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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 23.08.2006
Aktenzeichen: 1 K 4816/04 E
Rechtsgebiete: AO 1977


Vorschriften:

AO 1977 § 180 Abs. 1 Nr. 2a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

1 K 4816/04 E

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Berücksichtigung von Aufwendungen für Umbaumaßnahmen an einem mit Nießbrauch belasteten Geschäftshaus durch den Eigentümer in den Streitjahren 1999 und 2000.

Der Kläger ist Eigentümer eines 1954 von seinem Vater errichteten Geschäftsgrundstückes in H., J. Str. x. Für die dort wohnende Frau U. ist neben einer Grundschuld in Höhe von 55.000 DM, bestellt durch Grundschuldbestellungsurkunde vom 16.2.1976, ein lebenslanges Nießbrauchsrecht im Grundbuch eingetragen. Das Nießbrauchsrecht ist vom Vater des Klägers, aufschiebend bedingt auf seinen Tod, in 1984 bestellt und vom Kläger u.a. im Erbvertrag vom 4.4.1986 mit Frau U. anerkannt worden. Der Vater des Klägers verstarb am 22.4.1984. Frau U. war das frühere Kindermädchen des Klägers und seines Bruders und führte dem Vater des Klägers bis zu dessen Tod den Haushalt. Bereits zu dieser Zeit war in dem Haus ein Ladenlokal vermietet. Im Erbvertrag mit Frau U. verpflichtete sich der Kläger gegenüber Frau U., diese bei der Vermietung des Ladenlokals zu unterstützen (Absatz II Nr. 8 dieses Vertrages).

1999 wurde das Ladenlokal in diesem Geschäftsgrundstück renoviert. Dabei fielen Herstellungskosten in Höhe von 61.000 DM und Renovierungskosten von 21.192 DM an. Die Kosten übernahm der Kläger. Zum 1.10.1999 erfolgte dann eine Vermietung an das Unternehmen einer Frau C.., die dort einen Laden unter der Bezeichnung C.Mode führte. Der Mietvertrag wurde zwischen dem Kläger und Frau C.. abgeschlossen. Dabei war der Kläger als "Vermieter (...), handelnd im Auftrag von Frau N. U." bezeichnet worden. Neben dem Kläger und Frau C.. hat Frau U. diesen Vertrag als Nießbrauchsberechtigte unterzeichnet. Frau C.. verpflichtete sich nach § 3 dieses Vertrages eine monatliche Miete von brutto 1.600 DM nebst brutto 25 DM für einen Stellplatz sowie brutto 300 DM für Nebenkosten zu zahlen. Die Zahlung des Gesamtbetrages von 1.925 DM sollte gemäß § 4 in Höhe von 1.800 DM auf ein Konto von Frau U. und in Höhe von 125 DM auf ein Konto der Kläger erfolgen. In der Präambel des Mietvertrages wird darauf hingewiesen, dass das Objekt in 1999 mit hohem Aufwand renoviert und modernisiert worden ist und die hierzu benötigten Geldmittel vom Kläger bereitgestellt worden sind. Dies sei der Grund, warum Frau U. dem Kläger einen Anteil an der Miete einräume. Diesbezüglich wurde seitens der Kläger im Einspruchsverfahren eine Vereinbarung zwischen dem Kläger und Frau U. vom 6.7.1999 eingereicht. Dort heißt es:

"Da Frau U. sich nicht mit Krediten belasten will, übernimmt Herr Q.. die Beschaffung der Geldmittel. Zu diesem Zwecke tritt Frau U. aus der ihr zustehenden Mieteinnahme des Ladenlokals für die Dauer der Kreditlaufzeit, längstens jedoch bis zum Erlöschen des Nießbrauchrechts 125,00 DM der Monatsmiete aus dem Ladenlokal an Herrn Q.. ab."

