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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Beschluss verkündet am 09.10.2007
Aktenzeichen: 8 V 1834/07
Rechtsgebiete: FGO, BGB, AO


Vorschriften:

FGO § 69 Abs. 3
FGO § 69 Abs. 4
BGB §§ 320 ff.
AO § 41 Abs. 2 S. 1
AO § 42 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

8 V 1834/07

Aussetzung der Vollziehung in Sachen gesonderter und einheitlicher Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für 2002 und 2003,

Gewerbesteuermessbetrag 2003

sowie gesonderter Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2002 und 31.12.2003

In der Streitsache

hat der 8. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht Dr. ...,

des Richters am Finanzgericht Dr. ... und

der Richterin am Finanzgericht Dr. ...

ohne mündliche Verhandlung am 09. Oktober 2007

beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Gründe:

I. Streitig ist im Einspruchsverfahren, ob die Zahlungen der Antragstellerin --Astin--an die sog. Produktionsdienstleiter --PDL--zu den Bilanzstichtagen 31.12.2002 und 31.12.2003 zu einer Minderung ihres Betriebsvermögen geführt haben.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen und der Rechtsausführungen der Beteiligten wird auf den steuerlichen Bericht über die Fahndungsprüfung bei der Astin vom 14. November 2006, das Gutachten von Herrn Prof. Dr. S. vom 24. Februar 2007, die vorliegenden Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Vollziehung der Bescheide vom 12. bzw. 21. Dezember 2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensteuer 2002 und 2003, den Gewerbesteuermessbetrag 2003 und die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2002 und 31.12.2003 nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 25. Mai 2007 wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Bescheide ohne Sicherheit auszusetzen.

Der Antragsgegner (das Finanzamt --FA--) beantragt,

den Antrag abzulehnen.

II. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der streitgegenständlichen Bescheide hat keinen Erfolg. An der Rechtmäßigkeit dieser Bescheide bestehen keine ernstlichen Zweifel i. S. des § 69 Abs. 3 und 4 Finanzgerichtsordnung --FGO--.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Bescheides bestehen, wenn bei überschlägiger Prüfung anhand des aktenkundigen Sachverhalts neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist damit nur begründet, wenn ein nicht nur geringer Grad von Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der gegen den Verwaltungsakt eingelegte Rechtsbehelf Erfolg haben wird (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH--vom7. Juni 1994 IX R 141/89, BFHE 174, 446,BStBl II 1994, 756; BFH- Beschlüsse vom 15. Januar 1998 IX B 25/97, BFH/NV 1998, 994;vom 25. August 1998 II B 25/98, BFHE 187, 47, BStBl II 1998, 674;vom 23. Juli 1999 VI B 116/99, BFHE 189, 403, BStBl II 1999, 684). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Streitfall nicht erfüllt.

1. Die Astin, eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i. S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 Einkommensteuergesetz --EStG--mit rd. 5.000 Kommanditisten, ermittelt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG). Ihre Gewinne für die Streitjahre 2002 und 2003 ergeben sich daher aus dem Unterschied zwischen dem nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung zu ermittelnden Betriebsvermögen (§ 5 Abs. 1 EStG) am Schluss des jeweiligen Wirtschaftsjahres und dem am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Anhaltspunkte dafür, dass die Zahlungen der Astin an die PDL als Entnahmen i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG zu werten sind, bestehen nach Aktenlage nicht.

Ob daher die Zahlungen entsprechend der Auffassung des FA überhaupt als "nicht betrieblich veranlasst" angesehen werden können oder ob bei einer Publikums-KG - wie hier der Astin - nicht alle im Rahmen ihres Gewerbetriebes getätigten Ausgaben mit Ausnahme der Entnahmen betrieblich veranlasst sind, kann für das vorliegende Verfahren dahingestellt bleiben (vgl. hierzu das zu den Kapitalgesellschaften ergangene Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH--vom08. Juli 1998 I R 123/97, BFHE 186, 540, BFH/NV 1999, 269, sowie den BFH- Beschluss vom 16. Februar 2005 I B 154/04, BFH/NV 2005, 1377). Nach Auffassung des Senats haben die Zahlungen das Betriebsvermögen der Astin ohnehin nicht gemindert.

