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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 08.04.2008
Aktenzeichen: 2 K 863/06
Rechtsgebiete: EStG 1994


Vorschriften:

EStG 1994 § 5 Abs. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

2 K 863/06

Einkommensteuer 1994

In der Streitsache

hat der 2. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

... sowie

der ehrenamtlichen Richter ...

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. April 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 13.2.1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3.2.2006 wird die Einkommensteuer 1994 für Frau H auf 5.525.211,37 Euro (10.806.374 DM) herabgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 5/8, der Beklagte zu 3/8.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der vom Finanzamt bei der Einkommensteuerfestsetzung zugrunde gelegte Gewinn aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile um nachträgliche Anschaffungskosten zu mindern ist.

Die Klägerin ist alleinige Gesamtrechtsnachfolgerin der am 22.3.1998 verstorbenen H.

Frau H war Gesellschafterin der Dr. J. H GmbH (GmbH). Zum 31.12.1972 war sie Gesellschafterin der GmbH durch Einbringung eines Kommanditanteils geworden.

Nach mehreren Kapitalerhöhungen war Frau H am 31.12.1993 mit Geschäftsanteilen von 1.503.450 DM am Stammkapital der GmbH von 51.970.650 DM beteiligt. Steuerverhaftet waren zum 31.12.1993 52,87% der Anteile, nominal 794.917 DM. Diesen Anteilen sind Anschaffungskosten in Höhe von 92.420 DM zuzuordnen (vgl. bph 97ff).

Nach den Feststellungen des Finanzamts betrug der gemeine Wert der GmbH Anteile zum 31.12.1993 nach dem Stuttgarter Verfahren 343 DM für je 100 Anteile (fg77).

1994 führten die Gesellschafter der GmbH Kapital zu. Hierfür wurden Gewinnanteile der Gesellschafter verwendet, die zeitgleich mit der Ausgabe neuer Anteile gegen Aufgeld durch Gewinnverteilungsbeschlüsse der GmbH zur Verfügung gestellt wurden.

Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben des Finanzamts vom 25.10.2006 (fg77) Bezug genommen. Das Aufgeld wurde ohne Rücksicht auf die Bewertungen anhand eines Verteilungsschlüssels zwischen Stammkapital und Rücklagenzuführung festgelegt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Schreiben der GmbH vom 15.6.2007 (fg97) Bezug genommen.

Dementsprechend erwarb Frau H zum 13.1.1994 beziehungsweise 29.4.1994 Anteile zu je 867.900 DM nominal zuzüglich eines Agio von 3.037.630 DM (350%) bzw. 3.905.400 DM (450%). Der Anteil der steuerverhafteten Anteile sank dadurch auf 33,52% bzw. 24,54%. Zur Abdeckung der aus diesen Vorgängen entstehenden Steuerschulden erhielt sie eine weitere Gewinnausschüttung.

Zum 10.11.1994 war Frau H mit Geschäftsanteilen von insgesamt 3.239.250 DM am Stammkapital der GmbH von 111.970.650 DM beteiligt, davon waren 24,54% steuerverhaftet. Mit notariellem Vertrag vom 10.11.1994 übertrug Frau H 3.238.250 Geschäftsanteile an die GmbH. Für je 100 Anteile erhielt sie 347 DM, insgesamt 11.236.727,50 DM (bph20). Die restlichen 1.000 Anteile wurden erst im Zuge der Erbauseinandersetzung übertragen. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend erklärt, dass alle steuerverhafteten Anteile am 10.11.1994 veräußert wurden.

Das Finanzamt setzte zunächst mit Bescheid vom 28.3.1996 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung die Einkommensteuer für 1994 auf 10.815.264 DM fest, wobei es erklärungsgemäß von einem Veräußerungsgewinn in Höhe von 2.190.154 DM ausging.

Entsprechend dem Bericht über die Betriebsprüfung vom 1.10.1997 legte das Finanzamt einen Veräußerungsgewinn von 2.665.072 DM zugrunde und setzte die Einkommensteuer für 1994 letztlich mit Bescheid vom 13.2.1998 auf 10.946.652 DM fest. Hiergegen legte Frau H am 17.2.1998 Einspruch ein. Nach deren Tod übernahm die Klägerin mit notariellem Vertrag vom 14.7.2003 (fg44) alle Erbanteile.

