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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 27.01.2004
Aktenzeichen: 2 K 640/00
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 34 Abs. 1
EStG § 34 Abs. 2 Nr. 2
EStG § 24 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Streitsache

hat der 2. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht der Richterin am Finanzgericht und des Richters am Finanzgericht sowie der ehrenamtlichen Richter und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. Januar 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

1 Die Klage wird abgewiesen.

2 Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Streitig ist, ob eine im Streitjahr 1994 zugeflossene Abfindung nach § 34 Einkommensteuergesetz (EStG) tarifbegünstigt zu versteuern ist.

Die Kläger werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger war seit 26.02.1962 Mitarbeiter der AB Informationssysteme AG (künftig: AB). Mit Schreiben vom 03.02.1994 kündigte die AB dem Kläger betriebsbedingt zum 30.09.1994. Als Abfindung erhielt der Kläger einen Betrag von 68.000 DM netto. Der Arbeitgeber beließ einen Betrag von 36.000 DM gem. § 3 Ziff. 9 EStG steuerfrei. Der steuerpflichtige Teil in Höhe von 32.000 DM wurde wie ein normaler sonstiger Bezug besteuert. AB übernahm auf den steuerpflichtigen Teil der Abfindung die Lohn- und Kirchensteuer in Höhe von 12.560 DM und 1.004,80 DM. Der Bruttobetrag betrug dementsprechend 81.564,80 DM.

Daneben sollte der Kläger laut Pensionsabrede Übergangszahlungen und verlängerte Übergangszahlungen erhalten, und zwar für die Zeit vom 1.10.1994 bis 31.03.1995 Übergangszahlungen in Höhe des letzten Gehaltes, in der Zeit vom 01.04.1995 bis 31.03.1997 Ruhegeld und Übergangszahlungen in Höhe von 50 Prozent der Differenz zwischen dem letzten Gehalt und der Rente und ab dem 01.04.1997 bis 31.03.2002 Ruhegehalt und Übergangszahlungen in Höhe von 25 Prozent der Differenz zwischen dem letztem Gehalt und der Rente. Auf der Grundlage des mit AB abgeschlossenen Ruhegehaltsabkommens erhielt der Kläger u.a. im Zeitraum vom 1.10.1994 bis 31.03.1995 monatlich 12.195 DM brutto. Ab dem 01.10.1994 erhielt er ein Ruhegehalt von 1.334 DM monatlich. Das Ruhegehalt wurde auf die Übergangszahlungen der ersten 6 Monate angerechnet. Vom 01.04.1995 an erhielt der Kläger verlängerte Übergangszahlungen, und zwar im Zeitraum 01.04.1995 bis 31.03.1997 5.421 DM monatlich und im Zeitraum vom 1.04.1997 bis 31.03.02 2.711 DM monatlich. Nach dem Ausscheiden des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis wurde er von der ABC Altersfürsorge GmbH (künftig: ABC) betreut.

Das Finanzamt lehnte im Einkommensteuerbescheid vom 21.09.1995 eine ermäßigte Besteuerung des steuerpflichtigen Teils der Abfindung (45.564,80 DM) ab, weil es aufgrund der Vorruhestandszahlungen an einer Zusammenballung von Einkünften im Sinne des § 34 EStG fehle. Im Rahmen des u.a. hiergegen gerichteten Einspruchsverfahrens führten die Kläger im Wesentlichen an, dass der Kläger bereits auf Grund einer Betriebsvereinbarung der AB einen Rechtsanspruch auf bestimmte Zahlungen für den Übergang in die normale Altersruhe gehabt habe. Wäre der Kläger ausgeschieden, ohne eine Abfindungszahlung für den Verlust des Arbeitsplatzes zu erhalten, so hätte er trotzdem die Übergangszahlungen für die Altersruhe erhalten. Die Kläger legten folgende Unterlagen vor:

Kündigungsschreiben der AB vom 03.02.1994;

Schreiben der AB vom 07.02.1994 an den Kläger betreffend "Pensionsabrede"

dem Kläger wird darin bestätigt, dass er entsprechend der mit ihm getroffenen Vereinbarung am 30.09.1994 in den Ruhestand tritt und dass er wie besprochen, Übergangszahlungen in oben genannter Höhe und eine Abfindung in Höhe von 68.000 DM erhalten wird.

