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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 12.03.2009
Aktenzeichen: 15 K 3033/07
Rechtsgebiete: FGO, AO


Vorschriften:

FGO § 47 Abs. 1
FGO § 56 Abs. 1
FGO § 56 Abs. 2
AO § 108 Abs. 3
AO § 122 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat das Finanzgericht München, 15. Senat,

durch

den Richter am Finanzgericht .... als Einzelrichter

ohne mündliche Verhandlung am 12. März 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Tatbestand:

Streitig ist, ob den Klägern in Bezug auf die versäumte Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden muss. In der Sache streiten die Beteiligten über die Frage der Korrekturbefugnis des Beklagten wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen oder Beweismittel bzw. wegen offenbarer Unrichtigkeit sowie über die Dauer des Abschreibungszeitraums für ein gesichertes Wassernutzungsrecht.

Die Klägerin zu 1), eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts wurde mit Vertrag vom 28.02.2000 von den Klägern zu 2), zu 3), zu 4) und zu 5) als Gesellschafter jeweils zu gleichen Teilen zu dem Zweck des Betriebs eines Wasserkraftwerks gegründet. Mit notariellem Vertrag vom 16.12.1999 hatten die o.g. Gesellschafter zuvor das Wasserkraftwerk, einschließlich des entsprechenden Grundstücks käuflich erworben. Die dem Veräußerer mit Bescheid des Landratsamts O vom 7.03.1996 erteilte und bis 31.12.2026 befristete, wasserrechtliche Bewilligung zum Betrieb des Kraftwerks war ebenfalls hierdurch auf die Gesellschafter der Klägerin zu 1) übergegangen. Mit Vertrag vom 8.12.2003 veräußerte die Klägerin zu 5) ihren Gesellschaftsanteil an der Klägerin zu 1) an den Kläger zu 6). Die Gesellschafter erzielten - in der jeweiligen Zusammensetzung - aus dem Betrieb des Wasserkraftwerks Verluste aus Gewerbebetrieb, die sie im Wege des Betriebsvermögensvergleichs ermittelten. Für das entgeltlich erworbene Wassernutzungsrecht wies die Klägerin zu 1) Absetzungen für Abnutzung in ihren Gewinn- und Verlustrechnungen aus, wobei sie von einem Abschreibungszeitraum von 15 Jahren ausging. Die Einkünfte wurden vom Beklagten für die Streitjahre jeweils gesondert und einheitlich festgestellt. Dementsprechend stellte der Beklagte auch die sich aus den Einkünften der Klägerin zu 1) ergebenden vortragsfähigen Gewerbeverluste fest. Sämtliche Feststellungsbescheide erfolgten erklärungsgemäß und vorbehaltlos. Der notarielle Kaufvertrag über den Erwerb des Wasserkraftwerks lag dem Beklagten dabei vor. Der als Anhang dem Vertragsoriginal beigefügte wasserrechtliche Bewilligungsbescheid befindet sich hingegen nicht in den Finanzamtsakten des Beklagten. Eine sich über sämtliche Streitjahre erstreckende Außenprüfung durch den Beklagten führte zu einer Reihe von die Einkünfte erhöhenden Prüfungsfeststellungen (Prüfungsbericht vom 31.12.2005). Insbesondere verlängerte der Betriebsprüfer den Abschreibungszeitraum für das Wassernutzungsrecht im Hinblick auf die Laufzeit der behördlichen Bewilligung auf 27 Jahre und kürzte dementsprechend die Absetzungen für Abnutzung hierfür. Der Beklagte folgte dieser Sachbehandlung und änderte die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für alle Streitjahre gestützt auf die Korrekturbefugnis wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen oder Beweismittel ( § 173 Abgabenordnung -AO-), jeweils mit Bescheiden vom 10.05.2006. Die entsprechenden und unter demselben Datum ergangenen Bescheide über die Änderung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts stützte er auf die Korrekturvorschrift des § 35b Gewerbesteuergesetz (GewStG). Den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte für das Streitjahr 2000 änderte der Beklagte in der Folge noch einmal wegen des hierin zugleich, jedoch versehentlich unzutreffend festgestellten anrechenbaren Zinsabschlags unter Berufung auf eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 129 AO mit Bescheid vom 4.08.2006.

