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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 05.05.2009
Aktenzeichen: 14 K 4844/06
Rechtsgebiete: AO, UStG, StGB


Vorschriften:

AO § 34
AO § 37
AO § 69
AO § 71
AO § 149
AO § 162
AO § 191
UStG § 18
StGB § 27
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 14. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

...

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 05. Mai 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Unter Änderung des Haftungsbescheids vom 28. November 2005 und der Einspruchsentscheidung vom 05. Dezember 2006 werden die Haftungsforderungen für Säumniszuschläge von 19.765 EUR aufgehoben und die Haftungsschuld auf 73.260,63 EUR herabgesetzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 4/5, das Finanzamt zu 1/5.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Gründe:

I. Streitig ist, ob das Finanzamt (FA) den Kläger zu Recht für Umsatzsteuerschulden der Firma M GmbH (GmbH) in Haftung genommen hat.

Die GmbH wurde mit notariellem Vertrag vom 9. März 1999 vom Kläger und dessen Bruder gegründet (Bl. 64 ff Haftungsakte FA), wobei vom Kläger 5.000 EUR und von seinem Bruder 20.000 EUR des Stammkapitals übernommen wurden. Der Kläger wurde zum "ersten Geschäftsführer" der GmbH gewählt, seine Bestellung wurde am 6. April 1999 im Handelsregister eingetragen. Laut Geschäftsführervertrag vom 9. März 1999 wurde sein Aufgabenbereich als "technische Geschäftsführung" bezeichnet (Bl. 79 ff Haftungsakte FA). Am 7. Juni 1999 wurde der Bruder des Klägers ebenfalls zum Geschäftsführer bestellt, der Wortlaut der Geschäftsführerverträge, insbesondere die Beschreibung ihres Aufgabenbereichs, ist jeweils identisch (Bl. 73 ff Haftungsakte FA).

Die Steuererklärung für das Jahr 1999 wurde vom Kläger unterschrieben und am 17. Dezember 2001, die Steuererklärung für das Jahr 2000 wurde von seinem Bruder unterschrieben und am 10. Januar 2002 beim FA eingereicht.

Im Rahmen einer Steuerfahndungs- sowie einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung kam das FA zu dem Ergebnis, dass in den Jahren 2000 und 2001 nicht sämtliche Umsätze der GmbH der Umsatzsteuer unterworfen wurden (Bericht über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom 17. Februar 2003, Bl. 11 a Haftungsakte FA, Bericht über die Steuerfahndungsprüfung vom 18. Februar 2003, Bl. 13, 17 Haftungsakte FA). Das FA stellte außerdem fest, dass der Kläger bei der R Bank eG ein privates Girokonto unterhalten habe, über das auch sein Bruder verfügungsberechtigt gewesen sei. Über dieses Konto seien wiederholt betriebliche Zahlungsvorgänge der GmbH abgewickelt worden (Bl. 18 Haftungsakte FA). Diesen Feststellungen folgend setzte das FA jeweils mit Bescheid vom 5. Oktober 2004 die Umsatzsteuer 2000 auf 40.211,57 EUR und die Umsatzsteuer 2001 auf 621.799,95 EUR fest.

Das am 26. Juli 2002 von der Staatsanwaltschaft A gegen den Kläger eingeleitete Steuerstrafverfahren wurde eingestellt.

Mit Stand vom 25. November 2005 betrugen die Rückstände der GmbH hinsichtlich Umsatzsteuer 2000, Dezember 2001, Mai bis Juli 2002, Zinsen zur Umsatzsteuer 1999, Verspätungszuschläge zur Umsatzsteuer Juni und Juli 2002 sowie Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer 1999, Umsatzsteuer März und April 2002 insgesamt 785.127,85 EUR. Nach vorheriger Ankündigung und Anhörung nahm das Finanzamt den Kläger mit Bescheid vom 28. November 2005 mit 93.025,63 EUR in Haftung, weil er seine Pflichten als Geschäftsführer zur Zahlung von Steuern und zur vollständigen Erklärung der getätigten Umsätze verletzt habe (Bl. 52 ff Haftungsakte FA). Hinsichtlich der Höhe der Inhaftungnahme für die Hauptforderung von 73.260,63 EUR wurde dabei "auf Seite 3 des Berichts vom 17. Februar 2003" über die bei der GmbH durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung, hinsichtlich der darauf entfallenden Säumniszuschläge von 19.765,00 EUR wurde auf eine Anlage 1 hingewiesen, aus dem sich das Verhältnis von Säumniszuschlägen zur Hauptforderung Umsatzsteuer Dezember 2001 ergebe.

