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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 22.01.2008
Aktenzeichen: 13 K 980/07 Kfz
Rechtsgebiete: KraftStG 2002


Vorschriften:

KraftStG 2002 § 8 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

13 K 980/07 Kfz

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Streitig ist die Berechnung der Kraftfahrzeugsteuer.

Auf den Kläger wurde am 22.08.2006 das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen AA BB 01 (Personenkraftwagen (PKW) Fremdzündungsmotor, 3.996 cm³ Hubraum, Erstzulassung 21.12.2000, Emissionsklasse 0430) zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassen. Mit Bescheid vom 11.09.2006 setzte der Beklagte mit einem Steuersatz von 6,75 EUR je angefangene 100 cm³ Hubraum gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) die Kraftfahrzeugsteuer auf jährlich 270 EUR fest.

Mit dem Einspruch wandte der Kläger ein, die Steuerberechnung sei unzutreffend. Die Steuer sei nach einem Hubraum von abgerundet 3.900 cm³ zu bemessen. Eine zu einer höheren Steuerbelastung führende Aufrundung auf 4.000 cm³ sei gesetzeswidrig. Nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG umfasse die erste Stufe des Tarifs den Bereich von 1 bis 199 cm³, die zweite Stufe den von 200 bis 299 cm³ etc. Wenn der Gesetzgeber etwas anderes gewollt habe, hätte er anders formulieren müssen.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Auf die Einspruchsentscheidung vom 15.02.2007 wird Bezug genommen.

Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Begehren unter Wiederholung des außergerichtlichen Vorbringens vor Gericht. Ergänzend macht er geltend, die aus dem Hubraum gewonnene Messzahl hätte - in Ermangelung einer Aufrundungsnorm - in § 8 KraftStG normiert sein müssen, nicht in § 9 KraftStG.

Er beantragt,

unter Abänderung des Kraftfahrzeugsteuerbescheids vom 11.09.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.02.2007 die Kraftfahrzeugsteuer für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen AA BB 01 ab Zulassung auf 263 EUR jährlich festzusetzen,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

Der Senat hat am 22.01.2008 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Der angefochtene Kraftfahrzeugsteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung ist nach Grund - was unstreitig ist - und Höhe nicht zu beanstanden.

1. Gemäß § 8 Nr. 1 KraftStG bemisst sich die Kraftfahrzeugsteuer bei PKW, soweit sie durch Hubkolbenmotoren angetrieben werden, nach dem Hubraum und zusätzlich nach Schadstoffemissionen und Kohlendioxidemissionen. Im Streitfall beträgt der Hubraum des PKW 3.996 cm³, die Emissionsklasse 0430. Dies ist gleichfalls unstreitig.

2. Der Steuersatz, der auf diese Bemessungsgrundlage anzuwenden ist, ist § 9 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb KraftStG zu entnehmen. Danach beträgt die Jahressteuer für PKW mit Hubkolbenmotor bei Antrieb durch einen Fremdzündungsmotor "für je 100 Kubikzentimeter oder einen Teil davon", ab dem 01.01.2004 6,75 EUR.

a) Der zitierte Gesetzeswortlaut für die Kraftfahrzeugsteuerberechnung wird in der Rechtsprechung - stillschweigend -, in der Literatur und von den Finanzbehörden übereinstimmend in der Weise ausgelegt, dass die Zahl der angefangenen 100 cm³ Hubraum mit dem Steuersatz multipliziert wird (ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats; Zens in Lippross (Hrsg.), Basiskommentar Steuerrecht, § 9 KraftStG Rz. 5; Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer, § 9 KraftStG passim, s. nur Rz. 12a, 36a). Auch der Gesetzgeber verwendet diese Formulierung, z.B. in der Begründung zu Art. 1 Nr. 5 Buchst. a des Entwurfs eines Gesetzes zur stärkeren Berücksichtigung der Schadstoffemissionen bei der Besteuerung von Personenkraftwagen (BT-Drucks. 13/4918, S. 9 f.).

Der Senat hält auch nach erneuter Überprüfung an dieser Auslegung fest. Sie ergibt sich bereits aus Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 9 KraftStG. Mit der Formulierung "für je 100 Kubikzentimeter Hubraum oder einen Teil davon" will der Gesetzgeber die Steuerberechnung in Schritten von 100 cm³ vorgenommen wissen. Jeder 100-Bereich beginnt bei 1 und endet mit 100. Denn den vollständig ausgeschöpften 100-er-Bereichen werden die, die nur einen Teil von 100 cm³ erreichen, gleichgestellt. Diese Auslegung ist für den Senat sprachlich wie mathematisch zweifelsfrei.

Damit hat der Beklagte zu Recht für das streitbefangene Fahrzeug 40 angefangene 100 cm³ Hubraum der Besteuerung zugrunde gelegt. 39 100-Bereiche sind voll ausgeschöpft. Die verbleibenden 96 cm³ Hubraum lösen als einen Teil von 100 cm³ i.S. des Gesetzes eine weitere Tarifstufe aus. Eine unzulässige steuererhöhende Aufrundung liegt hierin nicht.

b) Die vom Kläger gewählte Auslegung überzeugt dagegen nicht. Warum, wie der Kläger meint, der Gesetzgeber diese Formulierung nur gewählt haben sollte, um einen Hubraum von 1 bis 199 cm³ erfassen zu können, erschließt sich dem Senat nicht. Diese Auslegung ist vom objektiven Empfängerhorizont des Gesetzeslesers her nicht verständlich. Es fehlt ein Anknüpfungspunkt im Gesetzeswortlaut. Dies gilt umso mehr, als auch bei den Tarifvorschriften für andere Fahrzeuge, insbesondere nach dem zulässigen Gesamtgewicht, die gleiche Formulierung für andere Schrittweiten der Bemessungsgrundlagen zu finden ist.

Der rechtshistorische Hinweis des Klägers in der mündlichen Verhandlung, der Zusatz "oder einen Teil davon" sei auf Grund eines BFH-Urteils gerade für den Hubraum-Bereich von 1 bis 99 cm³ eingefügt worden, kann hieran nichts ändern. Der Senat muss diesem - ohnehin in keiner Weise präzisierten - Hinweis nicht nachgehen, denn der entscheidungserhebliche Gesetzeswortlaut ist seit dem Kraftfahrzeugsteuergesetz 1979 unverändert geblieben und wird seitdem in der auch vom Senat vertretenen Weise ausgelegt.

Schließlich kann der Kläger auch nicht damit durchdringen, dass eine entsprechende Regelung zur Bemessungsgrundlage und somit in § 8 KraftStG hätte getroffen werden müssen, dort aber fehle. In dieser Norm ist der Hubraum als Bemessungsgrundlage eindeutig bestimmt. Dem Gesetzgeber steht es frei, den Kraftfahrzeugsteuertarif durch Anwendung eines Eurobetrags auf diese in 100-er-Bereiche gegliederte Bemessungsgrundlage zu bestimmen. Dieser Regelung darf zweifelsfrei in der Tarifvorschrift des § 9 KraftStG getroffen werden.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52, 63 des Gerichtskostengesetzes. Gemäß § 52 Abs. 4 GKG ist der Mindeststreitwert anzusetzen.

4. Die Revision ist nicht zuzulassen. Ein Revisionsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO ist nicht gegeben. Insbesondere hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung, da die vom Senat vertretene Auslegung des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG in Rechtsprechung, Literatur und Meinung der Finanzverwaltung unbestritten ist.



Ende der Entscheidung

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