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Gericht: Finanzgericht München
Beschluss verkündet am 15.04.2008
Aktenzeichen: 14 V 4225/07
Rechtsgebiete: UStG, FGO


Vorschriften:

UStG § 4 Nr. 9a
UStG § 4 Nr. 12a
UStG § 14
UStG § 9 Abs. 2 S. 1
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
UStG § 15 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 69 Abs. 2 S. 2
FGO § 69 Abs. 3 S. 1 Hs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

14 V 4225/07

Aussetzung der Vollziehung in Sachen Umsatzsteuer 1995, 1996, 1997, 1998, 1999, 2002, 2003, 2004, 2005

In der Streitsache

...

hat der 14. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

...

ohne mündliche Verhandlung

am 15. April 2008

beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Gründe:

I. Streitig ist die Anerkennung von Vorsteuern im Zusammenhang mit einem Bauträgerprojekt.

Die Antragstellerin ist eine mit notarieller Urkunde vom 21. Februar 1992 errichtete und am 15. Dezember 1992 ins Handelsregister eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Der Unternehmenszweck beinhaltet die Renovierung und Errichtung von Bauten als Bauträger, der Erwerb sowie das Halten und Verwalten von Grundbesitz. Alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist Herr N, der gleichzeitig einen Geschäftsanteil in Höhe von nominell DM 5.000 hält.

Als Eigentümer des Grundstücks T Str. 3 in G vereinbarte dieser mit Vertrag vom 21. Februar 1992, dass die Antragstellerin dieses Objekt zur Baureife bringen, die Finanzierung sowie die Vermittlung von Betreibern, Pächtern und Mietern übernehmen sollte. Die Antragstellerin sollte dafür eine Leistungsvergütung zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer erhalten. Außerdem wurde geregelt, dass die Antragstellerin das Grundstück erwerben, bebauen und nach Fertigstellung an Dritte verpachten oder vermieten könne (vgl. Bl. 15 Gerichtsakten zu 14 K 3911/07).

Mit Bescheid vom 24. August 1992 genehmigte das Landratsamt M der Antragstellerin den Abbruch von noch auf dem Grundstück vorhandenen Nebengebäuden. Im Jahr 1994 begann die Antragstellerin das Grundstück zu projektieren. Nach dem am 4. Juli 1995 erstellten und dem Jahresabschluss zum 31. Dezember 1994 beigefügten Lagebericht waren interessierte Käufer für den Wohnbereich sowie Mieter für die Gewerbeflächen vorhanden.

In der Folge kam es jedoch nicht zu einem Erwerb des Grundstücks durch die Antragstellerin, zwischenzeitlich wurde ein Zwangsversteigerungsverfahren eingeleitet.

Mit den beim Finanzamt (FA) eingereichten Umsatzsteuererklärungen machte die Antragstellerin für die Folgejahre den Vorausteuerabzug aus Eingangsrechnungen über Projektierungskosten geltend, steuerpflichtige Umsätze wurden in den Jahren 1993 bis 2004 nicht erklärt.

Für die Jahre 1993 bis 2004 stimmte das FA den abgegebenen Umsatzsteuererklärungen zunächst zu. Im Rahmen der Steuerfestsetzung für das Jahr 1999 stellte das FA im Jahr 2001 weitere Ermittlungen an, in deren Verlauf es zu dem Ergebnis kam, dass der bisher gewährte Vorsteuerabzug zu versagen sei. Ausschlaggebend war dabei unter anderem, dass die Antragstellerin mit Schreiben vom 23. Februar 1999 der H Bank eine Ladeneinheit für eine Bankfiliale in dem Objekt angeboten hatte (Bl. 25 Umsatzsteuerakten 1993 - 1994).

Mit Bescheiden vom 4. Mai 2001 (für die Jahre 1995 bis 1998), vom 10. Mai 2001 (für das Jahr 1999), vom 25. Oktober 2006 (für die Jahre 2002 bis 2004) sowie vom 13. Dezember 2006 (für das Jahr 2005) änderte das FA deshalb die Steuerfestsetzungen und setzte die Umsatzsteuer jeweils auf 0 DM fest.

