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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 23.10.2008
Aktenzeichen: 14 K 633/07
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 14
UStG § 15 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 14. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

...

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Streitig ist der Abzug von Vorsteuerbeträgen, die in Rechnungen des Büroservice Müller an den Kläger ausgewiesen sind.

Der Kläger war in den Streitjahren als selbständiger Rechtsanwalt tätig und hat im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit insbesondere die Beratung und Vertretung von Schuldnern im Rahmen des Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahrens übernommen.

Im Rahmen polizeilicher und staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen (vgl. Verfahrensliste Sonderband 2), aufgrund zahlreicher Anzeigen gegen den Kläger u.a. wegen Gebührenüberhebung, Parteiverrats und Geldwäsche, wurde bekannt, dass der Kläger seine Mandanten überwiegend auf Empfehlung des Vereins e. V. (V) - vormals T Stiftung - gewinnen konnte. Dieser Verein wurde unter anderem auf Initiative des Klägers im Jahr 1999 gegründet (Beschuldigtenvernehmung Staatsanwaltschaft Traunstein vom 24. Juni 2004, Bl. 273 f FG-Akte), den Vorsitz übernahm E, als ihre Stellvertreterin trat zeitweise die Ehefrau des Klägers auf. Die Vereinstätigkeit wurde maßgebend von D wahrgenommen, insbesondere der Schrift- und Telefonverkehr mit den Schuldnern.

Nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft T hatte sich der Schuldnerselbsthilfeverein Adressen von überschuldeten Personen besorgt und ihnen Anschreiben übersandt, in denen die Durchführung eines Insolvenzverfahrens mit der dringenden Empfehlung angepriesen wurde, hierfür einen Anwalt einzuschalten. Dabei wurde der V in räumlicher und personeller Hinsicht zusammen mit der Firma Büroservice L tätig. Inhaber dieser Firma waren abwechselnd die Eheleute D und E r (vgl. Anklageschrift der Staatsanwaltschaft T).

Der V und die Firma L empfahlen den Insolvenzinteressierten die Zusammenarbeit mit einer auf Insolvenzrecht spezialisierten Anwaltskanzlei, mit der man die Vereinbarung getroffen habe, dass die Anwaltskosten in Raten bezahlt werden könnten. Mittels einer den Schreiben beigefügten Anlage 1 bestätigten die potentiellen Mandanten mit ihrer Unterschrift, dass sie sich zu einer monatlichen Ratenzahlung der Gesamtsumme der Anwaltskosten, die sich aus der Höhe ihrer Verbindlichkeiten errechnen sollte, bereit erklärten. Eine weitere Anlage 2 enthielt einen Auszug aus der Rechtsanwalts-Gebühren-Ordnung für 10/10 Anwaltsgebühren (Grundgebühren). Darunter war u.a. vermerkt, dass die angegebenen Summen Gesamtsummen und keine monatlichen Raten seien. Der V empfahl den Kläger als vertretungsbereiten Anwalt und übersandte einen Überweisungsschein für die Zahlung eines ersten Vorschusses.

Der Kläger kontaktierte in der Folge die jeweiligen Mandanten schriftlich, bestätigte den Eingang des ersten Vorschusses, forderte weitere Vorschüsse ein und stellte seine Tätigkeit im Rahmen eines Verbraucherinsolvenzverfahrens in Aussicht.

Anlässlich einer Außenprüfung durch die Betriebsnahe Veranlagungsstelle (BNV) kam das Finanzamt (FA) zu dem Ergebnis, dass geltend gemachte Vorsteuerbeträge aus Rechnungen des L nicht mehr zum Abzug zuzulassen seien, da die Bezeichnung der abgerechneten sonstigen Leistungen als "Schreib- und Couvertierarbeiten" hinsichtlich Art und Umfang unzutreffend und ungenau erfolgt sei. Darüber hinaus sei tatsächlich nicht für Schreibarbeiten, sondern für die Vermittlung von Mandanten an den Kläger abgerechnet worden (vgl. Bericht der BNV vom 19. Juni 2006, Ordner 6).

Am 11. August 2006 erließ das FA geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre. Die Umsatzsteuer wurde für das Jahr 2000 auf 15.232,41 EUR, für das Jahr 2001 auf 49.128,50 EUR, für das Jahr 2002 auf 98.461,97 EUR und für das Jahr 2003 mit 118.461,50 EUR festgesetzt.

Das dagegen gerichtete Einspruchsverfahren hatte keinen Erfolg. Mit Entscheidung vom 9. Juni 2006 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.

Mit der hiergegen eingelegten Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, dass ihm das FA den Vorsteuerabzug zu Unrecht versage. Da in den streitigen Rechnungen eindeutig über "Schreib- und Couvertierarbeiten" abgerechnet werde, genüge er seiner Feststellungslast hinsichtlich der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umstände. Allein die räumliche Verbindung zweier Unternehmen rechtfertige es nicht, diese als Einheit zu betrachten und die Tätigkeit des einen dem anderen zuzurechnen. Zudem habe er die Firma L zu keinem Zeitpunkt damit beauftragt, für ihn Werbung zu betreiben oder Mandanten zu vermitteln.

