Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Beschluss verkündet am 10.07.2008
Aktenzeichen: 14 V 1356/08
Rechtsgebiete: FGO, AO, UStG


Vorschriften:

FGO § 69 Abs. 2 S. 2
FGO § 69 Abs. 3 S. 1 Hs. 2
AO § 71
AO § 153 Abs. 1 Nr. 1
AO § 370 Abs. 1
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

14 V 1356/08

Aussetzung der Vollziehung in Sachen Haftung für Umsatzsteuer 2000

In der Streitsache

...

hat der 14. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

ohne mündliche Verhandlung

am 10. Juli 2008

beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Gründe:

I.

Streitig ist im Hauptsacheverfahren, ob der Antragsteller zu Recht für Abgabenschulden der D GmbH (nachfolgend GmbH) in Haftung genommen worden ist.

Der Antragsteller ist seit ihrer Gründung im Jahr 1997 Geschäftsführer der GmbH. Ein weiterer Geschäftsführer ist im Februar 2000 aus der Geschäftsführung ausgeschieden.

Gegenstand des Unternehmens der GmbH war im Streitjahr die Herstellung sowie der Groß- und Einzelhandel mit Elektronik, insbesondere des Produkts "B". Zur Herstellung dieses Produkts hatte die GmbH am 17. August 1998 mit der Firma S GbR (nachfolgend GbR) einen Lizenzvertrag über die Nutzung eines Patents abgeschlossen. Im Jahr 1999 wurden 350.000 DM Lizenzgebühren an die GbR bezahlt (vgl. Bl. 28 des Bilanzberichts 1999).

Mit Rechnung vom 22. Dezember 2000 stellte die GbR der GmbH für das Jahr 2000 Lizenzgebühren in Höhe von 1.750.000 DM zuzüglich 280.000 DM Umsatzsteuer in Rechnung (Bl. 2/2000 der Umsatzsteuerakte des Finanzamts - FA-). Am 12. Februar 2001 reichte der Antragsteller als Geschäftsführer der GmbH eine Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 2000 ein, in der Vorsteuern von 280.763,19 DM geltend gemacht wurden, wovon 280.000 DM auf die Rechnung der GbR entfielen. Am 20. Februar 2001 wurde der GmbH die geltend gemachte Vorsteuer vom damals zuständigen Finanzamt R ausbezahlt. Tatsächlich wurden im Jahr 2000 keine Lizenzgebühren entrichtet und keine Verbindlichkeiten gegenüber der GbR ausgewiesen. Im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2000 wurde eine Forderung gegen die GbR wegen zu Unrecht geleisteter Lizenzzahlungen für das Jahr 1999 in Höhe von 406.000 DM gebucht (vgl. Bl. 26, 36 f des Bilanzberichts 2000).

Im Jahr 2001 wurde gutachtlich festgestellt, dass das von der GmbH in Lizenz erworbene Patent der GbR zu Unrecht bestand (vgl. auch Schreiben des Antragstellers vom 19. Juni 2006 an das FA, Bl. 35 ff der Haftungsakte), am 2. März 2001 wurde der Lizenzvertrag durch die GmbH fristlos gekündigt (Bl. 19, 23/2000 der Umsatzsteuerakte). Die Forderung der GbR aus der Rechnung vom 22. Dezember 2000 wurde durch die GmbH nicht beglichen.

Am 10. Februar 2003 wurde beim Finanzamt R eine Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 2000 eingereicht (Erstellungsdatum 12. September 2001), in der der Vorsteuerabzug aus der Rechnung der GbR berichtigt wurde. Der mit Bescheid vom 21. Februar 2003 festgesetzte Rückforderungsanspruch des Finanzamts in Höhe von 143.161,52 EUR (Bl. 34 der Umsatzsteuerakte des FA) wurde von der GmbH nicht beglichen. Nach erfolglosen Vollstreckungsversuchen wurde am 17. September 2004 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet.