Das gegen die Steuerfestsetzung 1993 geführte Einspruchs- und Klageverfahren blieb erfolglos (vgl. das rechtskräftige Urteil des Finanzgerichts München vom 14. Juni 2007, Az.: 14 K 4127/06).

Mit Entscheidung vom 12. Oktober 2007 wies das FA auch die Einsprüche gegen die Umsatzsteuerbescheide 1995 bis 2005 als unbegründet zurück.

Mit ihrem bei Gericht gestellten Antrag bringt die Antragstellerin im Wesentlichen vor, dass im Falle des Erwerbs des Grundstücks durch die Antragstellerin aufgrund der erteilten Baugenehmigung ausschließlich umsatzsteuerpflichtige Ausgangsumsätze getätigt worden wären.

Dies ergäbe sich auch aus Vereinbarung mit N vom 21.Februar 1992, da sie sich zur Vermittlung potentieller Betreiber für den Betrieb Hotel/Ferienwohnungen und Pächter für den historischen Gasthof verpflichtet habe und insoweit ausschließlich umsatzsteuerpflichtige Mietumsätze erzielt worden wären.

Hinsichtlich der objektiven Verwendungsabsicht zur Erzielen von steuerpflichtigen Umsätzen sei darüber hinaus auf den jeweiligen Leistungszeitpunkt abzustellen. Diese habe jedoch unzweifelhaft vorgelegen, wie sich durch die sowie die behördliche Baugenehmigung dokumentieren lasse. Auf später eingetretene Umstände, insbesondere den Versuch, eine Bank als Mieter zu gewinnen, könne nicht zurückgegriffen werden.

Die Antragstellerin beantragt,

die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 1995 bis 1998 vom 4. Mai 2001, des Umsatzsteuerbescheides 1999 vom 10. Mai 2001, der Umsatzsteuerbescheide 2002 bis 2004 jeweils vom 25. Oktober 2006, des Umsatzsteuerbescheides 2005 vom 13. Dezember 2006 in Form der Einspruchsentscheidung vom 12. Oktober 2007 wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit auszusetzen.

Das FA beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten, auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie das Urteil des Finanzgerichts München vom 14. Juni 2007, Az: 14 K 4127/06 Bezug genommen.

II. Der Antrag hat keinen Erfolg.

1. Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 3 und Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit des Bescheides (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. Februar 2000 IV B 83/99, BStBl II 2000, 298) und zwar aus folgenden Erwägungen:

Das FA hat der Antragstellerin den Vorsteuerabzug aus den Eingangsrechnungen zu Recht versagt.

Nach der Vorschrift des § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung (UStG) kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S.d. § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.

Gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ist aber die Steuer für bezogene Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet, vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

Umsätze im Zusammenhang mit der Veräußerung von unbebauten und bebauten Grundstücken sind nach § 4 Nr. 9 a UStG und im Zusammenhang mit Grundstücksvermietung und - verpachtung nach § 4 Nr. 12 a Satz 1 steuerfrei. Auf diese Steuerbefreiung kann der Unternehmer verzichten, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird (§ 9 Abs. 1 UStG).

Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG ist der Verzicht auf die Steuerbefreiung nach Absatz 1 der Vorschrift bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken nur zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Der Unternehmer hat die Voraussetzungen insoweit nachzuweisen (§ 9 Abs. 2 Satz 2 UStG).

Für den Vorsteuerabzug in der Investitionsphase gilt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu Art. 17 und 20 der Richtlinie 77/388/EWG (vgl.Urteile vom 29. Februar 1996 Rs. C-110/94 - INZO -, BStBl II 1996, 655;vom 8. Juni 2000 Rs. C- 400/98 - Breitsohl -, Umsatzsteuer-Rundschau -UR- 2000, 329;vom 8. Juni 2000 Rs. C-396/98 - Schlossstrasse -, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht - UVR - 2000, 308) und des BFH (Urteil vom 8. März 2001 V R 24/98, BFH/NV 2001, 876) der Grundsatz des "Sofortabzugs", wonach der Vorsteuerabzug bereits in dem Besteuerungs- bzw. Voranmeldungszeitraum zu gewähren ist, in dem die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG erfüllt sind.