Außerdem ergebe sich aus einer Betrachtung der Abrechnungspapiere zwingend, dass mit den Rechnungen keine Werbe- oder Vermittlungsleistungen abgegolten werden sollten. Anhand einer Rechnung für den Monat Februar 2003 vom 3. März 2003 sei eindeutig festzustellen, dass nicht über die Erlangung künftiger Mandate, sondern tatsächlich erbrachte Leistungen in Beziehung zu einem konkreten Mandat vergütet wurden.

Da seine Mandanten bei der Erstellung des für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erforderlichen Gläubigerverzeichnisses regelmäßig überfordert gewesen seien, habe L den Kläger bei der rechtlichen Beratung der Mandanten unterstützt. Der Büroservice habe den Mandanten einen Vordruck zum Ausfüllen des Schuldnerverzeichnisses versandt. Da dieser regelmäßig mangelhaft ausgefüllt zurück geschickt wurde, habe sich der Büroservice meist mehrfach mit den Mandanten in Verbindung setzten müssen. Da der Hauptaufwand des Büroservices somit zu Beginn eines Mandates stattgefunden habe, sollten L daher auch die beiden ersten Vorschüsse, ihm selbst der dritte Vorschuss zustehen. Mit dem Bonus sollten weitere Büroarbeiten im Nachlauf des Mandates vergütet werden.

Von einer unzureichenden Leistungsbeschreibung könne nicht die Rede sein, da die Rechnungen nicht nur aus den jeweilig ersten Blättern bestünden, sondern den Zusatz "RECHNUNG: XLS" als untrennbaren Bestandteil enthielten. Daraus sei die Aufteilung der im Monat Februar insgesamt eingegangenen Vorschüsse ersichtlich. Im Zusammenhang mit dem jeweiligen Kontoauszug könne jedes einzeln bearbeitetes Mandat ermittelt werden, da insoweit jeder einzelne Vorschuss mit Datum erfasst sei.

Der Kläger beantragt,

ihm für das Jahr 2000 weitere Vorsteuerbeträge von 6.802,23 EUR, für das Jahr 2001 weitere Vorsteuerbeträge in Höhe von 16.008,04 EUR, für das Jahr 2002 weitere Vorsteuerbeträge in Höhe von 22.890 EUR und für das Jahr 2003 weitere Vorsteuerbeträge in Höhe von 32.816 EUR zuzubilligen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

II. Die Klage ist unbegründet. Das FA hat dem Kläger zu Recht den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen des L versagt.

Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetztes in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung (UStG) kann der Unternehmer die in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Voraussetzung ist, dass die Rechnungen die zutreffende Bezeichnung der tatsächlich erbrachten Leistungen enthalten (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UStG). Insbesondere genügen diesen Anforderungen nur Bezeichnungen, die eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 23. April 1993 V R 118/89, BFH/NV 1994, 584; vom 17. September 1992 V R 41/89, BStBl II 1993, 205; vom 10. November 1994 V R 45/93, BStBl II 1995, 395; vom 26. April 2001 V R 50/99, BFHE 194, 536; Beschlüsse vom 2. Juli 1999 V B 171/98, BFH/NV 1999, 1652; vom 29. November 2002 V B 119/02, BFH/NV 2003, 518).

Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass mit den streitigen Rechnungen nur zu einem geringen Teil über Schreib- und Couvertierarbeiten abgerechnet worden ist. Denn aus der den Rechnungen beigefügten Anlage "Rechnung.XLS" ergibt sich, dass darin tatsächlich eine Aufteilung der bei L eingegangenen Honorarforderungen vorgenommen worden ist. Der dort ausgewiesene Gesamtbetrag entspricht der Summe auf dem Kontenblatt für den jeweiligen Rechnungsmonat, auf dem jeder Mandant mit Datum sowie mit der Höhe des gezahlten Vorschusses erfasst ist. Die Anlage "Rechnung.XLS" enthält die Aufgliederung der dem Kläger (ein Drittel) und L (zwei Drittel) jeweils zustehenden Anteile, die zwischen den Parteien anhand einer vom Gericht nicht nachvollziehbaren Vereinbarung vorgenommen worden ist. Von einer Abrechnung über geleistete Schreib- und Couvertierarbeiten kann insoweit nicht die Rede sein.

Im Übrigen hat der Kläger selbst in einer Zeugen-Vernehmung am 21. April 1999 ausgesagt, dass es sich bei den in Rechnung gestellten Schreib- und Couvertierarbeiten unter anderem um das Versenden von Selbstauskünften betreffend die T Stiftung (nachfolgend V), sowie um sonstige Schreibarbeiten für seine Kanzlei gehandelt habe. In den Abrechnungen seien "natürlich auch Porto-, Papier- und sonstige Kosten enthalten" gewesen. Darüber hinaus hat er eingeräumt, dass ihn L bei der rechtlichen Beratung seiner Mandanten, insbesondere bei dem korrekten Ausfüllen der Gläubigerverzeichnisse unterstützt hat.

Rechnungen, in denen über Schreib- und Couvertierarbeiten abgerechnet wird, wenn tatsächlich im Wesentlichen andere Leistungen erbracht wurden, wie beispielsweise Vermittlungs- oder Beratungsleistungen, genügen den von der Rechtsprechung geforderten Anforderungen an ein zum Vorsteuerabzug berechtigendes Abrechnungspapier nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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