Mit Entscheidung vom 3.2.2006 wies das Finanzamt den Einspruch gegenüber den ursprünglichen Erben als unbegründet zurück. Dagegen wurde in deren aller Namen Klage erhoben. Eine Vollmacht wurde unter Hinweis auf den notariellen Vertrag vom 14.7.2003 lediglich für die Klägerin vorgelegt. Hinsichtlich der ehemaligen Miterben ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt; das Finanzamt hat die Einspruchsentscheidung insoweit berichtigt.

Zur Begründung der Klage wird vorgetragen, dass es sich bei den 1994 bezahlten Aufgeldern um Einlagen nach dem "Schütt-aus Hol-zurück Verfahren" gehandelt habe, ohne Änderung des wirtschaftlichen Werts der Anteile.

Dies ergebe sich aus der Bestätigung des Geschäftsführers der GmbH im Schreiben vom 15.6.2007, wonach vermieden werden sollte, durch Kapitaleinzahlungen das gezeichnete Kapital der Gesellschaft überproportional ansteigen zu lassen.

Demgemäß könne nicht von einem angemessenen Aufgeld für die Differenz der Anteile zum Verkehrswert ausgegangen werden. Die Festlegung der Nennkapitalerhöhung sei willkürlich gewesen und hätte auch um die tatsächliche Einzahlung erhöht werden können. Wenn aber die Kapitalerhöhung statt mit einem überhöhten Aufgeld zum Nennbetrag oder einem wertgleichen Aufgeld durchgeführt worden wäre, mit einer nachfolgenden offenen Einlage aus Gesellschaftermitteln, lägen eindeutig nachträgliche Anschaffungskosten auf alle Anteile vor. Bereits bei Ausgabe der neuen Anteile habe festgestanden, dass Frau H diese zum Kurs von 347 an die GmbH zurückübertragen werde. Die Zuzahlungen seien daher als Anschaffungskosten auf die einbringungsgeborenen und die später erworbenen Anteile zu verteilen.

Anhand von Berechnungsbeispielen wird dargestellt, dass eine entsprechende (fiktive) Nennkapitalerhöhung zu einer Aufteilung des Veräußerungsgewinnes im Sinne des Klageantrages führt. Auf die Schreiben der Klägerin vom 5.5.2008 und 21.2.2007 mit Anlagen wird gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 FGO Bezug genommen.

Zum nahezu gleichen Ergebnis führe die hier gebotene, entsprechende Anwendung der Abspaltungstheorie (vgl. BFH Urteil vom 6.12.1986, IV R 174/67, BStBl II, 15).

Ohne Anwendung der Abspaltformel würde die Kapitalzuführung im Jahr 1994 zweimal besteuert, zuerst bei der offenen Gewinnausschüttung und dann durch die Erhöhung des Veräußerungsgewinnes. Aufgrund einer Barkapitalerhöhung, die zu keiner Verlagerung stiller Reserven führe, dürfe keine massive Verschiebung des Veräußerungsgewinnes erfolgen.

Gemäß Berechnung vom 3.5.2006 sollte der steuerpflichtige Veräußerungserlös, verringert um nachträgliche Anschaffungskosten, mit 1.259.358 DM angesetzt werden.

Mit Berechnung vom 21.2.2007 wurde dieser Betrag auf 1.309.105 DM korrigiert.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheids vom 13.2.1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3.2.2006 die Einkommensteuer für 1994 für Frau H auf 10.588.028 DM herabzusetzen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt

Klageabweisung,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Die Rechtssprechung des Bundesfinanzhofs zur Abspaltung von Anschaffungskosten bei Ausgabe neuer Anteile unter Verkehrswert sei auf den umgekehrten Fall nicht anwendbar, da weder ein teilweise unentgeltlicher Erwerb, noch eine Verlagerung stiller Reserven stattfinde. Eine Aufspaltung der Aufgelder auf die bereits vorhandenen und die neu erworbenen Anteile sei nicht möglich, da die Aufgelder in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Erwerb der neuen Anteile stünden. Der geringe Rückkaufspreis erkläre sich möglicherweise daraus, dass Gewinnausschüttungen nach dem sog. "Schütt-aus Hol-zurück" Verfahren erfolgt seien (fg 78).