Das dagegen gerichtete Einspruchsverfahren hatte keinen Erfolg. Mit Entscheidung vom 5. Dezember 2006 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Das FA begründete darin die Inhaftungnahme des Klägers zusätzlich mit dem Vorwurf, Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu Gunsten der GmbH begangen zu haben. Im Rahmen der Steuerfahndung sei festgestellt worden, dass der Kläger der GmbH sein privates Girokonto bei der R Bank eG zur Verfügung gestellt habe. Im Jahr 2001 seien auf dem Konto Einzahlungen von insgesamt 979.111,65 DM erfolgt, die Höhe der nicht angemeldeten Umsätze sei durch die Umsatzsteuersonderprüfung mit 895.533,40 DM ermittelt worden.

Mit seiner hiergegen eingelegten Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, dass er zu Unrecht zur Haftung herangezogen werde. Als portugiesischer Staatsbürger sei er der deutschen Sprache nicht gänzlich mächtig. Er habe keinerlei Kenntnisse über die finanziellen, wirtschaftlichen und steuerlichen Abläufe in der GmbH gehabt, die ausschließlich von seinem Bruder und Mitgeschäftsführer-Gesellschafter wahrgenommen worden seien. Von dessen kriminellen Machenschaften habe er nichts gewusst. Bereits bei Gründung der GmbH sei kein Dolmetscher anwesend gewesen. Vielmehr habe er auf seinen Bruder vertraut, der ihm gesagt habe, er müsse die notariellen Dokumente unterschreiben, um bei ihm als einfacher Arbeiter tätig werden zu können. Er sei als Strohmann missbraucht worden und habe weder seine Funktion als Geschäftsführer noch die daraus resultierenden Pflichten gekannt. Schuldhaftes Handeln liege daher nicht vor.

Darüber hinaus habe er auch keine Beihilfe zur Steuerhinterziehung zugunsten seines Bruders bzw. der GmbH begangen. Allein der Umstand, dass er seinem Bruder sein privates Girokonto zur Verfügung gestellt habe, lasse noch keinen Rückschluss dahin gehend zu, dass er ihn bei dessen Steuerhinterziehung unterstützen wollte.

Der Kläger beantragt,

den Haftungsbescheid vom 28. November 2005 und die Einspruchsentscheidung vom 5. Dezember 2006 aufzuheben,

hilfsweise

die Zulassung der Revision.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

II. Die Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet.

Gemäß § 69 i.V.m. § 34 der Abgabenordnung 1977 (AO) haften die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Zu diesen Pflichten gehören die rechtzeitige Abgabe von Steuererklärungen und die Entrichtung der geschuldeten Steuern und steuerlichen Nebenleistungen aus den Mitteln der Gesellschaft (§§ 34 Abs. 1, 149 AO i.V.m. § 18 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung -UStG-).

Als Geschäftsführer war der Kläger seit ihrer Gründung am 9. März 1999 der gesetzliche Vertreter der GmbH und hatte als solcher ihre steuerlichen Pflichten zu erfüllen. Der ihm obliegenden Pflicht zur Zahlung der aufgrund im Haftungsbescheid aufgelisteten Steuer ist er nicht nachgekommen und hat die von der Steuerfahndung und Umsatzsteuersonderprüfung festgestellten Umsätze nicht erklärt.

Diese Pflichten hat der Kläger auch grob fahrlässig verletzt.

Der Kläger kann sich zur Entschuldigung auch nicht darauf berufen, er sei als Strohmann missbraucht worden und habe keinerlei Handlungsmöglichkeiten gehabt.

