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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 30.08.2007
Aktenzeichen: 15 K 2297/04
Rechtsgebiete: EStG, GG


Vorschriften:

EStG § 7g Abs. 7 S. 2
EStG § 7g Abs. 7 S. 2 Nr. 2
GG Art. 3 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

15 K 2297/04

Gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 1999

In der Streitsache ...

hat das Finanzgericht München, 15. Senat,

durch

den Richter am Finanzgericht .. als Einzelrichter

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30. August 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1.) Die Klage wird abgewiesen.

2.) Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3.) Die Revision zum Bundesfinanzhof wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die gesetzliche Vorschrift des § 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 Einkommensteuergesetz in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) vereinbar ist. Im Einzelnen sieht die Klägerin das verfassungsrechtliche Grundrecht insoweit als verletzt an, als eine Personengesellschaft nach dem Wortlaut der einfachgesetzlichen Norm nur dann als Existenzgründer angesehen wird, wenn alle an ihr beteiligten Mitunternehmer innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung u.a. keine Gewinneinkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG erzielt haben.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und wurde zum Zweck des Betriebs einer zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis mit Vertrag vom 1.02.1996 gegründet. Gesellschafter zu gleichen Teilen sind die zwei im Streitjahr mit einander verheirateten Ehegatten K und U. Zuvor, d.h. seit 1995, hatte eine Gemeinschaftspraxis bestanden, aus der der Ehemann gemeinsam mit einem anderen Zahnarzt Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit erzielt hatte. Vor 1995 war der Ehemann nicht freiberuflich tätig, der andere Zahnarzt hingegen schon seit etlichen Jahren. Die Klägerin wurde in der Weise gegründet, dass die Ehefrau, die bis dahin nicht freiberuflich gearbeitet hatte, den bisherigen Gesellschaftsanteil des anderen Zahnarztes käuflich erwarb. Nach Aktenlage begannen die Gesellschafter der Klägerin den Betrieb ihrer Gemeinschaftspraxis zum 1.04.1996. Die für das Streitjahr von den Gesellschaftern der Klägerin zum Zweck des gesondert und einheitlich festzustellenden Gewinns aus freiberuflicher Tätigkeit beim Beklagten (dem Finanzamt) eingereichten und im Wege einer Einnahmenüberschuss-Rechnung erstellten Gewinnermittlung erklärten die Gesellschafter neben dem gemeinsamen Gewinn auch jeweils Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben. Insbesondere enthielten die Sonder-Gewinnermittlungen Betriebseinnahmen aus der Auflösung von zwei Rücklagen aus dem Feststellungszeitraum 1997 in Höhe von 29.219 DM (Ehefrau) und 31.695 DM (Ehemann). Sie waren als so genannte Existenzgründungsrücklagen bezeichnet. Die Gesellschafter der Klägerin unterließen hierbei die Verzinsung der aufgelösten Beträge, wie dies bei Existenzgründungsrücklagen in § 7g Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 2 EStG gesetzlich vorgesehen ist. Das Finanzamt stellte zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Abgabenordnung -AO) mit Bescheid vom 23.04.2001 den gemeinsamen Gewinn in Höhe von 459.926 DM aus freiberuflicher Tätigkeit wie erklärt gesondert und einheitlich fest, wobei es hiervon der Ehefrau einen Anteil von 390.076 DM und dem Ehemann 69.850 DM zurechnete. Mit Bescheid vom 15.10.2002 änderte das Finanzamt den Feststellungsbescheid unter gleichzeitiger Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung und setzte den gemeinsamen Gewinn auf 467.237 DM herauf. Unterschied ergab sich aus der vom Finanzamt nunmehr vorgenommenen Verzinsung der aufgelösten Rücklagenbeträge, indem das Finanzamt den Sondergewinn der Ehefrau um 5.869 DM und den des Ehemanns um 3.804 DM erhöhte. Das Finanzamt vertrat hierbei die Rechtsansicht, dass im Fall der Klägerin die Verzinsung der aufgelösten Rücklagenbeträge erfolgen müsste, weil der Ehemann wegen seiner vorherigen Beteiligung an der früheren Gemeinschaftspraxis die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen eines Existenzgründers nicht erfüllt hätte. Der fristgerechte Einspruch der Klägerin vom 18.11.2002 blieb erfolglos und wurde durch Einspruchsentscheidung des Finanzamts vom 11.05.2004 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 14.05.2004 erhobene Klage, die die Klägerin wie folgt begründet: Dem Wortlaut des § 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 EStG nach lägen zwar die Voraussetzungen eines Existenzgründers im Streitfall nicht vor. Der klagegegenständliche Feststellungsbescheid sei aber deshalb rechtswidrig, weil die bezeichnete gesetzliche Vorschrift gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Der Bundesgesetzgeber habe hierin keine ausreichende Differenzierung zwischen natürlichen Personen, welche innerhalb der letzten fünf Jahre keine Gewinneinkünfte erzielt haben und solchen Personen vorgenommen, die sich als Mitunternehmer an einer bereits existierenden Personengesellschaft beteiligt haben. Die unterschiedliche ertragsteuerrechtliche Behandlung natürlicher Personen und Mitunternehmer durch den Gesetzgeber sei willkürlich. Die wirtschaftliche und finanzielle Situation eines Existenzgründers, der ein Unternehmen völlig neu beginnt und eines solchen, der sich in bestehendes Unternehmen einkauft, unterscheide sich nicht wesentlich, was die Überprüfung der Kreditwürdigkeit von Existenzgründern durch die Banken bestätige. Durch einen schlichten Zusatz hätte der Gesetzgeber die jetzt bestehende Ungleichbehandlung beseitigen können. Die gesetzliche Vorschrift sei allerdings nicht schlechthin nichtig, sondern nur insoweit nicht mit der Verfassung vereinbar, als deren verfassungsgetreue Anwendung eine Neuregelung durch den Gesetzgeber bedürfe. Insoweit sei die Klägerin gegenüber einzelunternehmerischen Existenzgründern benachteiligt.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 15.10.2002 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Gewinns aus freiberuflicher Tätigkeit für 1999 dahingehend zu ändern, dass der Gewinn auf 459.26 DM festgestellt und dem Gesellschafter K in Höhe von 69.850 DM und der Gesellschafterin U in Höhe von 390.076 DM zugerechnet wird, hilfsweise für den Fall der Klageabweisung, die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach seiner Ansicht lägen die Voraussetzungen eines Existenzgründers im Streitfall nicht vor. Zu den eigentlichen verfassungsrechtlichen Streitfragen äußerte sich das Finanzamt nicht.

