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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 10.07.2001
Aktenzeichen: 8 K 4828/00
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1 S. 1
EStG § 12 Nr. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Streitsache

wegen Einkommensteuer 1997 und 1998

hat das Finanzgericht München, 8. Senat, durch die Richterin am Finanzgericht als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung am 10. Juli 2001 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

I.

Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit. Sie war bei der X AG im Unternehmensbereich Unternehmenskommunikation als Leiterin der Redaktion "ABC", einem internen Informationsblatt für Führungskräfte, beschäftigt. In den Streitjahren nahm die Klägerin jeweils an vier NLP (Neuro-Linguistisches Programmieren)-Kursen teil. Aus den in den Akten befindlichen Unterlagen über die NLP-Ausbildungskurse ist hinsichtlich der Lernziele u.a. Folgendes dargelegt:

"Sie lernen:

Sich selbst und andere motivieren und bewusster führen

Konflikte aktiv und kompetent lösen

Ziele setzen und sinnvoll strukturieren

Entscheidungen sicher treffen

Flexibilität und Kreativität im Verhalten entwickeln

Unerwünschte Verhaltensweisen und Gefühle in positive ändern

Vertrauen und Verständnis in beruflichen und privaten Beziehungen verbessern

Noch intensiver und mit mehr Einklang mit den eigenen Kraftquellen in Verbindung kommen und damit leben und arbeiten

Das eigene Potential leben

Persönlichkeitsentwicklung und Prozessorientierung

Denkmodelle und Verhaltensmuster Anderer erkennen, verstehen und gebrauchen

Die Instrumente für Ihren speziellen Anwendungsbereich (z.B. Management, Pädagogik, Therapie, Familie, Partnerschaft) verfeinern bzw. modifizieren"

Wegen der Einzelheiten wird auf die in den Akten befindlichen Kursprogramme Bezug genommen.

Die Kläger machten die mit den durchgeführten Kursen in Zusammenhang stehenden Aufwendungen in Höhe von 7.663 DM (1997) und 6.593 DM (1998) als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der Klägerin geltend. Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) berücksichtigte diese Aufwendungen nicht und setzte mit Bescheid vom 16. September 1999 die Einkommensteuer 1997 auf 40.268 DM und mit Änderungsbescheid vom 5. Juli 2000 die Einkommensteuer 1998 auf 37.786 DM fest.

Die Einsprüche blieben erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 28. September 2000).

Die hiergegen erhobene Klage begründen die Kläger im Wesentlichen wie folgt: Die Aufwendungen für die besuchten Kurse stünden objektiv mit der beruflichen Tätigkeit der Klägerin in Zusammenhang und seien subjektiv zur Förderung des Berufes gemacht worden. Die Klägerin habe die Aufwendungen getätigt, um im Bereich der aktuellen Erkenntnisse der Kommunikation auf dem Laufenden zu bleiben, den Anforderungen bei der beruflichen Tätigkeit gerecht zu werden und um im Beruf besser vorwärts zu kommen. In ihrer Stellung in der Redaktion der Zeitschrift "ABC" sei sie damit betraut, Interviews zu führen, Gruppengespräche zu organisieren und zu leiten sowie andere Aufgaben im Bereich der Unternehmenskommunikation wahrzunehmen. Zur Begründung ihres Vorbringens reichten die Kläger mehrere Ausgaben der Zeitschrift "ABC" ein, aufweiche Bezug genommen wird.

Da das Tätigkeitsfeld der Klägerin die Kommunikation selbst sei, überwiege die berufliche Veranlassung für die Teilnahme an den Kursen so eindeutig, dass private Gesichtspunkte keine oder nur eine ganz untergeordnete Rolle spielten. Da das Thema der NLP-Kurse ausreichend berufsübergreifend relevant sei, sei für die steuerliche Anerkennung der Aufwendungen nicht auf einen homogenen Teilnehmerkreis abzustellen. Es sei für das berufliche Fortkommen günstig, Fortbildungsmaßnahmen durchzuführen, diese unter Umständen dem Arbeitgeber nicht zu erkennen zu geben und diese auch selbst zu finanzieren. Aufgrund der Übereinstimmung der beruflichen Tätigkeit und der tatsächlichen Kursinhalte sowie mangels konkreter Verwertungsmöglichkeiten dieser Inhalte für die private Lebensführung seien die Aufwendungen für die besuchten Kurse eindeutig rein beruflich veranlasst und stellten Werbungskosten dar. Die Klägerin sei nicht zuletzt wegen ihrer intensiven Fortbildungstätigkeit zur Leiterin der Abteilung "Interne Kommunikation" der X AG weltweit aufgestiegen. Auf die Schriftsätze der Kläger vom 31. Oktober 2000 und 11. Januar 2001 wird ergänzend Bezug genommen.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1997 vom 16. September 1999 und des Einkommensteuer-Änderungsbescheids 1998 vom 5. Juli 2000 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 28. September 2000 die Einkommensteuer neu festzusetzen und dabei zusätzliche Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der Klägerin in Höhe von 7.663 DM für 1997 und 6.593 DM für 1998 zu berücksichtigen.

