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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Beschluss verkündet am 22.05.2009
Aktenzeichen: 15 V 182/09
Rechtsgebiete: AO, FGO, StPO


Vorschriften:

AO § 88
AO § 129
AO § 164 Abs. 1
AO § 164 Abs. 3
AO § 367 Abs. 1
AO § 399 Abs. 1
FGO § 69 Abs. 4
StPO § 152 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 15. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht .........,

des Richters am Finanzgericht ............. und

der Richterin am Finanzgericht .................

ohne mündliche Verhandlung

am 22. Mai 2009

beschlossen:

Tenor:

1.) Der Einkommensteuerbescheid für 2003 vom 24.07.2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 10.12.2008 wird für die Dauer des Klageverfahrens in der Hauptsache (15 K 181/09) zugunsten der Antragstellerin zu 2) in Höhe von 4.162 EUR von der Vollziehung ausgesetzt.

2.) Der Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 24.07.2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 10.12.2008 wird für die Dauer des Klageverfahrens in der Hauptsache (15 K 181/09) zugunsten der Antragstellerin zu 2) in Höhe von 5.765 EUR von der Vollziehung ausgesetzt.

3.) Der Einkommensteuerbescheid für 2005 vom 13.08.2008 in der Fassung der Teileinspruchsentscheidung vom 10.12.2008 wird für die Dauer des Klageverfahrens in der Hauptsache (15 K 181/09) zugunsten der Antragstellerin zu 2) in Höhe von 1.396 EUR von der Vollziehung ausgesetzt.

4.) Der Gewerbesteuermessbescheid für 2003 vom 24.07.2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 10.12.2008 wird für die Dauer des Klageverfahrens in der Hauptsache (15 K 181/09) in Höhe eines Gewerbesteuermessbetrags von 378 EUR von der Vollziehung ausgesetzt.

5.) Der Gewerbesteuermessbescheid für 2004 vom 24.07.2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 10.12.2008 wird für die Dauer des Klageverfahrens in der Hauptsache (15 K 181/09) in Höhe eines Gewerbesteuermessbetrags von 405 EUR von der Vollziehung ausgesetzt.

6.) Der Gewerbesteuermessbescheid für 2005 vom 13.08.2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 10.12.2008 wird für die Dauer des Klageverfahrens in der Hauptsache (15 K 181/09) in Höhe eines Gewerbesteuermessbetrags von 80 EUR von der Vollziehung ausgesetzt.

7.) Der Umsatzsteuerbescheid für 2003 vom 24.07.2008 wird für die Dauer des Klageverfahrens in der Hauptsache (15 K 181/09) in Höhe von 1.978,59 EUR von der Vollziehung ausgesetzt.

8.) Der Umsatzsteuerbescheid für 2004 vom 24.07.2008 wird für die Dauer des Klageverfahrens in der Hauptsache (15 K 181/09) in Höhe von 2.816,62 EUR von der Vollziehung ausgesetzt.

9.) Der Umsatzsteuerbescheid für 2005 vom 13.08.2008 wird für die Dauer des Klageverfahrens in der Hauptsache (15 K 181/09) in Höhe von 1.873,95 EUR von der Vollziehung ausgesetzt.

10.) Die Einspruchsentscheidung vom 10.12.2008 betreffend die gemeinsame Einkommensteuer für 2003 und 2004 sowie die Teileinspruchsentscheidung vom 10.12.2008 betreffend die gemeinsame Einkommensteuer 2005 werden für die Dauer des Klageverfahrens in der Hauptsache (15 K 181/09) auch insoweit von der Vollziehung ausgesetzt, als sie sich an den Antragsteller zu 1) richten.

11.) Für den Zeitraum ab Fälligkeit der nach Nr. 1.) bis 10.) von der Vollziehung ausgesetzten Steuerbeträge und Messbeträge wird die Vollziehung aufgehoben.

12.) Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

13.) Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

Gründe:

I. Streitig ist im Hauptsacheverfahren, ob die Antragsteller an eine im Rahmen einer Außenprüfung zwischen der Antragstellerin zu 2) und dem Antragsgegner getroffenen tatsächlichen Verständigung über die geschätzten Betriebseinnahmen der Antragstellerin zu 2) aus ihrem Gewerbebetrieb gebunden sind.

Die Antragsteller sind Ehegatten und wurden für die Streitjahre mit ihren Einkünften zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Antragstellerin zu 2) betrieb in diesem Zeitraum in A einen Einzelhandel mit Blumen und Wohnaccessoires mit bis zum Jahr 2004 vier, danach drei Filialen und erzielte hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Nachdem der Antragsgegner die die Streitjahre betreffende Einkommensteuer der Antragsteller sowie die Gewerbesteuermessbeträge der Antragstellerin zu 2) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Abgabenordnung - AO -) festgesetzt und die von der Antragstellerin zu 2) erklärten Umsatzsteuerzahllasten unverändert belassen hatte, führte er bei letzterer für den genannten Zeitraum eine Außenprüfung durch. Der Betriebsprüfer stellte dabei verschiedene Mängel der Buchführung fest. Er beanstandete insbesondere Kassenfehlbeträge, die Unvollständigkeit der Tagesendsummenbons für die Bargeschäfte und die unvollständige Übertragung der Umsätze aus den Kassenstreifen in das Kassenbuch (Prüfungsbericht vom 5.05.2008).