Aufgrund Beschlusses des Senats vom 16.05.2007 ist die Streitsache gemäß § 6 Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 FGO auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Finanzamtsakten der Klägerin und das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1.) Die fristgerecht erhobene, und daher zulässige Klage ist unbegründet.

a) Die Klägerin erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen eines Existenzgründers im Sinne des § 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 EStG nicht. Die nach § 7g Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 2 EStG für Existenzgründer vorgesehene Verzinsungsbefreiung für den Fall der Auflösung der Rücklage findet deshalb auf den Streitfall keine Anwendung.

aa) Die differenzierten gesetzlichen Vorschriften des § 7g Abs. 3 ff EStG beinhalten eine Reihe von Vergünstigungen zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe im Bereich der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger, vor allem freiberuflicher Tätigkeit. Insbesondere sehen sie die Möglichkeit einer so genannten Ansparabschreibung für die künftige Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftgütern vor (§ 7g Abs. 3 Satz 1 EStG). Dies erlaubt den Betriebsinhabern eine Gewinnminderung von bis zu 50% der Kosten der spätestens im übernächsten Wirtschaftsjahr anzuschaffenden oder herzustellenden Wirtschaftsgüter. Begünstigt sind Betriebe bis zu einer im Gesetz vorgeschriebenen Größenordnung oder unabhängig von der Betriebsgröße solche, die ihren Gewinn durch Einnahmenüberschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln (§ 7g Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a EStG). Die Ansparabschreibung erfolgt bei bilanzierenden Gewinnermittlern durch Passivierung einer Rücklage (§ 7g Abs. 3 Satz 1 EStG) und im Fall einer Einnahmenüberschuss-Rechnung durch Abzug als Betriebsausgabe (§ 7g Abs. 6 EStG). Soweit das angesparte Wirtschaftsgut bis zum Ende des zweiten Folgejahres noch nicht angeschafft oder hergestellt worden ist, muss die vorgenommene Ansparabschreibung am Ende des zweiten Folgejahres wieder gewinnerhöhend beendet werden. Dies erfolgt entweder durch Auflösung der Rücklage in der Schlussbilanz (§ 7g Abs. 4 Satz 2 EStG) oder im Fall einer Einnahmenüberschuss-Rechnung durch Behandlung als Betriebseinnahme (§ 7g Abs. 6 EStG). Außerdem muss der Gewinn des Auflösungsjahres um 6% des Auflösungsbetrags für jedes volle Wirtschaftsjahr, für das die Ansparabschreibung in Anspruch genommen worden ist, erhöht werden (§ 7g Abs. 5 EStG). Der Gewinnzuschlag soll den Kapitalnutzungsvorteil im Fall einer ungenutzten Ansparabschreibung kompensieren.

