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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 11.02.2009
Aktenzeichen: 8 K 1412/07
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 11 Abs. 1
EStG § 40b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 8. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

...

ohne mündliche Verhandlung

am 11. Februar 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten wegen der steuerlichen Behandlung der Neuordnung der Versorgungsleistungen für die Arbeitnehmerin X durch den Kläger als Arbeitgeber.

Der Kläger befasst sich mit Haus- und Grundstücksverwertung und beschäftigt seine Ehefrau X als Arbeitnehmerin. Für diese hatte er mit Wirkung ab 1. Januar 1982 eine Direktversicherung bei dem Versicherer "Berlinische Leben" abgeschlossen, welche zum Abrechnungstermin 1. März 2000 beitragsfrei gestellt worden war. Für die Beitragszahlungen wurde die Lohnsteuerpauschalierungsregelung des § 40b Einkommensteuergesetz - EStG - in Anspruch genommen.

Der Kläger kündigte die Direktversicherung mit Schreiben vom 29. Oktober 2005 zum 1. Dezember 2005 und erläuterte zum Kündigungsgrund, dass er den Durchführungsweg für die Altersversorgung seiner Mitarbeiter wechsle. Er erhielt darauf am 30. November 2005 vom Direktversicherer, der Berlinischen Leben, den aus den Rückkaufwerten für die Direktversicherung resultierenden Betrag von 38.064,96 EUR auf sein Firmenkonto gutgeschrieben.

In seiner Lohnsteuer-Anmeldung für November 2005 errechnete der Kläger einen zu erstattenden negativen Betrag von 7.993,28 EUR. Der Kläger gelangte zu diesem negativen Betrag, indem er die Erstattung des Rückkaufswertes der Direktversicherung als Lohnrückzahlung qualifizierte und die auf die ursprünglich gezahlten Beiträge nach § 40b EStG entrichtete pauschale Lohnsteuer von 20% als rückzahlbar ansah.

Am 19. Oktober 2005 hatte der Kläger und die betroffene Arbeitnehmerin eine Vergütungsabrede unterzeichnet, in welcher sich die Arbeitnehmerin zur Umwandlung eines Gehaltsanspruchs in Höhe von 40.000 EUR einverstanden erklärte. Am selben Tag unterzeichneten Kläger und Arbeitnehmerin einen Antrag zur Errichtung einer betrieblichen Altersvorsorge über die Y- Versorgungskasse womit die Arbeitnehmerin auch bei vorzeitigem Ausscheiden unverfallbare Versorgungsleistungen ab Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren erwerben sollte. Als einmaliger Beitrag ist darin die Umwandlung eines der Arbeitnehmerin zustehenden Betrages von 40.000 EUR vereinbart.

Zwar wurde die Zustimmung zur Lohnsteueranmeldung des Klägers nach Aktenlage nicht erteilt. Gleichwohl kam es zu einer Auszahlung des vom Kläger in seiner Lohnsteuervoranmeldung errechneten Betrages. Der Beklagte (das Finanzamt) erließ daraufhin am 23. März 2006 einen nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung - AO - geänderten Bescheid über Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag für den Monat November 2005, welcher die Rückzahlungsverpflichtung des erstatteten Betrages zur Folge hatte und behielt den Vorbehalt der Nachprüfung bei. Mit Schreiben vom 4. August 2006 lehnte der Beklagte den vom Kläger mit Schreiben vom 21. Juli 2006 geltend gemachten Antrag auf Änderung des Bescheids vom 23. März 2006 ab und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Der hiergegen rechtzeitig eingelegte Einspruch, mit welchem letztlich die Rückerstattung der pauschalen Lohnsteuer für die Direktversicherung beantragt wurde, blieb mit Einspruchsentscheidung vom 26. März 2007 ohne Erfolg.

Der Kläger trägt vor, er habe die Direktversicherung gekündigt, weil er deren Wertentwicklung als unzureichend empfunden habe. Die Arbeitnehmerin habe auf die Auszahlung des ihr nach Kündigung der Direktversicherung zustehenden Abfindungsbetrages zugunsten der Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung in Form einer Unterstützungskasse verzichtet. Ein Zufluss der Abfindung bei der Arbeitnehmerin sei deshalb nicht erfolgt, so dass eine Lohnversteuerung durch einen derartigen Zufluss vermieden worden sei. Durch die Entgeltumwandlung müsse die Arbeitnehmerin nun die künftigen Versorgungsbezüge nach § 19 Abs. 2 EStG der individuellen Lohnbesteuerung unterwerfen. Denn falls die pauschal auf die früheren Beiträge zur Direktversicherung entrichtete Lohnsteuer nicht rückerstattet würde, käme es zu einer Doppelbesteuerung der arbeitnehmerfinanzierten Versorgungszusage. Die Entscheidung des Finanzamts sei auch nicht in Einklang mit der Verwaltungsanweisung in Abschnitt 129 Abs. 14 der Lohnsteuerrichtlinien (LStR) zu bringen. Denn die Arbeitnehmerin habe ihr Bezugsrecht aus der Direktversicherung gänzlich verloren, was nach dem Verständnis des Klägers von Abschnitt 129 Abs. 14 LStR zu einer Behandlung als negativem Arbeitlohn führen müsse.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

den Bescheid über die Festsetzung von Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag für den Monat November 2005, geändert mit Bescheid vom 4. August 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. März 2007 dergestalt zu ändern, dass eine Lohnsteuer von minus 6.928,71 EUR, ein Solidaritätszuschlag von minus 381,08 EUR, evangelische Kirchensteuer von minus 227,83 EUR und katholische Kirchensteuer von minus 455,66 EUR festgesetzt wird.

