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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Beschluss verkündet am 31.10.2006
Aktenzeichen: 4 V 1612/06
Rechtsgebiete: AO 1977, ErbStG


Vorschriften:

AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 1
ErbStG § 7
ErbStG § 9
ErbStG § 11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

4 V 1612/06

Aussetzung der Vollziehung in Sachen Schenkungsteuer

Aufhebung der Vollziehung in Sachen Schenkungsteuer

In der Streitsache

hat der 4. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung [....]

ohne mündliche Verhandlung am 31. Oktober 2006

beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.

Gründe:

I.

Streitig ist im Einspruchsverfahren, ob bei einem Aktiengeschäft unter Ehegatten eine sogenannte gemischte Schenkung vorliegt, wobei der Zeitpunkt der Zusendung von wesentlicher Bedeutung ist.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Einspruchsentscheidung in Sachen Einkommensteuer 2001 (Bl. 87 ff Finanzamts-Akte) vom 2.3.2005, die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung vom 22.11.2005 (Bl. 83 Finanzamts-Akte), den Bericht über die Außenprüfung vom 31.12.2003 bei der Firma I, die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Antragsteller beantragt,

die Vollziehung des Schenkungsteuerbescheids vom 10.12.2004 in (voller) Höhe von 2.195.303,27 EUR wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit bzw. die Aufhebung der Vollziehung soweit die Steuer schon bezahlt wurde.

Der Antragsgegner (Finanzamt) beantragt,

den Antrag abzulehnen.

II.

Der Antrag ist unbegründet.

Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 3 und Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit des Bescheides (vgl. Bundesfinanzhof-BFH-Beschluss vom 24. Februar 2000 IV B 83/99, BStBl II 2000, 298), und zwar aus folgenden Erwägungen:

1. Bei freigebigen Zuwendungen, die auf einer vertraglichen Grundlage beruhen, führt nicht bereits der mit dem Vertragsabschluss begründete Anspruch auf die vertragliche Leistung, sondern erst die Leistung selbst zur Steuerentstehung (s. § 9 Abs. 1 Nr. 2 Erbschaftsteuergesetz -ErbStG- sowie Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 7 Tz. 78). Folglich sind auf diesen Zeitpunkt die Werte von Leistung und Gegenleistung bei einer sogenannten gemischten Schenkung nach § 11 ErbStG zu ermitteln.

Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses am 25.12.1999 (Bl. 84 ff Finanzgerichts-Akte) waren die Aktien noch nicht auf das Depot der Bedachten übergegangen. Dies war erst am 26.2.2001 der Fall. Der Senat folgt insoweit den Rechtsausführungen des 2. Senats des Finanzgerichts München im Beschluss vom 29.12.2004, Aktenzeichen 2 V 1039/04 (Bl. 32 Finanzamts-Akte). Zu diesem Zeitpunkt war der Verkehrswert wesentlich höher (sog. grobes Missverhältnis) als der vereinbarte Kaufpreis von 718.125 DM für 187.500 Aktien.

2. Der Wille zur Unentgeltlichkeit war beim Antragsteller bereits bei Abschluss des Kaufvertrages vorhanden. Die Diskrepanz der Werte (19.986.137,81 DM im Verhältnis zu 718.125,00 DM) war dem Antragsteller zwar damals nicht genau bekannt, jedoch wusste er bereits vor Abschluss der Vereinbarung im Wesentlichen von dem wahren Wert der Aktien, weil bereits damals der Gang an den Neuen Markt an der Frankfurter Wertpapierbörse vorgesehen war (s. Platzierungsvertrag vom 26.8.1999, Beweismittelakte/Finanzamt) und bereits kurz vor Vertragsabschluss der Antragsteller bei einem Angebot an die Firma L AG von einem Börsenwert von 30 EUR ausgegangen war, also weit über den Preis von 718.225 DM, nämlich 5.625.500 DM. Die Wertvorstellung muss nicht so präzise sein, dass sie den genauen Wertunterschied erfasst (s. Bundesfinanzhof-BFH-Urteil vom 21.10.1981 II R 176/78, BStBl II 1982, 83, 84 r. Sp.).

3. Der Besteuerung steht auch nicht das Schreiben des Finanzamts vom 6.5.2003 entgegen (s. Beweismittelakte/Finanzamt). Maßgebend für die Auslegung, ob darin ein sogenannter Freistellungsbescheid liegt, ist der Inhalt des Schreibens (s. BFH-Urteil vom 26.3.1969 I R 38/67, BStBl II 1969, 473 und vom 13.11.1979 VIII R 175/77, BStBl II 1980, 193; s. a. Tipke/ Kruse, AO, § 155 Rz. 9).

Gegen eine Freistellung gemäß § 155 Abs. 1 Satz 3 Abgabenordnung -AO- spricht der einschränkte Wortlaut "nach den eingereichten Unterlagen". Ob aufgrund des Anrufs des Sachbearbeiters wegen der schriftlichen Anfrage des Steuerberaters vom 9.5.2003 (s. Beweismittelakte/ Finanzamt) u.U. was anderes sich ergibt, kann der Senat dahingestellt sein lassen, weil selbst bei Vorliegen eines Freistellungsbescheids der Antragsgegner diesen jederzeit aufgrund der Feststellung der Betriebsprüfung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO hätte ändern können, weil die §§ 172 ff AO auch für Freistellungsbescheide gelten (s. BFH-Urteil vom 13.11.1996 I R 152/93, BStBl II 1998, 711, 714). Dass diese Vorschrift im Bescheid nicht genannt ist, ist unerheblich, weil es lediglich auf das Vorliegen einer materiellen Befugnis ankommt (s. BFH-Urteil vom 28.11.1989 VIII R 83/86, BStBl II 1990, 458 und vom 27.10.1992 VIII R 41/89, BStBl II 1993, 569, 574 l. Sp.).

4. Die Kostenentscheidung erfolgt gemäß § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.



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