Handelt es sich bei dem Betriebsinhaber darüber hinaus um einen Existenzgründer, so sieht das Gesetz in § 7g Abs. 7 EStG noch eine Erweiterung dieser Vergünstigung vor. Diese gesetzliche Regelung gilt erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.1996 begonnen haben (§ 52 Abs. 11 Satz 3 Einkommensteuergesetz in der Fassung für 1997). Nach der in der Literatur vertretenen Rechtsansicht können die Begünstigungen aber nach diesem Zeitpunkt auch von Personen in Anspruch genommen werden, die ihren Betrieb bereits in den Jahren zuvor als Existenzgründer gegründet hatten (vgl. u.a. Schmidt/Kulosa EStG 26. Auflage 2007, § 7g Rz. 53; offen gelassen in Bundesfinanzhof -BFH-Urteil vom 16. November 2005 X R 19/04, BFH/NV 2006, 535). Unter anderem entfällt bei Existenzgründern der o.g. Gewinnzuschlag von 6% (§ 7g Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 2 EStG). Diese Regelung ist Anlass des vorliegenden Rechtsstreits.

Existenzgründer in diesem Sinne ist dabei entweder eine natürliche Person, die innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung unter anderem keine Gewinneinkünfte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG erzielt hat (§ 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 EStG) oder eine Personengesellschaft, bei der alle Mitunternehmer diese Voraussetzungen erfüllen (§ 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 EStG) oder eine Kapitalgesellschaft, an der nur natürliche Personen beteiligt sind, die die genannten Voraussetzungen erfüllen (§ 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 3 EStG).

bb) Nach den Motiven des Gesetzgebers (vgl. Bundestags-Drucksache -BT-DrS- 12/4158 vom 20.01.1993, Gesetzesbegründung Tz. I. 3.) und verbreiteter Meinung in der Literatur (z.B. Schmidt/Kulosa EStG 26. Auflage 2007, § 7g Rz. 30; Kratzsch in Frotscher EStG § 7g Rz. 2; Lambrecht in Kirchhof EStG 4. Auflage 2004, § 7g Rn. 24; Handzik in Litt- mann/Bitz/Pust EStG § 7g Rn. 124) handelt es sich bei der Ansparabschreibung sowie der Existenzgründungsabschreibung jeweils nicht um eine personenbezogene Vergünstigung, sondern um eine betriebsbezogene Mittelstandsförderung. Dies wird insbesondere für die Existenzgründungsabschreibung aus der in § 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 bis 3 EStG enthaltenen gesetzlichen Definition des persönlichen Anwendungsbereichs deutlich. Die zur Bildung einer entsprechenden Rücklage bzw. Abschreibung berechtigten Existenzgründer können nur betrieblich tätige natürliche Personen, Personengesellschaften oder Kapitalgesellschaften unter den näher geregelten Voraussetzungen sein. Bei Inanspruchnahme der Förderung durch eine Personengesellschaft - wie etwa im Streitfall durch die Klägerin - ist diese und nicht deren einzelner Gesellschafter als Existenzgründer anzusehen (§ 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 EStG). Daraus erklärt sich auch die dort geregelte tatbestandliche Anforderung, dass eine Personengesellschaft nur dann von der Begünstigung erfasst ist, wenn sämtliche Mitunternehmer diese Existenzgründungseigenschaft aufweisen. In diesem Sinne wendet die Finanzverwaltung die gesetzliche Vorschrift an (Bundesministerium der Finanzen -BMF- Schreiben vom 25. Februar 2004, IV A 6 - S2183b - 1/04 unter Rz. 46, BStBl I 2004, 337) und so wird sie auch von der Rechtsprechung verstanden (z.B. FG Düsseldorf Urteil vom 23. Februar 2007, 15 K 3388/05 E, EFG 2007, 829; FG Bremen Urteil vom 16. März 2005, 2 K 179/04, EFG 2005, 1600;). Ob auch eine geringfügige betriebliche Vortätigkeit die Existenzgründereigenschaft ausschließt, ist derzeit Gegenstand eines beim BFH anhängigen Revisionsverfahrens (Az. des BFH anhängige Revision - VIII R 75/05 - gegen Sächsisches FG Urteil vom 25. Januar 2005, 1 K 1489/04, EFG 2005, 941; allerdings demgegenüber BFH- Urteil vom 2. August 2006 XI R 44/05BStBl II 2006, 903). Diese Frage stellt sich aber im Streitfall nicht, weil die - hier in Rede stehende - freiberufliche Vortätigkeit des Ehemanns im Rahmen der früheren Gemeinschaftspraxis nicht als geringfügig anzusehen ist.

