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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 07.02.2008
Aktenzeichen: 6 K 3300/05 F
Rechtsgebiete: EigZulG, AO


Vorschriften:

EigZulG §§ 2 ff.
EigZulG § 17
AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

6 K 3300/05 F

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Anrechnung der Eigenheimzulage bei nachgelagerter Anschaffung von Genossenschaftsanteilen i.S. des § 17 Eigenheimzulagengesetz (EigZulG) auf die bereits in Anspruch genommene Eigenheimzulage für die Herstellung einer Wohnung i.S. der §§ 2 ff. EigZulG (Auslegung des § 9 Abs. 2 S. 4 EigZulG in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.03.1997 bzw. des wortgleichen § 9 Abs. 2 S. 3 EigZulG in der zuletzt gültigen Fassung).

Die Kläger (Kl.) sind Eheleute und Eigentümer des Einfamilienhauses (EFH) " ". Der Bauantrag für die Errichtung des Objekts wurde am 28.11.1995 gestellt. Baubeginn war am 03.03.1996. Seit dem 30.09.1996 nutzen die Kl. das Objekt zu eigenen Wohnzwecken. Zum Hausstand gehören drei Kinder: J (geb. 15.10.1989), L (geb. 01.04.1992) und M (geb. 09.01.1994).

Am 26.05.1997 stellten die Kl. gemeinsam einen Antrag auf Festsetzung von Eigenheimzulage für das von ihnen genutzte EFH. Als Empfangsbevollmächtigte benannten sie dabei die Steuerberater Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) "A".

Mit Bescheid vom 25.06.1997 setzte der Beklagte (Bekl.) die gemeinsame Eigenheimzulage der Kl. für den Förderzeitraum 1996 bis 2003 auf jährlich 10.400,- DM fest. Den Förderbetrag ermittelte er dabei wie folgt:

 Grundförderung gemäß § 9 Abs. 2 EigZulG 5.000,- DM
Förderbetrag i.S. des § 9 Abs. 3 EigzulG 500,- DM
Förderbetrag i.S. des § 9 Abs. 4 EigZulG 400,- DM
Kinderzulagen i.S. des § 9 Abs. 5 EigZulG 4.500,- DM
 10.400,- DM

Am 23.12.2003 erwarb die Klägerin Anteile an der Wohnungsbaugenossenschaft " e.G." im Wert von 5.113,- EUR. Die Eintragung der Klägerin als Genossenschaftsmitglied erfolgte am 27.12.2003. Am 08.09.2004 stellte die Klägerin beim Bekl. einen Antrag auf Gewährung von Eigenheimzulage für die Anschaffung von Genossenschaftsanteilen i.S. des § 17 EigZulG.

Mit Bescheid vom 15.10.2004 setzte der Bekl. die Eigenheimzulage der Klägerin für den Erwerb der Genossenschaftsanteile i.H. von jährlich 922,- EUR für den Zeitraum von 2003 bis 2007 und i.H. von einmalig 503,- EUR für das Jahr 2008 fest (Fördergrundbetrag i.H. von 154,- EUR zuzüglich Kinderzulage i.H. von 768,- EUR, maximal geleistete Einzahlung i.H. von 5.113,- EUR). Der Bescheid wurde zunächst der Steuerberater GbR "A" und mit einfachem Brief vom 01.02.2005 auch der Klägerin bekannt gegeben.

Mit Bescheid vom 19.10.2004 änderte der Bekl. die ursprüngliche Eigenheimzulagenfestsetzung vom 25.06.1997 gemäß § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) i.V. mit § 9 Abs. 2 S. 4, Abs. 5 S. 6 EigZulG und setzte die Eigenheimzulage für das von den Kl. selbst genutzte EFH für die Zeiträume 1996 und 1997 unter Anrechnung der von der Klägerin mittlerweile in Anspruch genommenen Genossenschaftsförderung i.S. des § 17 EigZulG auf nunmehr jährlich 8.597,- DM (4.395,58 EUR) fest. Die Anrechnung erfolgte im Wege der sog. Überblendung dergestalt, dass die auf die Klägerin entfallende Grundförderung und die auf sie entfallenden Kinderzulagen für das Erstjahr der Wohnung (1996) um die Grundförderung sowie die Kinderzulagen für das Erstjahr des Genossenschaftsanteilserwerbs (2003) usw. gemindert wurden.

Mit Schreiben vom 24.11.2004 legten die Kl. (vertreten durch die Steuerberater GbR "A") zunächst Einspruch gegen die Änderungsfestsetzung der Eigenheimzulage für die Zeiträume 1996 und 1997 ein. Mit Schreiben vom 01.12.2004 nahmen sie den Einspruch zurück.

Mit Änderungsbescheid vom 05.04.2005 setzte der Bekl. auch die das EFH der Kl. betreffende Eigenheimzulage für das Jahr 1998 auf 8.597,- DM (4.395,58 EUR) fest und rechnete dabei die der Klägerin für das entsprechende dritte Jahr des Förderzeitraums (2005) gewährte Genossenschaftsanteilsförderung auf die Wohnungseigenheimzulage an (§ 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO i.V. mit § 9 Abs. 2 S. 4, Abs. 5 S. 6 EigZulG). Der Änderungsbescheid wurde der Steuerberater GbR "A" bekannt gegeben.