Es kann dahin gestellt bleiben, ob der Vorsteuerabzug bereits aufgrund der Erwägungen im Urteil des Finanzgerichts München vom 14. Juni 2007 (Az.: 14 K 4127/06) zu versagen ist, da insoweit rechtskräftig entschieden ist, dass für das Jahr 1995 keine Absicht zur Erzielung steuerpflichtiger Ausgangsumsätze bestand.

Ein Vorsteuerabzug kommt jedenfalls in den hier maßgeblichen Streitjahren deshalb nicht in Betracht, weil die Antragstellerin ihre Absicht nicht belegen kann, die von ihr bezogenen Eingangsleistungen ausschließlich für steuerpflichtige Veräußerungs- bzw. Vermietungsumsätze zu verwenden.

So ergibt sich aus der Vereinbarung vom 21. Februar 1992 zwischen der Antragstellerin und dem Grundstückseigentümer N nicht, dass die Verpflichtung der Antragstellerin zur Vermittlung "potentielle Betreiber für den Betrieb Hotel/Ferienwohnungen" sowie "Pächter für den historischen Gasthof" nur einen Interessentenkreis betrifft, der in den gemieteten Räumen ausschließlich zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze hätte ausführen sollen.

Letztlich wird insoweit lediglich die subjektive Absicht belegt, eine zumindest auch teilweise steuerpflichtige Verpachtung oder Veräußerung anzustreben.

Auch der Umstand, dass die Antragstellerin eine Ladeneinheit des Projekts auch einer Bank für den Betrieb einer Filiale angeboten hatte und insoweit auch den Vorsteuerabzug ausschließende da gemäß § 4 Nr. 8 UStG steuerfreie Umsätze erzielt hätte, spricht gegen die Absicht der Antragstellerin, die von ihr bezogenen Eingangsleistungen ausschließlich für steuerpflichtige Veräußerungs- bzw. Vermietungsumsätze zu verwenden.

Denn entgegen der Ansicht der Antragstellerin kommen für die tatsächliche Würdigung der Umstände, die für und gegen das Vorliegen der behaupteten Verwendungsabsicht zu nachhaltigen steuerpflichtigen Umsätzen sprechen, nicht nur solche Umstände in Betracht, die im Zeitpunkt des Leistungsbezuges erkennbar sind (vgl. BFH-Beschluss vom 18. Oktober 2007 V B 36/06, BFH/NV 2008, 254). Vielmehr können auch nachträgliche Umstände mit berücksichtigt werden, sofern sie Rückschlüsse auf die zuvor vorhandenen inneren Absichten des Steuerpflichtigen erlauben. Entspricht die tatsächliche Nutzung nicht der behaupteten ursprünglichen Nutzungsabsicht (Absichtsänderung), so kann die spätere tatsächliche Verwendung eines Leistungsbezugs auch ein wesentliches Indiz für die bei Leistungsbezug bestehende Verwendungsabsicht des Unternehmers sein (vgl. BFH-Beschluss vom 19. Februar 2002 V B 52/01, BFH/NV 2002, 956, und BFH-Urteil vom 26. Januar 2006 V R 74/03, BFH/NV 2006, 1164).

2. Eine Aussetzung der Vollziehung kann auch nicht im Hinblick auf eine "unbillige Härte" gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) gewährt werden.

Eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte im Sinne dieser Vorschriften liegt vor, wenn dem Steuerpflichtigen durch die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes Nachteile drohen, die durch eine etwaige spätere Rückzahlung des eingezogenen Betrages nicht ausgeglichen werden oder nur schwer gutzumachen sind, oder wenn die Vollziehung zu einer Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz führen würde (Beschlüsse des BFH vom 21. Februar 1990 II B 98/89, BStBl II 1990, 510 undvom 5. März 1998 VII B 36/97, BFH/NV 1998, 1325).

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren sind auch im Fall der Aussetzung der Vollziehung wegen unbilliger Härte zu berücksichtigen. Da - wie oben ausgeführt - keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen, kommt eine Aussetzung wegen unbilliger Härte nicht in Betracht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

Ende der Entscheidung

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