Die Schlussbesprechung der Ergebnisse der Außenprüfung fand am 30.04.2008 zwischen einerseits den seinerzeitigen steuerlichen Vertretern der Antragsteller und andererseits dem Betriebsprüfer und seinem Sachgebietsleiter , sowie am 2.05.2008 unter zusätzlicher Anwesenheit der Antragstellerin zu 2) und dem für die Steuerfestsetzungsstelle zuständigen Sachgebietsleiter statt. Am letztgenannten Termin protokollierte der Betriebsprüfer eine tatsächliche Verständigung über die Höhe der seiner Ansicht nach zuzuschätzenden Betriebseinnahmen sowie über das geänderte Verhältnis der Umsätze mit umsatzsteuerlichem Regeltarif zu denen mit ermäßigtem Umsatzsteuersatz. Die Niederschrift, die zum einen vom Sachgebietsleiter des Betriebsprüfers sowie dem Sachgebietsleiter der für die Antragsteller zuständigen Steuerfestsetzungsstelle und zum anderen von der Antragstellerin zu 2) persönlich unterschrieben ist, enthält u.a. folgenden Wortlaut:

"In diesen Zuschätzungsbeträgen sind evt. nicht erklärte Einnahmen für noch nicht verjährte Vorjahre enthalten, so dass eine Ausdehnung des Prüfungszeitraumes auf die noch nicht verjährten Vorjahre (VAZ 2001 und 2002) und eine Korrektur der betreffenden Bescheide (ESt 2001 und 2002, USt 2001 und 2002, GewStMB 2001 und 2002) nicht erfolgt"

Die Zuschätzungsbeträge und das Verhältnis zwischen Regeltarif und ermäßigtem Tarif stellen sich danach wie folgt dar (in EUR):

 200320042005
Zuschätzung brutto20.00027.95515.167
davon zu 7% USt18.30025.57913.877
davon zu 16% USt1.7002.3761.290

 200320042005
Zuschätzung von Netto-Entgelten (7%)17.103 23.906 12.969 
Umqualifizierung von Umsätzen zu 7% in 16%./. 7.050 ./. 10.512 ./. 15.746 
Saldierte Zuschätzung von Netto-Entgelten (7%)10.053 13.394 ./. 2.777 
Erhöhung der USt-Zahllast 703,71 937,58 ./. 194,39
Zuschätzung von Netto-Entgelten (16%)1.465 2.048 1.112 
Umqualifizierung von Umsätzen zu 7% in 16%6.503 9.698 14.525 
Saldierte Zuschätzung von Netto-Entgelten (16%)7.968 11.746 15.637 
Erhöhung der USt-Zahllast 1.274,88 1.879,36 2.501,92
Summe der Erhöhungen der USt-Zahllast 1.978,59 2.816,94 2.307,53

Der Antragsgegner setzte entsprechend den in der Niederschrift über die tatsächliche Verständigung festgehaltenen Beträgen unter Aufhebung des jeweiligen Vorbehalts der Nachprüfung (§ 164 Abs. 3 AO) und jeweils mit Bescheiden vom 24.07.2008 die Einkommensteuer der Antragsteller auf 8.533 EUR (2003), 8.197 EUR (2004), 4.971 EUR (2005), die Umsatzsteuerzahllasten der Antragstellerin zu 2) auf 23.102,01 EUR (2003), 20.942,38 EUR (2004), 14.736,44 EUR (2005) und die Gewerbesteuermessbeträge der Antragstellerin zu 2) auf 456 EUR (2003), 405 EUR (2004) und 158 EUR (2005) herauf.

Ausweislich des vom Betriebsprüfer am 28.07.2008 gefertigten Aktenvermerks waren der tatsächlichen Verständigung für das Streitjahr 2005 irrtümlicherweise zugeschätzte Betriebseinnahmen (brutto) von 15.167 EUR anstatt - wie vom Betriebsprüfer beabsichtigt - von nur 8.540 EUR zugrunde gelegt worden. Der Antragsgegner ging davon aus, dass dieser Fehler als so genannte offenbare Unrichtigkeit wieder korrigiert werden könnte und setzte jeweils mit Bescheiden vom 13.08.2008 jeweils gestützt auf § 129 AO die Einkommensteuer der Antragsteller für 2005 auf 3.568 EUR, die Umsatzsteuerzahllast der Antragstellerin zu 2) für 2005 auf 14.302,86 EUR und den Gewerbesteuermessbetrag der Antragstellerin zu 2) für 2005 auf 80 EUR herab.