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ergibt sich die Verantwortlichkeit des Geschäftsführers für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der GmbH allein aus seiner nominellen Bestellung zum Geschäftsführer ohne Rücksicht darauf, ob sie auch tatsächlich ausgeübt werden kann (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. Februar 1996 VII B 245/95, BFH/NV 1996, m.w.N.). Ein GmbH-Geschäftsführer kann sich nicht damit entlasten, dass er von der Führung der Geschäfte ferngehalten wurde und die Geschäfte tatsächlich von einem anderen geführt worden sind. Wenn er die Geschäftsführung durch einen anderen duldet, so hat er durch geeignete Aufsichtsmaßnahmen dafür zu sorgen, dass dieser die steuerlichen Verpflichtungen der GmbH ordnungsgemäß und rechtzeitig erfüllt. Ist der Geschäftsführer nicht in der Lage, eigenverantwortliche Entscheidungen zu treffen, die ihm die Erfüllung seiner Pflichten ermöglichen, so muss er als Geschäftsführer zurücktreten und darf nicht im Rechtsverkehr den Eindruck erwecken, als sorge er für die ordnungsgemäße Abwicklung der Geschäfte (vgl. BFH-Urteil vom 23. März 1993 VII R 38/92, BFH/NV 1994, 71). Bis zu seinem Rücktritt bleibt er für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten voll verantwortlich.

Der Kläger kann sich auch nicht damit entlasten, dass er die Bedeutung seiner Unterschrift unter die von ihm unterzeichneten Verträge möglicherweise wegen Sprachschwierigkeiten nicht kannte und sich deswegen seiner Pflichten nicht bewusst war. Zutreffend hat das FA darauf hingewiesen, dass eine Unterschrift auch nach portugiesischem Recht große Bedeutung im Rechtsverkehr hat. Wenn sich der Kläger jedoch ohne weitere Information über die Rechtsfolgen, die er mit seiner Unterschrift auslöst, auf eine Geschäftsführertätigkeit eingelassen hat, hat er grob fahrlässig den Rechtsschein gesetzt, als Geschäftsführer für die GmbH verantwortlich zu sein. Darüber hinaus hat er in seiner Funktion als Geschäftsführer unter anderem die Steuererklärungen der GmbH für das Jahr 1999 unterzeichnet und ist dem FA gegenüber als solcher aufgetreten.

Zu Recht hat das FA den Kläger auch nach § 71 AO in Haftung genommen. Nach dieser Vorschrift haftet für verkürzte Steuern, wer eine Steuerhinterziehung begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt. Er kann gemäß § 191 AO durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden.

Im Streitfall hat die GmbH Umsatzsteuer in Höhe von 73.260,63 EUR hinterzogen, weil sie nicht sämtliche Umsätze der GmbH vorangemeldet und erklärt hat. Das FG folgt insoweit den Ausführungen im Steuerfahndungsbericht und im Umsatzsteuerprüfungsbericht. Zur Steuerhinterziehung der GmbH hat der Kläger objektiv und subjektiv Beihilfe geleistet und damit i.S. von § 71 AO an deren Tat teilgenommen. Strafbare Beihilfe ist die vorsätzliche Hilfeleistung zu einer vorsätzlich begangenen Straftat eines anderen (§ 27 Abs. 1 des Strafgesetzbuchs -- StGB--). Als Hilfeleistung i.S. des § 27 StGB ist dabei grundsätzlich jede Handlung anzusehen, welche die Herbeiführung des Taterfolges des Haupttäters objektiv fördert, ohne dass sie für den Erfolg selbst ursächlich sein muss (ständige Rechtsprechung, Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 1. August 2000 5 StR 624/99, Neue Juristische Wochenschrift -- NJW-- 2000, 3010, BStBl II 2001, 79).

GehilfenvorSatz liegt vor, wenn der Gehilfe die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennt und in dem Bewusstsein handelt, durch sein Verhalten das Vorhaben des Haupttäters zu fördern; Einzelheiten der Haupttat braucht er nicht zu kennen. Ob der Gehilfe den Erfolg der Haupttat wünscht oder ihn lieber vermeiden würde, ist nicht entscheidend. Es reicht, dass die Hilfe an sich geeignet ist, die fremde Haupttat zu fördern oder zu erleichtern, und der Hilfeleistende dies weiß. Unter dieser Voraussetzung ist der Vorsatz selbst dann nicht in Frage gestellt, wenn der Gehilfe dem Täter ausdrücklich erklärt, er missbillige die Haupttat (BGH-Urteil in NJW 2000, 3010, BStBl II 2001, 79).

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger die Steuerhinterziehung der GmbH objektiv unterstützt und gefördert hat. Mit der Nutzungsmöglichkeit seines Kontos bei der Münchner Bank eG hat er der GmbH ermöglicht, betriebliche Gelder an den Geschäftskonten vorbei zu vereinnahmen. Die GmbH konnte durch diese Vorgehensweise ihren tatsächlichen Geschäftsumfang verschleiern und die Ermittlungen des FA erschweren.