Betriebsvereinbarung über die Regelung der Altersversorgung AB - Vorzeitige Pensionierung - (bei Nixdorf Altersversorgungszusage) zwischen AB und dem Konzernbetriebsrat der AB vom 12.06.1992. Darin wird eine ergänzende Regelung für Mitarbeiter der AB Gruppe, deren Dienstantritt zwischen dem 01.10.1990 und dem 30.09.1992 liegt, sowie für Mitarbeiter, für die die Versorgungsordnung vom 01.01.1978 gilt, zur Altersversorgung vereinbart.

laut Kläger Auszüge aus Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 1978 - Blatt 13 und 15 - "5 Vorzeitig Pensionierung" handschriftlich: "ÜT-A". Unter Punkt 5.3.2. "Sonderregelungen" heißt es: "zur finanziellen Erleichterung des Übergangs in den Ruhestand können folgende Sonderregelungen getroffen werden": u.a. verlängerte Übergangszahlungen.

Am 08.07.1996 erließ das Finanzamt einen den Streitgegenstand nicht betreffenden Änderungsbescheid. Mit Einspruchsentscheidung vom 05.01.2000 setzte das Finanzamt die Steuer herab. Eine ermäßigte Besteuerung der Abfindungszahlung versagte es jedoch nach wie vor. Der Kläger habe neben der Abfindungszahlung Übergangsgelder und Versorgungsbezüge erhalten. Die laufenden Übergangszahlungen seien nicht aufgrund der Betriebsvereinbarungen über die Zahlungen von Versorgungsbezügen bezahlt worden, sondern aufgrund der Vereinbarung zwischen dem Kläger und der AB über die Auflösung des Dienstverhältnisses. Mangels einer Zusammenballung könne der ermäßigte Steuersatz nicht gewährt werden. Das Finanzamt hat im Rahmen des Einspruchsverfahrens auf Anfrage vom Lohnbüro der Fa. A die Neuregelung der Auszahlungsmodalitäten bei vorzeitiger Pensionierung im Firmeninteresse im ÜT-Kreis erhalten. Danach hatten die Mitarbeiter die Wahl, ob sie sich die Übergangsgelder zusammen mit der Abfindung in einer Summe oder neben der Abfindung monatlich laufend auszahlen ließen.

In der hiergegen gerichteten Klage führen die Kläger im Wesentlichen Folgendes ergänzend an: Die Übergangszahlungen und die verlängerten Übergangszahlungen habe der Kläger aufgrund einer Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 1978 mit weiteren Änderungen erhalten. Diese Regelungen würden für jeden Pensionär, der die entsprechenden Voraussetzungen, wie z.B. Betriebszugehörigkeit, erfüllen würde, gelten. Diese Zahlungen seien rechtlich getrennt von der Entschädigungsleistung zu behandeln. Mit Klagebegründung legten die Kläger ergänzend zu den o.g. Unterlagen die Seite 16 der Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 1978 vor.

Aufgrund der richterlichen Aufklärungsanordnung vom 23. Juli 2003 gemäß § 79b Finanzgerichtsordnung (FGO) legten die Kläger u.a. folgende weitere Unterlagen vor:

Verdienstübersicht, aus der sich ergibt, dass der Kläger seit 26.02.1963 bei AB beschäftigt war.

weitere Auszüge aus der oben erwähnten Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 1978 über die vorzeitige Pensionierung; auf Blatt 16 heißt es, "Es bestehen keine Bedenken, mit einem Mitarbeiter zu vereinbaren, dass die verlängerten Übergangszahlungen nur für Zeiten gewährt werden, in denen er..."; auf dem nunmehr miteingereichten Blatt 18 ist unter Punkt 5.3.2.4 auch eine Regelung über Abfindungen enthalten. "Besonders verdienten ÜT kann in Ausnahmefällen neben den verlängerten Übergangszahlungen noch eine Abfindung gewährt werden ... Die Zusage einer Abfindung ist grundsätzlich mit dem Zusatz - erhalten Sie im Erlebensfall - zu versehen, ...";. Unter Punkt 5.3.3 ist geregelt, dass die Entscheidung über die Gewährung der verlängerten Übergangszahlungen sowie ggf. einer Abfindung beim Geschäftsbereich bzw. der Zentralabteilung liegt; auf Blatt 19 ist eine Regelung über die Beendigung des Dienstverhältnisses enthalten: "Über die vorzeitige Pensionierung muß eine schriftliche Vereinbarung in Form der Pensionsabrede ... getroffen werden".