Das FA beantragt Klageabweisung und verweist zur Begründung auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

Mit Beschluss vom 4. Juli 2001 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Gründe

II.

Die Klage ist unbegründet. Zu Recht hat das FA die Aufwendungen für die NLP-Kurse in den Streitjahren nicht als Werbungskosten berücksichtigt.

Aufwendungen für eine berufliche Fortbildung sind nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 26. August 1988 VI R 175/85 m.w.N.) als Werbungskosten i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) zu berücksichtigen, wenn es sich um Ausgaben handelt, die ein Steuerpflichtiger tätigt, um im ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Die Abgrenzung, ob Berufsfortbildungskosten oder Kosten der allgemeinen Lebensführung i.S. des § 12 Nr. 1 EStG vorliegen, ist dort problematisch, wo Maßnahmen der beruflichen Fortbildung den Erwerb von Fähigkeiten und Kenntnissen einschließen, die auch in der privaten Lebensführung eine nicht ganz untergeordnete Rolle spielen. Berühren Aufwendungen den Bereich der Werbungskosten und den der privaten Lebensführung und ist eine Trennung nach objektiven Merkmalen und Unterlagen nicht möglich, so tritt das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG mit der Folge ein, dass auch der Teil der Aufwendungen nicht abzugsfähig ist, der beruflich veranlasst ist.

Das Gericht konnte aufgrund des Vertrags der Klägerin nicht die Überzeugung gewinnen, dass die strittigen Aufwendungen ausschließlich beruflich veranlasst waren und ein Bezug zum Bereich der privaten Lebensführung nicht oder nur in ganz untergeordneter Form gegeben war. Dabei verkennt das Gericht durchaus nicht die berufsfördernden Aspekte der NLP-Kurse und das berufliche Engagement der Klägerin. Das reicht jedoch nicht für die Gewährung des begehrten Werbungskostenabzugs aus. In den Seminaren wurden Wissenselemente vermittelt, die auch zur persönlichen Weiterbildung führten. So wurden Aspekte des sicheren Auftretens, der Kommunikationsfähigkeit, der Konfliktlösung, der Flexibilität und Kreativität, Persönlichkeitsentwicklung, Vertrauensbildung in beruflicher und privater Hinsicht berücksichtigt und Instrumente zur Anwendung im beruflichen wie im partnerschaftlichen Bereich angeboten. Die in den Programmen genannten Lernziele umfassen gerade auch das Alltagsleben, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass private Gesichtspunkte keine oder nur eine ganz untergeordnete Rolle spielten. An psychologischen Seminaren der Art, wie sie die Klägerin besucht hat, nehmen viele Bürger aus rein privaten Erwägungen teil.

Das Gericht bezweifelt nicht, dass die von der Klägerin in den Streitjahren besuchten Veranstaltungen eine wertvolle Förderung und Verbesserung ihrer Kommunikationsfähigkeit in ihren beruflichen Tätigkeitsfeldern als Redakteurin der Zeitschrift "ABC" gebracht haben. Gleichwohl wurden mit dem Besuch dieser Kurse auch private Interessen und Bedürfnisse der Klägerin in einem Umfang befriedigt, der nicht als völlig nebensächlich abgetan werden kann.

Ein nahezu ausschließlicher beruflicher Bezug könnte sich ergeben, wenn in Seminaren primär auf den konkreten Beruf zugeschnittene Kenntnisse vermittelt werden und der Teilnehmerkreis des Seminars entsprechend homogen zusammengesetzt ist (BFH-Urteil vom 20. September 1996 VI R 40/96, BFH/NV 1997, 110). Davon ist im Streitfall nicht auszugehen. Die Themen der NLP-Kurse nicht speziell auf eine Berufsgruppe zugeschnitten, was sich daraus ergibt, dass in den Lernzielen als spezielle Anwendungsbereiche zum Beispiel Management, Pädagogik, Therapie, Familie und Partnerschaft angegeben sind. So nehmen beispielsweise auch Ärzte (vgl. Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 13. November 1997 6 K 1808/97, EFG 1998, 180) und Lehrer (vgl. Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 3. Dezember 1997 7 K 55/96, EFG 1998,639) an NLP-Kursen teil. Letztlich kommen die durch die Kurse gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen jedem Menschen sowohl im beruflichen als auch im privaten Leben zu Gute.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

Ende der Entscheidung

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