In der mündlichen Verhandlung hat das Finanzamt erstmals vorgetragen, dass ein tatsächlich belastbarer Wert der Anteile zum 31.12.1993 und bei Erwerb und Veräußerung im Jahr 1994 nicht vorhanden sei. Der Wert für 100 Anteile zum 31.12.1993 mit 343 EUR sei zwar nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelt worden, die zugrunde gelegten Verkäufe hätten aber ausschließlich zwischen Gesellschaftern stattgefunden.

Für das Bestehen verdeckter Einlagen habe die Klägerin ihrer Darlegungslast aufgrund der Unsicherheiten bei der Bewertung von Anteilen nicht genügt. Es sei nicht feststellbar, ob die 1994 angesetzten Preise nicht den jeweiligen Verkehrswerten entsprochen hätten.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die klägerischen Schriftsätze vom 3.5.2006, 22.5.2006, 30.8.2006, 21.2.2007, 21.6.2007, 8.8.2007, 19.9.2007, 30.11.2007 und 13.02.2008 mit Anlagen, die Erwiderungen des Finanzamts vom 21.6.2006, 25.10.2006, 22.3.2007, 16.7.2007, 16.10.2007 und 21.12.2007, die vorgelegten Akten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 8. April 2008 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist teilweise begründet.

1. Zwischen den Beteiligten besteht Einvernehmen darüber, dass es sich bei den steuerverhafteten Anteilen von Frau H an der GmbH um einbringungsgeborene Anteile handelt, für die aufgrund deren Veräußerung ein Aufgabegewinn zu ermitteln ist.

Grundsätzliche Einigkeit besteht auch insoweit, dass vom Veräußerungsgewinn der Buchwert der Anteile Veräußerungskosten, die Anschaffungskosten und gegebenenfalls nachträgliche Anschaffungskosten abzuziehen sind (vgl. BFH Urteil vom 29.03.2000 - I R 22/99, BStBl II 2000, 508).

2. Zu Unrecht ist das Finanzamt aber davon ausgegangen, dass die 1994 bezahlten Aufgelder in voller Höhe den 1994 erworbenen Anteilen zuzurechnen sind.

Das Finanzamt stellt nur auf den zeitlichen Zusammenhang mit der Ausgabe neuer Anteile und die Bezeichnung als Aufgeld ab.

Aus der Rechtsprechung zur Ausgabe junger Aktien unter Pari (vgl. BFH-Urteile vom 27. Juli 1988, I R 104/84, BStBl II 1989, 274, 276 undvom 08.04.1992, I R 162/90, BStBl 1992, 764) ergibt sich, dass hierbei stille Reserven aus dem Bestand abgespalten werden und nach bestimmten mathematischen Beziehungen auf die jungen Aktien übergehen. Dieser Zusammenhang ist weder im Sinne des Finanzamts noch im Sinne der Klägerin auf den Streitfall übertragbar, da nicht der Übergang stiller Reserven auf neue Anteile, sondern die Anschaffungskosten von neuen Anteilen über Pari zu beurteilen sind.

Auch das vom Finanzamt insoweit in Bezug genommene BFH-Urteil vom 24.04.2007 (I R 35/05, BFH/NV 2007, 1758) trägt dessen Auffassung nicht. Im Streitfall des BFH-Urteils vom 24.04.2007 war über eine Sachgründung zu befinden. Die Leistung des Gesellschafters - in Form eines Grundstücks - lag zwar ebenfalls über dem Nominalwert der erworbenen Anteile, es bestanden aber keine Anhaltspunkte dafür, dass ein fremder Dritter nicht genauso gehandelt hätte. Das Grundstück war zutreffend bewertet worden und stellte das gesamte GmbH-Vermögen dar. Die GmbH-Anteile hätten deshalb mit dem Wert, den sie durch das Grundstück erhalten haben, an einen fremden Dritten veräußert werden können.

Demgegenüber war im Streitfall die Gesellschafterin nur in eine Kapitalerhöhung eingebunden.

