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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 01.03.2007
Aktenzeichen: 6 K 2399/04 E
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 1
EStG § 4 Abs. 2 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

6 K 2399/04 E

Tenor:

Die Einkommensteuerbescheide 1999 und 2000 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 21.04.2004 werden dahingehend geändert, dass der Gewinn bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 um ............ DM niedriger ausgewiesen wird. Die Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer 1999 und 2000 wird dem Finanzamt auferlegt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Beschluss

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

Streitig ist, in welchem Umfang eine Bilanzberichtigung gewinnwirksam nachgeholt werden kann, wenn in den Vorjahren eine Milchreferenzmenge ohne Gegenrechnung des Buchwertes in den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft einbezogen wurde.

Die Kläger sind Eheleute und wurden in den Streitjahren 1999 und 2000 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Der Gewinn für das abweichende Wirtschaftsjahr wurde durch Bestandsvergleich gemäß § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz ermittelt. Im Wirtschaftsjahr 1990/1991 veräußerten die Kläger eine Milchreferenzmenge für einen Preis von .............. DM. Dieser Erlös wurde als Rückstellung in die Bilanz eingestellt und über eine Laufzeit von zehn Jahren als Ertrag aufgelöst. Im Zusammenhang mit dem Verkauf der Milchreferenzmenge wurde zunächst kein Buchwertabgang berücksichtigt. Daher beantragten die Kläger im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für 1999 für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 zunächst einen Buchwert in Höhe von ........... DM gewinnmindernd zu berücksichtigen. Im Jahresabschluss für das Wirtschaftsjahr vom 1. Juli 1999 bis 30. Juni 2000 wurde die noch bestehende Rücklage in Höhe von ............ DM als Ertrag aufgelöst und ein Abgangbuchwert Milchquote in Höhe von ............ DM erfolgswirksam einbezogen. Unter Berücksichtigung dieser Position ergab sich ein Verlust in Höhe von .......... DM, der jeweils hälftig in den Einkommensteuererklärungen 1999 und 2000 erklärt wurde. Mit Bescheid vom 30. Oktober 2001 wegen Einkommensteuer 1999 setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf ........... DM fest. Dabei erhöhte er für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft um ........... DM auf ........... DM und erkannte in den Streitjahren den Abzug des Buchwertes aus dem Verkauf der Milchquote nicht an. Aufgrund einer Betriebsprüfung erging am 20. September 2002 ein Änderungsbescheid zur Einkommensteuer 1999, in dem der Gewinn für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 um .......... DM erhöht wurde auf ........... DM. Die Einkommensteuer 1999 wurde auf ............ DM bzw. .......... Euro heraufgesetzt. Der Bescheid wurde gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung geändert. In ihrer Steuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2000 erklärten die Kläger unter Berücksichtigung der Feststellungen der Betriebsprüfung und unter Berücksichtigung des Abgangs der Milchquote einen Verlust in Höhe von........... DM, den sie anteilig im Veranlagungszeitraum 2000 berücksichtigten. Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 28. November 2002 die Einkommensteuer 2000 auf ............ Euro bzw. ........... DM fest. Dabei berücksichtigte er wiederum für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 den Abgang der Milchquote im Bestand nicht.

Mit Einspruch vom 5. November 2001 haben die Kläger sich gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 30. Oktober 2001 und mit Einspruch vom 23. Dezember 2002 gegen den Einkommensteuerbescheid 2000 vom 28. November 2002 gewandt. Zur Begründung haben sie ausgeführt, dass nach dem BFH-Urteil vom 25. November 1999 (IV R 64/98, BFHE 190, 214, BStBl. II 2003, 61) der Buchwert für die verkaufte Milchquote zwingend vom Buchwert des Grund- und Bodens abzuspalten sei. Da bezüglich der ertragsteuerlichen Behandlung von Veräußerungsvorgängen immaterieller Wirtschaftsgüter in der Land- und Forstwirtschaft Verfahren vor dem BFH anhängig waren, hat der Beklagte mit Einverständnis der Kläger das Einspruchsverfahren zunächst zum Ruhen gebracht. Nachdem sich die Finanzverwaltung mit BMF-Schreiben vom 14. Januar 2003, IV A 6-S 2134-52/02 (BStBl. I 2003, 78) eine Meinung zu dem Themenkreis gebildet hatte, setzte der Beklagte mit Änderungsbescheiden vom 21. April 2004 die Einkommensteuer 1999 auf .......... Euro bzw. .......... DM und für 2000 auf ........... Euro bzw. ........... DM fest. In den Erläuterungen zum Änderungsbescheid 1999 gab er folgende Berechnung an:

Gewinn 1999/2000 bisher ......... DM

abzüglich Erlös Auflösung der Rücklage ./. .

........ DM

Gewinn 1999/2000 neu .......... DM

1/2-Anteil für 1999 .......... DM

1/2-Anteil aus 1998/1999 .

........ DM

Gewinn 1999 ......... DM

In dem Erläuterungsteil für den Einkommensteuerbescheid 2000 heißt es: Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft berechnet sich wie folgt:

Gewinnanteil aus 1999/2000

1/2 von ......... DM = ......... DM

Gewinnanteil aus 2000/2001

1/2 von .......... DM = ......... DM

Gewinn 2000 .......... DM.

Mit Einspruchsentscheidung vom 22. April 2004 hat der Beklagte die Einsprüche der Kläger zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Kläger zwar im Einspruchsverfahren zutreffenderweise ausgeführt hätten, dass nach der Abspaltungstheorie des Bundesfinanzhofs das immaterielle Wirtschaftsgut Milchquote selbständig mit einem Buchwert neben dem Grund und Boden zu bilanzieren sei. Da der Fehler sich aber bereits in einer bestandskräftigen Veranlagung befinde, könne er erst in der ersten offenen Veranlagung erfolgsneutral korrigiert werden. Der Beklagte verweist insofern auf das BMF-Schreiben vom 14. Januar 2003 (a.a.O.) und auf die Kommentierung in Schmidt/Heinicke EStG Kommentar 22. Auflage 2003 § 4 Rdnr. 709. Der Beklagte berechnet den Gewinn aus der Veräußerung der Milchquote mit

............ DM

abzüglich Buchwertquote ......... DM

Gewinn aus der Veräußerung der Milchquote ............ DM

bisher erfolgswirksam aufgelöste Rückstellung

................. DM x 9 Jahre = ........... DM

Differenz = zuviel versteuerte Beträge .......... DM.

Der Beklagte weist darauf hin, dass im Streitfall in dem bestandskräftig veranlagten Zeitraum durch die Auflösung der Rückstellungsbeträge bereits ein höherer Erlös versteuert worden sei, als unter Berücksichtigung des Buchwertes für die Milchquote zu versteuern gewesen wäre. Es unterbleibe deshalb die Versteuerung des Restbetrages im Wirtschaftsjahr 1999/2000. Unter Anwendung der Billigkeitsregelung sei der Buchwert des Grund und Bodens um den Buchwert der Milchquote (......... DM) zu mindern und gleichzeitig um den zu viel versteuerten Betrag in Höhe von ......... DM zu erhöhen, so dass in der Summe eine Buchwertminderung in Höhe der im Wirtschaftsjahr 1999/2000 nicht erfolgswirksam aufgelösten Rückstellung (passive RAP) erfolgt. Der Gewinn des Wirtschaftsjahres 1999/2000 sei zwischenzeitlich um den Restbetrag der Rückstellung gemindert und die Einkommensteuerbescheide 1999 und 2000 entsprechend geändert worden.

