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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 25.01.2007
Aktenzeichen: 14 K 3825/04
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 1 Abs. 1
UStG § 2 Abs. 1 S. 1
UStG § 2 Abs. 1 S. 3
UStG § 3 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

14 K 3825/04

Umsatzsteuer 1994

In der Streitsache

...

hat der 14. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

ohne mündliche Verhandlung

am 25. Januar 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Streitig ist, ob der Klägerin der bei der Veräußerung eines Wohnmobils entstandene Umsatz zugerechnet werden muss.

Mit Kaufvertrag vom 29. September 1992 erwarb die Klägerin ein Wohnmobil zum Gesamtkaufpreis von 229.115 DM (vgl. Kopie der Rechnung des S vom 29. September 1992, Bl. 11/93 Umsatzsteuer - USt-Akte) und nahm daraus den Vorsteuerabzug in Anspruch (vgl. Umsatzsteuerbescheid 1992 vom 22. Oktober 1996, Bl. 28/92 USt-Akten). Der Fahrzeugbrief lautete auf die Klägerin.

Im November 1992 übereignete die Klägerin der Oberbank das Wohnmobil zur Absicherung dort bestehender Verbindlichkeiten ihres damaligen Ehemanns, P (vgl. Schreiben der Bank vom 8. November 1993, Bl. 15 der Gerichtsakten).

Mit Mietvertrag vom 17. September 1992 wurde das Fahrzeug zunächst bis 16. September 1996 an die R GmbH, vertreten durch P, zum monatlichen Mietpreis von 5.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer vermietet (vgl. wegen weiterer Einzelheiten Mietvertrag Bl. 7/93 USt-Akten).

Im November 1993 kündigte die Klägerin den Mietvertrag wegen rückständiger Mietzahlungen mit sofortiger Wirkung und forderte die Mieterin auf, das Wohnmobil bis zum 20. November 1993 zurückzugeben. Für den Fall, dass dieser Aufforderung nicht Folge geleistet werde, kündigte die Klägerin die Abholung auf Kosten der Mieterin an (vgl. B. 6/93 USt-Akte). Der Geschäftsführer der R-GmbH, P, gab das Wohnmobil jedoch nicht an die Klägerin zurück. Aufgrund seines Vermittlungsauftrags vom 21. Januar 1994 mit der Firma S wurde es von dieser zu einem Bruttoverkaufspreis von 162.000 DM erworben (vgl. Vermittlungsauftrag an S, Bl. 13/93 USt-Akte und Übersendung des Fahrzeugbriefes von der Bank O an die Bank H, Bl. 5/93 USt-Akte).

Hinsichtlich dieses Veräußerungsvorgangs setzte das Finanzamt (FA) mit Bescheid vom 30. April 2001die Umsatzsteuer 1994 auf 21.130 DM fest.

Das dagegen gerichteten Rechtsbehelfsverfahren hatte keinen Erfolg. Mit Entscheidung vom 13. Juli 2004 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.

Mit der hiergegen eingelegten Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass sie das Wohnmobil auf Anweisung ihres damaligen Ehemanns erworben und anschließend ebenfalls auf dessen Veranlassung an die Firma R GmbH vermietet habe. Sie habe lediglich als Strohmann für die von P getätigten Geschäfte fungiert. Dieser habe die Veräußerung des Wohnmobils zur Abdeckung seiner Verbindlichkeiten bei der Oberbank betrieben. Auch der Sicherungsübereignungsvertrag bezüglich des Wohnmobils zugunsten der Oberbank sei mit psychischem Druck erzwungen worden. Sie selbst sei geschäftlich völlig unerfahren und habe keinerlei Einblick in die von ihrem Ehemann getätigten Geschäfte gehabt. Dieser habe das Wohnmobil unterschlagen und den ihm zugeflossenen Kaufpreis veruntreut. Die Klägerin könne deshalb nicht Steuerschuldnerin der Umsatzsteuer sein.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Umsatzsteuerbescheid 1994 vom 30. April 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Juli 2004 aufzuheben.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten sowie auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II. Die Klage hat keinen Erfolg. Das FA hat die Veräußerung des Wohnmobils zu Recht als umsatzsteuerpflichtige Lieferung der Klägerin behandelt, §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung (UStG).

1. Im Streitfall war die Klägerin und nicht ihr damaliger Ehemann, P, leistender Unternehmer.

1.1. Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den zugrunde liegenden Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7. Juli 2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139-140). Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (vgl. BFH-Beschluss vom 31. 1. 2002, BStBl II 2004, 622 , m.w.N.). Maßgeblich ist hiernach, wer aus dem entsprechenden Rechtsgeschäft zu einer Leistung i.S. des § 1 Abs. 1 UStG an den Leistungsempfänger verpflichtet ist. Ohne Bedeutung ist insoweit, ob er seine Leistungsverpflichtung höchstpersönlich ausführt oder durch andere ausführen lässt und inwiefern ihm der wirtschaftliche Erfolg des Geschäfts endgültig verbleibt. Tritt deshalb jemand im Rechtsverkehr im eigenen Namen aber für Rechnung eines anderen auf, der aus welchen Gründen auch immer nicht selbst als berechtigter bzw. verpflichteter Vertragspartner in Erscheinung treten will, ist zivilrechtlich grundsätzlich nur der "Strohmann" aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet; dementsprechend sind auch dem sog. Strohmann die Leistungen zuzurechnen, die der sog. Hintermann berechtigterweise im Namen des Strohmanns tatsächlich ausgeführt hat (vgl. auch Urteil des BFH vom 5. April 2001 V R 5/00, BFH/NV 2001, 1307).