Richtlinien der A-Altersfürsorge GmbH vom 1.10.1983 in Kopie

Vereinbarung über die betriebliche Altersversorgung des Tarifkreise der A AG vom 1.August 1983 - Anlage 1 - in Kopie

Vereinbarung über die betriebliche Altersversorgung vom 28. September 1983 der A AG Anlage 1 Seite 3 - in Kopie

Vereinbarung über die betriebliche Altersversorgung des Tarifkreises der A AG vom 1. August 1985 - Anlage 1 Seite 4 - in Kopie

Vereinbarung über die betriebliche Altersversorgung des Tarifkreises der Transformatoren Union AG vom 23. Juli 1987 - Anlage 1 Seite 5 - in Kopie

Vereinbarung zum Übergangszuschuss bei Pensionierung im Tarifkreis vom 22. Dezember 1981 zwischen A AG und Gesamtbetriebsrat Anlage 1a in Kopie. Darin heißt es u.a.: "Die A AG räumt ihren Mitarbeitern einen Rechtsanspruch auf den Übergangszuschuss ein. ... Die Höhe des Übergangszuschusses, der für 6 Monate gezahlt wird, entspricht der Differenz zwischen dem zuletzt bezogenen Brutto-Monatsentgelt und dem SAF-Ruhegeld".

Anlage 9 16. Nachtrag zum ZP-Rundschreiben Nr. 12/85 vom 20.3.1985 - Vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses älterer Mitarbeiter und gleitender Übergang in den Ruhestand in Kopie. Unter Punkt 2 Vorruhestand heißt es: "Auch wenn ein Zuschuss vom Arbeitsamt nicht mehr gewährt wird, bestand die Möglichkeit Vorruhestandsvereinbarungen abzuschließen, wenn dies aus betrieblichen Gründen notwendig erschien. Diese Regelung wird bis zum 31.12.1991 verlängert."

Anlage 9 ZP-Rundschreiben Nr. 6/85 vom 18.1.1985 - Sozialversicherung-Vorruhestand in Kopie. Darin heißt es u.a. "Auf der Basis des Gesetzes und der Tarifverträge können Vorruhestandsvereinbarungen im gegenseitigen Einvernehmen abgeschlossen werden".

Anlage 9a Übergangszuschuss bei Pensionierung im Tarifkreis - Vorruhestand vom 8. Februar 1985 in Kopie. Danach wurde die Vereinbarung zum Übergangszuschuss bei Pensionierung im Tarifkreis vom 22.12.1981 gekündigt. Nach der Vereinbarung vom 29.7.83 bleibt esfür bestimmte Mitarbeiter jedoch bei der früheren Regelung.

Vereinbarung zwischen AB und Konzernbetriebsrat vom 21. September 1992 in Kopie, danach erhalten die in der Betriebsvereinbarung vom 12.06.1992 bezeichneten Mitarbeiter einen Rechtsanspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung

Schreiben der AB vom 26. September 1994 an den Kläger persönlich in Kopie. "auf der Grundlage des mit Ihnen abgeschlossenen Ruhegehaltsabkommens (RGA) und unserer Schreiben treten Sie vereinbarungsgemäß am 01.10.94 in den Ruhestand. Danach erhalten Sie folgende monatliche Bruttobezüge: ... Übergangsgelder ... verlängerte Übergangszahlungen."

Weitere in der Aufklärungsanordnung angeforderte Unterlagen wurden nicht vorgelegt. Mit Schreiben vom 19.01.2004 reichte der Kläger u.a. einen handschriftlichen Vermerk ein,der ihm vom Vertreter der AB während der Vertragsverhandlungen übergeben wurde. Dortwird darauf hingewiesen, dass der Restbetrag mit dem halben Steuersatz zu versteuern sei.