Ganz offensichtlich hat der Gesetzgeber mitunternehmerschaftlich tätige Personengesellschaften nur dann fördern wollen, wenn diese ihre betriebliche Tätigkeit in jeder Hinsicht und in Bezug auf jeden einzelnen Gesellschafter neu beginnen. Dies wird auch durch die Begründung des Gesetzentwurfs deutlich. Die gesetzliche Regelung zielt danach darauf ab, dem Existenzgründer durch die erweiterte Anwendung der Ansparabschreibung den bei Betriebseröffnung regelmäßig bestehenden, besonders hohen Investitionsbedarf zu erleichtern (BT-DrS 13/4839 vom 11.06.1996). Von der Begünstigung erfasst werden nach dem Wortlaut des Gesetzes die erstmalige Betriebseröffnung sowie der Erwerb eines bereits bestehenden Einzelunternehmens durch einen Berufsanfänger, ebenso wie die Neugründung einer Personengesellschaft oder einer Kapitalgesellschaft ausschließlich durch bislang nicht betrieblich tätige Berufsanfänger oder auch der Erwerb sämtlicher Gesellschaftsanteile an solchen Gesellschaften durch Berufsanfänger. Demgegenüber sieht der Gesetzgeber den Einstieg eines Berufsanfängers in eine bestehende Personengesellschaft ebenso wie die Neugründung einer solchen mit einem bereits seit längerem tätigen Einzelunternehmer nicht als förderungswürdig an. Eine extensive Auslegung des Begriffs des Existenzgründers auf die zuletzt genannten betrieblichen Berufseinstiegsvarianten verbietet sich aufgrund des eindeutigen Wortlauts des Gesetzes und des in der Gesetzesbegründung ausdrücklich geäußerten Willens des Gesetzgebers, "unerwünschte Gestaltungen und Mitnahmeeffekte" zu vermeiden (BT-DrS 13/4839 vom 11.06.1996).

cc) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist die Klägerin im Zeitpunkt ihrer Gründung in 1996 bzw. in dem für die erstmalige Inanspruchnahme der Ansparabschreibung maßgeblichen Wirtschaftsjahr 1997 nicht als Existenzgründerin im Sinne des § 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 EStG anzusehen gewesen.

Mag zwar der Ehefrau für sich betrachtet die Existenzgründereigenschaft zugesprochen werden können, weil sie - zumindest nach Aktenlage - vor ihrer Beteiligung an der Klägerin keine Gewinneinkünfte, insbesondere keine solchen aus freiberuflicher Tätigkeit als Zahnärztin erzielt hatte. Demgegenüber ist aber deren Ehemann und Mitgesellschafter vor Gründung der Klägerin in 1996 bereits als Mitunternehmer in der damaligen Gemeinschaftspraxis mit dem anderen Zahnarzt freiberuflich tätig gewesen. Seine freiberufliche Vortätigkeit in 1995 schließt somit die Klägerin -ungeachtet der möglichen Existenzgründereigenschaft der Ehefrau -von der Begünstigung aus. Ob ein als Einzelunternehmer tätiger Existenzgründer seinen bereits bestehenden Betrieb förderungsunschädlich in eine im Übrigen auch als Existenzgründer anzusehende Mitunternehmerschaft einzubringen imstande ist, ist durch die höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht geklärt (BFH-Beschluss vom 1. April 2004 VIII R 55/03, BFH/NV 2004, 1392). Zumindest die Finanzverwaltung will dies aus Billigkeitsgründen zulassen (BMF-Schreiben vom 25. Februar 2004, IV A 6 - S2183b - 1/04 unter Rz. 48, a.a.O.). Dies braucht im Streitfall aber nicht geprüft zu werden, weil der Ehemann vor der Gründung der Klägerin nicht als Einzelunternehmer tätig gewesen ist, sondern im Rahmen einer anderen Mitunternehmerschaft, die ihrerseits keine Existenzgründereigenschaft besessen hat. An der in 1995 bestehenden Gemeinschaftspraxis war nämlich unstreitig ein anderer bereits seit etlichen Jahren freiberuflich arbeitender Zahnarzt beteiligt. Somit hat der Ehemann auch keine frühere Existenzgründereigenschaft in die Klägerin "einbringen" können, obgleich er ganz offensichtlich seinerzeit mit seiner freiberuflichen Tätigkeit begonnen hatte. Im Ergebnis hat der Einstieg des Ehemanns als Berufsanfänger in die Gemeinschaftspraxis mit dem anderen, bereits seit längerem freiberuflich praktizierenden Zahnarzt auch mit Wirkung zu Lasten der Ehefrau die Existenzgründungseigenschaft der Klägerin ausgeschlossen.