Mit Schreiben vom 31.07.2008 legte die Antragstellerin zu 2) gegen die Umsatzsteuer- und die Gewerbesteuermessbescheide 2003 bis 2005 jeweils vom 24.07.2008, mit Schreiben vom 26.08.2008 gegen die Einkommensteuerbescheide 2005 vom 24.07.2008 und vom 13.08.2008, und gegen den Umsatzsteuerbescheid 2005 und den Gewerbesteuermessbescheid 2005 vom 13.08.2008, sowie mit Schreiben vom 27.08.2008 gegen die Einkommensteuerbescheide 2003 und 2004 vom 24.07.2008 Einspruch ein. Gleichzeitig beantragte sie beim Antragsgegner, diese in Bezug auf die Erhöhungsbeträge jeweils von der Vollziehung auszusetzen. Die Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz lehnte der Antragsgegner - von den Unterschiedsbeträgen wegen der angeblichen offenbaren Unrichtigkeit für das Streitjahr 2005 abgesehen - insgesamt mit Bescheiden jeweils vom 5.08.2008 (GewStMB 2003 bis 2005 bzw. UStB 2003 bis 2005) sowie mit Bescheid vom 2.09.2008 (Einkommensteuer 2003 bis 2005) ab. Die von der Antragstellerin zu 2) gegen die Ablehnung des vorläufigen Rechtsschutzes in Sachen Gewerbesteuermessbeträge 2003 bis 2005, Umsatzsteuer 2005 und Einkommensteuer 2003 eingelegten Einsprüche blieben erfolglos und wurden durch Einspruchsentscheidungen jeweils vom 10.12.2008 als unbegründet zurückgewiesen. Die letztgenannte Einspruchsentscheidung umfasste dabei die Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuer sowohl für 2003 als auch für 2004 und war an beide Antragsteller adressiert. Auch die Einsprüche der Antragstellerin zu 2) gegen sämtliche Änderungsbescheide in der Hauptsache blieben erfolglos und wurden betreffend die Einkommensteuer 2003 und 2004, die Gewerbesteuermessbeträge 2003 bis 2005 sowie die Umsatzsteuerzahllasten 2003 bis 2005 jeweils mit Einspruchsentscheidungen vom 10.12.2008 als unbegründet zurückgewiesen. In Sachen Einkommensteuer 2005 erließ der Antragsgegner ebenfalls unter dem Datum des 10.12.2008 eine Teileinspruchsentscheidung, in der er lediglich einen hier nicht streitigen Punkt offen hielt. Die Einspruchsentscheidung bzw. Teileinspruchsentscheidung wegen der Einkommensteuern für die Streitjahre waren an beide Antragsteller adressiert. Gegen sämtliche Änderungsbescheide erhoben beide Antragsteller mit Schriftsatz vom 7.01.2009 Klage (Az.: 15 K 181/09), über die der Senat bislang noch nicht entschieden hat.

Zeitgleich mit Erhebung der Klage begehren die Antragsteller nunmehr in dem vorliegenden Verfahren vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz. Auf Hinweis des Berichterstatters nahm der Antragsteller zu 1) den Rechtsschutzantrag betreffend die Gewerbesteuermessbeträge und die Umsatzsteuer für die Streitjahre zurück.

Zur Begründung der verbleibenden Rechtsschutzanträge wird Folgendes vorgetragen:

Die Rechtmäßigkeit der antragsgegenständlichen Bescheide sei ernstlich zweifelhaft, weil zum einen die Schätzung des Antragsgegners zu offensichtlich unzutreffend hohen Ergebnissen geführt habe und zum anderen die tatsächliche Verständigung nicht wirksam zustande gekommen sei. Es seien allenfalls sehr geringe Einnahmenkorrekturen berechtigt gewesen. Der Betriebsprüfer habe Tippfehler auf der Kassenrolle nicht erkannt und sich nicht bemüht, die Differenz zwischen den Endsummen der Kassenrollen und der Einträge im Kassenbuch zusammen mit der Antragsstellerin zu 2) aufzuklären. Im Übrigen habe er lediglich für das Jahr 2004 einen Differenzbetrag ermittelt. Schließlich gebe es auch keine ungeklärten Kontoeinzahlungen. Es habe sich dabei um betriebliche Vorgänge gehandelt, die alle aufgeklärt werden könnten. Die Antragstellerin zu 2) habe seit Jahren erhebliche Liquiditätsprobleme und habe sämtliche Wareneinkäufe und Kosten bar bezahlen müssen, weil ihre Bank keine Überweisungen mehr ausgeführt habe. Soweit Rechnungen dennoch im Überweisungsweg hätten beglichen werden müssen, habe sie dies über ein weiteres Konto getätigt. Die Antragstellerin zu 2) habe in diesen Fällen Bargeld aus der Kasse entnommen und auf das weitere Konto eingezahlt, um die Überweisungen zu ermöglichen. Die unzutreffenden Schätzungen könnten auch noch berichtigt werden, weil die tatsächliche Verständigung nicht wirksam zustande gekommen und für die Antragstellerin zu 2) nicht verbindlich geworden sei. Die Antragstellerin zu 2) sei weder während der Außenprüfung noch bei der Schlussbesprechung über die Feststellungen des Betriebsprüfers informiert worden. Ihr damaliger steuerlicher Vertreter habe ihr zwar versichert, dass die Feststellungen "schon so in Ordnung" wären und sie lediglich die Niederschrift vom 2.05.2008 unterzeichnen müsste. Zu diesem Zweck sei sie am 2.05.2008 zu der Besprechung gebeten worden. Seitens des Antragsgegners habe man dadurch unzulässigen Druck ausgeübt, dass ihr für den Fall des Scheiterns der vorgeschlagenen tatsächlichen Verständigung Ermittlungen durch die Steuerfahndungstelle und die Einleitung eines Strafverfahrens wegen Steuerhinterziehung angedroht worden sei. Rechtliches Gehör durch den Antragsgegner habe sie überhaupt erst nach Erhalt des Prüfungsberichts anlässlich einer Besprechung am 9.07.2008 in Anwesenheit ihres neuen steuerlichen Vertreters, dem Prozessbevollmächtigten, bekommen.