Nach Auffassung des Klägervertreters beschreibt der Passus unter 5.3.2.1. Betriebsvereinbarung eine Verpflichtung, verlängerte Übergangszahlungen zu gewähren. Die normalen Übergangszahlungen seien in der Anlage 1a zu den Richtlinien der A Altersfürsorge GmbHvom 1.10.1983 geregelt. Die Mitarbeiter hätten hierauf einen Rechtsanspruch. Die Laufzeitund die Höhe entsprächen den Zusagen laut Schreiben vom 07.02.1994 sowie dem Schreiben vom 26.09.1994. Die Vereinbarung, auf die im Schreiben vom 7.02.1994 Bezug genommen würde, sei mündlich getroffen worden und in diesem Schreiben firmenseitig niedergelegt worden.

Die Kläger beantragen,

unter Änderung des Einkommensteuerberichtigungsbescheides 1994 vom 08.07.1996 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.01.2000 die Einkommensteuer unter Berücksichtigung des § 34 EStG auf den Abfindungsbetrag in Höhe von 45.564,80 DM entsprechend herabzusetzen; hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt es Bezug auf die Einspruchsentscheidung. Aus den vom Kläger im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen könne nicht gefolgert werden, dass der Kläger einen Rechtsanspruch aus dem mit seinem Arbeitgeber geschlossenen Arbeitsvertrag auf die Zahlung von Übergangszahlungen für die Zeit vom 01.10.1994 bis 31.03.2002 gehabt habe und somit Erfüllungsleistungen aus dem ursprünglichen Vertrag vorlägen.

Wegen des Vorbringens in der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Auf die Schriftsätze und die von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen wird gemäß § 105 Abs. 3 FGO Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Das Finanzamt hat den Abfindungsteilbetrag in Höhe von 45.564,80 DM zu Recht nicht der ermäßigten Besteuerung nach § 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 EStG unterworfen.

1. Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist nach § 34 Abs. 1 EStG die darauf entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz zu bemessen. Nach § 34 Abs. 2 EStG kommen als außerordentliche Einkünfte u.a. Entschädigungen i.S. des § 24 Nr. 1 EStG in Betracht.

1.1

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind außerordentliche Einkünfte grundsätzlich nur gegeben, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen (BFH-Urteil vom 10. Oktober 2001 - XI R 7/01 BFH/NV 2002, 337 m.w.N.). Eine aus Anlass der Auflösung oder Beendigung eines Arbeitsverhältnisses als Ersatz für entgehende Einnahmen gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG gewährte Entschädigung ist grundsätzlich einheitlich zu beurteilen; das gilt auch für den Fall, dass sich die Entschädigung aus mehreren Teilen (in sachlicher oder auch zeitlicher Hinsicht) zusammensetzt (BFH-Beschluss vom 04. Februar 1998 - XI B 108/97 BFH/NV 1998, 1082). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist bei zweckentsprechender Auslegung des § 34 EStG unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in solchen Fällen geboten, in denen neben der Hauptentschädigungsleistung in einem späteren Veranlagungszeitraum aus Gründen der sozialen Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit Entschädigungszusatzleistungen gewährt werden (BFH-Urteil vom 14. August 2001 - XI R 22/00 BStBl 2002,180 und BFH-Urteil vom 24. Januar 2002 - XI R 43/99 BFH/NV 2002, 717). Diese müssen jedoch betragsmäßig einen ergänzenden Zusatz zur Hauptleistung bilden, dürfen diese also bei weitem nicht erreichen (BFH-Urteil vom 24. Januar 2002 - XI R 2/01 BFH/NV 2002, 715; BFH-Urteil vom 15. Oktober 2003 XI R 17/02). Weitere Ausnahmen ergeben sich aus dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 18. Dezember 1998 (IV A 5 - S 229018/98, BStBl I 1998, 1512). Dort ist u.a. (unter II. Lebenslängliche betriebliche Versorgungszusagen - 2. Steuerliche Behandlung von Entlassungsentschädigungen bei vorgezogener lebenslänglicher Betriebsrente) geregelt, dass die ermäßigte Besteuerung der Entlassungsentschädigung nicht ausgeschlossen wird, wenn neben der Einmalzahlung eine (vorgezogene) lebenslängliche Betriebsrente bereits vor Beginn der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wird.

Ein zusammengeballter Zufluss ist gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG aber nur für Leistungen zu fordern, die den Charakter von Entschädigungen i.S. des § 24 Nr. 1 EStG haben (BFH-Urteil vom 10. Oktober 2001 - XI R 7/01 BFH/NV 2002, 337).