Mit Urteil des Amtsgerichts M vom 26. Oktober 2004 wurde der Antragsteller wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Nach vorheriger Ankündigung und Anhörung nahm das FA den Antragsteller mit Bescheid vom 2. November 2006 für rückständige Umsatzsteuer 2000 nebst Zinsen und Säumniszuschlägen der GmbH in Höhe von 237.059,08 EUR in Haftung (Bl. 59 der Haftungsakte). Mit Bescheid vom 19. November 2007 wurde der Haftungsbescheid in Höhe von 81.608,50 EUR entfallend auf Zinsen und Säumniszuschläge zurückgenommen (verbleibende Haftungssumme 176.495,08 EUR, Bl. 18 f der Rechtsbehelfsakte). Das dagegen gerichtete Einspruchsverfahren hatte keinen Erfolg. Mit Entscheidung vom 19. Mai 2008 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.

Mit seinem bei Gericht gestellten Antrag bringt der Antragsteller im Wesentlichen vor, dass ihn das FA zu Unrecht in Haftung genommen habe. Die am 12. Februar 2001 abgegebene Umsatzsteuervoranmeldung sei weder unrichtig noch unvollständig gewesen. Es habe keinen Grund gegeben, gegenüber dem Finanzamt erforderliche Richtigstellungen vorzunehmen. Der Lizenzvertrag sei erst im März gekündigt worden. Die Forderung der GbR sei aber vor der Kündigung unstreitig fällig gestellt worden und habe sich auf im Jahr 2000 erbrachte Leistungen bezogen.

Zwischen der angeblichen Steuerhinterziehung und dem mit dem Haftungsanspruch geltend gemachten Schaden liege keine Kausalität vor, da der Antragsteller nicht zur Korrektur von Erklärungen verpflichtet gewesen sei. Er habe eine richtige Umsatzsteuervoranmeldung abgegeben und sich den Vorsteuerüberhang zu Recht erstatten lassen. Auch die Jahressteuererklärung 2000 sei inhaltlich richtig erstellt worden.

Im Jahr 2003 seien keine liquiden Mittel der GmbH mehr vorhanden gewesen, die zur Tilgung des etwaigen Rückzahlungsanspruchs des FA hätten verwendet werden können. Die Liquiditätsschwierigkeiten resultierten daraus, dass die GbR bereits mit Schreiben vom 15. März 2001 Antrag auf Eröffnung der Insolvenz über das Vermögen der GmbH gestellt habe, der erst mit Beschluss des Landgerichts M vom 29. April 2003 zurückgewiesen worden sei.

Die Einleitung der Zwangsvollstreckung bedeute für ihn eine unbillige Härte, da er über keine laufenden Einkünfte verfüge. Aufgrund seiner Bewährungsauflage müsse er nach Kräften versuchen, den Schaden gegenüber dem Freistaat Bayern wieder gut zu machen und entrichte deshalb monatliche Raten an das Finanzamt. Momentan würden die Möglichkeit eines Wiederaufnahmeverfahrens gegen die strafrechtliche Verurteilung und der Widerruf des vom Antragsteller abgegebenen Geständnisses geprüft.

Der Antragsteller beantragt,

die Vollziehung des Haftungsbescheids vom 2. November 2006 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 19. November 2007 und der Einspruchsentscheidung vom 19. März 2008 auszusetzen.

Das FA beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Ergänzend zur Einspruchsentscheidung trägt es vor, dass der GmbH der Vorsteuerabzug aus der Rechnung der GbR nicht zugestanden habe, weil die GbR die entsprechende Leistung tatsächlich nicht an die GmbH erbracht habe. Dafür spreche auch der Beschluss des Landgerichts M, der im Mai 2003 in dem Verfahren über den Insolvenzantrag der GbR gegen die GmbH ergangen sei (vgl. Anlage K 33 zur Klagebegründung, Bl. 296 ff Gerichtsakte). Das Landgericht habe es als naheliegend angesehen, dass die GbR zumindest Ende des Jahres 1999 Kenntnis davon gehabt habe, dass bereits eine Patentanmeldung eines anderen Erfinders vorlag (Bl. 303 Gerichtsakte). Die Forderung der GbR sei daher vom Insolvenzgericht nicht anerkannt worden. Auch der Antragsteller habe bereits im Januar/Februar 2001 gewusst, dass das erworbene Patent zu Unrecht bestand und den Lizenzvertrag daher auch gekündigt und die Zahlung verweigert. Anhand der von ihm eingereichten Unterlagen und des von ihm geschilderten Geschehensablauf sei davon auszugehen, dass die GbR die in der Rechnung vom 22. Dezember 2000 abgerechnete Leistung an die GmbH nicht erbracht habe und auch nicht erbringen konnte, weil sie über kein wirksames Patent verfügt habe.

