Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 16.03.2007
Aktenzeichen: 11 K 4627/03 AO
Rechtsgebiete: AO 1977


Vorschriften:

AO 1977 § 30a Abs. 3
AO 1977 § 154 Abs. 2
AO 1977 § 194 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

11 K 4627/03 AO

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I. Die Klägerin möchte die Anfertigung und Weiterleitung von Kontrollmitteilungen verhindern.

Die Klägerin ist eine Sparkasse. Der Beklagte führte bei ihr ab dem ......2002 eine Außenprüfung durch, die nach der Prüfungsanordnung vom ......2002 u.a. die Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuer 2001 umfasst.

Der Betriebsprüfer prüfte u.a. das Aufwandskonto 0 000 000 001 "Wertpapier-Fehlgeschäfte" für das Jahr 2001. Auf diesem Konto wurden Schadensersatzzahlungen gebucht, die die Klägerin z.B. aufgrund von Fehlkäufen an ihre Kunden geleistet hatte. Die Klägerin legte zu diesem Konto Belege vor, unter denen sich auch Schriftwechsel zwischen der Klägerin und ihren Kunden sowie Depotauszüge der Kunden befanden. Nach Auswertung der Unterlagen kündigte das Finanzamt mit Schreiben vom 24.03.2003 und 22.05.2003 an, zu den Steuerakten von 34 Kunden Kontrollmitteilungen auszufertigen und an die Wohnsitzfinanzämter der Kunden weiterzuleiten. Die Kontrollmitteilungen sollen folgenden Inhalt haben (Bl. 13):

"Der (die) Obengenannte ist Kunde der Sparkasse ................... und hat im Jahr 2001 Schadensersatz aus einem fehlerhaft ausgeführten Wertpapiergeschäft erhalten. Aus dieser Information sind für die Finanzverwaltung/das Wohnsitzfinanzamt folgende Überprüfungsmöglichkeiten gegeben:

a) Höhe der Kapitaleinkünfte,

b) Gewinne aus Veräußerungsgeschäften von Wertpapieren innerhalb der Spekulationsfrist,

c) Mittelherkunft für den Erwerb von Wertpapieren,

d) Kalkulation über frei verfügbare Mittel."

Gegen die angekündigte Anfertigung und Weiterleitung der Kontrollmitteilungen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage.

Zur Begründung verweist sie auf § 30 a Abs. 3 Abgabenordnung (AO), wonach bei legitimationsgeprüften Guthabenkonten und Depots die Ausschreibung von Kontrollmitteilungen grundsätzlich unterbleiben soll. Das Aufwandskonto "Wertpapier-Fehlgeschäfte" sei als internes Konto zwar selbst nicht legitimationsgeprüft i.S.v. §154 Abs. 2 AO, die Kontrollmitteilungen würden jedoch Informationen über legitimationsgeprüfte Wertpapierdepots ihrer Kunden enthalten, z.B. die Tatsachen, dass ein Wertpapierdepot geführt werde und dass Wertpapiergeschäfte getätigt wurden. Der Kontenbegriff i.S.d. § 30 a Abs. 3 AO sei funktional zu verstehen und umfasse auch bankinterne Konten, aus denen sich Rückschlüsse auf legitimationsgeprüfte Konten ziehen ließen. § 30 a Abs. 3 AO schütze auch den Schriftwechsel, den sie - die Klägerin - zu einem legitimierten Depot mit den Kunden geführt habe, sowie ihre internen Aufzeichnungen. Die Klägerin verweist insoweit auf die Beschlüsse des BFH vom 28.10.1997 (VII B 40/97), 25.07.2000 (VII B 28/99) und 04.04.2005 (VII B 305/04).

Die Vorgänge im Betrieb der Klägerin würden insbesondere keinen Verdacht auf Steuerhinterziehung entstehen lassen, der die Anfertigung von Kontrollmitteilungen rechtfertigen könne.

