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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 28.11.2006
Aktenzeichen: 6 K 4037/04
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 2 Abs. 2
EStG § 4 Abs. 4
EStG § 4 ff.
EStG § 9
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

6 K 4037/04

Gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer zum 31.12.1997

Körperschaftsteuer 1999

gesonderter Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1997

Gewerbesteuermessbetrag 1999

Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals zum 30.9.1997

In der Streitsache

hat der 6. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht ..., des Richters am Finanzgericht ... und des Richters am Finanzgericht ... sowie der ehrenamtlichen Richter ... und ...

ohne mündliche Verhandlung am 28. November 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), deren Gegenstand die Erbringung von Dienstleistungen für andere Firmen im Bereich der betrieblichen Organisation sowie der Handel mit Anlagen der elektronischen Datenverarbeitung und mit Software ist. Die Klägerin hat ein abweichend Wirtschaftsjahr (Wj), das zum 30. September jeweils endet.

Die Klägerin ist in gemieteten Räumen, eine ehemalige Schreinerei, tätig. Lt. Mietvertrag läuft das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit, bei einer Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Ende eines Halbjahres.

Im Wirtschaftsjahr 1996/97 tätigte sie insgesamt Aufwendungen in Höhe von 67.567,60 DM für den Ausbau der ehemaligen Schreinerei mit Verkaufsräumen zu einem Großraumbüro mit Computerarbeitsplätzen. Die Aufwendungen betrafen eine neue Elektroinstallation, neue Böden / Bodenbeläge, neue Raumaufteilung / Treppengeländer durch Schreiner, Malerarbeiten, eine neue Beleuchtungsanlage sowie Heizungsumbau und -erweiterung. Zu den durchgeführten baulichen Maßnahmen ist im Mietvertrag nichts geregelt. Die Klägerin behandelte diese Aufwendungen als sofort abziehbare Betriebsausgaben.

Demgegenüber kam eine Außenprüfung zum Ergebnis, es handle sich bei den Aufwendungen um eine Bündelung von Einzelmaßnahmen, die sie als Mietereinbauten gemäß R 13 (3), H 44 Einkommensteuerrichtlinien 1999 (EStR) aktivierte. Bei Berücksichtigung einer Abschreibung (wie Gebäude, 2,5%, im Wj 1996/97 mit 6/12 = 845 DM) wurden die Mietereinbauten in der Prüferbilanz zum 30. September 1997 mit 66.722 DM angesetzt. Dies führte gleichzeitig zu einer Gewinnerhöhung/Verlustminderung und einer Erhöhung des Einkommens der Klägerin im Veranlagungszeitraum 1997 um 66.722 DM.

Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) schloss sich der Beurteilung der Außenprüfung an und veranlagte wie folgt:

 Bescheidvom Betrag
gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer zum 31.12.199713. Juni 2002 60.596
(bisher lt. Bescheid vom:20. Juli 1999 128.638)
Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals zum 30.9.199713. Juni 2002EK 45-2.944
  EK 02-60.596
(bisher lt. Bescheid vom:20. Juli 1999EK 45-52
  EK 02-128.638)
gesonderter Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.19974. Juni 2006 60.596
(bisher lt. Bescheid vom:20. Juli 1999 128.638)
Körperschaftsteuer 199913. Sept. 2002z. verst. Eink.18.457
  festges. KSt.7.382
(der davor berücksichtigte Verlustvortrag ist weggefallen)   
Gewerbesteuermessbetrag 199913. Sept. 2002 920
(der davor berücksichtigte Verlustvortrag ist weggefallen)   
 alle Beträge in DM 

Die geänderten Bescheide für 1999 sind Folgeänderungen wegen der geänderten anrechenbaren Verlustvorträge.