Die Antragsteller beantragen,

für die Dauer des Klageverfahrens in der Hauptsache (15 K 181/09)

1.) den Einkommensteuerbescheid für 2003 vom 24.07.2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 10.12.2008 in Höhe von 4.162 EUR,

2.) den Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 24.07.2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 10.12.2008 in Höhe von 5.765 EUR und

3.) den Einkommensteuerbescheid für 2005 vom 13.08.2008 in der Fassung der Teileinspruchsentscheidung vom 10.12.2008 in Höhe von 1.396 EUR

von der Vollziehung auszusetzen.

Die Antragstellerin zu 2) beantragt darüber hinaus,

für die Dauer des Klageverfahrens in der Hauptsache (15 K 181/09)

1.) den Gewerbesteuermessbescheid für 2003 vom 24.07.2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 10.12.2008 in Höhe von 378 EUR,

2.) den Gewerbesteuermessbescheid für 2004 vom 24.07.2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 10.12.2008 in Höhe von 405 EUR,

3.) den Gewerbesteuermessbescheid für 2005 vom 13.08.2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 10.12.2008 in Höhe von 80 EUR,

4.) den Umsatzsteuerbescheid für 2003 vom 24.07.2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 10.12.2008 in Höhe von 1.978,59 EUR,

5.) den Umsatzsteuerbescheid für 2004 vom 24.07.2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 10.12.2008 in Höhe von 2.816,62 EUR und

6.) den Umsatzsteuerbescheid für 2005 vom 13.08.2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 10.12.2008 in Höhe von 1.873,95 EUR, von der Vollziehung auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Anträge abzulehnen.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der antragsgegenständlichen Bescheide bestünden schon deshalb nicht, weil die Antragsteller an die zwischen der Antragstellerin zu 2) und dem Antragsgegner getroffene tatsächliche Verständigung gebunden seien. Die Prüfungsfeststellungen seien der Antragstellerin zu 2) am zweiten Schlussbesprechungstag erläutert worden. Insbesondere hätten ihr die Vertreter des Antragsgegners auf Frage die ungefähre Summe der Steuernachzahlungen aus damaliger Sicht von 30.000 EUR mitgeteilt. Die Antragstellerin zu 2) habe die Niederschrift über die tatsächliche Verständigung nach interner Beratung mit ihrem damaligen steuerlichen Vertreter schließlich auch persönlich unterzeichnet. Da die Verminderung der Schätzungsbeträge deshalb nicht mehr möglich sei, bestehe auch kein Anlass zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die dem Gericht im vorliegenden Antragsverfahren vorgelegten Akten und die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren und im Hauptsacheverfahren (15 K 181/09) Bezug genommen.

II. 1.) Der Antrag ist unzulässig, soweit der Antragsteller zu 1) vorläufigen Rechtsschutz in Bezug auf die antragsgegenständlichen Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre 2003, 2004 und 2005 begehrt.

