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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 22.09.2006
Aktenzeichen: 8 K 1299/06
Rechtsgebiete: AO 1977, EG, DBA AUT, EStG 1990


Vorschriften:

EStG 1990 § 2a Abs. 1 Nr. 2
EStG 1990 § 2a Abs. 3
EStG 1990 § 2a Abs. 2 Nr. 1
EStG 1990 § 32b
AO 1977 § 12 S. 1
DBA AUT Art. 4
EG Art. 43
EG Art. 48
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Streitsache

hat der 8. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht, des Richters am Finanzgericht und der Richterin am Finanzgericht sowie der ehrenamtlichen Richter und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Einkommensteuer für 1996 wird auf EUR festgesetzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte und der Kläger je zur Hälfte.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers darf der Beklagte die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

5. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Tatbestand

I.

Der Kläger bezog im Streitjahr 1996 Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Masseur in BB. Daneben betrieb er seit 1993 - anfangs wohl zusammen mit seiner damaligen Ehefrau, ab 1996 jedenfalls allein - unter der Firma "Seecamp Mietwohnwagen, Inh. W. D." die Vermietung von ursprünglich zwei, später neun und im Streitjahr sieben Wohnwagen, die er Feriengästen zur Nutzung anbot. 1993 hatte er sich aus diesem Grund bei diversen Betreibern von Campingplätzen vornehmlich im Ausland (u. a. in Spanien und Italien) um die Anmietung von Dauerstellplätzen bemüht. Letztlich stellte er die Wohnwagen auf dem Campingplatz der Fremdenverkehrsgesellschaft mbH und Co. KG - Seecamp (KG) in Z. (Österreich) ab. Nach der vom damaligen Steuerberater des Klägers am 15. Juli 1998 beim Beklagten (dem Finanzamt/ FA) abgegebenen, allerdings nicht unterzeichneten Vereinbarung mit der KG hatte er sechs Stellplätze zu Festpreisen angemietet, von denen einer als Bürowohnwagen vorgesehen war. Bei Bedarf sollte er weitere Stellplätze zugewiesen bekommen. Der Kläger trägt demgegenüber vor, er habe die Wohnwagen nur bei Bedarf nach Z. verbracht. Die Stellplätze seien entsprechend der tatsächlichen Nutzung fallweise angemietet und abgerechnet worden. Nach Beendigung der jeweiligen Vermietungszeit habe er die Wohnwagen anfangs nach A., dann nach BB (Bl. 35 ESt-A 1996) gebracht, wo er den vorliegenden Akten nach eigene Immobilien hatte. Dort seien auch erforderliche Reparaturarbeiten vorgenommen worden. Später seien die Wohnwagen bei der Firma Caravan F in P. abgestellt worden (Schreiben vom 25. Juni 2002). 1996 seien alle sieben Wohnwagen an insgesamt 749 Tagen in Z. abgestellt gewesen.

Im Inland habe keine Vermietung stattgefunden. In BB habe er für sein Unternehmen Wohnwagenvermietung einen Raum in seiner Wohnung als Büro genutzt, von dem aus er die Korrespondenz geführt und die Geschäftsunterlagen aufbewahrt habe. Als Postanschrift für das Unternehmen habe er seine Praxis für Physikalische Therapie in BB angegeben. Dort habe er auch Buchungen entgegengenommen, die Mietverträge ausgefertigt, Rechnungen erstellt und weitere mit der Wohnwagenvermietung verbundene Verwaltungsarbeit erledigt. Die Werbung für das Unternehmen sei ausschließlich von Deutschland aus erfolgt. Vor Ort sei nur Hilfspersonal u. a. zum Reinigen der Wohnwagen eingesetzt gewesen. Es sei keiner der Wohnwagen als Büro ausgestattet und genutzt worden. Er, der Kläger, habe diese selbst nach Z. und zurück verbracht. Soweit erforderlich sei er hierzu am Wochenende auch mehrmals hin und her gefahren. Vor Ort habe es keinen Hinweis auf den Gewerbebetrieb des Klägers gegeben. Aus den im Klageverfahren vorgelegten (unvollständigen) Unterlagen ergibt sich, dass die KG dem Kläger für 1996 neben einem Jahres-Komfortplatz (Rechnung vom 31.07.1996) Einzelstellplätze für rund 800 Tage in Rechnung gestellt hatte. In der zweiten Jahreshälfte 1994 wurden die Vorzelte der Wohnwagen mit Böden ausgestattet. Die Herstellungskosten von ... öS wurden auf einen Zeitraum von 10 Jahren abgeschrieben.

Der Kläger hatte für die Wohnwagenvermietung zusammen mit seiner früheren Ehefrau für die Jahre ab 1993 beim österreichischen FA Z. Umsatzsteuererklärungen und Erklärungen zur Feststellung von (gemeinsamen) Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgegeben. Sie wurden erklärungsgemäß veranlagt. Für das Streitjahr hatte er mitgeteilt, dass die Vermietungsgemeinschaft scheidungsbedingt aufgelöst sei und er, der Kläger, das Unternehmen allein weiter betreibe. Er erklärte für 1996 positive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ... öS. Auf die vorliegende Einnahmen - Ausgabenrechnung zum 31. Dezember 1996 wird verwiesen. 1997 veräußerte er die noch vorhandenen Wohnwagen für insgesamt ... öS und stellte die Vermietung ein.