Die dagegen eingelegten Einsprüche vom 19. Juni 2002, bzw. vom 9. Oktober 2002 wurden mit Einspruchsentscheidung vom 2. August 2004 als unbegründet zurückgewiesen:

Der Umbau der Räume zu einem Großraumbüro mit Computerarbeitsplätzen führe zu einem gegenüber dem Gebäude selbständigen Wirtschaftsgut.

Aufwendungen, die mit Erweiterungen i.S. von § 255 Abs. 2 HGB bzw. mit zu Herstellungskosten führenden Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen bautechnisch zusammenhängen, führten ebenfalls zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten.

Für den Streitfall sei von einer Wesensänderung der angemieteten Räume durch die durchgeführten Maßnahmen auszugehen.

Der Fall sei vergleichbar mit dem des Gebäudeerwerbers, der so genannte anschaffungsnahe Aufwendungen tätige.

Die Mietereinbauten und -umbauten seien als materielle dem Mieter zuzurechnende Wirtschaftsgüter zu aktivieren.

Wenn es sich, wie vorliegend, um unbewegliche Wirtschaftsgüter handle, so seien sie nach den Grundsätzen der Gebäude-AfA abzuschreiben.

Mit der Klage vom 6. September 2004 wendet sich die Klägerin weiterhin gegen die Aktivierung der getätigten Aufwendungen:

Bei den Aufwendungen handle es sich um sofort abzugsfähige Betriebsausgaben.

Die Voraussetzungen für die Aktivierung von Mietereinbauten und -umbauten lägen im Streitfall nicht vor.

Es lägen typische Renovierungsmaßnahmen i.S. einer optischen Verschönerung sowie einer technischen Erneuerung vor.

Es gehe nicht um wirkliche und erhebliche Baumaßnahmen.

Auch beim Gebäudeeigentümer hätten die Maßnahmen zu sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwendungen geführt.

Es liege keine Nutzungs- und Wesensveränderung der Räumlichkeiten vor.

Die Klägerin beantragt,

die streitgegenständlichen Bescheide jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die angefochtenen Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide für 1999 sind durch Bescheide vom 10. Juni 2005 geändert worden. Es wurde jeweils der Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) aufgehoben. Auswirkungen auf den Streitgegenstand ergeben sich keine.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Einspruchsentscheidung vom 2. August 2004, die eingereichten Schriftsätze und die Akten Bezug genommen.

II.

1) Die Klage ist bezüglich des Körperschaftsteuerbescheids für 1999 und des Bescheids über den Gewerbesteuermessbetrag für 1999 unzulässig. Es handelt sich dabei jeweils um Folgebescheide auf der Grundlage der geänderten Verlustvorträge aus 1997.

2) Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

Das FA hat zurecht die getätigten Aufwendungen aktiviert, die geltend gemachten Betriebsausgaben sind nicht sofort abzugsfähig.

a) Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG). Zu den Betriebsausgaben gehören auch Aufwendungen, die durch die Nutzung fremder Wirtschaftsgüter für eigene betriebliche Zwecke veranlasst sind.

Der Abzugsfähigkeit steht nicht entgegen, dass die Aufwendungen zu einer Wertverbesserung an einem Wirtschaftsgebäude führten, welches im Eigentum des Vermieters stand und durch diese Aufwendungen kein eigenständiges Wirtschaftsgut der Klägerin entstand.

Dies folgt bereits aus dem allen Einkunftsarten zugrunde liegenden objektiven Nettoprinzip, demzufolge die erwerbssichernden Aufwendungen von den steuerpflichtigen Einnahmen abgezogen werden (vgl. § 2 Abs. 2 i.V.m. §§ 4 ff. und 9 EStG). Das objektive Nettoprinzip gebietet grundsätzlich den Abzug der vom Steuerpflichtigen zur Einkunftserzielung getätigten Aufwendungen auch dann, wenn und soweit diese Aufwendungen auf in fremdem Eigentum stehende Wirtschaftsgüter erbracht werden (Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30. Januar 1995 GrS 4/92, BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281 BFH/NV 1995, 35; Urteil des BFH vom 28. Juli 1994 IV R 89/93, BFH/NV 1995, 379, m.w.N.).

