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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 07.11.2003
Aktenzeichen: 8 K 522/01
Rechtsgebiete: EStG 1990


Vorschriften:

EStG 1990 4 Abs. 1 S. 2
EStG 1990 13
EStG 1990 52 Abs. 15
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
FG München

07.11.2003

8 K 522/01

Grundstücksentnahme durch Wohnbebauung des Betriebsnachfolgers

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Streitsache

hat der 8. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht, des Richters am Finanzgericht und der Richterin am Finanzgericht sowie der ehrenamtlichen Richter und ohne mündliche Verhandlung am 7. November 2003 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

I.

Die Kläger sind zusammenveranlagte Ehegatten. In den Streitjahren 1995 und 1996 erzielten sie gemeinschaftlich Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft der Wirtschaftsjahre 1994/95, 1995/96 und 1996/97 wurde jeweils nach § 13a. EStG ermittelt und mit je 1.121 DM der Veranlagung zugrunde gelegt. Mit notariellem Vertrag vom 23. Oktober 1997 haben die Kläger ihren landwirtschaftlichen Betrieb im Ganzen ihren Sohn übertragen. Mit übertragen wurde der zum Betriebsvermögen gehörende Bauplatz Fl-Nr. 1X der Gemarkung N. zu 717 Quadratmetern. Im Rahmen der Veranlagung 1997 stellte der Beklagte (das Finanzamt) fest, dass der Sohn W. dieses Grundstück laut Bauantrag vom 16. Januar 1996 mit einem Einfamilienhaus bebaut hatte. Baubeginn war der 30. Juni 1996, Fertigstellung und Bezug erfolgten im Dezember 1997. Weil die Bebauung vor der Betriebsübergabe an den Sohn erfolgt sei, ging das Finanzamt von einer steuerpflichtigen Entnahme des Grundstücks im Zeitpunkt des Baubeginns aus. Der Entnahmegewinn wurde mit 69.522 DM (717 qm × 150 DM = 107.550 DM abzüglich Erschließungskosten 717 qm × 50 DM = 35.850 DM abzüglich Buchwert 2.178 DM) ermittelt. Auf die Einkommensteueränderungsbescheide 1995 und 1996, jeweils vom 10. November 1999 wird verwiesen. Im Einspruchsverfahren ergingen am 12. Januar 2000 Änderungsbescheide. Die Einsprüche blieben erfolglos. Auf die Einspruchsentscheidung vom 4. Januar 2001 wird Bezug genommen.

Dagegen richtet sich die Klage. Zur Begründung wird vorgetragen, dass das fragliche Grundstück zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehört habe. Der Sohn W. sei bereits in der Notarurkunde bezüglich der Übertragung des Grundstücks Fl-Nr. XY an den Sohn R. im Jahre 1992 als Betriebsübernehmer bezeichnet worden. Sämtliche zur Landwirtschaft gehörenden Grundstücke, darunter auch das Grundstück Fl-Nr. 1X seien aufgrund einer Notarurkunde vom Oktober 1997 mit Wirkung zum 1. November 1997 an den Betriebsnachfolger übergeben worden. Mit der Errichtung des Wohngebäudes des neuen Betriebsinhabers sei im Vorgriff auf diese Hofübergabe im Jahr 1996 begonnen worden.

Die beabsichtigte Nutzung sei stets die Wohnung des Betriebsinhabers gewesen. Zum Zeitpunkt der Nutzungsaufnahme (Bezugsfertigkeit) sei das Grundstück auch in dieser Weise genutzt gewesen. Im Zeitpunkt des Einzugs sei der Nutzer zugleich Betriebsinhaber gewesen. Die Annahme einer vorhergehenden Entnahme entspreche nicht der Rechtslage. Eine Entnahmehandlung könne nicht in der Zulassung des Baubeginns durch den vorgesehenen Betriebsnachfolger gesehen werden. Die Baumaßnahme sei aufgrund der berechtigten Erwartungshaltung des Bauherrn auf alsbaldige Hofübergabe erfolgt. Die Baumaßnahme habe damit dem landwirtschaftlichen Betrieb gedient und sei keine Entnahme. Zum Zeitpunkt der Entnahmefiktion des § 52 EStG sei der Sohn W. bereits Betriebsinhaber gewesen. Diese Vorschrift sei daher für den vorliegenden Fall irrelevant. Zudem sei nach dieser Vorschrift eine Entnahme generell steuerfrei. Im übrigen dürfte einem Entnahmegewinn nicht das ganze Grundstück zugrunde gelegt werden, sondern lediglich die Grundfläche des Gebäudes.