Vorläufiger Rechtsschutz in Gestalt der Aussetzung der Vollziehung gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) kann nur gewährt werden, wenn der antragsgegenständliche Verwaltungsakt vom Antragsteller auch entweder durch außergerichtlichen Rechtsbehelf oder durch Klage in der Hauptsache angefochten worden ist (Gräber/ Koch, FGO 6. Auflage 2006, § 69 Rz. 34; Seer in Tipke/Kruse FGO § 69 Tz. 45). Gegen die u.a. antragsgegenständlichen Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre 2003, 2004 und 2005 hat zwar auch der Antragsteller zu 1) Klage in der Hauptsache erhoben; dessen Klage ist jedoch bereits deshalb ohne Aussicht auf Erfolg, weil die genannten Steuerbescheide ihm gegenüber mangels Einlegung eines Einspruchs bereits bestandskräftig geworden sind. Den Einspruch vom 27.08.2008 gegen die Einkommensteuerbescheide für 2003 und 2004 sowie den Einspruch vom 26.08.2008 gegen den Einkommensteuerbescheid für 2005 hat allein die Antragstellerin zu 2) eingelegt. Für einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen einen ihm gegenüber bereits bestandskräftigen Steuerbescheid hat der Antragsteller zu 1) kein Rechtsschutzbedürfnis.

2.) Im Übrigen ist der Antrag zulässig.

Dies gilt zum einen in vollem Umfang für den Antrag der Antragstellerin zu 2), weil sämtliche antragsgegenständlichen Bescheide in Gestalt der jeweiligen Einspruchsentscheidungen an letztere adressiert sind und sie auch materiell-rechtlich betreffen. Dies gilt aber auch in Bezug auf den Antragsteller zu 1), sowie der Antragsgegner die Einspruchsentscheidung vom 10.12.2008 betreffend die gemeinsame Einkommensteuer für 2003 und 2004 sowie die Teileinspruchsentscheidung vom 10.12.2008 betreffend die gemeinsame Einkommensteuer 2005 auch an diesen adressiert hat.

Die Zugangsvoraussetzungen des § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO in Gestalt einer vorherigen Ablehnung der Vollziehungsaussetzung durch den Antragsgegner sind auch erfüllt. Es genügt hierbei die Ablehnung der Gewährung vorläufigen Rechtschutzes in einem früheren Verfahrensstadium, wie hier während des außergerichtlichen Vorverfahrens (Bundesfinanzhof - BFH-Beschluss vom 11. Februar 1999 XI S 14/98, BFH/NV 1999, 926).

3.) Soweit der Antrag zulässig ist, ist er auch begründet.

a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 FGO soll das Finanzgericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts u.a. dann ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Derartige Zweifel sind anzunehmen, wenn bei überschlägiger Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründen gewichtige, gegen sie sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen bewirken (vgl. BFH-Beschluss vom 13. Juli 1994 I B 53/94, BStBl II 1995, 65) oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen aufwerfen (vgl. BFH-Beschluss vom 12. November 1992 XI B 69/92, BStBl II 1993, 263 m.w.N.).

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich für den Streitfall im Verfahren über den vorläufigen Rechtschutz folgende überschlägige Beurteilung:

aa) Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen schon ernstliche Zweifel an der Bindungswirkung der zwischen der Antragstellerin zu 2) und dem Antragsgegner am 2.05.2008 niedergeschriebenen tatsächlichen Verständigung über die streitigen Besteuerungsgrundlagen.

Die Zulässigkeit einer tatsächlichen Verständigung ist nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung anerkannt. Zweck der tatsächlichen Verständigung ist es, zu jedem Zeitpunkt des Besteuerungsverfahrens hinsichtlich bestimmter Sachverhalte, deren Klärung schwierig, aber zur Festsetzung der Steuer notwendig ist, den möglichst zutreffenden Besteuerungssachverhalt im Sinne des § 88 AO einvernehmlich festzulegen. Die Bindungswirkung einer derartigen Vereinbarung setzt voraus, dass sie sich auf Sachverhaltsfragen - nicht aber auf Rechtsfragen - bezieht, dass der Sachverhalt die Vergangenheit betrifft, dass die Sachverhaltsermittlung erschwert ist, dass auf Seiten der Finanzbehörde ein für die Entscheidung über die Steuerfestsetzung zuständiger Amtsträger beteiligt ist und dass die tatsächliche Verständigung nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt (BFH-Urteil vom 8. Oktober 2008 I R 63/07, BStBl II 2009, 121 m.w.N.). An eine solchermaßen zulässige und wirksame tatsächliche Verständigung sind die Beteiligten nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gebunden, auch wenn die Verständigung nicht sämtliche schwer aufklärbaren Umstände des Besteuerungssachverhalts umfasst. Die gegenseitige Bindung ist jeder tatsächlichen Verständigung immanent, ohne dass es einer ausdrücklichen Erklärung der Beteiligten bedarf (BFH-Urteil vom 12. August 1999 XI R 27/98, BFH/NV 2000, 537). Insbesondere ist eine tatsächliche Verständigung im Steuerfestsetzungsverfahren nicht schon deshalb unwirksam, weil sie zu einer von einem Beteiligten nicht vorhergesehenen Besteuerungsfolge führt (BFH-Urteil vom 8. Oktober 2008, a.a.O.).