Die Kläger reichten erstmals für das Streitjahr 1999 eine Anlage V für das Objekt in H. ein. Dort erklärten sie Mieteinnahmen in Höhe von 375 DM und Werbungskosten von 17.524 DM (Zinsen in Höhe von 1.313 DM, AfA 2,5% vom Gesamtgebäudewert ergab 10.455 DM, Erhaltungsaufwand von 21.192 DM auf 5 Jahre verteilt, also 4.239 DM sowie sonstige Kosten (Fahrt u.ä.) in Höhe von 1.534 DM, davon 125 DM für Geschenk). Für das Streitjahr 2000 reichten die Kläger zunächst eine Anlage V ein, in der Mieteinnahmen in Höhe von 19.500 DM aus der Vermietung an Frau C.. und 9.600 DM für eine Vermietung an Frau U. und Werbungskosten in Höhe von 6.128 DM erklärt wurden. Neben Zinsen in Höhe von 3.360 DM wurde eine AfA in Höhe von 2.060 DM ausgehend von dem Gesamtgebäudewert sowie Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 638,50 DM und sonstige Kosten in Höhe von 79 DM, davon 74 DM für Bewirtung (ohne Beleg) geltend gemacht. In Höhe von 28.800 DM, also ohne die Einnahmen für die Stellflächenvermietung von 300 DM, wurde ein Sonderausgabenabzug als dauernde Last beantragt. Hinsichtlich der Einzelheiten der geltend gemachten Aufwendungen wird auf die Einkommensteuerakte und die Akte "Grundbesitzvorgänge" verwiesen.

Der Beklagte berücksichtigte Einkünfte aus dem Objekt in H. aufgrund des Nießbrauchs der Frau U. in den Einkommensteuerbescheiden 1999 (18.4.2000) und 2000 (1.6.2001) nicht. Die Kläger legten u.a. deswegen Einspruch gegen diese Bescheide ein, und zwar am 8.5.2000 gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 und am 12.6.2001 gegen den Einkommensteuerbescheid 2000. Im Einspruchsverfahren korrigierten die Kläger ihre Einkommensteuererklärung 2000 dahingehend, dass sie nunmehr nur Mieteinnahmen i.H.v. 1.500 DM (125 DM x 12) berücksichtigt wissen wollten. Auf den beantragten Sonderausgabenabzug verzichteten sie. Der Beklagte wies die Einsprüche, die sich auch gegen die Nichtberücksichtigung von Verlusten aus einer Ferienwohnungsvermietung richteten, mit Entscheidung vom 10.8.2004 als unbegründet zurück.

Die Kläger legten am 9.9.2004 Klage ein und verfolgten bis nach dem Erörterungstermin hiermit die Berücksichtigung sowohl der Verluste aus Vermietung des Objekts in H. wie auch die Berücksichtigung des Verlustes aus einer Ferienwohnungsvermietung fort. Letzteres wurde aufgrund des Schriftsatzes der Klägerseite vom 19.10.2005 nicht mehr aufrechterhalten.

Zwischenzeitlich ist zwischen den Parteien der Höhe nach unstreitig geworden, dass für den Fall des Obsiegens der Klage für das Streitjahr 1999 ein weiterer Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 23.383 DM und für das Streitjahr 2000 ein weiterer Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 2.638 DM zu berücksichtigen wäre.

Die Klägerseite ist der Ansicht, dass Frau U. auf ihr Nießbrauchsrecht in Höhe des dem Kläger zustehenden Anteils von 125 DM an der Miete verzichtet habe. So sei die Abtretung in der Vereinbarung vom 6.7.1999 zu verstehen. Der Nießbrauch sei als Sicherungsnießbrauch zu werten und deshalb im Grundbuch nicht verändert worden. Die Baumaßnahmen im Objekt H. wären nötig geworden, da ansonsten eine Vermietung des Objektes nicht mehr möglich gewesen sei. So hätten sich verschiedene Mitwettbewerber der späteren Mieterin das Ladenlokal angeschaut, aber eine Nutzung im vorhandenen Zustand abgelehnt. Frau C.. habe Frau U. und den Kläger ebenfalls auf die Nichtvermietbarkeit hingewiesen. Daraufhin habe man die Renovierung bzw. Erweiterung beschlossen. Weil Frau U. selbst praktisch keine Kredite hätte erhalten können, habe man sich hinsichtlich der Finanzierung und der späteren Miete so geeinigt, dass die Finanzierung der Kläger übernähme und dafür den Neubauteil nießbrauchfrei erhalte. Hierfür sollte er den Teil der Miete sowie die weiteren Erhöhungen der Miete erhalten, um die aufgenommenen Kredite finanzieren zu können. Der Kläger habe diese Finanzierung in Erwartung auf die spätere lastenfreie Nutzung vorgenommen. Die Erhaltungs- und Umbaumaßnahmen seien deshalb zumindest als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuerfestsetzung 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.08.2004 dahingehend zu ändern, dass ein weiterer Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 23.383 DM berücksichtigt wird sowie die Einkommensteuerfestsetzung 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.08.2004 dahingehend zu ändern, dass ein weiterer Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 2.638 DM berücksichtigt wird und im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen und im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass eine Berücksichtigung von Werbungskosten schon aufgrund des in den Streitjahren bestehenden Nießbrauchs der Frau U. nicht möglich sei. Diese sei als Vermieterin Einkünfteerzielerin gewesen. Der Mietvertrag sei insoweit eindeutig. Ein Verzicht auf den Nießbrauch sei nicht erkennbar. Mangels wiederkehrender Versorgungsleistungen könne auch kein Sicherungsnießbrauch vorliegen. Da das Ende der Nutzung durch Frau U. nicht erkennbar sei, könnten auch keine vorab entstandenen Werbungskosten angesetzt werden. Mangels Verwandtschaftsverhältnis zu Frau U. sei auch ein Verzicht auf den Nießbrauch sogar eher unwahrscheinlich. Es fehle somit an dem für Werbungskosten notwendigen wirtschaftlichen Zusammenhang.

