Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 25.09.2007
Aktenzeichen: 5 K 4821/06
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2
EStG § 8 Abs. 2 S. 2
EStG § 8 Abs. 2 S. 3
EStG § 8 Abs. 2 S. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

5 K 4821/06

Einkommensteuer 2004

In der Streitsache

...

hat das Finanzgericht München, 5. Senat,

durch

die Richterin am Finanzgericht xxxx als Einzelrichterin

ohne mündliche Verhandlung

am 25. September 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Der Kläger erzielt in M. gewerbliche Einkünfte als Grundstücks- und Wohnungsmakler. Bei seiner Gewerbeanmeldung gab er an, dass er seit Mai 1996 einen Betriebsitz in M. unter der Wohnanschrift xxx unterhalte. Sein Hauptwohnsitz befinde sich in Österreich. Aus beruflichen Gründen halte er sich durchschnittlich zweimal die Woche in M. auf.

Da der Kläger seit Jahren über einen Wohnsitz in M. verfügt, veranlagte ihn der Beklagte (das Finanzamt) in den Jahren 1999 bis 2003 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Seine für die Jahre 1996 bis 1998 sowie 2002 und 2003 eingelegten Einsprüche zur Frage beschränkte oder unbeschränkte Steuerpflicht wies das Finanzamt als unbegründet zurück, weil der Kläger an der Sachverhaltsaufklärung nicht mitwirkte. Der Klageweg wurde nicht beschritten.

2004 wurde der Kläger mit Einkommensteuerbescheid vom 24.04.2006 wieder vom Finanzamt als unbeschränkt Steuerpflichtiger veranlagt. Die vom Kläger in seiner Gewinn- und Verlustrechnung als Betriebsausgaben geltend gemachten Kfz-Kosten (laufende Betriebskosten 509,64 EUR und 31.03 EUR sowie Fahrzeugmiete für BMW von 13.200 EUR wurden vom Finanzamt um 12.000 EUR gekürzt, weil der Kläger keinen Eigenverbrauch erklärt hatte, der Gewinnermittlung nicht zu entnehmen war, ob die Kfz-Kosten bereits anteilig gekürzt worden waren und die Rückfragen des Finanzamts unbeantwortet blieben.

Dagegen legte der Kläger Einspruch ein. Es sei durchaus richtig, dass geringe laufende Betriebskosten in Ansatz gebracht worden seien. Aufgrund seiner selbständigen Tätigkeit habe er entsprechend der Akquisitionen einen erhöhten Repräsentationsbedarf. Er unterliege in Österreich der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht. Die inländische Steuerpflicht beschränke sich lediglich auf seine Tätigkeit in Deutschland. Der Grund dieser Tätigkeit liege darin, ein größeres Unternehmen aufzubauen bzw. den Betrieb in Deutschland stark zu erweitern. Als Anlage legte er den Mietvertrag für das betrieblich genutzte Kfz und den Mietverlängerungsvertrag bei. Das Finanzamt erkannte nun die Kfz-Kosten als Betriebsausgaben an, bat jedoch den Kläger, die in Österreich erzielten Einkünfte zu belegen und wies darauf hin, dass es beabsichtige, einen Kfz-Eigenverbrauch von 6.204 EUR zzgl. Umsatzsteuer anzusetzen. Da trotz weiterer Aufforderungen des Finanzamts keine Reaktion des Klägers darauf hin erfolgte, setzte das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung die Einkommensteuer 2004 auf 1.914 EUR herab. Das Finanzamt schätzte die in Österreich erzielten Einkünfte auf 12.000 EUR sowie den KFZ-Eigenverbrauch auf 7.026,31 EUR., den es dann mit dem Gewinn laut Erklärung addierte, so dass sich ein berichtigter Gewinn von 11.538,31 EUR ergab. Dieser berichtigte Gewinn wurde mit Progressionsvorbehalt nach dem Grundtarif versteuert.

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Anliegen weiter. Der vom Finanzamt angesetzte Kfz-Eigenverbrauch sei nicht gerechtfertigt. Nach dem beiliegenden Fahrtenbuch ergebe sich eine 100% betriebliche Nutzung. Er unterliege nur der beschränkten Steuerpflicht. Die Schätzung der österreichischen Einkünfte entspreche nicht den Tatsachen. Er habe seinen Lebensmittelpunkt in Österreich und erziele auch dort seine Haupteinkünfte, wie der Einkommensteuerbescheid 2004 des Finanzamts K./Österreich bestätige.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

ihn unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids 2004 vom 24.04.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.11.2006 beschränkt zur Einkommensteuer unter Berücksichtigung der in der Steuererklärung geltend gemachten Kfz-Kosten zu veranlagen und die Einkommensteuer 2004 entsprechend festzusetzen.