Im Streitfall kann die Antragstellerin zu 2) nicht mit Erfolg einwenden, sie sei sich der steuerlichen Konsequenzen, insbesondere der Höhe der Steuernachzahlungen, die sich aus den der tatsächlichen Verständigung zugrunde gelegten Zuschätzungsbeträgen ergeben haben, nicht bewusst gewesen. Zum einen hat sie sich bei der Schlussbesprechung der Unterstützung des von ihr beauftragten steuerlichen Vertreters bedient, zum anderen hat die Antragstellerin zu 2) durch ihre Unterschrift am 2.05.2008 die persönliche Verantwortung für den protokollierten Inhalt der tatsächlichen Verständigung, einschließlich der darin dargestellten Schätzungsbeträge übernommen. Auf die Frage, ob der Antragstellerin zu 2) - wie der Antragsgegner vorträgt - am Tag des Abschlusses der tatsächlichen Verständigung ein Gesamtbetrag der Steuernachforderungen von ca. 30.000 EUR genannt worden ist, kommt es deswegen nicht entscheidend an. Wenig überzeugend ist auch die Behauptung, der Antragsgegner habe sie weder während der Außenprüfung noch bei der Schlussbesprechung am 2.05.2008 über die Feststellungen des Betriebsprüfers informiert und ihr erst nach Abschluss der tatsächlichen Verständigung rechtliches Gehör gewährt. Bei summarischer Prüfung nach Aktenlage geht der Senat davon aus, dass die Antragstellerin zu 2) über die gesamte Dauer der Außenprüfung steuerlich fachkundig vertreten worden ist. Inwieweit der damalige steuerliche Vertreter der Antragstellerin zu 2) seine Mandantin über die wesentlichen Prüfungsvorgänge unterrichtet hat und die Antragstellerin zu 2) die Informationen über den Verfahrensstand von ihm auch abgerufen hat, ist ausschließlich eine das damalige Steuerberatungsverhältnis betreffende Frage. Schließlich ist der Antragsgegner durch den für die Steuerfestsetzung zuständigen Sachgebietsleiter auch formal richtig vertreten gewesen.

Rechtliche Bedenken gegen die Bindungswirkung der getroffenen Verständigung erheben sich jedoch aus folgenden Gründen:

Ausweislich des protokollierten Inhalts der tatsächlichen Verständigung haben die Beteiligten ausdrücklich in Kauf genommen, dass die Zuschätzungsbeträge eventuell nicht erklärte Einnahmen für noch nicht verjährte Vorjahre der Streitjahre, namentlich für die Jahre 2001 und 2002, umfassen und der Antragsgegner hat im Hinblick auf die Abgeltung der für die Streitjahre möglicherweise überhöhten Zuschätzungsbeträge auf die Ausdehnung des Prüfungszeitraums verzichtet. Auch wenn bundesgerichtlich anerkannt ist, dass eine tatsächliche Verständigung mehrere Regelungsgegenstände umfassen kann und diese regelmäßig als "Paketlösung" zu verstehen sind (vgl. BFH-Urteil vom 20. September 2007 IV R 20/05, BFH/NV 2008, 532), so muss es dennoch um Regelungsgegenstände handeln, die den geregelten Veranlagungszeitraum betreffen. Der Senat hat zwar keine Bedenken, dass die Finanzbehörde im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung dem Steuerpflichtigen gegenüber zusagt, aus verwaltungsökonomischen Gründen auf die zeitliche Ausdehnung einer Außenprüfung zu verzichten. Der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung verbietet jedoch Betriebseinnahmen in einem anderen Veranlagungszeitraum zu erfassen, als in demjenigen, in dem sie ertragsteuerrechtlich berücksichtigt werden müssen. Hat der Antragsgegner in dem von ihm vorformulierten Wortlaut der Niederschrift vom 2.05.2008 zum Ausdruck bringen wollen, dass die der tatsächlichen Verständigung zugrunde gelegten Betriebseinnahmen der Antragstellerin zu 2) auch nur teilweise in anderen Veranlagungszeiträumen als den Streitjahren erzielt worden sind, wäre dieser Regelungsgegenstand der Verständigung für die Beteiligten nicht verbindlich. Rechtsbindung nach Treu und Glauben kann schließlich nur dann entstehen, wenn sich die Beteiligten über solche Tatsachen verständigen, die ertragsteuerrechtlich zulässigerweise den von der Regelung erfassten Zeitraum betreffen.