Mit jeweils getrennten und auf den 1.06.2006 datierten Schreiben legte die Klägerin zu 1) durch ihre steuerliche Vertreterin, eine Steuerberatungsgesellschaft mbH mit Sitz in M, gegen sämtliche vorgenannten und unter dem Datum des 10.05.2006 ergangenen Feststellungsbescheide Einspruch ein. Darüber hinaus legte die Klägerin durch ihre steuerliche Vertreterin gegen den geänderten Feststellungsbescheid vom 4.08.2006 mit Schreiben vom 9.08.2006 noch eigens Einspruch ein. In der Sache blieben sämtliche Rechtsbehelfe ohne Erfolg. Mit Einspruchsentscheidung vom 12.07.2007 verwarf der Beklagte den Einspruch der Klägerin zu 1) gegen den Feststellungsbescheid vom 4.08.2006 als unzulässig. Die Einsprüche betreffend die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte für die Streitjahre wurden mit Einspruchsentscheidung des Beklagten gleichfalls vom 12.07.2007 verbunden und als unbegründet zurückgewiesen. Entsprechend und zeitgleich verfuhr der Beklagte mit den Einsprüchen gegen die Bescheide über die vortragsfähigen Gewerbeverluste der Klägerin für die Streitjahre. Laut Aktenvermerken des Beklagten gab dieser alle drei an die o.g. Steuerberatungsgesellschaft mbH bekannt gegebenen Einspruchsentscheidungen auch am 12.07.2007 zur Post. Die im Streitjahr 2003 aus der Klägerin zu 1) ausgeschiedene Klägerin zu 5) wurde nicht zum Einspruchsverfahren betreffend das Streitjahr 2003 hinzugezogen.

Mit getrennten Schriftsätzen jeweils vom 27.08.2007, mittels Telefax bei Gericht auch an diesem Tag eingegangen, beantragt die prozessbevollmächtigte Rechtsanwaltsgemeinschaft für sämtliche Kläger in Bezug auf die Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhebt Klage gegen sämtliche vorgenannten Feststellungsbescheide. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags trägt die prozessbevollmächtigte Rechtsanwaltsgemeinschaft Folgendes vor:

Der mit der Prozessvertretung der Kläger befasste Rechtsanwalt (der Prozessbevollmächtigte) sei nicht nur Gesellschafter der Gemeinschaftskanzlei mit Sitz in D sondern auch Mitgesellschafter der Steuerberatungsgesellschaft mbH in M. Regelmäßig werde er mit der Prozessvertretung für deren Mandanten betraut, wenn - wie im Streitfall - eine Klage zum Finanzgericht erforderlich würde. Im Streitfall sei er bereits im Zusammenhang mit der Begründung der Einsprüche befasst gewesen. Nach Eingang der Einspruchsentscheidungen des Beklagten bei der Steuerberatungsgesellschaft mbH sei von einem der dortigen Mitgesellschafter, Steuerfachgehilfen J, zunächst mit den Klägern besprochen worden, ob hiergegen Klage erhoben werden sollte. Für diesen Fall habe dieser die Mandatierung des vorgenannten Prozessbevollmächtigten empfohlen, worauf letzterer vorsorglich ein Vollmachtsformular übersandt habe. In der ersten Augustwoche 2007 habe der Prozessbevollmächtigte mit dem besagten J telefoniert und sei über die in der Sache abschlägig verbeschiedenen Rechtsbehelfe sowie über den Klagewunsch der Gesellschafter der Klägerin zu 1) in Kenntnis gesetzt worden. Über den genauen Tag der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidungen sei hingegen nicht gesprochen worden. Dieser sei dem Prozessbevollmächtigten auch nicht bekannt gewesen. Die zur Klageerhebung erforderlichen Unterlagen sowie die Einspruchsentscheidungen sollten dem Prozessbevollmächtigten noch übermittelt werden. Am Wochenende 11./12.08.2007 sei die Ehefrau des Prozessbevollmächtigten, U, eine gelernte Steuerfachgehilfin und Angestellte des Prozessbevollmächtigten, mit ihrem Pkw Kombi zum Zweck mehrerer Verwandtenbesuche nach P bzw. F gefahren. Vor ihrer Rückkehr nach D habe sie sich am Montag , den 13.08.2007, noch in das Büro der Steuerberatungsgesellschaft mbH nach M begeben, um Buchführungsunterlagen der Rechtsanwaltskanzlei dort abzugeben. Bei dieser Gelegenheit habe ihr J ein Kuvert mit den Einspruchsentscheidungen mitgegeben und sie auf den Ablauf der Klagefrist zum 16.08.2007 hingewiesen. J habe keine Zweifel daran gehabt, dass U, die ihm als zuverlässige und fachlich vorgebildete Mitarbeiterin und Ehefrau des Prozessbevollmächtigten bekannt gewesen sei, die Unterlagen verlässlich überbringen würde. Im Anschluss daran habe U in M noch einige Besorgungen erledigt und aus der Zweitwohnung in F noch verschiedene Haushaltsgegenstände abgeholt und in den Pkw geladen. Hierbei sei die Tüte mit den übergebenen Unterlagen in den Rückwandbereich des Kofferraums geraten. Nach ihrer Rückkehr in D am Abend des 13.08.2007 habe sie das Fahrzeug nicht sofort entladen, sondern lediglich das Handgepäck entnommen. Sie habe dabei sowohl die die Streitsache betreffenden Unterlagen im PKW gelassen als auch vergessen, den ihr aufgetragenen Termin für die Klagefrist, dem Prozessbevollmächtigten auszurichten. Die Unterlagen seien schließlich erst am Samstag , den 18.08.2007 bei der vollständigen Entladung des PKW wieder gefunden und dem Prozessbevollmächtigten ausgehändigt worden. Den Klägern sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend die Klagefrist zu gewähren, weil dem Prozessbevollmächtigten weder ein eigenes Verschulden bei der Versäumung der Frist vorgeworfen noch ihm das Verhalten seiner Ehefrau zugerechnet werden könne. Zum Nachweis des Sachvortrags werden eidesstattliche Erklärungen des J und der U bei Gericht vorgelegt.