Unbeachtlich ist das "vorgeschobene" Strohmanngeschäft --zivilrechtlich und umsatzsteuerrechtlich (vgl. auch § 41 Abs. 2 der Abgabenordnung --AO 1977--)--allerdings dann, wenn es nur zum Schein abgeschlossen worden ist, d.h. wenn die Vertragsparteien --der Strohmann und der Dritte (hier der Leistungsempfänger)--einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäftes gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Dritten und dem Hintermann eintreten sollen (BFH-Urteil vom 31.01.2002, BStBl II 2004, 622, m.w.N.).

1.2. Im Streitfall war die Klägerin als Vermieterin des Wohnmobils unternehmerisch tätig, § 2 Abs. 1 S. 1 und 3 UStG (vgl. Urteil des Europäischen Gerichtshofs - EuGH - vom 26. September 1996, Rs C-230/94, Enkler, DStR 1996, 1686 ). Durch den Kauf des Wohnmobils, Abschluss des Mietvertrages, Abgabe von Umsatzsteuererklärungen mit eigenhändiger Unterschrift, Abschluss eines Sicherungsübereignungsvertrag sowie die Kündigung des Mietvertrages hat sie selbständig und eigenverantwortlich gehandelt und eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen ausgeübt.

Da sie nach außen im eigenen Namen aufgetreten ist, sind ihr die entsprechenden Leistungen umsatzsteuerlich zuzurechnen. Nach Rechtsprechung des BFH ist es ohne Bedeutung, dass sie im Innenverhältnis auf Weisung ihres damaligen Ehemanns gehandelt hat. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Bank bei Abschluss des Sicherungsübereignungsvertrages darüber informiert oder zumindest stillschweigend damit einverstanden war, dass eigentlicher Vertragspartner nicht die Klägerin, sondern P war. Wie sich aus dem Schreiben der O-Bank als Sicherungsnehmer ergibt, ist aus Sicht der Bank zweifelsfrei eine Sicherungsabrede mit der Klägerin getroffen worden (Bl. 15 der Gerichtsakte). Ein "vorgeschobenes" Strohmanngeschäft liegt somit nicht vor.

2. Der Verkauf des Wohnmobils stellt eine umsatzsteuerpflichtige Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG dar.

2.1. Bei einer Sicherungsübereignung erlangt der Sicherungsnehmer zu dem Zeitpunkt, in dem er von seinem Verwertungsrecht Gebrauch macht, auch die Verfügungsmacht über das Sicherungsgut. Inhalt der Verwertungsbefugnis ist regelmäßig das Veräußerungsrecht. Es entsteht mit dem Eintritt der Verwertungsreife, die den Sicherungsnehmer befugt, Substanz, Wert und Ertrag des Sicherungsgutes zu erhalten. Dabei handelt er aufgrund eigener Verfügungsberechtigung. Es liegt allein in seiner Entscheidungsbefugnis, nach Eintritt der Verwertungsreife, das Sicherungsgut in diesem Sinne an sich zu ziehen (vgl. BFH-Urteil vom 17. 7. 1980 V R 134/75, BStBl II 1980, 673). Die Verwertung von Sicherungsgut durch den Sicherungsnehmer stellt sowohl zwischen Sicherungsnehmer und Erwerber als auch zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer steuerbare Umsätze dar (Urteil des BFH vom 4. Juni 1987, V R 57/79, BStBl II 1987, 741). Im Streitfall erfolgte mit der Veräußerung des Wohnmobils an die Firma S somit der in umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht entscheidende Leistungsaustausch zwischen der O-Bank und der Klägerin.

2.2. Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang, dass der Erwerber des Fahrzeugs davon ausging, dass P alleiniger Verfügungsberechtigter und Eigentümer sei (Bl. 30 der Gerichtsakten). Denn mit Eintritt des Sicherungsfalls erlangte die O-Bank als Sicherungsnehmerin das Eigentum an dem Wohnmobil und konnte darüber frei verfügen. Sie allein konnte dem Erwerber das Eigentum daran verschaffen.

2.3. Die Verwendung des Veräußerungserlöses zur Tilgung der Verbindlichkeiten von P ändert ebenfalls nichts am Vorliegen einer umsatzsteuerpflichtigen Lieferung der Klägerin, sondern führt allenfalls zum Entstehen zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche. Entsprechend dem Sicherungsübereignungsvertrag, den die Klägerin unterzeichnet hatte, diente das Wohnmobil in erster Linie der Absicherung seiner Verbindlichkeiten. Darüber hinaus ist es für das Vorliegen eines Leistungsaustausches nicht entscheidend, ob dem leistenden Unternehmer der der wirtschaftliche Erfolg des Geschäfts endgültig verbleibt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

4. Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (s. § 90 Abs. 2 FGO).

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