Maßgeblich für die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen als Betriebsausgaben ist allein, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen auf das Wirtschaftsgut im eigenen betrieblichen Interesse selbst getragen hat und er das Wirtschaftsgut auch für die betrieblichen Zwecke nutzen darf (Urteil des BFH vom 13. Mai 2004 IV R 1/02, BFH/NV 2004, 1335; BStBl II 2004, 780; BFHE 206, 146). Unerheblich ist, ob der Steuerpflichtige (wirtschaftlicher) Eigentümer des Wirtschaftsguts ist, für das er Aufwendungen getätigt hat (vgl. Beschluss des BFH vom 23. August 1999 GrS 5/97, BFH/NV 2000, 139, BStBl II 1999, 744; BFHE 189, 174).

Diese Voraussetzungen sind bei der Klägerin gegeben, daher sind die strittigen Aufwendungen grundsätzlich abzugsfähig;

b) Sofort abzugsfähig sind die Aufwendungen jedoch nur dann, wenn es sich nicht um zu aktivierende Herstellungskosten handelt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH wird ein neuer Vermögensgegenstand i.S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) hergestellt, wenn ein Gebäude für eine andere als die bisherige Nutzung umgestaltet wird; die hierfür aufgewendeten Kosten sind Herstellungskosten (vgl. Beschluss des BFH vom 23. Februar 2005 IX B 151/04, Haufe-Index 1369705 m.w.N.).

Ursprünglich handelte es sich bei den von der Klägerin angemieteten Räumlichkeiten um eine Schreinerei mit Verkaufsräumen. Durch die von der Klägerin durchgeführten Maßnahmen ist ein Großraumbüro entstanden. Damit ist eine gänzlich neue Nutzung gegeben. Wäre die Klägerin Gebäudeeigentümerin würde es sich um nachträgliche Herstellungskosten handeln, die zum bilanzierten Gebäude hinzuzuaktivieren wären.

Durch das fehlende Eigentum der Klägerin am Gebäude und dem Nichtvorliegen einer Betriebsvorrichtung kann bei der Klägerin bezüglich der getätigten Aufwendungen kein eigenständiges materielles Wirtschaftsgut entstehen. Aus dem objektiven Nettoprinzip folgt, dass der Mieter seine Aufwendungen in fremdes Eigentum grundsätzlich ertragsteuerlich berücksichtigen kann. Damit wird eine Schlechterstellung gegenüber vom Eigentümer getätigten Aufwendungen vermieden. D.h. durch das objektive Nettoprinzip ist der Mieter so zu stellen, wie wenn er als Eigentümer die Aufwendungen getätigt hätte. Daraus folgt, dass die Aufwendungen des Mieters insoweit wie ein materielles Wirtschaftsgut zu behandeln sind mit der Folge, dass es sich auch beim Mieter insoweit um Herstellungskosten handelt, die nicht sofort abzugsfähig sind.

c) Werden die Aufwendungen des Mieters wie ein materielles Wirtschaftsgut behandelt, so haben sich auch die Absetzungen daran zu orientieren. Handelt es sich um Aufwendungen, die beim Eigentümer zu nachträglichen Herstellungskosten des Gebäudes führen würden, wären diese nach den Gebäudegrundsätzen abzuschreiben. Nichts anderes kann für zu aktivierende Aufwendungen des Mieters gelten. Die vorliegenden Herstellungskosten sind daher nach den Gebäudegrundsätzen abzuschreiben. Anhaltspunkte für eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer (vgl. § 7 Abs. 4 EStG) liegen keine vor. Das FA hat damit zutreffend die Höhe der Abschreibung berücksichtigt.

d) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Zulassung der Revision auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.



Ende der Entscheidung

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