Zur Begründung der Klage in der Sache wird zudem Folgendes vorgetragen:

Der Beklagte habe in Bezug auf den anderweitigen Ansatz der Nutzungsdauer des Wasserrechts keine Befugnis zur Korrektur der ursprünglichen Gewinnfeststellungsbescheide und damit auch keine Berechtigung zur Änderung der Bescheide über die vortragsfähigen Gewerbeverluste gehabt. Die Voraussetzungen für eine Änderung wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen oder Beweismitteln nach § 173 AO hätten nicht vorgelegen. Der notarielle Vertrag vom 16.12.1999, und damit auch der Erwerb des Wassernutzungsrechts seien dem Beklagten bereits zuvor bekannt gewesen. Das komplette Vertragsformular samt dem im Anhang befindlichen wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid sei sowohl der Grunderwerbssteuerstelle als auch der Umsatzsteuervoranmeldungsstelle des Beklagten übermittelt worden. Diese Kenntnis sei dem Beklagten zuzurechnen. Auch hätte der Beklagte die Sachbehandlung des Wassernutzungsrechts in den Jahresabschlüssen der Klägerin zu 1) bereits bei Vorlage der Bilanzen überprüfen und gegebenenfalls beanstanden können. Der Wasserrechtsbescheid sei im Übrigen kein Beweismittel, sondern lediglich Hilfsmittel zur Ermittlung einer Abschreibungsvariante.

Die Kläger beantragen,

nach Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Bezug auf die Klagefrist

1.) den Bescheid vom 4.08.2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 2000 sowie die Bescheide vom 10.05.2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 2001, 2002 und 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.07.2007 mit der Maßgabe der Berücksichtigung von Absetzungen für Abnutzung des entgeltlich erworbenen Wassernutzungsrechts auf der Grundlage eines Abschreibungszeitraums von 15 Jahren und der entsprechenden Verminderung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu ändern und

2.) die Bescheide vom 10.05.2006 über die vortragsfähigen Gewerbeverluste zum 31.12.2000, zum 31.12.2001, zum 31.12.2002 und zum 31.12.2003 in der Folge der Änderung der unter Nr. 1) bezeichneten Bescheide entsprechend zu ändern.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach seiner Ansicht habe der Prozessbevollmächtigte die Klagefrist schuldhaft versäumt.

Sowohl im Büro der Steuerberatungsgesellschaft mbH als auch in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten habe eine zuverlässige Fristenkontrolle gefehlt. Der Prozessbevollmächtigte und damit die Kläger müssten sich diese unzureichende Überwachung zurechnen lassen.