Die Anfertigung von Kontrollmitteilungen verstoße auch gegen § 194 Abs. 3 AO. Nach dem Urteil des Finanzgerichts (FG) Baden-Württemberg vom 28.03.2002 (3 K 72/99) führe die Überschreitung von Betriebsprüfungsbefugnissen bei Bankprüfungen zur Unzulässigkeit eines Auskunftsersuchens. Da die Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse der Bankkunden nicht zu den typischen Aufgaben eines Betriebsprüfers gehöre, sei die Klägerin nicht verpflichtet gewesen, dem FA die Unterlagen zu dem Aufwandskonto "Wertpapier-Fehlgeschäfte" auszuhändigen. Da dies aber geschehen sei, dürfe das FA nunmehr jedenfalls keine Kontrollmitteilungen fertigen, da andernfalls ein Verstoß gegen § 194 Abs. 3 AO im Nachhinein legitimiert werde.

Außerdem sei die Besteuerung von privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG verfassungswidrig. Es dürften keine Kontrollmitteilungen angefertigt werden, die das Ziel haben, die Versteuerung nach einer verfassungswidrigen Vorschrift zu überprüfen.

Die Klägerin beantragt,

dem Beklagten zu untersagen, die mit Schreiben vom 24.03.2003 und 22.05.2003 angekündigten Kontrollmitteilungen auszufertigen und weiterzuleiten,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Er macht geltend, bei den Daten zu den legitimationsgeprüften Konten handele es sich um einen Zufallsfund. Da es sich bei dem Konto "Wertpapier-Fehlgeschäfte" um ein Aufwandskonto handele, sei der Betriebsprüfer berechtigt gewesen, sich die zum Konto gehörenden Belege vorlegen zu lassen. Dass sich bei diesen Unterlagen auch Depotauszüge der Kunden befanden, habe sich erst im Nachhinein herausgestellt. Die Überprüfungshandlung sei allein auf die steuerlichen Verhältnisse der Klägerin gerichtet gewesen und habe nicht darauf abgezielt, Erkenntnisse über Dritte zu erlangen. Würden steuerlich bedeutsame Verhältnisse Dritter wie hier durch Zufall bekannt, sei das Fertigen von Kontrollmitteilungen nach § 194 Abs. 3 AO gerechtfertigt. Das von der Klägerin angeführte Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg stehe dem nicht entgegen, da es sich bei dem dort entschiedenen Fall nicht um Zufallsfunde gehandelt habe.

Die Befugnis zum Anfertigen von Kontrollmitteilungen werde auch nicht durch § 30 a Abs. 3 AO eingeschränkt. Es sei kein funktionaler, sondern ein technischer Kontenbegriff zu Grunde zu legen, wie dies auch vom Bundesminister der Finanzen (BMF-Schreiben vom 23.03.1993, BStBl I 1993, 330) und dem 8. Senat des BFH (Urteil vom 18.02.1997, VIII R 33/95) vertreten werde. Die Weitergabe von Erkenntnissen aus nicht legitimationsgeprüften Konten mit Hinweisen zu legitimationsgeprüften Konten sei hiernach möglich.

§ 30 a Abs. 3 AO sei im Übrigen gar nicht berührt, da keine Informationen aus dem legitimationsgeprüften Bereich weitergegeben würden. Aus der Gesamtheit der das o.g. Aufwandskonto betreffenden Geschäftsvorfälle seien 34 Fälle selektiert worden, in denen der Umfang der vorgefundenen Unterlagen und die Höhe der erstatteten Gebühren Schlussfolgerungen auf die Höhe der Einkünfte aus Kapitalvermögen und ggf. auf vermeintliche Veräußerungsgewinne zugelassen habe. Die gefundenen Unterlagen würden der jeweiligen Kontrollmitteilung jedoch nicht beigefügt, sondern es werde allein der eigentliche Geschäftsvorfall des nicht legitimationsgeprüften Kontos, nämlich die Nennung des Erstattungsbetrags aus dem Wertpapiergeschäft, in diese aufgenommen.