Mit ihrer am 4. Mai 2004 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Sie sind der Auffassung, dass in der ersten offenen Bilanz, nämlich für das Wirtschaftsjahr 1999/2000, eine Bilanzberichtigung dergestalt vorzunehmen sei, dass auch der weitere Buchwert in Höhe von ......... DM gewinnwirksam auszubuchen sei.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuerbescheide 1999 und 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.04.2004 abzuändern, so dass der Gewinn für die Wirtschaftsjahre 1998/1999 bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft um ......... DM erniedrigt wird,

hilfsweise,

im Falle der vollen oder teilweisen Abweisung der Klage die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Zur Begründung verweist er auf das BMF-Schreiben vom 14. Januar 2003 (a.a.O.) in Rdnr. 20. Da sich durch die Abspaltung des Milchlieferungsrechtes vom Buchwert des Grund und Bodens an der Fehlerquelle keine Gewinnauswirkung ergeben habe, sei auch die Bilanzberichtigung erfolgsneutral durchzuführen. Bilanzansätze seien grundsätzlich in der Schlussbilanz des letzten Jahres, dessen Veranlagung geändert werden könne, richtig zu stellen. Gebiete die Fehlerursache eine erfolgsneutrale Gewinnberichtigung, so sei sie innerhalb der Steuerbilanz erfolgswirksam auszuweisen und außerhalb derselben nach Einlage-Entnahmegrundsätzen wieder zu neutralisieren. Der Beklagte verweist in diesem Zusammenhang auf das BFH-Urteil vom 06. August 1998 IV R 67/97, BFHE 186, 402, BStBl. II 1999, 14 und nimmt im Übrigen Bezug auf seine Einspruchsentscheidung vom 22. April 2004.

Der Senat hat am 1. März 2007 in der Sache mündliche verhandelt; auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Die Klage ist begründet.

Die Einkommensteuerbescheide 1999 und 2000 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 22. April 2004 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten.

Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz darf der Steuerpflichtige die Vermögensübersicht (Bilanz) nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung unter Befolgung der Vorschriften des Einkommensteuergesetzes nicht entspricht. Die durch diese Regelung eröffnete Möglichkeit der Bilanzberichtigung setzt voraus, dass die ursprüngliche Bilanz in dem zu korrigierenden Punkt unrichtig ist. Ist eine solche Berichtigung an der Fehlerquelle aber nicht mehr möglich, weil die Bescheide bestandskräftig sind und keine Änderungsvorschrift für die Bescheide eingreift, so ist die Korrektur grundsätzlich in der Schlussbilanz des ersten Jahres nachzuholen, in dem dies mit steuerlicher Wirkung möglich ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs kann eine Bilanz aber nicht bereits deshalb berichtigt werden, weil sie bei rückschauender Betrachtung, also zu einem späteren Zeitpunkt als der Bilanzaufstellung, objektiv gegen Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung verstößt. Vielmehr ist ein Bilanzansatz im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz als richtig anzusehen, wenn er den Kenntnisstand wiederspiegelt, den der Steuerpflichtige im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung bei pflichtgemäßer und gewissenhafter Prüfung haben konnte. Das gilt auch dann, wenn nach Bilanzaufstellung Erkenntnisse gewonnen werden, nach der die Bilanzierung nunmehr objektiv fehlerhaft erscheint. Hieraus ergibt sich zum einen, dass eine Rechtsprechungsänderung dann nicht zur Unrichtigkeit eines Bilanzansatzes führt, wenn dieser Bilanzansatz zur Zeit der Bilanzaufstellung der vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht (siehe BFH-Urteil vom 12. November 1999 IV R 59/91, BFHE 170, 217, BStBl. II 1993, 392). Zum anderen folgt aus diesem Grundsatz auch, dass ein Bilanzansatz als richtig anzusehen ist, wenn im Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Bilanzierungsfrage ergangen ist, jedoch die kaufmännische Sorgfalt eingehalten wurde (siehe BFH-Urteil vom 5. April 2006 I R 46/04, BFHE 213, 326, BStBl. II 2006, 688, kritisch dazu Herzig/Nitzschke "Bilanzberichtigung in den Fällen erstmaliger höchstrichterlicher Rechtsprechung" DB 2007, 304).

Im Streitfall kommt eine Bilanzänderung nach diesen Grundsätzen in Betracht, weil der Bilanzansatz auch unter Berücksichtigung dieses subjektiven Fehlerbegriffs als falsch anzusehen ist.