Dies gilt unabhängig davon, ob -entsprechend dem Vortrag des FA 80% der Zahlungen nur zum Zweck einer Kapitalanlage zu Gunsten der Astin bei den PDL "durchgeschleust" und die den Zahlungen zugrundeliegenden Verträge insoweit entweder nur zum Schein (§ 41 Abs. 2 Satz 1 Abgabenordnung --AO--) oder zum Zwecke der missbräuchlichen Steuervermeidung (§ 42 Abs. 1 AO) abgeschlossen wurden und auch die restlichen 20% wegen fehlender Gewinnerzielungsabsicht steuerlich ohne Auswirkung bleiben, - oder der Vortrag der Astin zutrifft, dass ihre Zahlungen an die PDL zu 100% den Anforderungen an den Betriebsausgabeabzug gem. Tz. 35 des sog. Medienerlasses (BMF-Schreiben vom 23. Februar 2001 IV A 6-S 2241 - 8/01, BStBl I 2001, 175) entsprechen, da es sich hierbei um vorbehaltlos geleistete Vorauszahlung auf die von den PDL geschuldete Gegenleistungen (Fertigung der genau bezeichneten Filme in unechter Auftragsproduktion) gehandelt habe.

2. Selbst wenn man für das vorliegende summarische Verfahren den weitergehenden Vortrag der Astin als zutreffend unterstellt (zum Vortrag des FA s. u. unter 4.), haben die Zahlungen zu den hier relevanten Bilanzstichtagen das Betriebsvermögen der Astin nicht gemindert.

Die Astin hat nach den Grundsätzen über die Bilanzierung schwebender Geschäfte zu den den einzelnen Zahlungen nachfolgenden Bilanzstichtagen einen Aktivposten in gleicher Höhe in die Bilanz einzustellen.

2.1. Schwebende Geschäfte sind gegenseitige auf Leistungsaustausch gerichtete Verträge i.S. der §§ 320 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (vgl. BFH-Urteile vom 25. Januar 1984 I R 7/80, BFHE 140, 449, BStBl II 1984, 344, undvom 26. August 1992 I R 24/91, BFHE 169, 163, BStBl II 1992, 977), die --abgesehen von unwesentlichen Nebenpflichten--hinsichtlich der vereinbarten Sach- oder Dienstleistungspflicht noch nicht voll erfüllt sind (vgl. z.B. BFH- Urteile vom 16. November 1982 VIII R 95/81, BFHE 137, 427, BStBl II 1983, 89, undvom 3. Februar 1993 I R 37/91, BFHE 170, 247, BStBl II 1993, 441, m.w.N.). Wann eine vertragliche Verpflichtung in diesem Sinne erfüllt und der Schwebezustand beendet ist, richtet sich nicht allein nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts, sondern in erster Linie nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Sach- und der Gegenleistungen (vgl. BFH-Urteile vom 20. Mai 1992 X R 49/89, BFHE 168, 182, BStBl II 1992, 904; undvom 6. April 1993 VIII R 86/91, BFHE 171, 221, BStBl II 1993, 709). Ansprüche und Verbindlichkeiten aus einem schwebenden Geschäft dürfen während des Schwebezustands in der Bilanz grundsätzlich nicht berücksichtigt werden, da die (widerlegbare) Vermutung besteht, dass sich die wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem Vertrag wertmäßig ausgleichen (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Urteil vom 23. Juni 1997 GrS 2/93, BFHE 183, 199, BStBl II 1997, 735 m. zahlr. Rechtsprechungsnachweisen; Ballwieser, in Beck HdR, B 131 Rz. 27; Scheffler in Beck HdR, B 233 Rz. 275 ff.). Ein Bilanzausweis ist nur geboten, wenn und soweit das Gleichgewicht solcher Vertragsbeziehungen durch Vorleistungen oder Erfüllungsrückstände eines Vertragspartners gestört ist oder aus diesem Geschäft ein Verlust droht (BFH-Urteile vom 23. Juni 1997 in BStBl II 1997, 735, vom 25. Oktober 1994 VIII R 65/91, BFHE 176, 359, BStBl II 1995, 312, vom 07. September 2005 VIII R 1/03, BFHE 211, 168, BStBl II 2006, 298 undvom 05. April 2006 I R 43/05, BFHE 213, 332, BStBl II 2006, 593). Werden Vorleistungen erbracht, ist, soweit dadurch das Gleichgewicht der Vertragsbeziehung gestört ist, beim Leistenden ein entsprechender Aktivposten "Vorauszahlung" oder "Anzahlung" zu bilden, der verhindert, dass das bislang nur einseitig erfüllte Geschäft bereits vor Beendigung des Schwebezustandes erfolgswirksam wird.