Der Beklagte (das Finanzamt) beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf die Einspruchsentscheidung vom 26. März 2007, in der ausgeführt ist, dass die Anwendung der Ausführungen des Abschnitts 129 Abs. 14 LStR die Qualifikation als negativer Arbeitslohn nicht zulasse, da das Bezugsrecht aus der Direktversicherung durch eine andere Versorgungsleistung lediglich ersetzt worden sei und deshalb nicht, im Sinne der Verwaltungsanweisung, ersatzlos untergegangen sei.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

II. Die Klage ist nicht begründet.

Die am 30. November 2005 erfolgte Gutschrift des Betrages von 38.064,9 EUR des Versicherers, resultierend aus der Erstattung der Rückkaufwerte der gekündigten Direktversicherung, ist nicht als negativer Arbeitslohn zu qualifizieren.

Zahlt ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber Arbeitslohn zurück, der dem Lohnsteuerabzug unterlegen hat, so bleibt der früher gezahlte Arbeitslohn zugeflossen (§ 11 Abs. 1 EStG; Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7. November 2006 VI R 2/05, BStBl II 2007, 315, m.w.N.). Zurückgezahlte Beträge sind dann im Zeitpunkt der Rückzahlung als negative Einnahmen oder Werbungskosten zu berücksichtigen (vgl. dazu BFH, Urteil vom 4. Mai 2006 VI R 33/03, BFHE 214, 92, BStBl II 2006, 911 , vom 5. Juli 2007 VI R 58/05, BStBl II 2007, 774).

Im Streitfall ist keine Rückzahlung von Arbeitslohn der Arbeitnehmerin an ihren Arbeitgeber, den Kläger, erfolgt. Die Arbeitnehmerin hat in keiner Weise zugunsten ihres Arbeitgebers auf den ihr, in Form der Beitragsleistungen an die Direktversicherung, seit 1. Januar 1982 zugeflossenen Lohn, respektive dessen Derivat, in Form der aufgelaufenen Rückkaufwerte verzichtet und den Lohn auch nicht in anderer Form an ihren Arbeitgeber, den Kläger, zurückbezahlt.

Entgegen dem Vortrag des Klägers hat die Arbeitnehmerin ihr Bezugsrecht auf Altersversorgung, welches durch die Verwendung des Lohnes auf den Erwerb von Ansprüchen aus der Direktversicherung entstanden war, nicht ohne Ersatz verloren. Denn an die Stelle ihres Anspruchs auf Altersversorgung aus der Direktversicherung ist das Bezugsrecht auf Altersversorgung aus der betrieblichen Altersversorgung durch die Versorgungskasse getreten. Wie aus den Vereinbarungen zur Gehaltsumwandlung hervorgeht, hat sie lediglich ihre Zustimmung dafür gegeben, dass der an den Kläger erstattete Rückkaufswert aus der gekündigten Direktversicherung von 38.064,96 EUR einer neuen Verwendung zugeführt und der Betrag zusammen mit einer ergänzenden Zuwendung des Klägers, der die Summe bis 40.000 EUR auffüllte, als Einmalbetrag zum Erwerb von Ansprüchen auf betriebliche Altersversorgung bei der Versorgungskasse eingesetzt wird. Durch diese neue Verwendung des Lohns ist zu keinem Zeitpunkt eine (Rück-)Zahlung der Arbeitnehmerin an den Kläger als Arbeitgeber erfolgt.

Weder Kläger noch die Arbeitnehmerin waren gezwungen, die Form der Altersversorgung der Arbeitnehmerin zu wechseln. Der Gesetzgeber hat sichergestellt, dass der Systemwechsel auf die nachgelagerte Besteuerung für "Altverträge" aus Direktversicherungen keine Nachteile mit sich bringt. Verzichten Arbeitnehmer und Arbeitgeber jedoch auf die Beibehaltung der gewählten Versorgung aus Renditeerwägungen, ist es nicht Sache des Gesetzgebers, eine solche, im Rahmen der Vertragsfreiheit getroffene Entscheidung steuerneutral zu stellen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger gem. § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Nach Aktenlage wurde - auch - wegen der angenommenen Möglichkeit der Rückerstattung der Lohnsteuer für einen Wechsel der Versicherung geworben. Im Interesse der Allgemeinheit ist eine Klärung zur einheitlichen Handhabung der Rechtsanwendung geboten.

Ende der Entscheidung

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