Zudem entfalte § 30 a Abs. 3 AO keine Schutz- oder Vertrauenswirkung, wenn ein Anfangsverdacht für eine Steuerverkürzung bestehe. Im Streitfall sei stichprobenartig über die landesweite Fallauskunft geprüft worden, ob die in dem Konto "Wertpapier-Fehlgeschäfte" auftauchenden Personen steuerlich geführt werden. Dies sei nicht immer der Fall gewesen, was die Vermutung nahe lege, dass Einkünfte aus Kapitalvermögen hinterzogen worden sein könnten.

Dass die Kontrollmitteilungen auf die Möglichkeit der Besteuerung von - eventuell verfassungswidrigen - Spekulationsgewinnen hinweisen sollen, sei unschädlich, da die Wohnsitzfinanzämter hierdurch nur auf eine mögliche Sachverhaltsgestaltung hingewiesen würden. Die Hinweise auf die verschiedenen Möglichkeiten der Auswertung der Kontrollmitteilung habe nur exemplarische Bedeutung und solle die Sensibilität der Empfänger erhöhen. Die rechtliche Würdigung des Sachverhalts sei zudem ohne Kenntnis der persönlichen Verhältnisse der Bankkunden nicht möglich und daher Aufgabe der Wohnsitzfinanzämter.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

II. Die Klage hat keinen Erfolg.

Ob die in Form einer vorbeugenden Unterlassungsklage erhobene Leistungsklage zulässig ist, kann dahinstehen. Denn die Klage ist jedenfalls unbegründet. Die beabsichtigte Anfertigung und Weiterleitung der Kontrollmitteilungen ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

1. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen § 194 Abs. 3 AO vor.

Werden anlässlich einer Außenprüfung Verhältnisse Dritter festgestellt, ist die Auswertung dieser Feststellungen gem. § 194 Abs. 3 AO insoweit zulässig, als ihre Kenntnis für die Besteuerung der Dritten von Bedeutung ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Tatsache, dass ein Bankkunde Wertpapiergeschäfte größeren Umfangs getätigt hat und hierbei Schadensersatzleistungen von der Klägerin erhalten hat, kann für die Besteuerung dieses Bankkunden zumindest hinsichtlich der Einkünfte aus Kapitalvermögen relevant sein. Die Informationen, die der Beklagte per Kontrollmitteilung verwerten möchte, sind diesem auch "anlässlich der Außenprüfung" bekannt geworden. Dieses Tatbestandsmerkmal ist dann zu bejahen, wenn ein sachlicher Zusammenhang mit der Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse des zu prüfenden Steuerpflichtigen besteht, der Betriebsprüfer also nicht gezielt nach Besteuerungsgrundlagen Dritter forscht (FG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28.11.2000 - 5 V 288/00, EFG 2001, 182).

Dafür, dass im Streitfall kein Zufallsfund vorgelegen hat, sondern gezielt nach steuerlich relevanten Informationen über Bankkunden gesucht wurde, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Die Verhältnisse Dritter wurden bei der Prüfung des Kontos "Wertpapier-Fehlgeschäfte" festgestellt, bei dem es sich um ein Aufwandskonto handelt und das somit für die Gewinnermittlung der Klägerin relevant ist. Dem Prüfer muss im Rahmen seiner konkreten Prüfungstätigkeit die Befugnis eingeräumt sein, Einsicht in sämtliche gewinnrelevanten Konten nehmen zu können, um den steuererheblichen Sachverhalt vollständig und umfassend feststellen zu können (vgl. BFH, Beschluss vom 04.04.2005 - VII B 305/04, BFH/NV 2005, 1226). Wären bestimmte Aufwandskonten hiervon von vornherein ausgenommen, stünde den Steuerpflichtigen Tür und Tor für Missbräuche offen, wie z.B. durch bewusste Fehlbuchung von Geschäftsvorfällen auf diesen "sicheren" Konten. Dass der Prüfer berechtigt war, die Klägerin zur Vorlage des Kontos "Wertpapier-Fehlgeschäfte" aufzufordern, ist daher aus Sicht des Senats unzweifelhaft. Dass sich bei den Unterlagen, die die Klägerin zu dem Aufwandskonto herausgeben würde, auch Schriftwechsel mit Kunden bzw. Depotauszüge befinden würden, war für den Prüfer nicht vorhersehbar. Die Offenlegung der steuerlichen Verhältnisse Dritter ist daher als Reflexwirkung der rechtmäßigen Prüfungstätigkeit zu werten.