2.2. Nach Auffassung des Senats bestehen keine rechtlichen Zweifel, dass diese Grundsätze auch für den Fall gelten, dass im Wege der Geschäftsbesorgung - wie im vorliegenden Fall (vgl. v. Hartlieb/Schwarz, Handbuch des Film-, Fernseh- und Videorechts, 4. Aufl. 2004, 85. Kapitel Rz. 3) - ein immaterielles Wirtschaftsgut hergestellt werden soll und der Beauftragte vom Geschäftsherrn vorweg die Vergütung erhält (ebenso unter Hinweis auf das BFH- Urteil vom 25. Oktober 1994 VIII R 65/91, BFHE 176, 359, BStBl II 1995, 312 Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 5 Rz. 270 "Anzahlungen"; Hayn/Jutz/Zündorf, Beck HdR, B 215 Rz. 14; Ballwieser, Beck HdR, B 131 Rz. 27). Die Pflicht, bei einem gegenseitigen Vertrag Vorleistungen durch Bildung eines entsprechenden Aktivpostens zu neutralisieren, folgt aus dem auch im Steuerrecht zu beachtenden Grundsatz, dass Gewinne (Vermögensmehrungen) bzw. Verluste (Vermögensminderungen) erst im Realisationszeitpunkt ausgewiesen werden dürfen. Dieses aus § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB abgeleitete Realisationsprinzip ist nicht nur Ausdruck des allgemeinen Vorsichtsprinzips (vgl. BFH-Urteil vom 17. September 2003 I R 91,92/02, BFH/NV 2004, 182), sondern zugleich Maßstab für den periodengerechten Ausweis von Erträgen und Aufwendungen.

Nach dem auch im Steuerrecht uneingeschränkt anwendbaren Realisationsprinzip sind daher nicht nur bereits angefallene, aber erst künftigen Wirtschaftsjahren zuzuordnende Ausgaben durch Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungsposten und bereits vorab vereinnahmte Erträge durch einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten zu neutralisieren (§ 5 Ab. 5 Nr. 1 und 2 EStG). Vorauszahlungen, die im Rahmen eines schwebenden Vertrages im Zusammenhang mit der Herstellung eines Wirtschaftsgutes anfallen, sind aus dem gleichen Grund noch nicht zu den Herstellungskosten i. S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB zu rechnen, sondern als Anzahlungen zu aktivieren (vgl. BFH-Beschluss vom 04. Juli 1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830). Diese geben den Anspruch des Herstellers auf Werkleistung oder - gerade wie im vorliegenden Fall - auf Geschäftsbesorgung wieder. Erst wenn die vereinbarte Gegenleistung (Werkleistung oder Geschäftsbesorgung) erbracht wird, ist die Anzahlung entsprechend dem Realisationsprinzip, das von der Art des zugrundeliegenden Geschäftes unabhängig ist, mit der Gegenleistung zu verrechnen (BFH-Beschluss vom 04. Juli 1990 in BStBl II 1990, 830). Sollte der Geschäftspartner seine Gegenleistung nicht erbringen (können), ist ein Rückforderungsanspruch auszuweisen. Ist dieser nicht realisierbar, entstehen dem Vorleistenden nicht etwa Aufwendungen für vergebliche Herstellungsleistungen.

Es ist vielmehr seine Forderung auf Erstattung der Vorauszahlung abzuschreiben, ggf. ganz auszubuchen.

2.3. Die Astin hat - unstreitig - für die Herstellung geschuldete Ausgaben vorausbezahlt.

Ihre Vertragspartner, die PDL, hatten bis zu einem bestimmten Zeitpunkt genau bezeichnete Filme herzustellen und ihr zu übergeben. Da der erste Film nach dem Vortrag der Astin (vgl. ihr Schreiben vom 21. August 2007) erst Mitte April 2004 fertiggestellt bzw. ihr übergeben wurde und auch keine Teilleistungen vereinbart waren, war sie bis dahin mit den Zahlungen im Rahmen schwebender Geschäfte in Vorleistung getreten mit der Folge, dass sie zum 31.12.2002 und 31.12.2003 "geleistete Anzahlungen" in Höhe der jeweils geleisteten Beträge zu bilanzieren hatte.