In der Sache bestehe die Korrekturbefugnis nach § 173 AO. Der Wasserrechtsbescheid sei dem Beklagten nicht zusammen mit der notariellen Urkunde vorgelegt worden, sondern erst nachträglich bekannt geworden. Der Wasserrechtsbescheid stelle auch ein Beweismittel im Sinne der Änderungsvorschrift dar.

Aufgrund Beschlusses des Senats vom 25.02.2009 ist die Streitsache gemäß § 6 Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Die Beteiligten haben sich übereinstimmend schriftsätzlich mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 FGO auf die Schriftsätze der Beteiligten und auf die Finanzamtsakten der Klägerin zu 1) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1.) Die Entscheidung ergeht gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung.

2.) Die Kläger sind Streitgenossen im Sinne des § 59 FGO in Verbindung mit §§ 59 ff Zivilprozessordnung.

Für die Klägerin zu 1) sowie die Kläger zu 2), zu 3), zu 4) und die Klägerin zu 5) gilt dies in Bezug auf sämtliche Streitjahre, für den Kläger zu 6) nur in Bezug auf das Streitjahr 2003. Da die Klägerin zu 5) kraft Klageerhebung bereits Verfahrensbeteiligte geworden ist ( § 57 Nr. 1 FGO), bedarf es keiner notwendigen Beiladung mehr ( § 60 Abs. 3 FGO).

3.) Die Klage ist unzulässig.

a) Die Klage ist verspätet erhoben worden.

Die Frist für die Erhebung einer Anfechtungsklage beträgt einen Monat. Diese Frist beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ( § 47 Abs. 1 Satz 1 Halbsätze 1 und 2 FGO). Im Streitfall sind die beiden maßgeblichen Einspruchsentscheidungen unter dem Datum des 12.07.2007 ergangen und auch an diesem Tag vom Beklagten zur Post gegeben worden. Das Fristende der Bekanntgabevermutung gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO ist damit auf den 15.07.2007 entfallen. Da es sich dabei um einen Sonntag gehandelt hat, gilt die Bekanntgabe der in Rede stehenden Einspruchsentscheidungen als bei der Steuerberatungsgesellschaft mbH am 16.07.2007 als wirksam bekannt gegeben (§ 108 Abs. 3 AO). Die Klagefrist hat daher mit Ablauf des 16.08.2007, einem Donnerstag, geendet ( § 108 Abs. 1 AO, § 188 Abs. 2, Alternative 1 Bürgerliches Gesetzbuch). Die Klage ist demgegenüber erst am 27.08.2007, und damit verspätet, bei Gericht eingegangen.

b) Die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung der Kläger in den vorigen Stand in Bezug auf die versäumte Klagefrist sind nicht erfüllt.

Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ( § 56 Abs. 1 FGO). Der Antrag ist dabei binnen einer Frist von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen und zu begründen, wobei die Wiedereinsetzungsgründe im Verfahren glaubhaft gemacht werden müssen ( § 56 Abs. 2 Sätze 1 und 2 FGO). Innerhalb dieser Frist ist auch die versäumte Handlung nachzuholen ( § 56 Abs. 2 Satz 3 FGO). Auch wenn § 56 Abs. 1 FGO keine der Vorschrift des § 110 Abs. 1 Satz 2 AO entsprechende Regelung enthält, ist in ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung anerkannt, dass der Verfahrensbeteiligte sich auch ein schuldhaftes Handeln seines Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen muss (für viele: Bundesfinanzhof -BFH-Urteil vom 17. Oktober 2007 I R 31/06, BFH/NV 2008, 796 und Beschluss vom 17. September 2007 I B 74/07, Haufe-Index 1825135). Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten kann als Folge einer Sorgfaltspflichtverletzung im Zusammenhang mit eigenem Handeln anzunehmen sein oder auch in einem Organisationsverschulden oder einem Auswahlverschulden im Fall der Delegation von Aufgaben an seine Mitarbeiter bestehen.