Bedenken gegen die Bindungswirkung bestehen auch insoweit, als die Antragstellerin zu 2) vorträgt, zum Abschluss der tatsächlichen Verständigung durch unzulässige Druckmittel, insbesondere durch Androhung von Ermittlungen durch die Steuerfahndungsstelle und der Einleitung eines Strafverfahrens wegen Steuerhinterziehung veranlasst worden zu sein. Zwar hat die Antragstellerin zu 2) zur Glaubhaftmachung der behaupteten Umstände keine präsenten Beweismittel vorgelegt; der Antragsgegner ist dieser Behauptung aber auch nicht entgegen getreten. Die damit zumindest im vorläufigen Rechtsschutzverfahren unstreitige Behauptung der Antragstellerin zu 2) löst erhebliche rechtliche Zweifel an der Bindungswirkung der streitgegenständlichen tatsächlichen Verständigung aus. Da der Antragsgegner weder für die Wahrnehmung der Steuerfahndungsaufgaben im Sinne des § 208 Abs. 1 Satz 1 AO noch für die Einleitung eines Strafverfahrens wegen Steuerhinterziehung nach §§ 397 ff AO im Streitfall selbst zuständig gewesen ist, und auch den hierfür allenfalls zuständigen Dienststellen des Finanzamts X gegenüber keine diesbezüglichen Weisungen hätte aussprechen können, stellt sich schon die Frage nach dem Zweck eines solchen Hinweises an die Antragstellerin zu 2). Schwerer wiegt in diesem Zusammenhang aber, dass - unabhängig von der fehlenden funktionellen Zuständigkeit des Antragsgegners für die angeblich angedrohten Verfahren - die zuständige Finanzbehörde (d.h. die Bußgeld- und Strafsachenstelle des zuständigen Finanzamts) bei ihrer Entscheidung über die Einleitung eines Strafverfahrens wegen Steuerhinterziehung gemäß § 399 Abs. 1 AO in Verbindung mit § 152 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) dem Legalitätsgrundsatz verpflichtet ist (Rüping in Hübschmann/Hepp/Spitaler AO § 386 Rz. 45; Hellmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler AO § 399 Rz. 27). Zureichende tatsächliche Anhaltspunkte im Sinne des § 152 Abs. 2 StPO liegen vor, wenn konkrete tatsächliche Umstände gegeben sind, die es nach kriminalistischer Erfahrung möglich erscheinen lassen, dass eine verfolgbare Straftat begangen worden ist (vgl. z.B. Bundesgerichtshof-Urteil vom 21. April 1988 III ZR 255/86, NJW 1989, 96). Wenn solche vorliegen, ist das Strafverfahren - von der zuständigen Finanzbehörde - zwingend einzuleiten. Ist der Antragsgegner im Streitfall von solchen Anhaltspunkten ausgegangen, dann ist er auch zur innerdienstlichen Mitteilung an die Bußgeld- und Strafsachenstelle verpflichtet gewesen. Keinesfalls hat dem Antragsgegner jedoch ein diesbezüglicher Handlungsspielraum zur Gestaltung des Regelungsinhalts der tatsächlichen Verständigung zugestanden.

Schließlich ist rechtlich auch nicht zweifelsfrei, ob die tatsächliche Verständigung vom 2.05.2008 ihre Bindungswirkung - so ihr nach den vorgehenden Ausführungen eine solche überhaupt beizumessen gewesen ist - nicht dadurch verloren hat, dass die ihr zugrunde gelegten Schätzungsbeträge zumindest für das Streitjahr 2005 unstreitig fehlerhaft gewesen sind, wodurch der Antragsgegner sich ja auch zu einer Korrektur gemäß § 129 AO veranlasst gesehen hat. Da die einzelnen Regelungsgegenstände einer tatsächlichen Verständigung im Allgemeinen als "Paketlösung" zu verstehen sind (BFH-Urteil vom 20. September 2007 a.a.O.), erscheint es nicht abwegig, bei vollständigem oder teilweisen Wegfall eines Regelungsgegenstands auch die Bindungswirkung bezüglich der übrigen Regelungsgegenstände in Frage zu stellen. In diesem Zusammenhang wird in der Hauptsache auch zu klären sein, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, dass die bezeichnete Korrektur für das Streitjahr 2005 zugunsten der Antragsteller erfolgt ist.

bb) Da - zumindest bei überschlägiger Prüfung - die gegen die Höhe der Zuschätzungsbeträge erhobenen Einwendungen nicht schon wegen der Bindungswirkung der tatsächlichen Verständigung am 2.05.2008 unbegründet sind, sind auch die durch den Antragsgegner geschätzten Besteuerungsgrundlagen Prüfungsgegenstand des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens. Ernstliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der antragsgegenständlichen Steuerbescheide und Steuermessbescheide ergeben sich bei summarischer Prüfung auch wegen der vom Antragsgegner vorgenommenen Zuschätzungen.