2. Die beabsichtigte Anfertigung und Weiterleitung der Kontrollmitteilungen verstößt auch nicht gegen § 30 a Abs. 3 AO.

Nach dieser Vorschrift dürfen Guthabenkonten und Depots, bei deren Errichtung eine Legitimationsprüfung nach § 154 Abs. 2 AO vorgenommen worden ist, anlässlich einer Außenprüfung bei einem Kreditinstitut nicht zwecks Nachprüfung der ordnungsgemäßen Versteuerung festgestellt oder abgeschrieben werden (Satz 1). Die Ausschreibung von Kontrollmitteilungen soll insoweit unterbleiben (Satz 2).

Der Senat folgt der Rechtsprechung des 7. Senats des BFH, so wie sie in dem Beschluss vom 04.04.2005 (VII B 305/04, BFH/NV 2005, 1226) zum Ausdruck kommt. Hiernach fallen bankinterne Erfolgskonten, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit legitimationsgeprüften Konten stehen, nicht in den Schutzbereich des § 30 a Abs. 3 AO. Denn ansonsten würde letztlich das gesamte Buchführungswerk eines Kreditinstituts dem Schutz der Vorschrift unterstellt, was Betriebsprüfungen bei Kreditinstituten erschweren oder gar unmöglich machen würde. Der 7. Senat des BFH sah in dem o.g. Fall den Schutzbereich des § 30 a Abs. 3 AO daher als nicht verletzt an, wenn die Finanzbehörde Einsicht in ein Wertpapierprovisionskonto begehrt, das einschließlich der dazugehörenden Belege Erkenntnisse über nicht anonymisierte Gegenbuchungen zu Geschäftsvorfällen auf legitimationsgeprüften Kundenkonten vermittelt. Die mit der Einsichtnahme gewonnenen Informationen über legitimationsgeprüfte Konten würden eine von dem Kreditinstitut und dessen Kunden hinzunehmende Reflexwirkung darstellen.

Bei dem Konto "Wertpapier-Fehlgeschäfte" handelt es sich selbst nicht um ein legitimationsgeprüftes Konto i.S.d. §§ 30 a Abs. 3 Satz 1, 154 Abs. 2 AO, sondern um ein bankinternes Erfolgskonto. Der Umstand, dass Ursache der Schadensersatzzahlungen Fehler waren, die der Klägerin bei der Ausführung von Wertpapieraufträgen ihrer Kunden unterlaufen sind, reicht nach Auffassung des Senats nicht aus, das bankinterne Erfolgskonto als "im unmittelbaren Zusammenhang mit legitimationsgeprüften Konten stehend" anzusehen. Das Konto unterliegt daher nicht dem Schutzbereich des § 30 a Abs. 3 AO. Der Beklagte ist mithin durch § 30 a Abs. 3 Satz 2 AO nicht daran gehindert, die Erkenntnisse, die er im Rahmen der rechtmäßigen Einsichtnahme aus den Kontounterlagen gewonnen hat, durch Kontrollmitteilungen zu verwerten.

Welche Auswirkung es hat, dass die Klägerin dem Beklagten neben den eigentlichen Kontobelegen freiwillig zugleich auch Schriftwechsel bzw. Depotauszüge zu legitimationsgeprüften Konten überreicht hat, bedarf keiner Entscheidung. Denn die beabsichtigten Kontrollmitteilungen enthalten keine Details aus dem Schriftwechsel bzw. den Depotauszügen oder gar eine Abschrift derselben, sondern lediglich Informationen, die aus dem Aufwandskonto als solchem gewonnen werden können. Sofern der Beklagte bei der Auswahl der Bankkunden, bei denen er eine Kontrollmitteilung für angezeigt hält, auch auf den Schriftwechsel und die Depotauszüge zurückgegriffen haben sollte, begegnet dies keinen Bedenken. Denn die Finanzbehörde ist nicht verpflichtet, den Inhalt von Unterlagen, die ihr rechtmäßig in die Hände fallen, zu ignorieren. Sie ist vielmehr berechtigt, diese Informationen im Rahmen der von ihr zu treffenden Ermessensentscheidung, ob überhaupt bzw. bei wem Kontrollmitteilungen erstellt werden sollen, zu berücksichtigen.