Aufgrund des unwidersprochenen und schlüssigen Vortrags der Klägerin geht der Senat davon aus, dass bei Erwerb der Anteile bereits feststand, dass die Gesellschafterin ihre Anteile nach der Kapitalerhöhung an die GmbH unter dem ursprünglichen Preis zurückübertragen würde und die Differenz - ohne entsprechenden Zuwachs an Gesellschaftsrechten für die Gesellschafterin - bei der GmbH verbleiben würde.

3. Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass es sich teilweise um verdeckte Einlagen gehandelt hat, die insoweit als nachträgliche Anschaffungskosten der gesamten Beteiligung von Frau H zuzuordnen sind und anteilig den streitigen Gewinn mindern.

a) Verdeckte Einlagen sind unabhängig von einer damit verbundenen tatsächlichen Wertsteigerung der Beteiligung beim Gesellschafter als nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung zu behandeln und als solche zu aktivieren (vgl. BFH-Urteile vom 18. Dezember 1990 VIII R 158/86 , BFH/NV 1992, 15;vom 24. Juli 1996 I R 41/93, BFHE 181, 53, BStBl II 1996, 614, 616;vom 27. April 2000 I R 58/99, BFHE 192, 428, BStBl II 2001, 168 undvom 26. November 1993 VI R 3/92, BFHE 173, 69, BStBl II 1994, 242 ). Voraussetzung ist lediglich, dass die Einlage zur Wertsteigerung geeignet ist.

Auszugehen ist von § 5 Abs. 6 EStG 1994. Danach sind bei der steuerlichen Gewinnermittlung die Vorschriften u.a. über die Einlagen zu befolgen. § 5 Abs. 6 EStG 1994 bedeutet insoweit eine Durchbrechung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes, weshalb in diesem Bereich nicht auf § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) zurückgegriffen werden darf. Zu den steuerlichen Einlagevorschriften hat der Große Senat des BFH entschieden (vgl. Beschluss vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86, BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348, unter C.II.2.d), dass sie nicht nur für den Empfänger der Einlage, sondern ebenso für den Einlegenden gelten. Aus der Sicht eines Gesellschafters, der Geld in das Vermögen seiner Kapitalgesellschaft einlegt, ohne dafür Gesellschaftsrechte zu erhalten, wird die Einlage als ein Vorgang behandelt, der steuerlich der Anschaffung der bereits ausgegebenen Gesellschaftsanteile gleichsteht.

Die Rechtsprechung hat dazu den Begriff der "nachträglichen Anschaffungskosten" auf die bereits früher erworbene Beteiligung geprägt (vgl. BFH Urteil vom 28.04.2004 - I R 20/03, BFH/NV 2005, 19 unter I. 2.).

b) Verdeckte Einlage ist die Zuwendung eines bilanzierbaren Vermögensvorteils aus gesellschaftsrechtlichen Gründen ohne Entgelt in Gestalt von Gesellschaftsrechten, die ihre Ursachen im Gesellschaftsverhältnis finden (vgl. BFH Urteil vom 19.10.2005 - I R 40/04, BFH/NV 2006, 822, unter II. 2. a). Hierzu gehören auch Zuzahlungen im Sinne von § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB (Schmidt/Weber-Grellet, EStG 26. Aufl. § 5 Rz. 270 "Beteiligung an KapGes" (3) und BFH Urteil vom 27.04.2000 - I R 58/99, BStBl II, 168 unter III. 5 b).

Ob und inwieweit eine derartige Zuwendung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, ist aufgrund eines Fremdvergleichs zu beurteilen (BFH-Urteil vom 15. Oktober 1997 I R 80/96, BFH/NV 1998, 624). Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist daher zu bejahen, wenn und soweit ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns der Gesellschaft den Vermögensvorteil nicht eingeräumt hätte (BFH-Urteile vom 28.04.2004, I R 20/03, BFH/NV 2005, 19;vom 4. Dezember 1991, I R 68/89, BFHE 166, 465, BStBl II 1992, 744;vom 18. Dezember 1990 VIII R 158/86, BFH/NV 1992, 15, jeweils m.w.N.).

c) Nach den obigen Grundsätzen hat Frau H der GmbH Eigenkapital in Form eines überhöhten Aufgeldes zu den zusätzlich erworbenen Anteilen zugeführt. Das zugeführte Kapital sollte dauerhaft in das Vermögen der empfangenden Gesellschaft übergehen. Eine Rückzahlung an die Gesellschafterin war nicht beabsichtigt. Der Zuschuss war sonach geeignet, das Vermögen der Kapitalgesellschaft zu vermehren.