Beim beklagten FA erklärte der Kläger ab 1993 gewerbliche Einkünfte aus der Wohnwagenvermietung. Bis zum Jahr 1995 wurden vom FA Verluste von insgesamt rd. ... TDM berücksichtigt. Bei der Veranlagung 1996 ging das FA davon aus, dass der Kläger die Wohnwagenvermietung ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben habe. Es ließ daher den geltend gemachten Verlust von rd. ... TDM nicht zum Abzug zu. Den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid vom 26. Januar 1998 (festgesetzte Einkommensteuer: ... DM) wies es mit Einspruchsentscheidung vom 24. August 1999 mit der Begründung zurück, die Einkünfte aus der Wohnwagenvermietung seien (nur) in Österreich zu versteuern. Auf Grund der vorliegenden Umstände sei davon auszugehen, dass der Kläger in Z. eine ständige Geschäftseinrichtung und somit eine Betriebsstätte im Sinn des DBAÖsterreich unterhalten habe. Gem. Art. 4 Doppelbesteuerungsabkommen mit Österreich (DBAÖsterreich) in der für das Streitjahr geltenden Fassung stehe daher Österreich das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus der dortigen Betriebsstätte zu. Da die Wohnwagen ausschließlich dort zur Vermietung eingesetzt worden seien, seien ihr alle, auch die in BB angefallenen Einnahmen und Ausgaben zuzurechnen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die beim FA eingereichte Einnahmen-Überschussrechnung zum 31. Dezember 1996 und die Einspruchsentscheidung vom 24. August 1999 verwiesen.

Der Kläger begehrt weiter die Berücksichtigung seines Verlustes aus der Wohnwagenvermietung. Zur Begründung seiner Klage trägt er im Wesentlichen vor, alleinige Betriebsstätte seines Wohnwagenvermietungsunternehmens sei BB gewesen. Nur dorthin hätten sich seine Kunden wegen einer Anmietung der Wohnwagen gewandt; dort habe er auch die jeweiligen Mietverträge abgeschlossen. In Österreich habe er keine Betriebsstätte geführt. Dort habe es keine feste Einrichtung im Sinn des Art. 4 Abs. 3 DBA-Österreich gegeben. Er habe die Wohnwagen nur nach Bedarf von Deutschland zum Campingplatz in Z. gebracht. Dort seien nur Aushilfskräfte für Hilfsarbeiten, wie z. B. für das Reinigen der Wohnwagen, beschäftigt gewesen, jedoch keine Vertreter oder Angestellte mit Vollmacht zum Abschluss von Mietverträgen. Da er, der Kläger, in Österreich somit keine Betriebsstätte unterhalten habe, sei der gesamte im Jahr 1996 erwirtschaftete Verlust aus dem Wohnwagenvermietungsgeschäft in Höhe von ... DM in Deutschland zu versteuern. Zumindest sei der Verlust gem. § 32b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 1 Nr. 2 EStG - in der für das Streitjahr geltenden Fassung - im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen. Durch § 2a Abs. 1 Nr. 2 EStG werde der negative Progressionsvorbehalt nicht ausgeschlossen. § 2a Abs. 1 Nr. 2 EStG sei mit EU-Recht nicht vereinbar.

Der KI beantragt,

bei der Einkommensermittlung den Verlust aus seinem Unternehmen Wohnwagenvermietung in Höhe von ... DM zu berücksichtigen und die Einkommensteuer 1996 unter Abänderung des Bescheides vom 26. Januar 1998 und der Einspruchsentscheidung vom 24. August 1999 entsprechend niedriger festzusetzen,

hilfsweise den Verlust im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen,

im Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag die Revision zuzulassen, sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Das FA beantragt

Klageabweisung.

Zur Begründung trägt es im Wesentlichen vor, der Kläger habe mit den Wohnwagen in Z. eine Geschäftseinrichtung im Sinne des Betriebsstättenbegriffs begründet. Diese sei auch wegen der jeweiligen Standzeiten der Wagen auf dem Campingplatz von gewisser Dauer. Insoweit sei nicht auf die einzelnen Standzeiten der Wagen abzustellen. Entscheidend sei, dass nicht nur im Streitjahr, sondern auch im Jahr zuvor bzw. danach immer dieselben Stellplätze belegt wurden. Der Kläger habe auch auf Grund des mit der KG abgeschlossenen Mietvertrages eine Rechtsposition innegehabt, die ihm unabhängig von der tatsächlichen Gebührenpraxis nicht ohne weiteres habe entzogen werden können. Das Unternehmen Wohnwagenvermietung sei auch auf dem Campingplatz in Z. realisiert worden. Der Kläger sei demgegenüber von seinem Büro in BB aus nur vorbereitend und begleitend tätig gewesen.

Mit Beschluss vom 27. November 2003, auf den verwiesen wird, war das ursprünglich unter dem Az. 8 K 4198/99 aufgenommene Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH über zwei dort anhängige Verfahren zur Vereinbarkeit des § 2a EStG mit Gemeinschaftsrecht ausgesetzt worden. Am 03. April 2006 wurde beschlossen, das Verfahren fortzuführen.

Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 22. September 2006 wird verwiesen.

Gründe

II.

Die Klage ist teilweise begründet.

Das FA ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger für sein Unternehmen Wohnwagenvermietung in Z., Österreich, eine Betriebsstätte unterhielt und der dieser Betriebsstätte anteilig zuzuordnende Gewinn bzw. Verlust bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens nicht zu berücksichtigen ist. Die Klage hat aber insoweit Erfolg, als das FA zu Unrecht alle beim inländischen Geschäftssitz angefallenen Betriebsausgaben und -einnahmen und damit das Gesamtergebnis des Unternehmens der ausländischen Betriebsstätte zugeordnet hat. Außerdem ist der Verlust, soweit er nicht mit inländischen positiven Einkünften des Klägers ausgeglichen werden kann, gem. § 32b EStG bei der Ermittlung des Steuersatzes zu berücksichtigen (negativer Progressionsvorbehalt).