Das Finanzamt beantragt

Klageabweisung.

Bei dem vom Kläger vorgelegten Fahrtenbuch handele es sich offenbar um eine Microsoft Word- bzw. Exeldatei. Ein über diese Programme erstelltes Fahrtenbuch genüge nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhof -BFH -(Urteil vom 16.11.2005 VI R 64/04 BStBl II 2006, 410) nicht den gesetzlichen Anforderungen, da die Möglichkeit nachträglicher Veränderungen bereits eingegebener Daten bestehe und die Änderung in der Datei selbst nicht näher dokumentiert werde. Darüber hinaus handele es sich zu 90% um Fahrten zwischen M. und L. Nach seinen Angaben habe der Kläger seinen Wohnsitz und Lebensmittelpunkt in der Nähe von L. in Österreich. Daher sei zweifelhaft, dass es sich bei den Fahrten nach L. ausschließlich um betriebliche Fahrten handele. Der Kläger habe auch nicht dargelegt, ob für Privatfahrten ein weiteres Kfz zur Verfügung stehe und in welchem Umfang es beansprucht werde. Der Kläger habe neben den Mietkosten nur 540,67 EUR als sonstige Kfz-Kosten geltend gemacht. Bei einem unterstellten Verbrauch von 8 Litern pro 100 km entsprächen diese Kosten von 540,76 EUR etwa einer Fahrleistung von 7.500 km. Das Fahrtenbuch weise dagegen eine Kilometerleistung von 23.378 km aus. Nach den Regeln des Anscheinsbeweises sei davon auszugehen, dass betriebliche Kfz auch privat genutzt würden. Der Kfz-Privatanteil sei daher mittels der sog. 1% Methode zu ermitteln.

Die unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich schließe die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland nicht automatisch aus. Gemäß § 9 AO liege ein gewöhnlicher Aufenthalt vor, wenn sich die Person nicht nur vorübergehend im Inland aufhalte. Nach Aktenlage betreibe der Kläger seit 1996 sein Gewerbe in M. und halte sich etwa zweimal wöchentlich dort auf. Dies deute auf einen gewöhnlichen Aufenthalt hin (BFH-Urteil vom 20.04.1988 I R 219/82, BStBl II 1990, 709).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die im Laufe des Klageverfahrens eingereichten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis erklärt, dass ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann.

II. Die Klage ist unbegründet.

1. Das Finanzamt hat zu Recht entschieden, dass der geldwerte Vorteil nach der 1%Regelung zu bewerten ist, weil das Verhältnis der privaten Fahrten zu den übrigen Fahrten nicht gemäß § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen ist. Steht die Bewertungsalternative Fahrtenbuch aus Rechtsgründen nicht zur Verfügung, greift die sog. 1%-Regelung, nämlich die Bewertung auf Grundlage des inländischen Listenpreises des Kraftfahrzeuges.

a) Fehlen ordnungsgemäße Aufzeichnungen durch ein Fahrtenbuch, bleibt weder Raum für eine freie Schätzung des Anteils der Privatnutzung noch für eine an den Angaben des Steuerpflichtigen in einem Fahrtenbuch orientierte Schätzung. Die Voraussetzungen für ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch sind durch die Rechtsprechung des BFH geklärt (BFH- Beschluss vom 17.04.2007 VI B 145/06, BFH/NV 2007, 1314 mit weiteren Nachweisen).

Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist der Wert der privaten Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten für jeden Kalendermonat mit 1% des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen. Wenn die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden, kann abweichend davon nach § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG der Wert der Nutzung auch mit dem auf die private Nutzung entfallenden Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt werden. Die Rechtsprechung des BFH sieht in dem vorgenannten Normengefüge eine pauschalierende, stark typisierende und insbesondere grundsätzlich zwingende Bewertungsvorschrift (vgl. BFH-Urteil vom 07.11.2006 VI R 95/04 , BFH/NV 2007, 329 , m.w.N.), die einheitlich und abschließend regelt, welche Aufwendungen von dem gefundenen Wertansatz erfasst und in welchem Umfang die dem Steuerpflichtigen hieraus zufließenden Sachbezüge abgegolten werden. Damit steht zugleich fest, dass dann, wenn die Bewertungsalternative Fahrtenbuch aus Rechtsgründen nicht zur Verfügung steht, die 1%-Regelung greift, nämlich die Bewertung nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG auf Grundlage des inländischen Listenpreises des Kraftfahrzeuges.

