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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 28.02.2007
Aktenzeichen: 4 K 1047/04
Rechtsgebiete: ErbStG, BGB, AO 1977


Vorschriften:

ErbStG § 10 Abs. 5 Nr. 1
BGB § 1922 Abs. 1
AO 1977 § 45 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

4 K 1047/04

Erbschaftsteuer

In der Streitsache

...

hat der 4. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung .... sowie

der ehrenamtlichen Richter Dipl-Betriebswirt (FH)

ohne mündliche Verhandlung

am 28. Februar 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Strittig ist nur noch, ob Einkommensteuer-und katholische Kirchensteuerschulden des Erblassers nur in der materiell-rechtlich zutreffenden Höhe als Nachlassverbindlichkeit vom Erwerb abgezogen werden können I.

Am 17.11.2000 verstarb Herr P (Erblasser), zuletzt wohnhaft xxxxx.

Durch notariellen Erbvertrag vom 15.1.1993 (Bl. 68 Finanzamts-Akte) haben der Erblasser und seine vorverstorbene Ehefrau nach dem Letztversterbenden von ihnen die Ehegatten H und G Ml als ihre Erben je zur Hälfte eingesetzt. Als Ersatzerben jedes eingesetzten Erben wurden deren 3 Kinder bestimmt (M, B und H).

Die Miterbin, Frau G M, wurde zum Testamentsvollstrecker über den Nachlass bestellt (Bl. 4 Finanzamts-Akte), der im Wesentlichen aus Bankguthaben, Wertpapieren und Grundbesitz (Landhaus) bestand.

Herr H M schlug mit Vereinbarung vom 10.1.2001 sein Erbrecht zu Gunsten seiner 3 Kinder gegen eine Abfindung (lebenslanges Nießbrauchsrecht am 1/6-Miteigentumsanteil an der bei der Erbengemeinschaft verbleibenden Eigentumswohnung) aus.

Die vorgesehenen Ersatzerben M, B und H wurden damit Miterwerben zu je 1/6.

Die Erbschaftsteuererklärung ging am 20.12..2001 beim Beklagten (Finanzamt) ein.

Nachdem die Höhe der jeweiligen Vermächtnisse und die Nachlassverbindlichkeiten aus den Umbaumaßnahmen wegen der Aufteilung des Nachlassgrundstückes feststanden, setzte das Finanzamt mit Bescheiden vom 19.3.2004 die Erbschaftsteuer bei Frau G M auf 63.480 DM (= 32.456,81 EUR) und bei den Miterben M, B und H jeweils auf 11.101 DM (= 5.675,85 EUR) fest (Bl. 3 ff/Bd. II). Von den geltend gemachten Steuerschulden (Einkommensteuer 1998 und katholische Kirchensteuer 1998) des Erblassers erkannte der Beklagte nur die tatsächlich bezahlten Steuern an.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Miterben mit Schreiben 14.4.2003 Einspruch, der u.a. damit begründet wurde, dass aufgrund des im Erbschaftsteuerrecht geltenden Stichtagsprinzips die Steuerschulden des Erblassers in der am Todestag festgesetzten Höhe zu berücksichtigen seien. Die Erben schuldeten am Stichtag den festgesetzten Steuerbetrag für 1998 in Höhe von 68.253 DM aus dem Einkommensteuerbescheid für 1998 vom 2.12.1999 und Kirchensteuerbescheid vom 25.1.2000 für 1998 in Höhe von 5.175,60 DM. Dass die Vollziehung auf den Einspruch des Erblassers und seiner Ehefrau am 13.1.2000 in Höhe von 68.253,22 DM ausgesetzt worden sei, sowie das Katholische Kirchensteueramt am 2.2.2000 die Kirchensteuer 1998 in Höhe von 5.175,60 DM gestundet habe und das Wohnsitzfinanzamt B mit Bescheid vom 22.8.2001 den Einspruch des Erblassers stattgegeben habe, sei unerheblich.

Auf Anfrage teilte das für die Einkommensteuer des Erblassers zuständige Wohnsitzfinanzamt dem Beklagten mit, dass vor dem Bewertungsstichtag die Entscheidung über die Stattgabe des Einspruchs des vom Erblasser am 20.12.1999 eingelegten Einspruchs bereits gefallen war und dies auch Frau G M bereits vorab telefonisch mitgeteilt worden war (Bl. 50 Finanzamts-Akte, Bd. II).

Der Einspruch blieb erfolglos (s. Einspruchsentscheidung vom 13.2.2004).

Lediglich aus anderen unstreitigen Gründen wurde die Erbschaftsteuer bei Frau G M auf 63.273 DM (= 32.350,97 EUR) und ihren 3 Kinder auf jeweils 11.050 DM (= 3.649,78 EUR) herabgesetzt.