3. Hinzu kommt, dass die Filme bei der Astin dem Umlauf- und nicht dem Anlagevermögen zuzurechnen sind (waren) und die Aufwendungen hierfür somit ohnehin nicht dem Aktivierungsverbot des § 5 Abs. 2 EStG unterliegen.

3.1. Nur die Gegenstände (Wirtschaftsgüter), die dazu bestimmt sind, dem Geschäftsbetrieb des Kaufmanns dauernd zu nutzen (§ 247 Abs. 2 HGB), sind seinem Anlagevermögen zuzurechnen; die Gegenstände (Wirtschaftsgüter), die bestimmungsgemäß veräußert, verarbeitet oder verbraucht werden, rechnen hingegen zu seinem Umlaufvermögen (vgl. Kirnberger in HK-HGB, § 247 Rz. 2). Entscheidendes Kriterium für die Zuordnung zum Anlage-bzw. Umlaufvermögen ist die vom Willen des Kaufmanns abhängige Zweckbestimmung des Gegenstandes (Wirtschaftsgutes). Soll dieser dem Anlagevermögen zugerechnet werden, muss die Zweckbestimmung gem. § 247 Abs. 2 HGB auf dauerhafte (eigen-)betriebliche Nutzung gerichtet sein. Davon kann auszugehen sein, wenn die Absicht besteht, den Gegenstand (das Wirtschaftsgut) mehrfach im bzw. für den Betrieb einzusetzen (Nordmeyer/Göbel, Beck HdR, B 212 Rz. 2). Dies gilt selbst dann, wenn von Anfang an beabsichtigt ist, ihn nach der mehrmaligen betrieblichen Nutzung, aber noch vor Ablauf der technischen Nutzungsdauer, wieder zu veräußern (vgl. BFH-Urteil vom 09. Februar 2006 IV R 15/04, BFH/NV 2006, 1267).

Filme, die vom Hersteller einem Dritten lizenzmäßig zeitlich und örtlich begrenzt zur alleinigen Verwertung überlassen werden, werden danach zwar grundsätzlich dem Anlagevermögen zuzurechnen sein, es sei denn, der Filmhersteller begibt sich von vornherein vollständig und endgültig der Möglichkeit, seine Rechte aus § 94 des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte --UrhG--dauernd, d.h. mehrmals zu nutzen (vgl. BFH-Urteil vom 20. September 1995 X R 225/93, BFHE 178, 434, BStBl II 1997, 320). Ist ein Film ausnahmsweise allein dazu bestimmt, mit einem einmaligen Akt "Lizenzvergabe" verwertet zu werden, ist er dem Umlaufvermögen zuzurechnen. Nach Auffassung des Senats gilt dies entsprechend, wenn der Hersteller seine Rechte an dem Film zwar nicht vollständig und endgültig abgibt, aber doch so langfristig zur Auswertung überlässt, dass eine Anschlussverwertung nur noch einen sehr geringen wirtschaftlichen Wert haben wird (vgl. v. Hartlieb /Schwarz, a.a.O., Kapitel 292 Rz. 14). Entsprechend den Grundsätzen, die für die Einstufung eines Leasinggeschäftes als Veräußerungsgeschäft mit der Folge der Zurechnung des Leasinggegenstandes zum Betriebsvermögen des Leasingnehmers entwickelt wurden (vgl. Schmidt/ Weber-Grellet, a.a.O., § 5 Rz. 724, 725 ff. mit zahlreichen Rechtsprechungshinweisen), ist nach Auffassung des Senats auch ein Film zur wirtschaftlich sofortigen Verwertung bestimmt und damit dem Umlaufvermögen zuzurechnen, wenn der Hersteller - wie im vorliegenden Fall die Astin - a) bereits vor Beginn der Produktion so langfristige Auswertungsverträge schließt, dass der Film nach Ablauf der Lizenzierung voraussichtlich keinen oder nur noch einen geringen wirtschaftlichen Wert haben wird (hierzu unter 3.2.), b) dem Lizenznehmer - wie hier die Verleiher (Gutachten Prof. Dr. S. unter B.3.5.2.3) - außerdem die Möglichkeit zur Verlängerung der Lizenzen oder zum Ankauf des Films eingeräumt wird, c) der Hersteller nach einer Laufzeit von 9 Jahren, also deutlich vor Ablauf der ersten Lizenzierungsphase von 15 Jahren und mehr aufgelöst werden soll, und zu diesen Zweck kurz vorher die verbliebenen Filme als Bibliothek veräußert werden sollen (vgl. Gutachten Prof. Dr. S. unter B.1.) und d) der Hersteller - wie hier die Astin (vgl. S. 10 und 27 des Prospekts der Astin, Schriftsatz vom 25. Mai 2007 C.V.3.b)) - damit von Anfang an die Absicht dokumentiert, seinen Film zu keiner Zeit selbst nutzen zu wollen.