Auch der subjektive Tatbestand der Beihilfe zur Steuerhinterziehung liegt vor. Die Verwendung seines privaten Kontos durch die GmbH und den damit erfolgten Zahlungseingängen in erheblichem Umfang konnte keinem anderen Zweck dienen, als eine Steuerhinterziehung vorzubereiten. Das war auch dem Kläger ohne weiteres erkennbar. Er handelte daher mit zumindest bedingtem Vorsatz. Er hat die Steuerhinterziehungen durch die GmbH billigend in Kauf genommen. Selbst wenn er von den jeweiligen einzelnen Zahlungseingängen keine genaue Kenntnis gehabt hat, steht dies der Annahme einer Beihilfe jedoch nicht entgegen, da er die generelle Verfahrensweise kannte und zuließ (vgl. auch BFH-Urteil vom 8. September 2004 XI R 1/03, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2005, 293).

Der Haftungsbescheid vom 28. November 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Dezember 2006 ist jedoch aufzuheben, soweit er die Haftungsforderungen für Säumniszuschläge von 19.765 EUR betrifft. Insoweit genügt er nicht den Anforderungen an die Bestimmtheit des Haftungsbescheides gemäß § 119 AO.

Ein Haftungsbescheid ist dann inhaltlich hinreichend bestimmt, wenn für den Betroffenen erkennbar ist, was von ihm --auch der Höhe nach-- verlangt wird. Dabei genügt es, wenn aus dem gesamten Inhalt des Bescheids einschließlich der von der Behörde gegebenen Begründung hinreichende Klarheit über das Verlangte gewonnen werden kann (BFH-Urteile vom 16. Juli 1992 VII R 59/91 BFH/NV 1993, 146 und vom 24. April 1990 VII R 114/88, BFH/NV).

Im Streitfall ergibt sich aus dem Haftungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung jedoch nicht, für welche Säumniszuschläge der Kläger in Anspruch genommen werden sollte und wie sich der Betrag von 19.765 EUR im Einzelnen zusammensetzt. Der Haftungsbescheid verweist insoweit lediglich auf die Anlage 1 des Berichts über die bei der GmbH durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom 17. Februar 2003. Eine detaillierte Aufstellung bzw. Berechnung über die von der GmbH für die in Betracht kommenden Zeiträume geschuldeten Säumniszuschläge ist jedoch weder im Haftungsbescheid noch im Bericht enthalten. Auch die Einspruchsentscheidung verweist nur auf eine Quote von 26,98%, nicht jedoch darauf, wie diese berechnet wurde. Die Inhaftungnahme ist deswegen rechtswidrig und aufzuheben.

Im Übrigen begegnet die Ermittlung der Haftungssumme durch das FA keinen Bedenken. Zur Feststellung der Haftungssumme kann das FA vom Geschäftsführer einer GmbH, den es als Haftungsschuldner in Anspruch nehmen will, die zur Feststellung des Haftungsumfangs notwendigen Auskünfte über die Gesamtverbindlichkeiten und die anteilige Gläubigerbefriedigung im Haftungszeitraum gemäß § 90 Abs. 1 AO verlangen (vgl. BFH-Beschluss vom 3. Mai 1999 VII S 1/99 BFH/NV 2000, 1). Dies gilt auch für den Fall, dass der Geschäftsführer aus seiner Funktion bereits ausgeschieden ist. Soweit der Sachverhalt nicht aufgeklärt werden kann, ist die Haftungsquote im Schätzungswege festzustellen, die der Wahrscheinlichkeit am nächsten kommt (§ 162 AO).

Da der Kläger keine eigene Mittelverwendungsrechung vorgelegt hat, durfte das FA die Haftungsquote und daraus folgend die Summe, für die der Kläger als Haftungsschuldner einzustehen hat, daher im Schätzungswege ermitteln. Es liegt im Wesen einer Schätzung, dass insoweit gewisse Unsicherheitsfaktoren enthalten sind.

Ein Ermessensfehlgebrauch (§ 191 AO) bei Erlass des Haftungsbescheides kann nicht festgestellt werden. Unter den gegebenen Umständen des Falles hat das FA sein Entschließungs- und Auswahlermessen richtig betätigt. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass das FA den Haftungsanspruch gegen den Bruder des Klägers nicht weiter verfolgt, da dessen Aufenthaltsort nicht bekannt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe ersichtlich ist.

Ende der Entscheidung

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