1. Wohnwagenvermietung als Gewerbebetrieb gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 EStG.

Bei der Wohnwagenvermietung handelt es sich um einen Gewerbebetrieb i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG. Der Kläger hat über mehrere Jahre hinweg nachhaltig (bis zu neun) Wohnwagen zur Vermietung angeboten, hierfür entsprechend geworben und beim Campingplatz in Z. zumindest einen Stellplatz fest, die übrigen wohl wochenweise angemietet. Nach Auffassung des Senats ist auf Grund des Umfangs der gewerblichen Betätigung und des Umstandes, dass der Kläger nach fünf Jahren den bis dahin nur defizitären Betrieb wieder einstellte, auch davon auszugehen, dass er mit Gewinnerzielungsabsicht handelte (vgl. BFH-Urteile vom 17. November 2004 X R 62/01, BFHE 208, 522, BStBl II 2005, 336 und vom 24. Februar 1999 X R 106/95, BFH/NV 1999, 1081). Dem steht nicht entgegen, dass er die (Anfangs-)Verluste aus der Wohnwagenvermietung mit den doch recht ansehnlichen Gewinnen aus seiner freiberuflichen Tätigkeit als Masseur auffangen bzw. steuerlich gegenrechnen konnte.

Die Qualifikation der Wohnwagenvermietung als gewerbliche Betätigung richtet sich ausschließlich nach deutschem Steuerrecht. Ob die österreichische Finanzverwaltung für die dortige Besteuerung zu Recht von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ausgegangen ist, ist daher für dieses Verfahren weiter nicht entscheidungserheblich. Dahingestellt bleiben kann auch, ob der Kläger die Wohnwagenvermietung entsprechend den Erklärungen gegenüber der österreichischen Finanzverwaltung zusammen mit seiner damaligen Ehefrau gegründet hatte. Im Streitjahr 1996 hatte er den Betrieb jedenfalls allein betrieben (vgl. sein Schreiben vom 08. März 1996 an das FA Z.).

Auf Grund der vorliegenden Unterlagen und des Vortrags des Klägers ist davon auszugehen, dass Sitz des Unternehmens (§ 10 Abgabenordnung -AO-) in BB war. In seiner dortigen Wohnung hatte der Kläger seinen glaubhaften Angaben nach offensichtlich ein "Büro" zur Verfügung, von dem aus er z. B. Werbeanzeigen an verschiedene Zeitungen im In- und Ausland aufgab, Buchungen entgegennahm, die Verträge über die Wohnwagenvermietung ausfertigte und diese an die Kunden übersandte. Es ist auch glaubhaft, dass der Kläger in dem "Büro" die Geschäftunterlagen aufbewahrte und dort bzw. in seiner Massagepraxis in BB die hierfür erforderlichen Telefonate führte. Dass der Kläger für sein Unternehmen "Wohnwagenvermietung" z. B. durch Anzeigen in Zeitungen geworben hat, die Stellplätze in Z. - mit Ausnahme des ganzjährig angemieteten Stellplatzes (s. u.) - nach der konkreten Nutzungsdauer abgerechnet und die Wohnwagen in der vermietungsfreien Zeit in A., BB bzw. P. abgestellt und dort ggf. repariert wurden, kann nach Auffassung auf Grund der vorliegenden Unterlagen als zutreffend unterstellt werden. Die vom Kläger hierzu angebotene Beweisaufnahme erübrigt sich daher.

2. Betriebsstätte in Z. i. S. des § 12 Satz 1 AO bzw. Art. 4 Abs. 3 DBA-Österreich

a) Betriebsstätte i. S. des § 12 Satz 1 AO

Daneben unterhielt der Kläger für seine Wohnwagenvermietung in Z., Österreich, auch eine Betriebsstätte i. S. des § 12 Satz 1 AO. Als Betriebsstätte gilt danach jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Dabei ist unter Geschäftseinrichtung jeder Gegenstand und jede Zusammenfassung körperlicher Gegenstände zu verstehen, die Grundlage einer Unternehmenstätigkeit sein können (vgl. Buciek in Beermann/Gosch, Komm. zur AO und Finanzgerichtsordnung -FGO-, § 12 AO Rz. 7; Tipke/Kruse Komm. zur AO und FGO, § 12 AO Tz. 4). Besondere Räumlichkeiten oder Vorrichtungen sind hierfür nicht erforderlich. Es kann sich daher auch um abgrenzbare Flächen (Lagerplatz, Standplatz o. ä.) handeln (Birk in Hübschmann-Hepp-Spitaler, Komm. zur AO und FGO, § 12 AO Rz. 8; Tipke/Kruse, a.a.O., Tz. 5). Fest ist eine Einrichtung oder Anlage, wenn sie einen auf Dauer angelegten Bezug zum Boden hat, wobei ausreichend ist, wenn die Gegenstände der Anlage für eine gewisse Dauer an einer bestimmten Stelle verbleiben (Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, MA Art. 5 MK 5). Auch transportable Marktstände, die an einem bestimmten Ort regelmäßig auf- und abgebaut werden, oder ein Zolllager können daher als "fest" i. S. der Betriebsstättendefinition anzusehen sein (vgl. BFH-Urteile vom 17. September 2003 I R 12/02, BFHE 203, 400, BStBl II 2004, 396 und vom 08. März 1988 VIII R 270/81, BFH/NV 1988, 735, Nr. 4 der offiziellen Kommentierung zu Art. 5 OECD-Musterkommentar, die auf den weiter gefassten § 12 AO zumindest entsprechend anwendbar ist, Wassermeyer, a.a.O., MA Art. 5 Rz. 9). Ein Unternehmer hat über die Geschäftseinrichtung eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht, wenn ihm deren (Mit-)Benutzung nicht ohne weiteres entzogen werden kann. Hierzu kann schon eine "allgemeine rechtliche Absicherung" ausreichend sein, wenn aus tatsächlichen Gründen anzunehmen ist, dass dem Unternehmer für seine Tätigkeit irgendein geeigneter Raum zur ständigen Nutzung zur Verfügung gestellt wird (vgl. BFH-Urteil vom 30. Juni 2005 III R 76/03, BStBl II 2006, 84, BFHE 210,551 und vom 14. Juli 2004 I R 106/03, BFH/NV 2005, 154). Eine Einrichtung oder Anlage dient der Tätigkeit des Unternehmers, wenn er selbst, seine Arbeitnehmer oder ein weisungsabhängiger Dritter in oder an der Geschäftseinrichtung tätig werden.