Der Senat ist der Überzeugung, dass ein Nichtgesellschafter für den Erwerb der Anteile kein Aufgeld in dieser Höhe auf den Anteilswert bezahlt hätte.

aa) Nach den Feststellungen des Finanzamts betrug der gemeine Wert der GmbH Anteile zum 31.12.1993 nach dem Stuttgarter Verfahren 343 DM je hundert Anteile.

Der BFH hat das Stuttgarter Verfahren in ständiger Rechtsprechung als ein geeignetes Schätzungsverfahren anerkannt, von dem mit Rücksicht auf die Gleichmäßigkeit der Besteuerung nur abgewichen werden kann, wenn es in besonderen Ausnahmefällen zu offensichtlich unrichtigen Ergebnissen führt (vgl. BFH Beschluss vom 11.05.2005 - VIII B 89/01, BFH/NV 2005, 1777). Der Hinweis des Finanzamts in der mündlichen Verhandlung, dass dieser Wert nicht zugrunde gelegt werden könne, weil er nur aus Verkäufen zwischen Gesellschaftern abgeleitet worden sei, ist nicht ausreichend substantiiert um diesen Wert in Frage zu stellen. Es wurden keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Gesellschafter Preise vereinbart hätten, die nicht dem jeweiligen Verkehrswert entsprachen.

bb) Demgegenüber hat Frau H am 13.1.1994 einen Preis von 450 DM und am 29.4.1994 von 550 DM je hundert Anteile bezahlt.

Dies korrespondiert mit dem unstreitigen Ziel der GmbH, im Ergebnis ein "Schütt-aus Hol-zurück" von ausschüttungsfähigen Gewinnen durchzuführen und daraus die Höhe des Aufgabeaufschlags zu ermitteln. Dem entspricht es, dass die Mittel für die Zahlungen von Frau H nur aus der Ausschüttung der Gewinnrücklage der GmbH stammten, in der sich die Gewinne aus der gesamten Beteiligung der Gesellschafterin kumuliert hatten. Das Aufgeld wurde auch nicht beim Veräußerungspreis für die hinzuerworbenen Anteile der Frau H berücksichtigt. Vielmehr hat Frau H sämtliche Anteile zum Kurs von 347 noch im Jahr 1994 an die GmbH zurück übertragen. Die Differenz zum gesamten 1994 von Frau H bezahlten Aufgeld verblieb bei der GmbH.

4. Die Klage hat jedoch nur teilweise Erfolg.

a) Der Senat verkennt nicht, dass der Erwerb und die Rückübertragung von GmbH-Anteilen innerhalb des Jahres 1994 entsprechend dem Plan der Gesellschafter im wirtschaftlichen Ergebnis zu einer Einlage durch Frau H geführt haben, die mit keinen zusätzlichen Gesellschaftsrechten verbunden war.

Andererseits hat Frau H am 13.1.1994 und 29.4.1994 tatsächlich zusätzliche Gesellschaftsrechte erworben und bis 10.11.1994 ausüben können.

Ausgehend von diesen tatsächlichen Verhältnissen sind den im Jahr 1994 erworbenen Anteilen auch steuerrechtlich Anschaffungskosten zuzuordnen. Der Senat muss den verwirklichten Sachverhalt steuerrechtlich beurteilen und kann nicht auf eine theoretisch mögliche Durchführung abstellen, die zu einem steuerlich günstigeren Ergebnis geführt hätte, wie z.B. eine Einlage vor Erwerb der neuen Anteile.

b) Es liegt auch keine Doppelbesteuerung vor. Bei der Besteuerung der Gewinnausschüttung wird der Kapitalertrag aus der GmbH-Beteiligung besteuert. Die Besteuerung des Veräußerungsgewinns einbringungsgeborener Anteile erfasst demgegenüber die Aufdeckung der stillen Reserven, als nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