Mit der Klage tragen die Kläger vor, dass anstelle eines Steuererstattungsanspruchs in Höhe von 2.782 DM wegen Einkommensteuer 1998 eine Einkommensteuerschuld in Höhe von 72.916 DM anzusetzen sei. Nach dem Stichtagsprinzip sei die damals festgesetzte Einkommensteuerschuld als vom Erblasser herrührend nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 EStG anzusetzen.

Die Kläger beantragen,

unter Änderung der Erbschaftsteuerbescheide vom 19.3.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 13.2.2004 die Erbschaftsteuer bei der Klägerin G M auf 27.143,42 EUR, bei den Klägerinnen M l und Br sowie dem Kläger R auf je 4.366,75 EUR herabzusetzen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt Klageabweisung.

II. Die Klage ist unbegründet.

Der Senat sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist insoweit auf § 105 Abs. 5 Finanzgerichtsordnung (FGO) und auf die Begründung der Einspruchsentscheidungen vom 13.2.2004, die keinen Rechtsfehler erkennen lässt und der er sich anschließt.

Ergänzend führt der Senat aus: Ein Abzug der am Bewertungsstichtag von der Vollziehung ausgesetzten Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG entfällt.

Gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG sind vom Erwerb des Erben die vom Erblasser herrührenden persönlichen Steuerschulden, die gemäß § 1922 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch, § 45 Abs. 1 Abgabenordnung auf den Erben übergegangen sind, als Nachlassverbindlichkeiten abzuziehen. Dabei ist unerheblich, ob die Steuern beim Erbfall bereits festgesetzt waren oder nicht.

Für den Abzug der Schuld genügt nicht allein das Bestehen einer rechtliche Verpflichtung zu ihrer Zahlung am Stichtag, die Schuld kann, auch wenn sie rechtswirksam entstanden ist, dann nicht abgezogen werden, wenn sie für den Steuerpflichtigen am Stichtag keine wirtschaftliche Belastung ist (Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 10.7.2002 4 K 104/02, Bundesfinanzhof -BFH-Urteil vom 24.3.1999 II R 34/97, BFH/NV 1999, 1339 ff. s. auch Kapp/Ebeling, EStG, § 10 Rz. 69; Moench § 10 Rz. 54).

Das gilt auch für Steuerschulden. Diese können nicht zum Abzug gebracht werden, wenn der Steuerpflichtige am Stichtag mit der Geltendmachung des Steueranspruchs in der festgesetzten Höhe nicht zu rechnen brauchte.

Vorliegend stellt die von der Vollziehung ausgesetzte Einkommensteuerschuld keine wirtschaftliche Belastung für die Erben dar, weil diese am Stichtag nicht mit der Inanspruchnahme in voller Höhe rechnen mussten. Durch die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung aufgrund erfolgten Einspruchs des Eblassers vor dem Stichtag, die nur bei ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung gewährt wird, konnten die Erben darauf vertrauen, dass nur die Einkommensteuerschuld in der materiell-rechtlich zutreffenden Höhe festgesetzt werden würde. Die Einkommensteuerschulden können daher bei der Erbschaftsteuerveranlagung nur in der materiell-rechtlich zutreffenden Höhe abgezogen werden.

Dem widerspricht auch nicht das für das Erbrecht geltende Stichtagsprinzip. Am Bewertungsstichtag waren die Erben in Höhe der ausgesetzten Steuerbeträge wirtschaftlich nicht belastet.

Die Argumentation der Erben, dass die am Stichtag festgesetzten Steuern zu berücksichtigen seien, beachtet nicht, dass Voraussetzung für den Abzug neben dem rechtlichen Bestand auch die wirtschaftliche Belastung ist. Nur eine am Stichtag bestehende Verpflichtung, die auch eine wirtschaftliche Last darstellt, mindert die Bereicherung des Erben.

Die Ursache für die spätere Herabsetzung der Steuer, nämlich die Überprüfbarkeit im Einspruchsverfahren, hatte zudem bereits der Erblasser durch seinen Einspruch gesetzt, wonach der Erblasser selbst die Steuerfestsetzung bereits angefochten haben muss und von einer entsprechenden Korrektur des Steuerbescheids mit hinreichender Sicherheit ausgegangen werden kann (so Gebel in Troll/Gebel/Jülicher ErbStG, § 10 Rz. 144).

Ob die Erben bereits von der beabsichtigten Stattgabe des Einspruchs wussten, ist unerheblich.

Die Kostenentscheidung erfolgt gemäß § 135 Abs. 1 FGO.

Wegen Fehlens grundsätzlicher Bedeutung war die Revision nicht zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

Ende der Entscheidung

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