Diese Voraussetzungen für die Annahme einer festen Geschäftseinrichtung auf dem Campingplatz in Z. und damit einer österreichschen Betriebsstätte gem. § 12 AO sind nach Auffassung des Senats im vorliegenden Streitfall gegeben. Auf den Stellplätzen des Campingplatzes in Z. wurde das Unternehmen Wohnwagenvermietung im Ergebnis realisiert. Dass der Kläger die Wohnwagen seinem Vortrag nach nur bei Bedarf nach Z. gebracht und sie ansonsten in der Nähe seines inländischen Geschäftssitzes abgestellt hatte, steht dem nicht entgegen. Er hatte diese jedenfalls den Mietern vor Ort übergeben und wieder übernommen. Die Wohnwagen wurden von den Mietern ausschließlich dort genutzt.

Der Kläger konnte die Stellplätze auf dem Campingplatz in Z. auch dauerhaft und mit der nötigen Verfügungsmacht nutzen. Ob er alle benötigten Stellplätze entsprechend der nicht unterzeichneten Vereinbarung mit der KG fest, d. h. ganzjährig oder nur von Fall zu Fall, in der Regel wochenweise, angemietet hatte, kann dahingestellt bleiben. Nach den vorliegenden Unterlagen (Rechnung der KG vom 31. Juli 1996 Nr. 22005) hatte der Kläger zumindest einen Komfortplatz ganzjährig, d. h. dauerhaft angemietet. Diesen nutzte er nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung selbst, wenn er vor Ort z. B. zur Wohnwagenübergabe zu tun hatte. Dies reicht nach Auffassung des Senats bereits aus, um von einer auf Dauer angelegten, mit ausreichender Verfügungsmacht ausgestatteten Nutzungsbefugnis auszugehen. Hinzu kommt, dass der Kläger im Jahr 1996 an rd. 250 Tagen zumindest einen Wohnwagen in Z. abgestellt hatte. Dies folgt aus der vorgelegten Übersicht über die Standzeiten, wonach nur an 117 Tagen keiner der Wohnwagen vermietet und demzufolge - nach dem Vortrag des Klägers - auch keiner auf dem Campingplatz abgestellt war. Obwohl der Belegungsplan für jeden Stellplatz nicht unerhebliche Leerstandszeiten ausweist, wurden die Wagen lt. Belegungsplan für die Jahre 1995 bis 1997 zudem ausschließlich auf den Plätzen Nr. 25, 27, 27 a, 28, 28 a, 33 und 34 abgestellt. Ob dies nur möglich war, weil diese Plätze für den Kläger fest reserviert waren oder weil er sie entsprechend seinem Vortag in der mündlichen Verhandlung sehr frühzeitig gebucht hatte, kann der Senat dahingestellt sein lassen. In jedem Fall ist die über mehrere Jahre dokumentierte regelmäßige Nutzung ganz bestimmter, ausgewählter Stellplätze ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer "festen" Geschäftseinrichtung i. S. des § 12 Satz 1 AO (vgl. Nr. 4 der offiziellen Kommentierung zu Art. 5 OECDMusterkommentar; BFH-Urteile in BStBl II 2004, 396 und BFH/NV 1988, 735). Auch der Umstand, dass der Kläger "seine" Stellplätze in der zweiten Jahreshälfte 1994 mit (mobilen) Böden für die Vorzelte (bestehend aus Brettern und Balken) ausstatten ließ - nach der beim FA Z. eingereichten Einnahmen-Ausgabenrechnung zum 31. Dezember 1996 machte er hierfür eine jährliche Absetzung für Abnutzung von 10 % der Herstellungskosten geltend -, spricht für eine auf Dauer angelegte Einrichtung i. S. des § 12 AO.

Ob der Kläger, der dem österreichschen FA gegenüber "Z., Campingplatz" als Sitz der Geschäftsleitung angab und dort auch Einkommen- und Umsatzsteuererklärungen einreichte, entsprechend der nicht unterzeichneten Vereinbarung mit der KG den von ihm selbst genutzten Wohnwagen als Büro eingerichtet hatte, ist auf Grund der vorgenannten Umstände weiter nicht entscheidungserheblich. Ein Büro vor Ort wäre nur zusätzlich noch als Geschäftsstelle i. S. des § 12 Satz 2 Nr. 3 AO zu werten (vgl. BFH-Urteil vom 10. Mai 1989 I R 50/85, BFHE 157, 142, BStBl II 1989, 755; Tipke/Kruse, a.a.O., § 12 AO Tz. 26).

b) Betriebsstätte gem. Art. 4 Abs. 3 DBA-Österreich

Außerdem hat der Kläger mit den Stellplätzen auf dem Campingplatz in Z. auch eine Betriebsstätte i. S. des Art. 4 Abs. 3 DBA-Österreich in der für das Streitjahr geltenden Fassung begründet. Nach Art. 4 Abs. 3 DBA-Österreich ist von einer Betriebsstätte auszugehen, wenn ein Unternehmer in dem anderen Land eine ständige Geschäftseinrichtung unterhält, in der er seine unternehmerische Tätigkeit ganz oder teilweise ausübt. Diese Anforderungen an eine Betriebsstätte sind aus den vorgenannten Gründen ebenfalls gegeben.