Eine mit Hilfe eines Computerprogramms erzeugte Datei genügt den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nur dann, wenn nachträgliche Veränderungen an den zu einem früheren Zeitpunkt eingegebenen Daten nach der Funktionsweise des verwendeten Programms technisch ausgeschlossen sind oder in ihrer Reichweite in der Datei selbst dokumentiert und offen gelegt werden. Nach der BFH-Rechtsprechung ist eine mittels eines Computerprogramms erzeugte Datei, an deren bereits eingegebenem Datenbestand zu einem späteren Zeitpunkt noch Veränderungen vorgenommen werden können, ohne dass die Reichweite dieser Änderungen in der Datei selbst dokumentiert und bei gewöhnlicher Einsichtnahme in die Datei offen gelegt wird, kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch. Das gilt auch dann, wenn die einzelnen Eintragungen in der Computerdatei unmittelbar im Anschluss an die jeweilige Fahrt vorgenommen worden sein sollten. Eine solche Aufzeichnungsmethode ist nicht geeignet, den fortlaufenden und lückenlosen Charakter der Angaben und ihre zeitnahe Erfassung mit hinreichender Zuverlässigkeit zu belegen. Der auf diese Weise erzeugte Datenbestand ist kein in sich geschlossenes Verzeichnis und damit auch kein Fahrten-" Buch" i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG.

Das von dem Hersteller Microsoft entwickelte Programm MS-Excel eröffnet dem Anwender die Möglichkeit zu einer nachträglichen Veränderung bereits eingegebener Daten, deren Reichweite in der Datei selbst nicht näher dokumentiert wird. Wie das Finanzamt dabei zu Recht hervorgehoben hat, können die Eintragungen dadurch zu einem späteren Zeitpunkt ohne größeren Aufwand an praktisch jedes gewünschte Ergebnis angepasst werden. Der Ausdruck einer solchen Datei ist deshalb zum Nachweis der Vollständigkeit und Richtigkeit der erforderlichen Angaben nicht geeignet.

Auch die formelle Vereinbarung eines Nutzungsverbotes und das Vorhandensein eines Zweitwagens -was im Streitfall schon gar nicht vorgetragen wurde -schließen nicht aus, dass nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises eine Privatnutzung für erwiesen gehalten werden kann. Im Streitfall kommt hinzu, dass die Vermieterin des Kfz dem Kläger als ihren freien Mitarbeiter schriftlich aufgegeben hatte, das Fahrzeug nur geschäftlich zu nutzen und ein Fahrtenbuch zu führen. Nach Vorlage des mittels eines Computerprogramms erzeugten Fahrtenbuchs gelangt das Finanzgericht im Rahmen seiner insoweit umfassenden Tatsachenwürdigung zu dem Ergebnis, dass angesichts dessen der für eine private Nutzung sprechende Anscheinsbeweis weder entkräftet noch erschüttert ist (BFH-Urteile vom 15.03.2007 VI R 94/04, BFH/NV 2007, 1302 und vom 07.11.1006 VI R 19/05, BStBl II 2007, 116), zumal auch die nach dem Fahrtenbuch erklärte Km-Leistung nicht mit den betrieblich geltend gemachten sonstigen Kosten (Treibstoffkosten) übereinstimmt, die aufgesuchten Geschäftspartner nicht angegeben sind (BFH-Urteil vom 16.03.2006 VI R 87/04, BStBl II 2006, 625) und sich der Kläger weder dazu noch über das vom ihm mittels eines Computerprogramms erstellten Fahrtenbuchs geäußert bzw. ein anderes Ergebnis rechtfertigende Nachweise vorgelegt hat.

Gegen den im Schätzungswege ermittelten Listenpreis des vom Kläger benutzten Kfz und die Berechnung des Kfz-Privatanteils hat der Kläger nichts vorgetragen. Gründe die gegen die Rechtmäßigkeit des ermittelten Kfz-Privatanteils sprechen, sind nicht ersichtlich (BFH- Urteil vom 06.03.2003 XI R 12/02, BStBl II 2003, 704).

2. Ob der Kläger beschränkt oder unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist, kann im Streitfall offen bleiben, weil das Gericht den Rechtszustand des Klägers im Vergleich zum Zustand vor Klageerhebung nicht verschlechtern darf (Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 96 Rz. 5 mit Rechtsprechungsnachweisen). Zutreffend hat das Finanzamt darauf hingewiesen, dass bei unterstellter beschränkter Einkommensteuerpflicht des Klägers die Einkommensteuer 2004 bei weitem höher festzusetzen wäre.

3. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Übrigen auf die im Tatbestand zutreffende Begründung des Finanzamts Bezug genommen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO und die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung auf § 90 Abs. 2 FGO.

Ende der Entscheidung

Zurück