Gemäß § 162 Abs. 1 Satz 1 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, wenn sie sie nicht ermitteln oder berechnen kann. Dies ist nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO etwa dann der Fall, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen, die der Steuerpflichtige nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht ohne weiteres nach § 158 AO der Besteuerung zugrunde gelegt wird, weil sie mit erheblichen Mängeln behaftet ist. Im Streitfall ist den seitens des Antragsgegners vorgelegten Steuerakten, insbesondere dem Prüfungsbericht des Betriebsprüfers vom 5.05.2008 lediglich zu entnehmen, dass in den Kassen der einzelnen Geschäftsfilialen der Antragstellerin zu 2) Kassenfehlbeträge aufgetreten sind, die Tagesendsummenbons nicht vollständig vorgelegen haben und die auf den Kassenstreifen ausgewiesenen Umsätze nicht in voller Höhe in das Kassenbuch eingetragen worden sind. Weder dem Prüfungsbericht noch dem Sachvortrag des Antragsgegners kann der Senat entnehmen, auf welche Höhe sich die vorgefundenen Kassenfehlbeträge und sonstigen Unregelmäßigkeiten belaufen haben. Im Hinblick auf die seiner Ansicht nach verbindliche tatsächliche Verständigung hat sich der Antragsgegner nach Aktenlage mit der vom Betriebsprüfer angenommenen Höhe der Zuschätzung nicht mehr auseinander gesetzt. Dies gilt im Übrigen auch für den weiteren Sachvortrag der Antragstellerin zu 2) bezüglich der Aufklärung der angeblichen Tippfehler bei den Tagesendsummenbons und den Ausführungen der Antragstellerin zu 2) zu den angenommenen Kassenfehlbeträgen.

Allein aufgrund der für die überschlägige Prüfung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren maßgeblichen Aktenlage ist der Senat deshalb nicht in die Lage versetzt, die Richtigkeit der streitgegenständlichen Schätzung in hinreichendem Maß zu beurteilen. Für die Annahme zusätzlicher Betriebseinnahmen der Antragstellerin zu 2) in der geschätzten Höhe trägt der Antragsgegner die objektive Feststellungslast, die im Fall des vorläufigen Rechtsschutzes auf das Maß der Glaubhaftmachung herabgesetzt ist (§ 155 FGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2, § 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung). Da anhand des dem Senat vorliegenden Sachvortrags und mangels Beweismittel eine weitere Klärung der Sachfrage nicht möglich und aufgrund des summarischen Charakters des Verfahrens über den vorläufigen Rechtsschutz auch nicht erforderlich ist, gehen die bestehenden Zweifel zu Lasten des Antragsgegners.

cc) Ernstliche Zweifel bestehen schließlich auch an der Rechtmäßigkeit der Einspruchsentscheidung vom 10.12.2008 betreffend die gemeinsame Einkommensteuer für 2003 und 2004 sowie der Teileinspruchsentscheidung vom 10.12.2008 betreffend die gemeinsame Einkommensteuer 2005, soweit sie sich gegen den Antragsteller zu 1) richtet.

Der Antragsgegner ist verfahrensrechtlich weder verpflichtet noch berechtigt gewesen, gegen den Antragsteller zu 1) gemäß § 367 Abs. 1 Satz 1 AO Einspruchsentscheidungen zu erlassen, weil letzterer die antragsgegenständlichen Einkommensteuerbescheide überhaupt nicht durch Einspruch angefochten hatte. Da jedoch auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass durch die insoweit rechtswidrigen Einspruchsentscheidungen auch ihm gegenüber eine regelnde Wirkung in Bezug auf die tatsächliche Verständigung beizumessen sein könnte, obwohl die tatsächliche Verständigung mangels seiner formalen Mitwirkung ihm gegenüber zu keinem Zeitpunkt Bindungswirkung entfaltet hat, sind diese auch insoweit von der Vollziehung auszusetzen.

c) Da sich im Verfahren über den vorläufigen Rechtsschutz der Prozessstoff auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen und präsenten Beweismittel beschränkt, bleibt jede weitergehende Sachverhaltsaufklärung (§ 76 FGO), insbesondere zu den Fragen nach der Zuschätzung von Betriebseinnahmen aus anderen Veranlagungszeiträumen sowie nach den näheren Umständen des Abschlusses der tatsächlichen Verständigung dem Hauptsacheverfahren vorbehalten (Gräber/Koch FGO 6. Auflage 2006, § 69 Rz. 121,122).

d) Vorläufiger Rechtsschutz durch Aussetzung der Vollziehung kann grundsätzlich nur mit Wirkung für die Zukunft gewährt werden. Da die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der antragsgegenständlichen Bescheide jedoch bereits ab Fälligkeit der sich hieraus ergebenden Steuerschulden bestanden haben, ist auch die gegebenenfalls bisher erfolgte Vollziehung gemäß § 69 Abs. 3 Satz 3 FGO aufzuheben (vgl. BFH-Urteil vom 30. März 1993 VII R 37/92, BFH/NV 1994, 4).

4.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Die Kosten sind allein dem Antragsgegner aufzuerlegen, weil der Antrag nur in Bezug auf den Antragsteller zu 1) betreffend die Einkommensteuerbescheide erfolglos geblieben ist. Es handelt sich um einen Fall des geringfügigen Unterliegens, weil wegen der Identität der Antragsbegehren beider Antragsteller eine Erhöhung des Streitwerts unterbleibt (BFH-Beschluss vom 26. Februar 1985 VII S 32/84, BFH/NV 1986, 108).

Ende der Entscheidung

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