Da das Bestreiten der Forderung der GbR durch die GmbH zeitlich mit der Abgabe der Voranmeldung für Dezember 2000 und der Auszahlung des Vorsteuerüberschusses zusammen fiel, stünde fest, dass der Antragsteller wusste, dass die Vorsteuer aus dieser Rechnung vom FA an die GmbH zu Unrecht ausgezahlt worden sei. Entweder habe der Antragsteller davon bereits bei Abgabe der Voranmeldung am 12. Februar 2001 und bei Auszahlung des Überschusses am 20. Februar 2001, spätestens jedoch bei Kündigung des Lizenzvertrages am 1. März 2001 Kenntnis gehabt. Er hätte den Vorsteuerabzug nicht geltend machen oder aber unverzüglich nach der Auszahlung wieder berichtigen und den ausgezahlten Betrag zurückzahlen müssen. Durch die Verzögerung der Berichtigung der Voranmeldung mit der Jahreserklärung, die zwar im September 2001 erstellt, jedoch erst im Februar 2003 beim FA eingereicht worden sei, und die zwischenzeitlich eingetretene Zahlungsunfähigkeit der GmbH sei dem FA ein Schaden entstanden, den der Antragsteller zu verantworten habe.

Der Antragsteller habe bis Oktober 2007 (Ende der Bewährungsfrist des Strafurteils) monatliche Ratenzahlungen in Höhe von 150 EUR geleistet. Das FA habe zwischenzeitlich die Aufrechnung der Haftungsschuld mit einem Umsatzsteuererstattungsanspruch des Antragstellers in Höhe von 671,97 EUR erklärt und diesbezüglich am 2. April 2008 einen Abrechnungsbescheid erlassen. Derzeit sei die Haftungsschuld in Höhe von 174.023,11EUR rückständig. Vollstreckungsmaßnahmen seien momentan nicht beabsichtigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten und auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

1. Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 3 und Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit des Bescheides (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. Februar 2000 IV B 83/99, BStBl II 2000, 298) und zwar aus folgenden Erwägungen:

Das FA hat den Antragsteller dem Grunde und der Höhe nach zu Recht für Steuerschuldenden der GmbH in Haftung genommen:

Gemäß § 71 Abgabenordnung 1977 (AO) haftet derjenige, der eine Steuerhinterziehung begeht, für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für Zinsen nach § 235 AO und kann nach § 191 Abs. 1 AO durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Nach § 370 Abs. 1 AO begeht eine Steuerhinterziehung, wer den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht und dadurch Steuern verkürzt.

Es kann dahin gestellt bleiben, ob der Antragsteller bereits deshalb eine Steuerhinterziehung begangen hat, weil er mit Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung am 12. Februar 2001 den Abzug von Vorsteuern geltend gemacht hat, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung (UStG) aufgrund der Unwirksamkeit des zugrunde liegenden Lizenzvertrages nicht vorlagen.

Der objektive und subjektive Tatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 AO) ist jedenfalls deswegen erfüllt, weil der Antragsteller nach Kündigung des Lizenzvertrages am 2. März 2001 seiner Pflicht zur Berichtigung der Umsatzsteuervoranmeldung nicht nachgekommen ist. Gemäß § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO ist ein Steuerpflichtiger, der nachträglich vor Ablauf der Festsetzungsfrist erkennt, dass eine von ihm oder für ihn abgegebene Erklärung unrichtig oder unvollständig ist und dass es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist, verpflichtet, dies unverzüglich anzuzeigen und die erforderliche Richtigstellung vorzunehmen.

Als Geschäftsführer der GmbH war der Antragsteller unmittelbar nach seiner Kündigung des Lizenzvertrages verpflichtet, dem FA anzuzeigen, dass der Vorsteuerabzug in der Voranmeldung für Dezember 2000 zu Unrecht in Anspruch genommen worden ist. Der Antragsteller war sich dessen auch bewusst. Denn wie er selbst im Schreiben vom 19. Juni 2006 an das FA mitgeteilt hatte, hatte sich bereits im Februar 2001 herausgestellt, dass das Lizenzpatent zu Unrecht bestand und dass eine sofortige Abgabe der (berichtigten) Umsatzsteuererklärung zur sofortigen Insolvenz geführt hätte. Die GbR konnte daher keine dem Lizenzvertrag entsprechende Leistung erbringen, die gesetzlichen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug von § 15 Abs. 1 Satz Nr. 1 UStG lagen somit nicht vor. Tatsächlich hat der Antragsteller erst in der Jahreserklärung vom 10. Februar 2003 angezeigt, dass die abgegebene Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 2000 unrichtig war.