1.2. Gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG gehören zu den Einkünften i.S. des § 2 Abs. 1 EStG Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt werden. Zahlungen, die nicht an die Stelle weggefallener Einnahmen treten, sondern bürgerlichrechtlich Erfüllungsleistungen eines früheren Rechtsverhältnisses sind, fallen unter § 24 Nr. 2 EStG und gehören daher nicht zu den Entschädigungen; dementsprechend liegt eine Entschädigung nur vor, wenn sie an die Stelle der bisherigen Einnahmen aufgrund einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage tritt; diese muss Rechte oder Pflichten begründen, die sich aus dem ursprünglichen Schuldverhältnis nicht ergeben haben. Es liegt keine Entschädigung, sondern Erfüllungsleistung vor, wenn ein Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen bereits im ursprünglichen Vertrag vereinbart worden ist (BFH-Urteil vom 10. Oktober 2001 - XI R 7/01 BFH/NV 2002, 337).

In diesem Sinn hat der BFH mit Urteil vom 18. September 1991 XI R 8/90 (BFHE 165, 285, BStBl II 1992, 34) entschieden, dass ein bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund Tarifvertrages zu zahlendes Übergangsgeld keine Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ist, weil es im Rahmen der vertraglich getroffenen Vereinbarungen gezahlt wird. Dasselbe gilt für Vorruhestandsgelder, die aufgrund Tarifvertrages gezahlt werden. Die sog. Inhaltsnormen eines Tarifvertrages werden Bestandteil der Arbeitsverträge der branchenzugehörigen Arbeitnehmer aufgrund der Zugehörigkeit zu der entsprechenden Gewerkschaft oder einer Allgemeinverbindlichkeitserklärung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 4 des Tarifvertragsgesetzes; vgl. z.B. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 9. Aufl., § 202 Rdnr. 2, § 203 Rdnr. 1, 5) (BFH-Urteil vom 10. Oktober 2001 - XI R 7/01 BFH/NV 2002, 337).

Die Betriebsvereinbarung wirkt gleichfalls zwingend und unmittelbar auf die Arbeitsverhältnisse aller im Betrieb beschäftigter Arbeitnehmer ein (§ 77 Abs. 4 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz).

2.

Nach diesen Kriterien, denen sich der erkennende Senat anschließt, hat das Finanzamt zutreffend eine ermäßigte Besteuerung der im Jahr 1994 zugeflossenen Abfindung verneint.

2.1.

Die Übergangszahlungen und die Abfindung stellen eine einheitliche Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG dar. Sie basieren auf einer gemeinsamen neuen Rechtsgrundlage. Dies ergibt sich insbesondere aus den Schreiben der AB vom 07.02.1994 und 25.09.1994 an den Kläger. Danach erfolgten die Zahlungen der Übergangsgelder auf der Grundlage des mit ihm abgeschlossenen Ruhegehaltsabkommens. Aus den vorliegenden Unterlagen ergibt sich nicht, dass der Kläger bereits aufgrund des ursprünglichen Schuldverhältnisses, sei es aufgrund Arbeitsvertrags oder einer Betriebsvereinbarung, einen Rechtsanspruch auf diese Übergangsgelder hatte. Der Aufforderung des Gerichts, den Arbeitsvertrag, eine vollständige Abschrift der Betriebsvereinbarung, bzw. weitere Unterlagen, aus denen sich ein Rechtsanspruch des Klägers ergeben könnte, vorzulegen, bzw. Zeugen für die Vorgänge zu benennen, sind die Kläger nicht nachgekommen. Die Kläger tragen grundsätzlich die Feststellungslast für die steuermindernden Tatsachen.