Im Übrigen ist bei der Prüfung, ob ein Verstoß gegen § 30 a Abs. 3 AO vorliegt, zu berücksichtigen, dass die Ausschreibung von Kontrollmitteilungen ausweislich des Wortlauts des § 30 a Abs. 3 Satz 2 AO lediglich unterbleiben "soll", d.h. es besteht kein Zwang, sondern lediglich gebundenes Ermessen. Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 29.06.2005 II R 3/04, BFH/NV 2006, 1 m.w.N.) ist hieraus abzuleiten, dass Satz 1, wonach legitimationsgeprüfte Konten "nicht" festgestellt oder abgeschrieben werden "dürfen", ebenfalls als "sollen nicht" zu interpretieren ist. Unter weiterer Berücksichtigung des aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Gebots zur Gleichbehandlung im Belastungserfolg bei der Besteuerung sei § 30 a Abs. 3 AO so auszulegen, dass Kontrollmitteilungen nicht nur bei Vorliegen eines strafrechtlichen Anfangsverdachts gegen den Bankkunden, sondern bereits bei einem hinreichenden Anlass für ein Tätigwerden im Steuerverfahren angefertigt und ausgeschrieben werden dürfen. Ein derartiger hinreichender Anlass sei dann gegeben, wenn der Prüfer im Rahmen einer aufgrund allgemeiner Erfahrung getroffenen Prognoseentscheidung im Wege vorweggenommener Beweiswürdigung zu dem Ergebnis kommt, dass eine Kontrollmitteilung zur Aufdeckung steuererheblicher Tatsachen zu führen vermag.

Im Streitfall liegt ein hinreichender Anlass für ein Tätigwerden vor, da hohe Schadensersatzzahlungen für Wertpapierfehlkäufe den Schluss zulassen, dass nicht unerhebliches Kapitalvermögen vorhanden sein könnte und hieraus höhere Kapitaleinnahmen erzielt worden sein könnten, und zudem gerade im Bereich der Kapitaleinkünfte das Erklärungsverhalten vieler Steuerpflichtiger alles andere als vorbildlich ist. Diese Einschätzung wird nicht zuletzt auch dadurch bestätigt, dass nach den Ermittlungen des Beklagten einige Bankkunden steuerlich nicht geführt zu sein scheinen, obwohl sie höhere Kapitaleinkünfte erzielt zu haben scheinen und falls diese Annahme zutrifft - zur Abgabe von Steuererklärungen verpflichtet gewesen wären. Selbst wenn man - anders als der Senat - der Ansicht wäre, dass das bankinterne Konto "Wertpapier-Fehlgeschäfte" unter den Schutzbereich des § 30 a Abs. 3 AO fiele, würde es diese Vorschrift dem Beklagten mithin nicht verwehren, Kontrollmitteilungen zu fertigen.

3. Eine etwaige Verfassungswidrigkeit des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG führt ebenfalls nicht dazu, dass die Anfertigung und Weiterleitung der Kontrollmitteilungen rechtswidrig wäre. Dies gilt schon deshalb, weil die Kontrollmitteilungen ihrem beabsichtigten Inhalt nach lediglich mehrere mögliche Prüffelder auflisten, ohne einen Zwang zur Prüfung zu begründen. Es ist den Finanzämtern, an die die Kontrollmitteilungen gerichtet sind, selbst überlassen, zu entscheiden, welche steuerlichen Konsequenzen sie aus dem Umstand, dass der Steuerpflichtige Schadensersatz aus fehlerhaft ausgeführten Wertpapiergeschäften erhalten hat, ziehen wollen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wurde im Hinblick auf die Frage, inwieweit § 30 a Abs. 3 AO der Anfertigung von Kontrollmitteilungen zu bankinternen Aufwandskonten entgegensteht, nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen.

Ende der Entscheidung

Zurück