3. Aufteilung der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben 1996

Gem. Art. 4 Abs.1 DBA-Österreich steht das Besteuerungsrecht für die dort belegene Betriebsstätte (nur) Österreich zu. Da somit der mit der österreichischen Betriebsstätte erwirtschaftete Gewinn bzw. Verlust in Deutschland nicht steuerpflichtig bzw. nur im Wege des Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen ist (Art 15 Abs. 3 DBA a. F.), ist das Ergebnis des Gesamtunternehmens "Wohnwagenvermietung" auf das Stammhaus einerseits und die Betriebsstätte andererseits aufzuteilen.

Hinzu kommt, dass der Kläger im Streitjahr mit der Wohnwagenvermietung insgesamt einen Verlust erwirtschaftet hatte. Da es sich hierbei um eine sog. passive gewerbliche Tätigkeit i. S. des § 2a Abs. 2 Satz 1 EStG handelt, unterliegt der der ausländischen Betriebsstätte anteilig zuzurechnende Verlust außerdem der Verlustabzugsbeschränkung des § 2a Abs. 1 Nr. 2 EStG.

Nach den allgemeinen Grundsätzen zur Aufteilung der Einkünfte international tätiger Unternehmen (vgl. Art. 7 OECD-MA; sog. Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze, BMF-Schreiben vom 24. Dezember 1999, BStBl I 1999, 1076) sind der österreichischen Betriebsstätte diejenigen Einkünfte zuzuweisen, die sie als selbständiges Unternehmen durch eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit unter denselben oder ähnlichen Bedingungen und ohne jede Abhängigkeit vom Stammhaus erzielt hätte. Ziel der Aufteilung ist es, der Betriebsstätte den Teil des nach deutschen Vorschriften ermittelten Gewinns des Gesamtunternehmens zuzuordnen, den sie hätte erzielen können, wenn sie eine gleiche oder ähnliche Geschäftstätigkeit unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen als selbständiges Unternehmen ausgeübt hätte und im Verkehr mit dem Stammhaus völlig unabhängig gewesen wäre (vgl. Art. 7 Abs. 2 OECD-MA, Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze Tz. 2.2). Soweit möglich ist die Aufteilung nach der sog. direkten Methode vorzunehmen. Danach sind alle Wirtschaftsgüter und die damit im Zusammenhang stehenden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben entsprechend der wirtschaftlichen Zugehörigkeit vorweg entweder der Betriebsstätte oder dem Stammhaus zuzuordnen. Betriebseinnahmen oder Betriebsausgaben, die nicht eindeutig zugerechnet werden können, sind im Wege der Schätzung sachgerecht aufzuteilen. Dabei können auch solche Gesichtspunkte berücksichtigt werden, wie sie für die Annahme eines Vorteilsausgleichs zwischen nahe stehenden Personen gelten würden (vgl. Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze Tz. 2.3.1).

Die beim beklagten FA eingereichte Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG bzw. beim FA Z. eingereichte Einnahmen/Ausgabenrechnung zum 31.12.1996 entsprechen diesen Grundsätzen nicht. So sind in der für das Stammhaus eingereichten Gewinnermittlung Ausgaben und Einnahmen enthalten, die eindeutig mit der eigentlichen Wohnwagenvermietung im Zusammenhang stehen (AfA, Versicherungen, Instandhaltungskosten etc. einerseits und Versicherungsleistungen wegen Hagelschäden an den Wohnwagen andererseits). Da die Wohnwagen jedoch ausschließlich in Österreich zur Vermietung eingesetzt wurden, sind diese Aufwendungen und alle mit der eigentlichen Wohnwagenvermietung im Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben der österreichischen Betriebsstätte zuzurechnen. Dies gilt auch für die Aufwendungen zur Ausstattung der Wohnwagen etc.

Dem Geschäftssitz in BB, in dem letztlich nur eine verwaltende und werbende Tätigkeit ausgeübt wurde, können andererseits auch nur die hierfür angefallenen Kosten zugerechnet werden. Der Senat geht davon aus, dass es sich hierbei im Wesentlichen um die Aufwendungen für die Reinigung des inländischen Büros, die im Inland angefallenen Werbekosten in Höhe von rd. ...DM und - mit Ausnahme der "sonstigen betrieblichen Aufwendungen", die sachlich den Wohnwagen zuzuordnen sind - um die unter der Position "verschiedene Kosten" aufgeführten Betriebsausgaben handelt. Die dem Stammhaus zuzurechnenden Betriebsausgaben schätzt der Senat auf insgesamt rd. ... TDM. Dies ergibt bezogen auf die gesamten Betriebsausgaben von rd. ... DM (erklärte und nach dem Schreiben des Klägers vom 21. Juni 2006 auch nachweisbare Betriebsausgaben in Österreich: ... öS: 7 = ... DM; dass. im Inland: ... DM) einen Anteil von rd. 7,72 %.