3.2. Ob die Nutzungsmöglichkeit eines Filmes durch eine sehr langfristige Lizenzierung verbraucht wird, richtet sich nach Auffassung des Senats nicht danach, wie lange dem Hersteller die Urheberrechte daran zustehen (§ 94 Abs. 3 UrhG). Es ist allgemein bekannt, dass ein Film rasch an Wert verliert. Ob ein Film zum sog. "Kultfilm" wird und auch nach seiner Freigabe für Video und DVD noch in nennenswertem Umfang Einnahmen einspielen wird, lässt sich vorab jedenfalls nicht prognostizieren. Dass der wirtschaftliche Wert eines Films in aller Regel deutlich vor Ablauf der aus § 94 Abs. 3 UrhG folgenden rechtlichen Nutzungsmöglichkeit ganz oder zumindest weitgehend endet, wird durch die Aussage des in einem Strafverfahren vernommenen Zeugen B. vom 22. März 2007 bestätigt (vgl. FG-A Bl. 112). Danach spielt ein Film bereits in den ersten paar Jahren 90 bis 100% aller Einnahmen ein; seine wirtschaftliche Nutzung endet meist alsbald nach seiner Freigabe für Video und DVD.

Dies deckt sich mit dem eigenen Vortrag der Astin und ihren Angaben im Fonds-Prospekt (u. a. S. 17 und 43). Danach hatte sie aus der avisierten Veräußerung der Filmrechte als Bibliothek Ende 2011, also deutlich vor Ablauf der auf 15 bis 25 Jahre vergebenen Lizenzen (vgl. Gutachten Prof. Dr. S. unter B.2.11), zwar mit Erlösen in Höhe von 17,5% der Produktionskosten gerechnet (vgl. Schriftsatz vom 25. Mai 2007 C.V.3.b), Prospekt S. 10). Da die Filme erst in den Jahren 2004 und 2005 fertig gestellt wurden, folgt daraus, dass bereits in den ersten 6 bis 7 Jahren, also noch bevor die Lizenzen zur Hälfte abgelaufen waren, mehr als 80% aller kalkulierten Einnahmen eingespielt werden sollen. Da aber der wirtschaftliche Wert eines Filmes mit seiner Freigabe für Video und DVD, also nach Abschluss der ersten Auswertungsphasen, in der Regel nochmals deutlich abnimmt, ist nach Auffassung des Senats mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Filme der Astin nach Ablauf der auf 15 Jahre und länger vergebenen Lizenzen ungeachtet der Möglichkeit zu deren Verlängerung keinen, zumindest nur noch einen geringen Wert haben werden, und dass sie, da sie von Anfang an, d.h. schon bei Abschluss der Master Agreements, zur wirtschaftlich sofortigen Verwertung und zur ausschließlichen Nutzung durch Dritte bestimmt waren, dem Umlaufvermögen der Astin zuzurechnen sind.

4. Da das Betriebsvermögen der Astin aus den vorgenannten Gründen zu den hier relevanten Bilanzstichtagen durch ihre Zahlungen an die PDL nicht gemindert wurde und deshalb schon aus diesem Grund die Bescheide im Ergebnis nicht rechtswidrig sind, kommt es auf die unter den Beteiligten streitigen Fragen (Gestaltungsmissbrauch gem. § 42 Abs. 1 AO, Vorliegen von Scheingeschäften gem. § 41 Abs. 2 AO, Anwendbarkeit des § 2a EStG, partiell fehlende Gewinnerzielungsabsicht) nicht an.

