann unerheblich, ob die juristische Person des öffentlichen Rechts mit der zu beurteilenden Tätigkeit einer öffentlich-rechtlichen Leistungsverpflichtung nachkommt und ob die Einnahmen, die sie durch die Tätigkeit erzielt, in Form öffentlich-rechtlicher Gebühren oder eines Beitrags erhoben werden (vgl. BFH in BStBl II 1990, 95).

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend die Tätigkeit der MQV nicht als hoheitlich einzustufen.

Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Verkauf von Milchreferenzmengen grundsätzlich auch von einem privaten Unternehmen ausgeführt werden kann und dass dies nach der ZAV auch ausdrücklich so vorgesehen ist und in anderen Bundesländern auch so praktiziert wird. Nach § 8 Abs. 2 ZAV können nämlich nicht staatliche Stellen (landwirtschaftliche Berufsverbände oder Organisationen) unter bestimmten Voraussetzungen nach pflichtgemäßem Ermessen als Träger einer Verkaufsstelle zugelassen werden. Der Senat kann auch nicht erkennen, dass der Milchverkauf dem Beklagten als Träger öffentlicher Gewalt eigentümlich ist. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung nicht dartun können, worauf er seine Annahme, er übe eine hoheitliche Tätigkeit beim Verkauf von Milchreferenzmengen aus, herleitet. Er hat sich insbesondere nicht darauf berufen, dass der Verkauf von Milchreferenzmengen auf der Erfüllung spezifisch öffentlich-rechtlicher Aufgaben beruht, die aus der Staatsgewalt abgeleitet sind, staatlichen Zwecken dienen und bei denen es sich um Leistungen handelt, zu deren Annahme der Leistungsempfänger aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung verpflichtet ist.

Selbst wenn man davon ausginge, dem Beklagten sei der Verkauf von Milchreferenzmengen ausschließlich gesetzlich zugewiesen (mit der Möglichkeit der Übertragung), würde dies zur Begründung nichtsteuerbarer Umsätze in Ausübung öffentlicher Gewalt nicht ausreichen, weil es sich nicht um die Zuweisung einer hoheitlichen Tätigkeit handelt.

Nach der Rechtsprechung des BFH sind zwar einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft regelmäßig die Aufgaben eigentümlich und vorbehalten, die ihr durch Gesetz ausdrücklich zugewiesen sind. Dabei hat der BFH aber nicht das Bestehen einer Zuweisungsnorm allein als ausreichend angesehen, wie sich schon aus der Verknüpfung der Auslegungskriterien "eigentümlich und vorbehalten" ergibt. Der BFH hat "unter Anlegung eines strengen Maßstabs" jeweils geprüft, ob und welche konkreten Aufgaben der Körperschaft öffentlichen Rechts zugewiesen wurden und ob die Körperschaft öffentlichen Rechts eine ihr gesetzlich übertragene allgemeine Funktion nach dem Charakter der einzelnen Tätigkeiten (Umsätze) durch hoheitliche oder privatwirtschaftliche Mittel verwirklicht (vgl. BFH-Urteile vom 18. Februar 1970 I R 157/67, BStBl II 1970, 519, und BFH in BStBl II 1998, 910).

Demzufolge reicht allein der Umstand, dass der Verkauf von Milchreferenzmengen nach § 2 Nr. 2 ZuStV-EG-ELF einer Behörde des Beklagten, nämlich der Landesanstalt übertragen wurde, die für den Betrieb der Verkaufsstelle und damit zur Übertragung von Anlieferungsreferenzmengen in Bayern zuständig geworden ist, nicht aus, weil der Beklagte insoweit bei Erfüllung seiner Aufgaben nicht mit Mitteln des öffentlichen Rechts gehandelt hat (s.o), sondern in den Formen des Privatrechts.

Dieses Ergebnis steht im Einklang mit Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG. Danach gelten Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts nicht als Steuerpflichtige, soweit sie Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen, Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben.

Die Beklagte hat die Milchquoten nicht "im Rahmen der öffentlichen Gewalt" i.S. von Art. 4 Abs. 5 Unterabsatz 1 der Richtlinie 77/388/EWG verkauft, weil die Ausübung dieser Tätigkeit das Gebrauchmachen von hoheitlichen Befugnissen (s.o.) nicht umfasst (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2000, I-11435, UR 2001, 108, UVR 2001, 71).

b) Der Beklagte hat eine Leistung gegenüber dem Kläger in Form des Verkaufs der Milchreferenzmengen erbracht.

Nach § 3 Abs. 11 UStG sind die für die besorgten Leistungen geltenden Vorschriften auf die Besorgungsleistungen entsprechend anzuwenden, wenn ein Unternehmer für Rechnung eines anderen im eigenen Namen eine sonstige Leistung besorgt.

Nach der Rechtsprechung des BFH (z.B. BFH-Urteile vom 31. Januar 2002 V R 40, 41/00, BFHE 197, 377; vom 29. August 2002 V R 8/02; BFH-Beschluss vom 16. Mai 2002 V B 89/01, BFH/NV 2002, 1113) liegt ein Besorgen einer sonstigen Leistung i.S. des § 3 Abs. 11 UStG vor, wenn ein Unternehmer für Rechnung eines anderen im eigenen Namen Leistungen durch einen Dritten erbringen lässt ("Leistungseinkauf") oder wenn ein Unternehmer für Rechnung eines anderen im eigenen Namen Leistungen an Dritte erbringt ("Leistungsverkauf"). Dies entspricht den Vorgaben des Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG wonach die Geschäftsbesorger, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung eines Dritten tätig werden, so zu behandeln sind, als ob sie diese Dienstleistung selbst erhalten und erbracht hätten.

Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt. Die Milchverkaufsstelle des Beklagten hat die Leistung im eigenen Namen (und für fremde Rechnung des anbietenden Milcherzeugers) und deshalb nicht als bloße Vermittlungsleistung erbracht, weil nach der Art des Milchreferenzmengenverkaufs der Anbieter anonym bleiben sollte.

3. Bei dem vom Kläger gezahlten Entgelt von ... EUR handelt es sich nicht um einen Nettobetrag, zu dem die Umsatzsteuer noch hinzuzurechnen wäre.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gilt ein vereinbarter Kaufpreis grundsätzlich auch die Aufwendung für die von dem Leistenden zu entrichtende Umsatzsteuer ab. Die Abgeltung der Aufwendung ist unselbständiger Teil des zu zahlenden Preises ("Bruttopreis": BGH-Urteil vom 14. Januar 2000, V R 416/97, DStR 2000, 834). Hiervon ist auch bei Angeboten an einen zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer auszugehen. Anderes gilt, wenn die Parteien einen "Nettopreis" vereinbart haben, wofür auch ein Handelsbrauch oder eine Verkehrssitte maßgeblich sein kann (BGH, Urt. vom 11. Mai 2001, VIII ZR 492/99, NJW 2001, 2464). Aus dem Wortlaut des Nachfrageangebots des Klägers und der Mitteilung der Milchquotenverkaufsstelle vom 3. April 2001 ergibt sich kein Anhaltspunkt für eine Nettopreisvereinbarung zwischen den Vertragsparteien. Für Umstände außerhalb der Urkunde, die auf einen abweichenden Willen der Parteien deuten könnten, trägt der Beklagte die Beweislast (BGH-Urteil vom 5. Februar 1999, V ZR 353/97, WM 1999, 965).

4. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) der Rechtssache zuzulassen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und den Vollstreckungsschutz folgt aus den §§ 151 Abs. 3, 155 i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

Ende der Entscheidung

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