Die (Miet-)Einnahmen wären an sich voll der österreichischen Betriebsstätte zuzurechnen. Da aber die am Stammhaus ausgeübte Tätigkeit, insbesondere die von dort aus vorgenommene Werbung, entscheidenden Einfluss auf die Höhe der Mieteinnahmen und so auf das Gesamtergebnis hatte, sind zum Ausgleich für die am Stammhaus angefallenen Aufwendungen die Einnahmen des Gesamtunternehmens zwischen Stammhaus und Betriebsstätte aufzuteilen. Dabei geht der Senat davon aus, dass unter selbständigen Unternehmen ein entsprechender (Kosten-)Ausgleich vereinbart worden wäre. Die Einnahmen sind in Ermangelung eines geeigneteren Aufteilungsmaßstabes entsprechend dem Verhältnis der dem Stammhaus einerseits und der Betriebsstätte andererseits zuzurechnenden Betriebsausgaben aufzuteilen (vgl. Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze Tz. 2.3.2 Abs. 1). Von der Aufteilung auszunehmen ist allerdings die Versicherungsleistung. Hierbei handelt es sich um eine außerordentliche, nicht vorweg einkalkulierbare Einnahme, die eindeutig der Betriebsstätte zuzurechnen ist (vgl. Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze Tz. 2.3.2 Abs. 3).

Von den aufzuteilenden Einnahmen von rd. ... DM (Einnahmen in Österreich: ... öS: 7 = ... DM; sonstige Einnahmen im Inland: ... DM) sind demnach 7,72 % (= ... DM) dem Stammhaus zuzurechnen, so dass sich für dieses ein anteiliger Jahresfehlbetrag von ... DM errechnet. Dies ergibt eine "Summe der Einkünfte" von ... DM.

4. Kein Verlustausgleich gem. § 2a Abs. 3 EStG a. F.

Der der österreichischen Betriebsstätte zuzurechnenden Verlustanteil ist nicht gem. § 2a Abs. 3 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung bei der Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte des unbeschränkt steuerpflichtigen Klägers abzugsfähig. Zwar stammt der Verlust aus einer gewerblichen Tätigkeit, für die nach dem einschlägigen DBA das Besteuerungsrecht Österreich zusteht. Gem. § 2a Abs. 3 Satz 1 EStG sind aber Verluste aus einer ausländischen Betriebsstätte nur zu berücksichtigen, wenn und soweit die betreffenden Einkünfte auch als nicht DBA-steuerfreie hätten ausgeglichen oder abgezogen werden können (vgl. Probst in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Komm. zum Außensteuerrecht, § 2a EStG Anm. 216; ders. in Herrmann/Heuer/Raupach, Komm. zum EStG u. a., § 2a EStG Anm. 250; Schmidt/Heinicke, Komm. zum EStG, 26. Aufl. 2006, § 2a Rz. 74). Dies wäre hier nicht der Fall gewesen. Der Verlust stammt aus einer passiven Tätigkeit und unterlag damit der Abzugsbeschränkung des § 2a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 EStG.

Nach Auffassung des Senats ist dies mit Gemeinschaftsrecht, insbesondere der Niederlassungsfreiheit vereinbar.

Mit der Niederlassungsfreiheit ist gem. Artikel 43 EGV für Angehörige und Artikel 48 EGV für Gesellschaften eines Mitgliedstaates das Recht verbunden, selbst oder durch eine Tochtergesellschaft, Zweigniederlassung oder Agentur in einem anderen Mitgliedstaat eine selbständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen und auszuüben (vgl. EuGH-Urteil vom 13. Dezember 2005 Rs. C-446/03 Marks & Spencer, BFH/NV Beilage 2006, 117, IStR 2006, 19, BB 2006, 23, DB 2005, 2788; Scherer in Debatin/Wassermeyer, MA Vor Art. 1 Rz. 116). Diese Grundfreiheit soll sicherstellen, dass Angehörige und Gesellschaften eines Mitgliedstaates bei Aufnahme und Ausübung einer selbständigen Tätigkeit im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates nicht anders behandelt werden als dessen Angehörige. Darüber hinaus steht die Niederlassungsfreiheit aber auch jeder nationalen Regelung entgegen, mit der ein Herkunftsstaat die Niederlassung seiner Staatsangehörigen oder einer nach seinem Recht gegründeten Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat gegenüber einer vergleichbaren inländischen Betätigung schlechter stellt (vgl. EuGH-Urteil vom 13. Dezember 2005 Marks & Spencer). Zu einer solchen Benachteiligung kommt es, wenn Verluste aus passiver gewerblicher Tätigkeit zwar im Inland uneingeschränkt mit anderen Einkünften verrechnet werden können, der gem. § 2a Abs. 3 EStG dem Grunde nach auch gegebene Verlustausgleich über die Grenze jedoch speziell für diese Einkünfte ausgeschlossen wird. Nach dem EuGH-Urteil vom 13. Dezember 2005 in der Rechtssache Marks & Spencer ist dies aber nicht zu beanstanden, wenn es hierfür sachliche, mit Gemeinschaftsrecht vereinbare Gründe gibt und zudem im Ausland die Möglichkeit zur Verlustverrechnung besteht (vgl. hierzu auch Saß, DB 2006, 123; Scheunemann, RIW 2006, 79; Kleinert/Nagler, DB 2005, 2791).