Die Milchlieferrechte, für die nunmehr im nachhinein eine Bilanzänderung und eine Gewinnminderung über die Ausbuchung eines vom Grund und Bodens abgespalteten Buchwertes begehrt werden, waren bereits 1990 und 1991 verkauft worden. Nachdem der BFH in seinen beiden Urteilen vom 5. März 1998 (IV R 8/95, BFHE 185, 434, BStBl. II 2003, 54 und IV R 23/96, BFHE 185, 435, BStBl. II 2003, 56) entschieden hatte, dass im Rahmen einer Betriebsaufgabe die gemeinen Werte des Grund und Bodens und der Milchreferenzmengen dem nach § 55 Abs. 1 Einkommensteuergesetz pauschalierten Wert des Grund und Bodens gegenüber zu stellen sind, so dass die Verlustklausel des § 56 Abs. 6 Einkommensteuergesetz greifen kann, war erst mit Urteil vom 25. November 1999 (IV R 64/98, BFHE 190, 214, BStBl. II 2003, 61) und dem folgend mit den beiden weiteren Urteilen vom 24. August 2000 (IV R 11/00, BFHE 192, 547, BStBl. II 2003, 64 und IV R 42/99, BFHE 193, 107, BStBl. II 2003, 67) entschieden worden, dass es sich bei den Milchlieferungsrechten um selbständige, immaterielle Wirtschaftsgüter handelt, die losgelöst vom Grund und Boden zu bilanzieren sind und dementsprechend steuerlich auch als selbständige Wirtschaftsgüter zu behandeln sind. Bis dahin war eine Abspaltung der Milchlieferrechte sowohl nach der Rechtsprechung als auch nach der Verwaltungspraxis nicht erforderlich. Das zeigt auch die Neuregelung der Bewertung von Milchlieferrechten, die im Zusammenhang mit landwirtschaftlichem Grund und Boden steht, durch das BMF-Schreiben vom 14. Januar 2003 (a.a.O.,), in dem erstmalig eine Abspaltung eines Wirtschaftsgut für Milchlieferrechte vom Grund und Boden auch von der Verwaltung als zulässig angesehen wird. Dementsprechend ist zwar die Behandlung von Grund und Boden, die bis zum Bekanntwerden der genannten Urteile im Zusammenhang mit Milchlieferungsrechten stand und bei dem keine gesonderten Werte für Milchlieferungsrechte abgespalten waren, als richtig im Sinne des § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz zu sehen. Da aber ab diesem Zeitpunkt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung für die Milchlieferungsrechte eigenständige Buchwerte anzusetzen waren, waren ab diesem Zeitpunkt die bisherigen Buchansätze des Grund und Bodens falsch und bedurften einer Berichtigung gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz. Soweit der Beklagte dem BMF-Schreiben vom 14. Januar 2003 (a.a.O.) in Rdnr. 20 folgt und die Bilanzberichtigung erfolgsneutral durchführt, ist dem nicht zu folgen. Zwar heißt es in Rdnr. 20 des besagten BMF-Schreibens wörtlich: "Ist eine Abspaltung des Buchwertes des Milchlieferungsrechtes vom Buchwert des Grund und Bodens (noch) nicht vorgenommen worden, sind die Bilanzansätze insoweit fehlerhaft. Da sich durch die Abspaltung des Milchlieferungsrechts vom Buchwert des Grund und Bodens an der Fehlerquelle keine Gewinnauswirkungen ergeben hat, ist auch die Bilanzberichtigung erfolgsneutral durchzuführen. Die Bilanzansätze sind grundsätzlich in der Schlussbilanz des ersten Jahres, dessen Veranlagung geändert werden kann, richtig zu stellen (Beschluss des Großen Senates des BFH vom 29. November 1965, BStBl. 1966 III, S. 142). Gebietet die Fehlerursache eine erfolgsneutrale Berichtigung, so ist sie innerhalb der Steuerbilanz erfolgswirksam auszuweisen und außerhalb derselben nach Einlage-/Entnahmegrundsätzen wieder zu neutralisieren (BFH-Urteil vom 6. August 1998, BStBl. 1999, II S. 14). Die Berichtigung bereits aufgestellter Bilanzen kann allerdings unterbleiben, wenn der Fehler die Höhe der Steuerschuld nicht berührt hat. In diesem Fall ist die Anfangsbilanz des Wirtschaftsjahres zu berichtigen, für das zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses BMF-Schreibens noch kein Jahresabschluss aufgestellt worden ist (BFH-Urteile vom 29. Oktober 1991, BStBl. 1992 II S. 512). Eine Bilanzberichtigung kann nur insoweit vorgenommen werden, als ein Bilanzierungsfehler noch vorliegt, die betroffenen Wirtschaftsgüter also noch vorhanden sind (BFH-Urteil vom 12. Februar 1998, BStBl. II S. 503)."