Der Berichterstatter hat den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten am 2.9.2005 erörtert. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die geltend gemachten Aufwendungen können weder als (vorab entstandene) Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung noch als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in den Streitjahren berücksichtigt werden.

Da der Kläger in den Streitjahren keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielte, scheidet eine Berücksichtigung der Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung schon aus diesem Grunde aus. Der Kläger ist nicht als Vermieter tätig geworden. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Mietvertrag mit der Mieterin Frau C.., da dort nur Frau U. als Vermieterin genannt worden ist und der Kläger ausdrücklich in deren Auftrag handelte. Hiervon gingen auch der Kläger und Frau U. aus, wenn sie in der eingereichten Vereinbarung vom 6.7.1999 nur eine Abtretung der Mieteinnahmen der Frau U. im Gegenzug zur Geldmittelbeschaffung vereinbarten. Der Kläger sollte nach dieser Vereinbarung nicht die Position eines Vermieters erhalten. Die im Mietvertrag mit Frau C.. in § 4 vereinbarte Zahlung von 125 DM auf ein Konto der Kläger erfolgte allein zur Abkürzung des Zahlungsweges. Dies war Frau C.. als Mieterin aufgrund der Präambel des Mietvertrages auch bekannt.

Mangels Vorliegens einer Vermieterstellung des Klägers bedurfte es im vorliegenden Fall auch keiner einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2a Abgabenordnung (AO).

Die von Klägerseite geltend gemachten und der Höhe nach auch unstreitigen Aufwendungen sind aber auch nicht als vorab entstandene Werbungskosten der Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Hinblick auf eine spätere Vermieterstellung des Klägers zu berücksichtigen. Diesbezüglich fehlt es am notwendigen Zusammenhang zwischen Aufwand und zukünftigen Einnahmen des Klägers. Die BFH-Rechtsprechung verneint einen solchen notwendigen Zusammenhang dann, wenn wie im vorliegenden Fall bei einem dinglich gesicherten, lebenslänglichen Nutzungsrecht das Ende der Nutzung durch diesen Nutzungsberechtigten nicht absehbar ist. Dies gilt auch dann, wenn der Nutzungsberechtigte bereits ein hohes Alter erreicht hat (BFH-Urteile vom 8.5.2001 IX R 63/98, BFH/NV 2001, 1257; vom 10.6.1998 IX B 47/98, BFH/NV 1998, 1346; vom 4.7.1996 IX R 84/94, BFH/NV 1996, 808). Dieser Ansicht folgt der erkennende Senat, wenn er auch nicht verkennt, dass die Aufwendungen der Kläger wirtschaftlich gesehen nur im Hinblick auf die bei Tod der Frau U. mögliche lastenfreien Nutzung durch den Kläger erklärbar sind. Dennoch setzt die Berücksichtigung von vorab entstandenen Werbungskosten mehr als nur eine Ursächlichkeit zwischen Aufwendungen und späterer Einkünfteerzielung voraus. Der Nutzungsbeginn muss zumindest erkennbar sein, was hier aufgrund einer fehlenden zeitlichen Fixierbarung nicht gegeben ist. Ein Verzicht auf das Nießbrauchsrecht durch Frau U. ist nicht erkennbar.

Die Aufwendungen können auch nicht in Höhe der von der Klägerseite getragenen Finanzierungszinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden. Es fehlt diesbezüglich eindeutig die notwendige Einkünfteerzielungsabsicht. Den von Klägerseite zu tragenden Zinsen in Höhe von jährlich 3.360 DM stehen lediglich Einnahmen von 1.500 DM entgegen, so dass ein Überschuss nicht denkbar ist.

Die Revision wird auch im Hinblick auf das Revisionsverfahren IX R 13/05 gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.



Ende der Entscheidung

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