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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 26.08.2008
Aktenzeichen: 1 K 3132/04 EZ
Rechtsgebiete: EigZulG


Vorschriften:

EigZulG § 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

1 K 3132/04 EZ

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Eigenheimzulage für den Anbau eines Wintergartens an eine von der Nießbraucherin bewohnte Wohnung.

Die Klägerin schenkte mit notariell beurkundetem Vertrag vom 22.12.1994 ihrem Sohn unter Vorbehalt eines dinglichen Nießbrauchs das von ihr bewohnte Wohnhaus in L. Die Schenkung war mit keiner Auflage verbunden. Ein Rückübertragungsanspruch auf die Klägerin wurde nicht vereinbart. Grundpfandrecht in Abt. III wurden vom Sohn der Klägerin nur mit dinglicher Wirkung übernommen. Die zugrunde liegende schuldrechtliche Verpflichtung verblieb bei der Klägerin. Diese hatte sich auch verpflichtet, Großreparaturen auf eigene Kosten zu tragen.

Der Klägerin wurde ein unentgeltliches lebenslanges Wohnungsrecht eingeräumt. Sie bewohnte im folgenden die Erdgeschosswohnung. Das erste und zweite Obergeschoss wurden ab 5/1998 vermietet.

Im März des Streitjahres 1998 ließ die Klägerin an die von ihr bewohnte Erdgeschosswohnung einen Wintergarten anbauen. Dieser Anbau betrug 27,93 qm, die Herstellungskosten 104.093,68 DM. Die Kosten wurden von der Klägerin allein getragen. Nach Fertigstellung der Wintergartens stellt sich die Situation wie folgt dar:

 Erdgeschoß von der Klägerin bewohnt85,00 qm
I. und II. OG vermietet90,00 qm
Insgesamt175,00 qm

Die für den Anbau beantragte erstmalig zu gewährende Eigenheimzulage lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 6.9.2000 ab. Hiergegen legte die Klägerin am 11.9.2000 Einspruch. Diesen wies der Beklagte durch Entscheidung vom 11.5.2004 als unbegründet ab.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie wirtschaftliche Eigentümerin gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO sei. Dies ergebe sich aufgrund des vereinbarten lebenslangen Wohnungsrechts, welches dinglich gesichert sei. Sie verweist diesbezüglich auf das Urteil des BFH vom 24.6.2004 (III R 50/01, BFH/NV 2004, 1685).

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des Eigenheimzulagebescheids vom 6.9.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.5.2004 den Beklagten zu verpflichten, Eigenheimzulage in Höhe von jeweils 1.278 Euro ab 1998 festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass hier entscheidend sei, dass der Anbau des Wintergartens nicht an der eigenen Wohnung der Klägerin erfolgte. Auch sei ein Wertersatz bei Beendigung des Nutzungsverhältnis nicht vereinbart worden und auch nicht aus dem Gesetz herleitbar.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Mangels Vorliegens wirtschaftlichen Eigentums der Klägerin scheidet ein Anspruch auf Eigenheimzulage gemäß § 2 EigZulG in der für das Streitjahr gültigen Fassung aus.

Ein Anspruch der Klägerin auf Eigenheimzulage für den Anbau gemäß § 2 Abs. 2 EigZulG in der vor 2004 geltenden Fassung liegt nicht vor. § 2 Abs. 2 EigZulG a.F. sah einen solchen Anspruch auch für Ausbauten und Erweiterungen an einer Wohnung in einem im Inland belegenen eigenen Haus oder einer im Inland belegenen eigenen Eigentumswohnung vor, da diese der Herstellung einer Wohnung i.S.d. § 2 Abs. 1 EigZulG gleichstanden.

Die Klägerin hat weder zivilrechtlichen noch wirtschaftliches Eigentum an dem Haus wie auch an dem Anbau.

Aufgrund des Übertragungsvertrages vom 22.12.1994 (Urkundenrolle Nr. 221/94 des Notar T in L ) war das zivilrechtliche Eigentum an dem Haus vor Anbau des Wintergartens auf den Sohn der Klägerin übergegangen. Dies betraf auch die von der Klägerin aufgrund ihres Wohnungsrechts genutzte Erdgeschosswohnung und folglich auch den später errichteten Anbau.

Wirtschaftliches Eigentum der Klägerin iSd. § 39 AO liegt nicht vor. Für das Vorliegen wirtschaftlichen Eigentums reicht es aus, dass der wirtschaftlicher Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den (zivilrechtlichen) Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO). Für den Fall, in denen Personen Kosten für die Herstellung oder Anschaffung der eigengenutzten Wohnung getragen haben, nicht (mehr) aber die zivilrechtlichen Eigentümer sind, ist dies dann der Fall, wenn dem Nutzungsberechtigte auf Dauer Substanz und Ertrag der Wohnung (oder des Hauses) zustehen. Im Fall der Nießbrauchsbestellung geht die Rechtsprechung im Regelfall aber gerade nicht von der Erlangung des wirtschaftlichen Eigentums an dem gesamten bebauten Grundstück durch den Nutzungsberechtigten aus. Der Nießbraucher übt nur abgeleiteten Besitz aus und schließt den zivilrechtlichen Eigentümer nicht auf Dauer von Substanz und Ertrag des Hauses aus (BFH-Urteil vom 26.11.1998 IV R 39/98, BStBl II 1999, 263). Dies gilt regelmäßig auch im Fall des Vorbehaltsnießbrauchs (BFH-Urteil vom 28.7.1999 X R 38/98, BStBl II 2000, 653). Besondere weitere Umstände, wie etwa die Berechtigung, das Grundstück zu belasten, mit Belieben mit dem Grundstück oder Gebäude zu verfahren, ein Rückübertragungsrecht oder eine Beteiligung an Wertveränderungen, liegen nicht vor. Die Klägerin hat im vorliegenden Fall gerade eine Schenkung ohne Auflage und auch ohne die Möglichkeit der Rückübertragung vorgenommen. Allein die Kostentragungspflicht wie auch die Nichtübernahme der persönlichen Haftung von bestehenden Grundpfandrechten in Abt. III durch den Sohn führen zu keiner anderen Bewertung.