Die im BMF-Schreiben vom 14. Januar 2003 (a.a.O.) in Rdnr. 20 vertretene Auffassung wird vom erkennenden Senat nicht geteilt. Denn Bilanzierungsfehler mit Gewinnauswirkung sind grundsätzlich in der Schlussbilanz des ersten Jahres, dessen Veranlagung noch geändert werden kann, mit Gewinnauswirkung richtig zu stellen (vgl. z. B. Stapperfend in Hermann/Heuer/Raupach Loseblattkommentar zur ESt und KSt zu § 4 EStG Anmerkung 431und Schmidt/Heinicke EStG Kommentar 25. Auflage 2006 § 4 Rdnr. 715). Es ist zwar zutreffend, dass die Abspaltung der Buchwerte der Milchreferenzmenge vom Grund und Boden grundsätzlich erfolgsneutral zu erfolgen hat. Gleichwohl wirkt sich aber der Buchwertabgang "Milchreferenzmenge" nicht erfolgsneutral aus. Denn der Veräußerungsgewinn aus den Milchreferenzmengen wird unter Abzug der Buchwerte ermittelt (s. BFH-Urteil vom 20. März 2003 IV R 37/02 a.a.O.). Der Gewinn ist somit niedriger. Dem hat der Beklagte im vorliegenden Fall aber nur zum Teil Rechnung getragen, in dem er den noch nicht aufgelösten Teil der Rückstellung nicht als außerordentlichen Betrag bewertet hat. Die Kläger machen jedoch zu Recht geltend, dass damit nur ein Teil des Buchwertabgangs berücksichtigt worden ist und der noch nicht berücksichtigte Abgang des Buchwertes in Höhe von ......... DM ebenfalls erfolgswirksam zu berücksichtigen sei.

Zwar widerspricht diese Auffassung dem Prinzip der periodengerechten Gewinnermittlung und beseitigt im Ergebnis auch ggf. die Wirkung der Verjährung. Der BFH hat es jedoch teilweise für ausreichend erachtet, diese Grundsätze im Rahmen von Treu und Glauben zugunsten der zutreffenden Ermittlung des Totalgewinns zu durchbrechen (s. BFH-Beschluss vom 30. März 1994 I B 81/93, BFH/NV 1995, 192; BFH-Urteile vom 8. Dezember 1988 IV R 33/87, BFHE 155, 532, BStBl. II 1989, 407 und vom 16. Mai 1990 X R 72/87 , BFHE 161, 451, BStBl. II 1990, 1044 m.w.N.). Der Senat sah es im vorliegenden Fall ebenfalls für gerechtfertigt an, den Grundsatz der zutreffenden Ermittlung des Totalgewinns zugunsten der Kläger anzuwenden, da sie die Entwicklung der Rechtsprechung des BFH zum Buchwertansatz bei der Milchquote im Zeitpunkt der Gewinnrealisierung nicht kennen konnten und somit nicht treuwidrig gehandelt haben.

Die Berechnung der neu festzusetzenden Steuern der Streitjahre war dem Beklagten gem. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO aufzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 Finanzgerichtsordnung zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung von der Auffassung in dem BMF-Schreiben vom 14. Januar 2003 (a.a.O.) ab.



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