Die Kläger beantragen,

die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft um den vom Finanzamt angesetzten Entnahmegewinn zu vermindern und unter Abänderung der Einkommensteuerbescheide 1995 und 1996, jeweils vom 10. November 1999 in Gestalt der Änderungsbescheide, jeweils vom 12. Januar 2000 die Einkommensteuer für die Streitjahre entsprechend festzusetzen.

Das Finanzamt beantragt

Klageabweisung.

Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung vom 4. Januar 2001.

Nach dem maßgebenden Bebauungsplan Nr. 6 der Marktgemeinde N., Landkreis E. müssen Baugrundstücke für freistehende Einzelhäuser eine Mindestgröße von 650 qm aufweisen.

Gründe:

II.

Die Klage ist nicht begründet.

Das Finanzamt hat zu Recht angenommen, das Grundstück Fl-Nr. 1X der Gemarkung N. sei in den Streitjahren aus dem Betriebsvermögen entnommen worden.

1. Wird ein Grundstück des Betriebsvermögens mit einem Haus bebaut, das zu privaten Wohnzwecken und nicht zur Erzielung von Einkünften genutzt wird, so führt dies zur Entnahme (vgl. BFH-Urteil vom 20. Dezember 1995 I R 166/94, BStBl II 1996, 308). Im Streitfall ist der des Einfamilienhauses des Sohnes der Kläger entsprechende Grundstücksteil durch die Bebauung notwendiges Privatvermögen geworden. Da im Streitfall der Sohn W. das Wohnhaus für eigene Wohnzwecke errichtet hat, bevor ihm die Kläger das Eigentum an dem zu ihrem Betriebsvermögen gehörenden Grundstück übertragen hatten, schloss bereits der Beginn des Baus des von dem Sohn W. zu eigenen Wohnzwecken vorgesehenen Hauses die weitere betriebliche Nutzung des Grundstücks aus. Denn das vom Landwirt errichtete und selbst bewohnte Haus kann seit dem 1. Januar 1987 grundsätzlich nicht mehr notwendiges Betriebsvermögen sein (vgl. BFH-Beschluss vom 25. April 2003 IV B 211/01, BFH/NV 2003, 1407). Ist wie im Streitfall für Außenstehende bereits bei Baubeginn klar, dass der Sohn das Haus für eigene Wohnzwecke errichtete, kommt als Entnahmezeitpunkt nur der Baubeginn und nicht die endgültige Zweckzuweisung nach Baufertigstellung in Betracht (vgl. dazu Urteil des Finanzgerichts München vom 14. Mai 2000 6 K 2963/00, EFG 2002, 1081).

2. Zu Recht hat das Finanzamt die Steuerfreiheit nach § 52 Abs. 15 EStG nicht gewährt,weil der Sohn W. weder Eigentümer des Grundstücks noch Altenteiler war. Angesichts des eindeutigen Wortlauts (Nutzung zu eigenen Wohnzwecken durch den Steuerpflichtigen) kann dem Umstand, dass der landwirtschaftliche Betrieb auf den Sohn W. übergegangen ist, keine Bedeutung beigemessen werden.

3. Der Umfang einer steuerpflichtigen Entnahme richtet sich nach der objektiv bestimmbaren Nutzungsänderung eines Wirtschaftsguts, das bis dahin zum notwendigen Betriebsvermögen gehört hat. Nachdem im Streitfall nach den Bauvorschriften Baugrundstücke für Einfamilienhäuser eine Mindestgröße von 650 qm aufweisen müssen, bestehen keine richterlichen Bedenken dagegen, dass bei der Berechnung des Entnahmegewinns die gesamte Flurnummer 1X mit 717 Quadratmetern zugrunde zu legen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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