Im Streitfall ist eigenes Verschulden des Prozessbevollmächtigten anzunehmen. Zunächst einmal ist unerheblich, ob die Sachbehandlung nach Erhalt der Einspruchsentscheidungen vom 12.07.2007 durch die Steuerberatungsgesellschaft mbH in M als der damaligen steuerlichen Vertreterin der Klägerin zu 1) im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren ursächlich für die Versäumung der Klagefrist gewesen ist. Nach dem Sachvortrag der Kläger hat es der Absprache zwischen der Steuerberatungsgesellschaft mbH und dem Prozessbevollmächtigten entsprochen, dass letzterer nicht als deren Unterbevollmächtigter vor Gericht auftreten, sondern unmittelbar von den Klägern mit der Klagererhebung beauftragt werden sollte (vgl. § 62 Abs. 1 Satz 1 FGO a.F. bzw. § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO n.F.). So ist dies auch im Streitfall gehandhabt worden. Da nach dem Willen der Kläger nicht ihr bisheriger steuerlicher Vertreter, sondern unmittelbar der Prozessbevollmächtigte mit der Klageerhebung beauftragt worden ist, trifft auch diesen in erster Linie die Verantwortung für die Fristwahrung.

Nach dessen ausdrücklicher Darstellung des Geschehensablaufs hat zum einen zwischen dem Prozessbevollmächtigten und der Steuerberatungsgesellschaft mbH eine ständige Übung geherrscht, etwa in Steuerangelegenheiten der Mandanten der Steuerberaterkanzlei notwendig gewordene Gerichtsverfahren durch den Prozessbevollmächtigten führen zu lassen.

Zum anderen hat der Prozessbevollmächtigte durch das Telefongespräch in der ersten Augustwoche 2007 mit dem Mitgesellschafter der Steuerberatungsgesellschaft mbH, J, von diesem erfahren, dass die Einsprüche der Klägerin zu 1) durch den Beklagten abschlägig verbeschieden worden waren und dass die Kläger den Auftrag zur Klageerhebung erteilt hatten. Die zu den Gerichtsakten genommene und im Namen der Klägerin zu 1) ausgestellte Vollmachtsurkunde trägt auch das Datum des 6.08.2007. Das Gericht hat aufgrund dessen keinen Zweifel daran, dass der Prozessbevollmächtigte bereits vor Ablauf der Klagefrist am 16.08.2007 Kenntnis von seinem Klagemandat gehabt hat. Ab Übernahme des Klagemandats hat der Prozessbevollmächtigte die Verantwortung für die zuverlässige Wahrung sämtlicher gegen seine Mandanten wirkenden Fristen, insbesondere für die Einhaltung der Klagefrist.

Nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung hat der Prozessbevollmächtigte zum Zweck der Fristwahrung entweder ein Fristenkontrollbuch oder etwas Vergleichbares einzurichten (BFH-Beschlüsse vom 25. März 2003 I B 166/02, BFH/NV 2003, 1193 und vom 14. Oktober 1998 X R 87/97, BFH/NV 1999, 621 und Urteil vom 14. Dezember 1994 X R 176/93, BFH/NV 1995, 798). Im Streitfall ist dem Prozessbevollmächtigten - unabhängig davon, ob in seiner Rechtsanwaltskanzlei im Allgemeinen eine derartige Fristenkontrolle praktiziert worden ist - bereits vorzuhalten, dass er es im Zeitpunkt der Kenntniserlangung von seinem Klagemandat unterlassen hat, sich über den genauen Zeitpunkt des Ablaufs der Klagefrist eigenverantwortlich Gewissheit zu verschaffen. Der Prozessbevollmächtigte kann sich jedenfalls nicht darauf berufen, dass ihm der maßgebliche Termin durch die Steuerberatungsgesellschaft mbH nicht ausdrücklich mitgeteilt worden ist. Dies mag auch deren Versäumnis sein, schließt aber seine Verantwortlichkeit für die Fristwahrung nicht aus. Dieses Vertreterverschulden müssen sich die Kläger auch zurechnen lassen. Mithin liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Streitfall nicht vor.

Letztlich kommt es nicht darauf an, ob die der Ehefrau des Prozessbevollmächtigten vorzuhaltende Sorgfaltspflichtverletzung dem Prozessbevollmächtigten zugerechnet werden kann.

Die Frage nach einem etwaigen Auswahlverschulden des Prozessbevollmächtigten in Bezug auf seine Ehefrau, die zumindest aufgrund des geschilderten Geschehensablaufs vermutlich zu verneinen wäre, braucht das Gericht demnach nicht mehr zu prüfen.

4.) Da die Sachurteilsvoraussetzungen für die Klage nicht erfüllt sind, ist dem Gericht die Prüfung der hier streitigen Sachfragen, wie die nach der Korrekturbefugnis des Beklagten und der zutreffenden Sachbehandlung des Wassernutzungsrechts verwehrt.

5.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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