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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 01.08.2007
Aktenzeichen: 4 K 1037/05
Rechtsgebiete: ErbStG, BewG


Vorschriften:

ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
ErbStG § 3 Abs. 1
ErbStG § 12 Abs. 1
BewG § 11 Abs. 2 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

4 K 1037/05

Schenkungsteuer

In der Streitsache ...

hat der 4. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht ...,

des Richters am Finanzgericht ... und

des Richters am Finanzgericht ... sowie

der ehrenamtlichen Richter ... und ...

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 01. August 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Streitig ist die Bewertung freigebig zugewendeter Geschäftsanteile.

Mit notarieller Vereinbarung vom 18. Februar 2002 (UrNr. 279/2002 des Notars Prof. Dr. ) erhielt die Klägerin von ihrem Vater Geschäftsanteile zu 12 250 EUR an der XY-Vermögensverwaltungs GmbH (GmbH) freigebig zugewendet.

Die GmbH war am 4. Dezember 2001 gegründet worden mit dem Zweck, die Grundstücke A, B und C in D , zu verwalten. Diese Grundstücke wurden am 1. Januar 2002 in die GmbH eingebracht. Bereits seit 1999 waren die Grundstücke vom Vater der Klägerin allein verwaltet worden. In den Jahren von 1999 bis 2001 wurden dabei Mieteinnahmen von 821 435 EUR (1999), 705 857 EUR (2000) und 618 072 EUR (2001) erzielt (vgl. Bl. 64 - 73 FA-Akte).

Mit Steuerbescheid vom 4. Juni 2004 setzte der Beklagte (das Finanzamt -FA--) die Schenkungsteuer auf einen Betrag von 213 731 EUR fest. Mit Einspruchsentscheidung vom 17. Februar 2005 setzte das FA die Schenkungsteuer auf einen Betrag von 134 349 EUR herab und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Ihre am 21. März 2005 bei Gericht eingegangene Klage begründet die Klägerin wie folgt: Entgegen der Auffassung des FA habe die Bewertung der Gesellschaftsanteile mit dem Nennwert zu erfolgen. Denn zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung sei die dreijährige Aufbauphase der Gesellschaft noch nicht abgelaufen gewesen.

Auf die Schriftsätze der Klägerin vom 4. Mai 2005 und vom 10. August 2005 wird verwiesen.

Während des gerichtlichen Verfahrens setzte das FA mit geändertem Bescheid vom 21. Juli 2005 die Schenkungsteuer auf einen Betrag von 127 585 EUR herab.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Schenkungsteuerbescheids vom 21. Juli 2007 die Schenkungsteuer auf Null EUR festzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt es vor, die GmbH habe sich zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung nicht mehr in der Aufbauphase befunden. Denn die beiden in die GmbH eingebrachten Grundstücke seien von 1999 bis 2001 vom Vater der Klägerin verwaltet worden, wobei Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von durchschnittlich 420 793 EUR erzielt worden seien.

Im Streitfall werde ein seit Jahren betriebener Geschäftsbetrieb in einer anderen Gesellschaftsform fortgeführt. Eine Sonderbewertung wäre daher nicht angemessen. Auch eine rückwirkende Berücksichtigung eines fiktiven Gehalts für einen Geschäftsführer sei nicht möglich.

Auf die Schriftsätze des FA vom 11. Juli und vom 22. Juli 2005 wird Bezug genommen.

Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird verwiesen.

II. Die Klage ist unbegründet.

1. Der Erwerb der Gesellschaftsanteile durch die Klägerin unterliegt nach den § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) der Erbschaftsteuer.

Die Anteile an der GmbH sind nach § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Da sich der gemeine Wert der Anteile an der GmbH nicht aus Verkäufen ableiten lässt, die weniger als ein Jahr vor dem Erbfall zurückliegen, ist er unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG). Diese Schätzung hat nach dem in R 96 ff. der Erbschaftsteuerrichtlinien (ErbStR) vom 21. Dezember 1998 (BStBl I, Sondernummer 2/1998) geregelten sog. Stuttgarter Verfahren zu erfolgen, von dem nur abgewichen werden kann, wenn es im Einzelfall zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt (Bundesfinanzhof -BFH -, Beschluss vom 31. Oktober 2003 II B 72/02, BFH/NV 2004, 471). Die Finanzverwaltung setzt den gemeinen Wert von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die sich im Aufbau befindet, in der Regel mit 100 v.H. des eingezahlten Nennkapitals an (R 102 Abs. 1 Satz 1 ErbStR).