Die EuGH-Entscheidung in der Rechtssache Marks & Spencer erging zwar zur Frage der grenzüberschreitenden Verlustverrechnung im Konzernverbund. Sie ist jedoch nach Auffassung des Senats auf die vorliegende Konstellation entsprechend anzuwenden (vgl. Ribbock/Sedemund BB 2006, 528; a. A. wohl Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 2a Rz. 12;). Das Grundrecht auf Niederlassungsfreiheit gilt gleichermaßen für natürliche Personen wie für Kapitalgesellschaften. Aus Sicht des Senats kann daher ein inländischer Unternehmer mit ausländischer Betriebsstätte nicht anders behandelt werden als eine inländische Kapitalgesellschaft mit ausländischer Betriebsstätte oder ausländischer Tochtergesellschaft. Sachliche Gründe für eine differenzierte Behandlung gibt es nicht. Wie im Fall einer Organschaft (§ 14 KStG, § 2 GewStG) ist auch bei einem Unternehmer mit inländischer Betriebsstätte das Betriebsstättenergebnis dem Stammhaus (bzw. der Muttergesellschaft) zuzurechnen und dort zu versteuern. Abgesehen von der früheren Regelung des § 2a Abs. 3 EStG ist dies in beiden Fällen jedoch nicht mehr möglich, sobald sich die Betriebsstätte in einem anderen Land befindet, mit dem ein DBA besteht, bzw. wenn die Tochtergesellschaft dort ihren Sitz hat. Es steht dann dem anderen Staat das Besteuerungsrecht für den bei ihm belegenen Betrieb zu.

a) Sachliche Gründe für den Ausschluss der Verlustverrechnung gem. § 2a Abs. 3 EStG bei Vorliegen passiver Einkünfte i. S. des § 2a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 EStG.

Ist das Besteuerungsrecht für den ausländischen Betrieb dem anderen Staat zugewiesen, verletzt nach dem Urteil des EuGH i. S. Marks & Spencer eine innerstaatliche Regelung, welche die Verlustverrechnung über die Grenze ausschließt, jedoch die Niederlassungsfreiheit dennoch nicht, wenn damit ein berechtigtes und mit dem EG-Vertrag vereinbares Ziel verfolgt wird. Ein solcher Rechtfertigungsgrund kann das Anliegen des Gesetzgebers sein auszuschließen, dass Auslandsverluste doppelt berücksichtigt oder zur Steuerminderung dorthin geleitet werden, wo die höchsten Steuersätze gelten.

Letzteres gilt nach Auffassung des Senats auch für den Ausschluss der Verlustverrechnung über die Grenze gem. § 2a Abs. 3 EStG für sog. passive gewerbliche Einkünfte i. S. des § 2a Abs. 1 und 2 Satz 1 EStG. Mit dem § 2a Abs. 3 EStG (früher § 2 AIG) wollte der Gesetzgeber bestimmte Auslandsinvestitionen in DBA-Länden steuerlich fördern, indem er den Steuerpflichtigen entgegen den Bestimmungen in den DBA die Möglichkeit eröffnete, Auslandsverluste im Inland (vorübergehend) geltend zu machen (vgl. Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 2a Rz. 50). Es handelt sich hierbei mithin um eine Steuervergünstigung, bei deren Ausgestaltung der Gesetzgeber grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum hat (vgl. BFH-Beschluss vom 29. März 2000 IX B 111/98, BFHE 191, 373, BStBl II 2000, 352 mit weiteren Rechtsprechungshinweisen). Er konnte daher von der Verlustverrechnungsmöglichkeit gem. § 2a Abs. 3 EStG durchaus solche Aktivitäten ausnehmen, denen aus seiner Sicht kein erkennbarer Nutzen für die deutsche Volkswirtschaft zukam oder die in nicht unerheblichem Umfang zu unerwünschten Steuersparmöglichkeiten ausgenutzt wurden (vgl. BFH-Urteil vom 17. Oktober 1990 I R 182/87, BFHE 162/307, BStBl II 1991, 136, BTDrucks. 9/2074, S.62). Die Befugnis des Gesetzgebers zu einer derartigen wirtschaftspolitischen Lenkung durch Steuergesetze wird vom Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung anerkannt (vgl. Urteil vom 22. Mai 1963 1 BvR 78/56, BVerfGE 16, 147, 161). Eine Regelung, mit der unerwünschte Steuersparmöglichkeiten ausgeschlossen werden sollen, widerspricht auch nach dem EuGH-Urteil in der Rechtssache Marks & Spencer nicht dem Grundrecht auf Niederlassungsfreiheit (ebenso FG Düsseldorf Urteil vom 14. September 2004 6 K 3796/01, EFG 2005, 538).

b) Verlustvortrag nach österreichischem Recht

Der Ausschluss der grenzüberschreitenden Verlustverrechnung gem. § 2a Abs. 3 i. Verb. m. Abs. 1 und 2 Satz 1 EStG war nach Auffassung des Senats auch nicht unverhältnismäßig. Der Kläger hätte den im Inland nicht abziehbaren oder ausgleichsfähigen Betriebsstättenverlust in Österreich vortragen und dem Grunde nach (ab dem Jahr 1998) geltend machen können (§ 18 Abs. 6 i. Verb. m. § 102 Abs. 2 Nr. 2, § 117 Abs. 7 EStG Österreich; vgl. Büsser in Hoftsätter/Reichel, Die Einkommensteuer 1988, § 18 Abs. 6 und 7 Tz. 1). Allerdings hatte der Kläger die Wohnwagenvermietung bereits im Jahr 1997 aufgegeben. Ob der Kläger dabei einen Aufgabegewinn erzielte und damit den in Österreich nicht ausgeglichenen Verlust aus dem Jahr 1996 ausgleichen konnte, kann der Senat anhand der vorliegenden Unterlagen nicht feststellen. Sollte der Verlust nicht ausgeglichen worden sein, wird 15 dies - sofern es verfahrensrechtlich noch möglich ist - entsprechend dem EuGH-Urteil i. S. Marks & Spencer bei der Einkommensteuerveranlagung 1997 zu berücksichtigen sein.