Für den Fall, dass sich im Verlauf des Einspruchsverfahrens (für die nachfolgenden Veranlagungszeiträume) die Auffassung des FA verfestigen sollte, die Zahlungen seien zu 80% bei den PDL nur "durchgeschleust" worden, um zu Gunsten der Astin bei den Banken, die Schuldübernahmeverpflichtungen abgegeben hatten, eine Kapitalanlage aufzubauen, weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass nicht eindeutig erkennbar ist, welche weiteren bilanziellen Folgerungen das FA daraus ableiten will.

Soweit das FA seine Auffassung insoweit mit § 42 Abs. 1 AO (Gestaltungsmissbrauch) begründet, könnte dem zu entnehmen sein, dass es im Übrigen von der Wirksamkeit der Verträge ausgeht. In diesem Fall hätte die Astin ihre zu den jeweiligen Bilanzstichtagen fälligen Verpflichtungen, die Produktionskosten vorab an die PDL zu bezahlen, nur zu 20% erfüllt und in Höhe der noch offenen Beträge (80%) latente Verbindlichkeiten diesen gegenüber.

Die Verbindlichkeiten wären nach den Grundsätzen über die Bilanzierung schwebender Geschäfte mit Übergabe der Filme zu passivieren gewesen. Da andererseits die Filme als Umlaufvermögen zu aktivieren waren, wäre dies vorerst erfolgsneutral geblieben. Nach Aktenlage hat die Astin an die PDL selbst keine weiteren Zahlungen geleistet. Dass diese auf Erstattung von 80% ihrer Produktionskosten verzichtet haben, kann kaum unterstellt werden. Sobald aber Dritte, z.B. die Verleiher oder Sub-Verleiher (so möglicherweise das FA), die Verbindlichkeiten der Astin gegenüber den PDL beglichen haben sollten, wären diese auszubuchen.

Dies würde bei der Astin nur dann nicht zu einer Gewinnerhöhung in Höhe von 80% ihrer Zahlungen an die PDL führen, wenn in gleicher Höhe ein Aktivposten aus- bzw. ein Passivposten einzubuchen wäre. Sollten daher - entsprechend der Auffassung des FA - die Forderungen gegenüber den Banken zwar bereits zu den hier relevanten Bilanzstichtagen zu aktivieren, aber nicht gem. § 5 Abs. 5 Nr. 2 EStG passiv abzugrenzen sein, wird sich aus dem vorgenannten Grund die Frage stellen, ob die Forderungen nicht mit Übernahme der offenen Produktionskosten durch die Verleiher bzw. Sub-Verleiher als Entgelt für die Filmlizenzen zu qualifizieren und spätestens zu diesem Zeitpunkt ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten einzustellen ist.

Diese bilanziellen Fragen stellen sich wohl nur dann nicht, wenn man entsprechend den ergänzenden Ausführungen des FA davon ausgeht, die Verträge seien (soweit diese eine Zahlungsverpflichtung der Astin in Höhe von 100% und nicht, wie von den Vertragsparteien tatsächlich gewollt, von nur 20% der Produktionskosten vorsahen) nur zum Schein geschlossen worden und daher teilweise (steuerrechtlich) unwirksam (§ 41 Abs. 2 AO). Ob dies für alle von der Astin in Auftrag gegebenen Filme den Nachweis eines (kollusiven) Zusammenwirkens aller Vertragsparteien, möglicherweise auch der bei Abschluss der Rahmenverträge zum Teil noch nicht bekannten bzw. benannten Sub-Verleiher, voraussetzt, brauchte der Senat aus den vorgenannten Gründen (unter 2. und 3.) nicht zu entscheiden.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung, die Beschwerde zum BFH auch wegen der Folgewirkungen für die späteren Jahre zuzulassen, auf § 128 Abs. 3 i. Verb. mit § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Mit gleichlautendem Beschluss vom selben Tag wurde auch für das Verfahren 8 V 1835/07 der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der streitgegenständlichen Feststellungsbescheide abgelehnt.

Ende der Entscheidung

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