Der strafrechtlichen Verurteilung des Antragstellers liegen hinterzogene Umsatzsteuern für das Jahr 2000 in Höhe von 280.000 DM zugrunde. Die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen des rechtskräftig gewordenen Urteils des Amtsgerichts M vom 26. Oktober 2004 erachtet das Gericht für zutreffend und macht sie sich zu Eigen, da die Beteiligten gegen die strafgerichtlichen Feststellungen keine substantiierten Einwendungen vorgetragen und entsprechende Beweisanträge gestellt haben (BFH-Urteile vom 13. Juni 1973 VII R 58/71, BStBl II 1973, 666, vom 10. Januar 1978 VII R 106/75, BStBl II 1978, 310, und vom 2. Dezember 2003 VII R 17/03, BFH/NV 2004, 597).

Der Haftungstatbestand des § 71 AO ist auch hinsichtlich des Umsatzsteuerbetrags 2000 i.H.v. 28.125,15 EUR erfüllt, denn der Antragsteller war als langjähriger Geschäftsführer gemäß § 150 AO i.V.m. § 18 Abs. 1 UStG zur rechtzeitigen Abgabe wahrheitsgemäßer Umsatzsteuererklärungen verpflichtet. Dieser Verpflichtung ist er wissentlich und willentlich nicht nachgekommen, da er die Umsatzsteuerjahreserklärung 2000 erst am 10. Februar 2003 und damit verspätet abgegeben hat. Wie er selbst im Schreiben vom 19. Juni 2006 mitgeteilt hat, erfolgte die verspätete Abgabe, um die sofortige Insolvenz der GmbH zu verhindern. Das FA konnte die Umsatzsteuer 2000 daher erst mit Bescheid vom 21. Februar 2003 festsetzen, als keine liquiden Mittel der GmbH mehr vorhanden gewesen sind, die zur Tilgung von Steuerschulden hätten verwendet werden können.

Aber selbst wenn man hinsichtlich dieses Betrages von keiner Steuerhinterziehung ausgeht, ist insoweit jedenfalls der Haftungstatbestand des § 69 AO erfüllt, da der Antragsteller die Umsatzsteuererklärung 2000 vorsätzlich nicht rechtzeitig abgegeben hat (s.o.). Der Senat kann die Frage des Vorliegens eines Vorsatzes zur Steuerhinterziehung auf sich beruhen lassen und sich mit der Feststellung einer grob fahrlässigen bzw. vorsätzlichen Pflichtverletzung begnügen, wenn danach zumindest eine Inanspruchnahme des Antragstellers nach § 69 AO möglich ist (vgl. BFH-Beschluss vom 11. August 2005 VII B 312/04, StE 2005,2153).

Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist der Schaden des Fiskus und die Kausalität seines Handelns auch nicht deshalb zu verneinen, weil die GmbH schon im Zeitpunkt der gesetzlichen Fälligkeit der Umsatzsteuerschuld --möglicherweise-- nicht mehr genügend Mittel zu deren Begleichung zur Verfügung hatte.

Zwar ist auch bei dem Haftungstatbestand der Steuerhinterziehung für den Umfang der Haftung darauf abzustellen, inwieweit das strafrechtlich vorwerfbare Verhalten für den Steuerausfall ursächlich gewesen ist (BFH-Beschluss vom 11.02.2002, VII B 323/00 NV 2002, 891). Grundsätzlich hat der BFH dazu ausgeführt, dass auch der Täter einer Steuerhinterziehung nicht weitergehend in Haftung genommen werden kann, wenn es auch bei pflichtgemäßem Verhalten --hier der unverzüglichen Berichtigung der Voranmeldung für Dezember 2000 -- zu dem Steuerausfall gekommen wäre, weil keine Zahlungsmittel und auch keine Vollstreckungsmöglichkeiten für das FA vorhanden waren und der Steuerschuldner mit den im Haftungszeitraum insgesamt geleisteten Zahlungen das FA nicht gegenüber den anderen Gläubigern benachteiligt hat (BFH-Urteile vom 25.04.1995 VII R 99-100/94, VII R 99/94, VII R 100/94, BFH/NV 1996, 97 und vom 6. März 2001 VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100).