2. Die Klägerin hat keinen Erfolg mit ihrem Begehren, den gemeinen Wert der Anteile in den ersten drei Jahren nach der Gründung nur mit 100 v.H. des eingezahlten Stammkapitals anzusetzen.

a) Sie verkennt - worauf das FA in der mündlichen Verhandlung zu Recht hingewiesen hat die Bedeutung der Rechtsprechung, die dazu geführt hat, bei neu gegründeten Unternehmen in den ersten Jahren regelmäßig keinen niedrigeren gemeinen Wert festzustellen als 100 v.H. des eingezahlten Stammkapitals, es sei denn, es könne das Vorliegen einer Fehlmaßnahme nachgewiesen werden (vgl. die BFH-Urteile vom 23. Oktober 1964 III 365/61 U, BFHE 81, 178, BStBl III 1965, 64;vom 6. August 1971 III R 88/68, BFHE 104, 1, BStBl II 1972, 109).

Der BFH hat in den vorgenannten Entscheidungen nämlich nicht angenommen, dass die Anteile neu gegründeter Gesellschaften auch bei günstiger Geschäftsentwicklung immer nur mit einem Wert von 100 v.H. des eingezahlten Stammkapitals angesetzt werden dürften. Im Übrigen kann diese Rechtsprechung dann keine Anwendung finden, wenn es sich - wie im Streitfall -nur formal um eine Neugründung, wirtschaftlich aber um eine Umstrukturierung eines bereits seit längerem bestehenden Unternehmens handelt (BFH-Urteil vom 23. April 1986 II R 215/83, BFHE 146, 467, BStBl II 1986, 594).

Angesichts der vom Vater der Klägerin in den Jahren von 1999 bis 2001 mit der Verwaltung der streitigen Grundstücke durchschnittlich erzielten Mieteinnahmen ist eine vom Regelverfahren abweichende Schätzung des Werts der geschenkten Geschäftsanteile nicht gerechtfertigt.

Dies gilt auch hinsichtlich der Berücksichtigung eines fiktiven Geschäftsführergehalts zumal der Ertragswert des Grundstücks nicht in der Person des Schenkers begründet ist (vgl. Niedersächsisches FG vom 18. August 1988 III 411/84, juris). Zudem wurde ein möglicherweise zu berücksichtigendes Geschäftsführergehalt der Höhe nach nicht mehr näher spezifiziert und auch ein entsprechender Antrag in der mündlichen Verhandlung nicht mehr gestellt. Im Übrigen ist den Unterlagen über die Errichtung der GmbH zu entnehmen, dass die Geschäfte in erster Linie von dem weiteren Geschäftsführer geführt werden sollten (URNr. 2165/2001 des Notars Prof. Dr. in ). Der Ansatz eines fiktiven Geschäftsführergehalts i.H. der Hälfte der Erträge der Gesellschaft erscheint zudem unter Berücksichtigung der Struktur des Unternehmens und reiner Erträge und Kosten ganz erheblich überhöht.

Die Klägerin hat insofern eine erhöhte Darlegungspflicht bzgl. eventueller Ertragsschmälerungen, der sie z.B. durch Nachweis der tatsächlichen Kosten für den Geschäftsführer hätte nachkommen können. Der Senat war insoweit zu weiteren Ermittlungen - "ins Blaue hinein" - nicht verpflichtet.

b) Der Umstand, dass es sich bei der Gründung der GmbH um die Umstrukturierung eines bestehenden Unternehmens handelt, bei dem Anfangsverluste nicht zu besorgen sind, spricht im Streitfall auch gegen die Anwendung des § 13a ErbStG. Denn bei typisierender Betrachtungsweise ist § 13a ErbStG nicht auf die formale Umwandlung von Privatvermögen in Betriebsvermögen anwendbar (so auch Kapp/Ebeling, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 13a Rz. 8.1, m.w.N.; FG Nürnberg Urteil vom 13. Dezember 2001 IV 369/2000, DStRE 2002, 576;).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

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