5. Der Senat folgt auch nicht der Berechnung der Klägerin zur Aufteilung der Anschaffungskosten.

a) Nach den oben unter 3. dargestellten Grundsätzen ist nur der Betrag als verdeckte Einlage anzusehen, der höher ist als die von einem fremden Dritten akzeptierten Anschaffungskosten der jeweiligen Anteile. Maßgeblich ist somit nicht die Differenz zwischen den tatsächlichen Zahlungen und dem Nominalbetrag der Anteile, sondern dem angemessenen Preis der Anteile.

b) Der Senat sieht es als zutreffend an, auf die bekannten Werte abzustellen. Das Finanzamt hat keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür vorgetragen, weshalb der Verkehrswert der Anteile vom 31.12.1993 zum 13.1.1994 auf 450 DM je 100 Anteile und bis zum 29.4.1994 auf 550 DM je 100 Anteile gestiegen und zum 11.10.1994 wieder auf 347 DM je 100 Anteile gefallen sein soll. Der vage Hinweis auf die Verbesserung der Ertragsaussichten und Marktschwankungen trägt eine solche Annahme schon deswegen nicht, da im Streitfall unbestritten die jeweiligen Ausgabe und Rücknahmekurse von der GmbH nur unter dem Gesichtspunkt der Kapitalzuführung gebildet wurden. Seitens des Finanzamts wurde auch kein Antrag auf Ermittlung der tatsächlichen Verkehrswerte gestellt. Durch das "Schütt-aus Hol-zurück" Verfahren wurden lediglich die für Frau H erforderlichen Mittel für die Kapitalerhöhung zur Verfügung gestellt. Auch die Betriebsprüfung und ihr folgend das Finanzamt hat den an die Klägerin bezahlten Preis von 347 DM je 100 Anteile als angemessen angesehen und als gemeinen Wert für den 31.12.1994 verwendet.

c) Für die Berechnung der am 13.1.1994 geleisteten verdeckten Einlage ist somit der Verkehrswert der Anteile zum 31.12.1993 mit 343 DM (vgl. oben 3 c aa) anzusetzen.

Aufgrund der eigenen Erfahrung aller Mitglieder des Senats wird üblicherweise bei Beteiligungen von Dritten an Kapitalgesellschaften ein Ausgabeaufschlag von 3,5% akzeptiert. Ein fremder Dritter hätte damit 3.081.088 DM aufgewandt. Die Differenz zu den tatsächlich bezahlten 3.905.530 DM in Höhe von 824.442 DM ist daher den Anschaffungskosten der gesamten zu diesem Zeitpunkt bestehenden Beteiligung zuzuordnen. Zu diesem Zeitpunkt beträgt der Anteil der einbringungsgeborenen Anteile 33,52%.

d) Für die Berechnung zum 29.4.1994 ist zu berücksichtigen, dass der Wert der Anteile durch die vorangegangene Einlage erhöht worden ist. Bezogen auf das Nennkapital der GmbH nach dem 13.1.1994 und die jeweils gebildeten Anteile ergibt dies einen Kurs von ca. 382%. Unter Berücksichtigung eines angemessenen Aufgeldes hätte ein fremder Dritter Anschaffungskosten von 3.432.858 DM akzeptiert. Die Differenz zu den tatsächlich bezahlten 4.773.300 DM in Höhe von 1.340.442 DM ist daher als weitere Anschaffungskosten der gesamten zu diesem Zeitpunkt bestehenden Be12 teiligung zu behandeln. Zu diesem Zeitpunkt beträgt der Anteil der einbringungsgeborenen Anteile 24,54%.

e) Dadurch reduziert sich der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn auf 2.134.676 DM. Dies führt zu einer Verringerung der Einkommensteuer für das Streitjahr auf 10.806.374 DM bzw. 5.525.211,37 Euro.

Auf die dem Urteil als Anlage beigefügten Berechnungen wird Bezug genommen.

6. Die Kosten waren gemäß § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO verhältnismäßig zu teilen. Die Einschränkung des Klageantrages ist ohne Auswirkung auf die Kosten geblieben.

7. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

8. Die Revision wird entsprechend dem Antrag der Beteiligten zugelassen.

Ende der Entscheidung

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