Dieser Grundsatz hat jedoch durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits Einschränkungen erfahren. So kann ein haftungsbegründender ursächlicher Zusammenhang zwischen der Verletzung der Steuererklärungspflicht und dem eingetretenen Steuerausfall (Haftungsschaden) auch dadurch begründet sein, dass durch die unrichtige Steuererklärung eine aussichtsreiche Vollstreckungsmöglichkeit des FA vereitelt worden ist (BFH-Urteil vom 26.08.1992 VII R 50/91, BStBl II 1993, 8).

In Betracht kommt auch, dass der aufgrund pflichtwidriger Nichtabgabe einer Umsatzsteuererklärung Haftende den Steuerschuldner schon zu einem früheren Zeitpunkt schuldhaft außer Stande gesetzt hat, die vorhersehbare Steuerschuld tilgen zu können (BFH-Urteil vom 5. März 1991 VII R 93/88, BStBl II 1991, 678, 681). In diesem Fall liegt der maßgebliche Grund für den Steuerausfall nämlich nicht in der mangelnden Liquidität der Gesellschaft zum Fälligkeitszeitpunkt, sondern darin, dass durch die Abgabe einer unzutreffenden Steueranmeldung der Erfolg der vorsätzlichen Verschlechterung der Liquiditäts- und Vermögensverhältnisse der GmbH sichergestellt werden soll, wofür der Geschäftsführer der GmbH verantwortlich gemacht werden kann.

So verhält es sich im Streitfall. Denn die Umsatzsteuererklärung 2000 wurde erst im Februar 2003 und damit zu einem Zeitpunkt abgegeben, als keine liquiden Mittel der GmbH mehr vorhanden gewesen sind, die zur Tilgung von Steuerschulden hätten verwendet werden können.

Ein Ermessensfehlgebrauch (§ 191 AO) bei Erlass des Haftungsbescheides kann nicht festgestellt werden, unter den gegebenen Umständen des Falles hat das FA sein Entschließungs- und Auswahlermessen richtig betätigt.

Auch bei der Inanspruchnahme eines nach § 71 AO Haftenden handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die nach § 102 der Finanzgerichtsordnung (FGO) darauf zu überprüfen ist, ob der Haftungsbescheid deshalb rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde.

Allerdings hat der BFH bereits entschieden, dass im Falle vorsätzlicher Pflichtverletzung und Steuerhinterziehung das Entschließungsermessen in der Weise vorgeprägt ist, dass es einer besonderen Begründung der Ermessensbetätigung nicht bedarf (vgl. BFH-Urteil vom 26. Februar 1991 VII R 3/90, BFH/NV 1991, 504). Hat jemand als Täter oder Teilnehmer eine vorsätzliche Steuerstraftat begangen, so ist es im Regelfall sachgerecht, wenn ihn die Finanzbehörde für den Steuerschaden in Anspruch nimmt. Sie würde eher ermessensfehlerhaft handeln, wenn sie den Betreffenden von einer Inanspruchnahme freistellte (BFH-Urteil vom 02.12.2003 VII R 17/03, BFH/NV 2004, 597).

2. Eine Aussetzung der Vollziehung kann auch nicht im Hinblick auf eine "unbillige Härte" gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) gewährt werden.

Eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte im Sinne dieser Vorschriften liegt vor, wenn dem Steuerpflichtigen durch die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes Nachteile drohen, die durch eine etwaige spätere Rückzahlung des eingezogenen Betrages nicht ausgeglichen werden oder nur schwer gutzumachen sind, oder wenn die Vollziehung zu einer Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz führen würde (Beschlüsse des BFH vom 21. Februar 1990 II B 98/89, BStBl II 1990, 510 und vom 5. März 1998 VII B 36/97, BFH/NV 1998, 1325).

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren sind auch im Fall der Aussetzung der Vollziehung wegen unbilliger Härte zu berücksichtigen. Da - wie oben ausgeführt - keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen, kommt eine Aussetzung wegen unbilliger Härte nicht in Betracht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 128 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung).



Ende der Entscheidung

Zurück