Wirtschaftliches Eigentum kann auch nicht nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO vorliegen. Der dort geregelte Fall des Eigenbesitzes ist nur für die Fälle von Bedeutung, bei denen durch Diebstahl oder Unterschlagung Wirtschaftsgüter "unwiederbringlich" erlangt worden sind bzw. eine missglückte Übereignung vorliegt (BFH-Urteil vom 24.6.2004 III R 50/01, BStBl II 2005, 80 mwN.).

Wirtschaftliches Eigentum entsteht auch nicht dadurch, wenn für den Nutzungsberechtigten ein Wohnungsrecht bestellt worden ist (BFH-Urteil vom 24.6.2004 III R 42/02, BFH/NV 2005, 164).

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin schließlich auch nicht aufgrund ihrer finanziellen Beteiligung an den Herstellungskosten des von ihr genutzten Hauses - hier in Form der Herstellungskosten für den Anbau - anteilig wirtschaftliches Eigentum an dem Haus erlangt. Es fehlt an dem dafür notwendigen Ersatzanspruch der Klägerin oder ihrer Erben gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer. Wirtschaftliches Eigentum ist grundsätzlich auch möglich, wenn für den Fall der Beendigung des Nutzungsverhältnisses ein Anspruch in Höhe des anteiligen Verkehrswertes des bebauten Grundstücks dem Steuerpflichtigen zusteht (BFH-Urteil vom 24.6.2004 III R 50/01, BStBl II 2005, 80). Mangels Vorliegen eines vertraglichen Anspruchs der Klägerin gegen ihren Sohn ist hier nur ein Anspruch aus Bereicherungsrecht gemäß §§ 951, 812 BGB vorstellbar. Ein solcher Anspruch ist nicht grundsätzlich schon dann gegeben, wenn ein Rechtsverlust gemäß §§ 946 bis 950 BGB, also hier etwa durch Verbindung mit dem Grundstück des Sohnes, erfolgt ist. Vielmehr bedarf es des vollen Tatbestandes der Eingriffskondiktion nach § 812 Abs. 1 Fall 2 BGB (vgl. Palandt-Bassenge, § 951 BGB, Rz. 2) Ein solcher Fall ist die Verbindung einer Sache mit dem Grundstück eines anderen in Erwartung des späteren Erwerbs der Hauptsache (vgl. BFH-Urteil vom 12.7.1989 VIII ZR 286/88, NJW 1989, 2745; BFH-Urteil vom 18.7.2001 X R 23/99 - BStBl II 2002, 281 mwN.; Palandt-Bassenge, § 951 BGB, Rz. 10). Diese Motivation der Klägerin ist hier aber gerade nicht erkennbar und auch nicht vorstellbar. Aufgrund der gewählten Vertragskonstellation - wohl zum Zwecke der vorweggenommenen Erbfolge - ist davon auszugehen, dass die Klägerin die Aufwendungen nicht in der Erwartung gemacht hat, dass sie das Haus anschließend vom Sohn wieder zurück übertragen erhält. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von dem von der Klägerseite zitierten Urteil des BFH vom 24.6.2004 (III R 50/01, BStBl II 2005, 80), bei dem die Klägerin das Eigentum an dem fraglichen Objekt erhalten sollte.

Andere Ausgleichsansprüche, etwa aus GoA, sind nicht erkennbar. Der Senat geht insoweit auch davon aus, dass die Klägerin die Aufwendungen in eigenem Interesse für sich vorgenommen hat.

Da die Klägerin auch keinen (noch so geringen) Miteigentumsanteil zurückbehalten hat, erübrigen sich Ausführungen zu der Frage, inwieweit die Rechtsprechung des BFH zur Kostentragung bei Miteigentümern (vgl. nur BFH-Urteil vom 29.4.2008 VIII R 98/04, BFH/NV 2008, 1383) auf die Fälle der Eigenheimzulage übertragbar ist.

Mangels Vorliegen wirtschaftlichen (Mit-)Eigentums erübrigen sich auch Ausführungen zu den weiteren Tatbestandsmerkmalen des § 2 Abs. 2 EigZulG und zu der Frage, ob ggf. § 2 Abs. 1 EigZulG hinsichtlich eines anteiligen Erwerbs von Eigentum vorliegt.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht erkennbar.



Ende der Entscheidung

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