4. Berücksichtigung des der österreichischen Betriebsstätte zuzuordnenden Verlustes im Rahmen des Progressionsvorbehalts gem. § 32b Abs. 1 Nr. 2, § 2a Abs. 1 Nr. 2 EStG

Entgegen der Auffassung des FA ist der anteilig der österreichischen Betriebsstätte zuzurechnende Verlust allerdings im Wege des sog. Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen. Der Kläger hat Einkünfte bezogen, die nach dem DBA-Österreich bei der Berechnung der Einkommensteuer steuerfrei waren. Gem. § 32b Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 Nr. 2 EStG ist daher auf das nach § 32a Abs. 1 EStG zu versteuernde Einkommen der (besondere) Steuersatz anzuwenden, der sich ergibt, wenn das zu versteuernde Einkommen um den Verlust aus der österreichischen Betriebsstätte in Höhe von ... DM (Betriebseinnahmen insgesamt: ... DM; nachgewiesene Betriebsausgaben: ... DM; Verlustanteil Stammhaus: ... DM) vermindert wird.

Zwar sind nach der Rechtsprechung des BFH, die zu § 32b Abs. 2 EStG in der bis einschließlich 1995 geltenden Fassung erging, nach § 2a Abs. 1 EStG im Inland steuerfrei gestellte Einkünfte nicht in die besondere Steuersatzbemessungsgrundlage zur Ermittlung des Progressionsvorbehalts mit einzubeziehen (vgl. BFH-Urteil vom 13. Mai 1993 IV R 69/92, BFH/NV 1994, 100; Vorlagebeschluss des BFH zum EuGH vom 13. November 2002 I R 13/02, BFHE 201, 73, BStBl II 2003, 795). Ob dies für die ab dem Streitjahr geltende Fassung des § 32b Abs. 2 EStG weiterhin gilt, kann der Senat offenlassen (bejahend die Finanzverwaltung, vgl. H 5 "Allgemeines" und H 185 "ausländische Verluste" EStH 2003; Frenz in Kirchhof/Söhn/ Melinghoff, Kommentar zum EStG, § 32b Rdnr. A 84; Lambrecht in Kirchhof, Komm. zum EStG, 4. Aufl. 2004, § 32b Rn. 20;Handzik in Littmann-Bitz-Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 32b Rn. 30; verneinend Probst in Flick/ Wassermeyer/Baumhoff, Komm. zum Außensteuerrecht, § 2a Anm. 35 und Herrmann/ Heuer/Raupach, Kommentar zum EStG u. a., § 32b Anm. 136; offen Schmidt/Heinicke, a.a.O., 25. Aufl. 2006, § 32b Rz. 24). Der Ausschluss des negativen Progressionsvorbehalts wäre jedenfalls entsprechend dem EuGH-Urteil vom 21. Februar 2006 Rs. C-152/03 Ritter-Coulais als Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EGV) zu werten. Nach diesem Urteil ist eine nationale Regelung, wonach eine in einem Mitgliedstaat unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Person keinen Anspruch darauf hat, dass bei der Festsetzung des Steuersatzes für die dort erzielten Einkünfte Verluste aus einer in einem anderen Mitgliedstaat belegenen Einkunftsquelle berücksichtigt werden, während Gewinne die Bemessungsgrundlage erhöhen würden, nicht mit EU-Recht vereinbar. Genau diese Konstellation wäre im vorliegenden Fall aber gegeben, sollte § 2a Abs. 1 EStG weiterhin im Rahmen des § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG Anwendung finden und den negativen Progressionsvorbehalt ausschliessen.

Prüfungsmaßstab war für den EuGH in der Rechtssache Ritter-Coulais zwar nicht die Niederlassungsfreiheit, sondern das Recht auf Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Nach Auffassung des Senat ist die Entscheidung dennoch auf den vorliegenden Fall entsprechend anzuwenden (ebenso Gosch, BFH-PR 2006, 192). Die Grundfreiheiten des EGV stehen gleichwertig nebeneinander. Mit ihnen soll jede Art von Berufstätigkeit im gesamten Gebiet der Gemeinschaft erleichtert werden. Sie stehen daher jeder versteckten oder offenen Benachteiligung eines Gemeinschaftsangehörigen entgegen und zwar unabhängig davon, ob dieser einer nichtselbständigen (Art. 39 EGV) oder einer selbständigen Tätigkeit (Art. 43 EGV) nachgehen will.

Aus dem gleichen Grund macht es nach Auffassung des Senats auch keinen Unterschied, dass die Kläger in dem vom EuGH entschiedenen Fall im Ausland negative Einkünfte (Verluste) aus Vermietung und Verpachtung erzielten, der Kläger im vorliegenden Fall hingegen solche aus Gewerbebetrieb. Entscheidend ist, dass der Kläger verdeckt diskriminiert würde, sollten bei der Festsetzung des Steuersatzes gem. § 32b EStG nur etwaige Gewinne aus seiner österreichischen Betriebsstätte zu berücksichtigen sein, Verluste hingegen nicht. Eine solche verdeckte Diskriminierung ist nach dem Urteil EuGH in der Rechtssache Ritter-Coulais gerade nicht zulässig (ebenso Ribbock/Sedemund, BB 2006, 528; Gosch, a.a.O.).

Bei Einbezug des Verlustes des Klägers aus seiner österreichischen Betriebsstätte in die besondere Steuersatzbemessungsgrundlage gem. § 32b Abs. 2 Nr. 2 EStG ergibt sich eine Einkommensteuer (einschließlich Kindergeld) von ... EUR.

5. Kostenentscheidung: Revision

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 Finanzgerichtsordnung). Von einer Vorlage an den EuGH wird abgesehen, da vom BFH vorab abschließend die Frage zu klären ist, ob § 2a Abs. 1 EStG im Rahmen des § 32b EStG überhaupt noch Anwendung findet.

Ende der Entscheidung

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