b) Die gesetzliche Vorschrift des § 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 EStG verletzt auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Streitfalls den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht.

aa) Art. 3 Abs. 1 GG verbietet, Gleiches willkürlich ungleich und Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz kann sowohl bei ungleicher Belastung als auch bei ungleicher Begünstigung verletzt sein (Dürig in Maunz/Dürig/Herzog Grundgesetz Art. 3 Abs. I, Rn. 345). Dem gleichheitswidrig Nichtbegünstigten kann dann wegen des Unterlassens des Gesetzgebers durch Nichteinbeziehung in eine für andere Personen geltende Begünstigung ein subjektiv-öffentlichrechtlicher Anspruch auf Gleichbehandlung zustehen (Dürig a.a.O. Rn 355). Da es - abgesehen von der Identität eines Sachverhalts - nichts absolut Gleiches gibt, ist der Grundsatz im Sinne einer wesentlichen Gleichheit bzw. Ungleichheit anzuwenden (Dürig a.a.O. Rn 332). Die Wesentlichkeit vorhandener Unterschiede zweier Sachverhalte ist dabei an der Wertigkeit der sachlichen Unterscheidungskriterien zu messen. Im Bereich der gesetzgeberischen Regelungsgewalt - z.B. bei Vergabe von Vergünstigungen wie im Streitfall - besteht eine weitgehende Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, deren Grenzen erst dann überschritten werden, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie einleuchtender Grund für eine Differenzierung nicht finden lässt (vgl. Bundesverfassungsgericht -BVerfG-Urteil19. Oktober 1982, 1 BvL 39/80, BVerfGE 61, 138). In der Literatur wird in Bezug auf § 7g EStG eine solche sachgerechte, und daher verfassungsgemäße Unterscheidung beispielsweise bejaht bei der Bevorzugung kleiner oder mittlerer Betriebe, der Festlegung einer Höchstgrenze für die Ansparabschreibung oder auch die Erweiterung der Begünstigung für Existenzgründer (Handzik in Littmann/Bitz/Pust EStG § 7g Rn. 4).

bb) Die unter Textziffer 1.) a) bb) dargestellte gesetzgeberische Entscheidung, nur solche mitunternehmerschaftliche Personengesellschaften in die Begünstigung des § 7g Abs. 7 EStG mit einzubeziehen, bei denen sämtliche Mitunternehmer die Existenzgründungseigenschaft erfüllen, stellt nach Ansicht des Gerichts ein zulässiges, weil sachlich begründetes Unterscheidungsmerkmal dar, das sich auch innerhalb des dem Gesetzgeber einzuräumenden Gestaltungsspielraums befindet.