Entgegen dem Vorbringen der Kläger ergibt sich auch nicht aus den nur auszugsweise vorgelegten Kopien ein vor dem oben erwähnten Ruhegehaltsabkommen bestehender Rechtsanspruch. Aus den vorgelegten Auszügen ist zum Teil nicht erkennbar, von wem sie stammen, wann sie erlassen wurden und ob sie auf den Kläger anwendbar sind. Schlussfolgerungen für den Kläger sind auch deswegen schwer zu ziehen, da nicht klar ist, ob nicht inanderen Regelungen Ausschlussgründe für den Kläger enthalten sind. Die einzigen vorliegenden Unterlagen, die sich eindeutig auf den Kläger beziehen, sind die Pensionsabredeund das Ruhegehaltsabkommen. Daraus ist zu entnehmen, dass vorher noch kein Rechtsanspruch bestanden hat, sonst wäre hierauf in der Vereinbarung Bezug genommen worden.Selbst wenn man davon ausgeht, dass es sich bei den eingereichten Auszügen mit der Überschrift "5 Vorzeitige Pensionierung - ÜT A" um die auf den Kläger anwendbare Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 1978 handelt, wofür die unter Punkt 5.3.4 erwähnte und tatsächlich geschlossene Pensionsabrede und die Übernahme des unter 5.3.2.4 erwähnten Zusatzes "erhalten sie im Erlebensfall" in die Pensionsabrede spricht, so ergibt sich aus dieser kein Rechtsanspruch des Klägers auf Zahlung der verlängerten Übergangsgelder. Vielmehr bestätigen diese Auszüge, dass der Kläger weder auf die verlängerten Übergangszahlungen noch auf die Abfindung einen Rechtsanspruch hatte. Aus dieser Betriebsvereinbarung ergibt sich lediglich ein Gestaltungsspielraum für die Entscheidungsträger. Danach können zur finanziellen Erleichterung des Übergangs Sonderregelungen getroffen werden (Punkt 5.3.2.). Weiter heißt es, es bestehen keine Bedenken, mit einem Mitarbeiter zu vereinbaren, dass die verlängerten Übergangszahlungen nur für Zeiten gewährt werden, in denen kein Arbeitslosengeld bezieht. Die Regelung über die Übergangszahlungen braucht nicht ausgeschöpft zu werden. Nach 5.3.2.4 kann in Ausnahmefällen neben den verlängerten Übergangszahlungen noch eine Abfindung gewährt werden. So dass sich aus dieser Betriebsvereinbarung, die nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG unmittelbar und zwingend gelten, kein Rechtsanspruch ergibt. Da von Seiten des Klägers trotz Aufforderung keine konkreten Angaben und Beweismittel zur betrieblichen Anwendung dieser Vorschriften gemacht wurden, kann auch nicht beurteilt werden, ob sich aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ein Rechtsanspruch ergäbe. Auch die weiteren vorgelegten Auszüge lassen nicht auf einen Rechtsanspruch des Klägers aus dem ursprünglichen Schuldverhältnis schließen. Die Richtlinien der Altersfürsorge GmbH vom 1.10.1983 regeln nur das Ruhegeld, nicht die Übergangszahlungen. Gleiches gilt für die Vereinbarung vom 21. September 1992. Selbst wenn man der Auffassung der Kläger folgend aus der Vereinbarung zum Übergangszuschuss bei Pensionierung im Tarifkreis vom 22. Dezember 1981 einen Rechtsanspruch des Klägers auf Zahlung des Übergangszuschusses für 6 Monate ableiten würde, so beträfe dies nur die Zahlungen zwischen 1.10.1994 bis 31.03.1995. Einen Rechtsanspruch auf die verlängerten Übergangszahlungen ergäbe sich daraus nicht. Diese Schlußfolgerung ist jedoch im Hinblick auf die ebenfalls vorgelegten Anlagen 9 vom 20.3.1985 und von 18.1.1985 zweifelhaft, da sich aus diesen lediglich die Möglichkeit, Vorruhestandsvereinbarungen abzuschließen, ergibt.

2.2

Die einheitlich zu beurteilende Entschädigung ist nicht zusammengeballt geflossen. Die Übergangsgelder fallen nicht unter die Ausnahmeregelung des BMF (s.o.), da diese nur das ebenfalls gezahlte Ruhegeld betrifft. Vorliegend ist auch keine Ausnahme vom Grundsatz der Zusammenballung i.S. der oben erwähnten Rechtsprechung des BFH zu Fürsorgeleistungen gegeben, da die Übergangszahlungen die Abfindung bei weitem übersteigen. Dies gilt auch für den Fall, dass die sechsmonatigen Übergangszahlungen davon ausgenommen würden. Selbst die verlängerten Übergangsleistungen übersteigen betragsmäßig bei weitem die Abfindung.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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