Zunächst einmal ist festzustellen, dass der Gesetzgeber mitunternehmerschaftlich tätige Personengesellschaften nicht generell von der Begünstigung als Existenzgründer ausgeschlossen hat. Ob ein Einzelunternehmer oder mehrere Unternehmer gemeinsam erstmals eine betriebliche Tätigkeit aufnehmen, macht nach dem Wortlaut des § 7g Abs. 7 Satz 2 EStG keinen Unterschied. Die Begünstigung einer mitunternehmerschaftlichen Personengesellschaft ist nur dann unanwendbar, wenn ein Berufsanfänger, der für den Fall der Eröffnung eines Einzelunternehmens Existenzgründer im Sinne der Regelung wäre, anstatt dessen in eine bereits bestehende Sozietät oder Gemeinschaft einsteigt oder mit einem bereits tätigen Betriebsinhaber eine solche neu gründet. Das Gericht verkennt nicht, dass auch ein solcher Berufsanfänger mit einem nicht unerheblichen Risiko konfrontiert ist. Auch der Einstieg in einen bestehenden Betrieb kann für den Einsteiger mit erheblichen finanziellen Investitionen und mit wesentlich wirtschaftlichen Risiken verbunden sein. Auch ist nicht ohne weiteres davon auszugehen, dass ein Geschäftsbetrieb, der einen Einzelunternehmer wirtschaftlich getragen hat, zwangsläufig auch eine Mehrheit von Gesellschaftern zu tragen imstande sein wird. Gleichwohl unterscheidet sich bei typisierter Betrachtung die vollständige Neugründungssituation eines Einzelunternehmers oder einer Unternehmergemeinschaft wesentlich von der des Einstiegs in einen bestehenden Betrieb unter Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit des bisherigen Betriebsinhabers. Der "einsteigende" Berufsanfänger kann z.B. zunächst auf eine im Regelfall funktionierende Betriebsorganisation, fachlich eingearbeitetes Personal, einen bereits vorhandenen Kunden-bzw. Patientenstamm und nicht zuletzt auf die Fachkenntnisse, das Know-how eines bereits erfahrenen Kollegen zurückgreifen. Diese nicht unwesentlichen Unterschiede sind bekanntermaßen gerade häufig ausschlaggebend bei der Entscheidung eines Berufsanfängers dort einzusteigen, anstatt vollständig neu zu beginnen.

Deswegen teilt das Gericht nicht die Rechtsansicht der Klägerin, die unterschiedliche Behandlung durch den Gesetzgeber sei gleichheitssatzwidrig. Die dargestellten Unterschiede der beiden genannten und mit einander zu vergleichenden Gründungssituationen sind nicht so unbedeutend, dass sie dem Gesetzgeber unter dem Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG die im dargestellten Sinne differenzierte Regelung verböten. Die Entscheidung des Gesetzgebers, nur solche Existenzgründungsbetriebe zu fördern, die tatsächlich und in jeder Hinsicht sachlich wie personell neu beginnen, ist ein durchaus plausibler Gesetzeszweck, stellt ein sachgerechtes Unterscheidungsmerkmal für die Prüfung der Vereinbarkeit der gesetzlichen Regelung mit dem Art. 3 Abs. 1 GG dar und hält nach Ansicht des Gerichts einer verfassungsrechtlichen Prüfung stand. Demgegenüber hat die Rechtsprechung im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz keine Untersuchungen dahingehend anzustellen, ob der Gesetzgeber bei seiner Regelung die zweckmäßigste und gerechteste Lösung gefunden hat. Die Zweckmäßigkeit einer gesetzlichen Regelung ist eine ausschließlich politisch und nicht etwa rechtlich zu beantwortende Frage (BFH-Beschluss vom 31. August 2005 XI B 231/03, BFH/NV 2006, 92).

2.) Die Voraussetzungen für die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung der Vereinbarkeit der o.g. gesetzlichen Norm mit dem Grundgesetz liegen im Streitfall nicht vor (Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG, § 13 Nr. 11 Gesetz über das Bundesverfassungsgericht). Eine so genannte Richtervorlage zum Zweck einer konkreten Normenkontrolle ist nur zulässig, wenn das vorlegende Gericht von der Unvereinbarkeit der zu prüfenden einfachgesetzlichen Norm überzeugt ist. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt.

3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

4.) Die Revision zum Bundesfinanzhof wird nicht zugelassen, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 115 Abs. 2 FGO nicht erfüllt sind. Der Rechtssache kommt nach Ansicht des Gerichts keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu, weil nach Ansicht des Gerichts noch nicht einmal Zweifel daran bestehen, dass die zu überprüfende Rechtsnorm verfassungsgemäß ist. Im Übrigen liegen insoweit auch keine divergierenden finanzgerichtlichen Entscheidungen zu der geprüften Rechtsfrage vor, die gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO eine Entscheidung des BFH erfordern würden.

Ende der Entscheidung

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