Am 09.04.2005 legten die Kl. (vertreten durch die Steuerberater GbR "A") Einspruch gegen die Änderungsfestsetzung der Eigenheimzulage für das Jahr 1998 ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 21.07.2005 - bekannt gegeben an die Steuerberater GbR "A" - wies der Bekl. den Einspruch der Kl. als unbegründet zurück. Die Kürzung der Eigenheimzulage sei auf der Grundlage des § 9 Abs. 2 S. 4, Abs. 5 S. 6 EigZulG sowie des Inhalts des BMF-Schreibens vom 10.02.1998 (Tz. 116 u. 117, BStBl. I 1998, S. 190) zu Recht erfolgt. Danach sei eine Anrechnung auch für solche Zeiträume vorzunehmen, in denen die Wohnungseigenheimzulage und die Genossenschaftsförderung nicht gleichzeitig beantragt bzw. beansprucht würden. Die Anrechnung habe jeweils nach den entsprechenden Jahren der Förderzeiträume zu erfolgen. Das gelte auch dann, wenn der Anspruchsberechtigte - wie im Streitfall - zunächst eine Wohnung angeschafft oder hergestellt und sich erst später mit Anteilen an einer Wohnungsbaugenossenschaft beteiligt habe. In solchen Fällen sei der Eigenheimzulagenbescheid für die Wohnung gemäß § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO wegen Eintritt eines rückwirkenden Ereignisses zu berichtigen.

Die Kl. haben am 10.08.2005 die vorliegende Klage erhoben.

Zur Begründung ihrer Klage führen sie zunächst aus, der Änderungsbescheid vom 05.04.2005 und die Einspruchsentscheidung vom 21.07.2005 seien nicht wirksam bekannt gegeben worden. Die Klägerin habe die Eigenheimzulage i.S. des § 17 EigZulG in eigenem Namen beantragt und in diesem Zusammenhang keine Zustellungsvollmacht erteilt. Darüber hinaus machen die Kl. geltend, dass sich der Änderungsbescheid vom 05.04.2005 und die Einspruchsentscheidung vom 21.07.2005 fehlerhafter Weise auch auf die Eigenheimzulage des Klägers erstrecken würden. Der Kläger indessen habe keine Genossenschaftsanteilsförderung in Anspruch genommen, so dass eine Anrechnung in seiner Person von vorneherein ausscheide. Schließlich wenden sich die Kl. gegen die vom Bekl. vorgenommene Anrechnung der Genossenschaftsanteilsförderung auf die Wohnungseigenheimzulage im Wege der sog. Überblendung. Die spätere Gewährung von Eigenheimzulage für die Anschaffung von Genossenschaftsanteilen sei kein Ereignis, welches sich rückwirkend auf die Bemessung der Eigenheimzulage für die Herstellung oder Anschaffung einer Wohnung und damit auf längst abgeschlossene Förderzeiträume auswirke. § 9 Abs. 2 S. 4 EigZulG komme vielmehr nur zur Anwendung, wenn in einem Jahr beide Fördertatbestände parallel erfüllt würden. Die Vorschrift regele - ihrem eindeutigen Wortlaut zufolge - insofern keine Rückwirkung, sondern ordne nur die Anrechnung einer zeitgleich gewährten oder allenfalls einer vorausgehenden Genossenschaftsanteilsförderung an. Die vom Bekl. praktizierte rückwirkende Minderung der Wohnungseigenheimzulage im Streitfall stelle eine über den klaren Wortlaut der Vorschrift hinausgehende Auslegung dar und sei daher unzulässig. Sie würde im übrigen dazu führen, dass die Eigenheimzulage für den Erwerb des Genossenschaftsanteils bloß formal gewährt würde, im Ergebnis jedoch ohne wirtschaftliche Auswirkung bliebe. Hinsichtlich der Einzelheiten der Klagebegründung wird auf den Schriftsatz der Kl. vom 29.09.2005 (Bl. 25 GA) verwiesen.

Die Kl. beantragen,

den Bescheid über Eigenheimzulage für das Objekt " " 1998 vom 05.04.2005 und die Einspruchsentscheidung vom 21.07.2005 aufzuheben,

hilfsweise

die Revision zuzulassen sowie

die Hinzuziehung von Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Bekl. weist zunächst darauf hin, dass in dem Antrag auf Eigenheimzulage für das Objekt " " die Steuerberater GbR "A" als Zustellungsbevollmächtigte benannt worden sei. Die Vollmacht sei im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens nicht widerrufen worden. Daher seien sowohl der Änderungsbescheid vom 05.04.2005 als auch die Einspruchsentscheidung vom 21.07.2005 wirksam bekannt gegeben worden. In materieller Hinsicht sieht der Bekl. in § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO i.V. mit § 9 Abs. 2 S. 4, Abs. 5 S. 6 EigZulG weiterhin eine ausreichende Rechtsgrundlage für die rückwirkende Änderung der Wohnungseigenheimzulage. Entgegen der Auffassung der Kl. habe eine Kürzung der Wohnungseigenheimzulage nicht nur bei zeitlich parallel beanspruchter, sondern auch bei vor- oder nachgelagerter Genossenschaftsanteilsförderung zu erfolgen (Hinweis auf das Urteil des FG Schleswig-Holstein v. 03.03.2005, 5 K 265/04, EFG 2005, 1167). Den Kl. sei schließlich insofern zuzustimmen, als die Anrechnung der Genossenschaftsanteilsförderung nur personenbezogen vorgenommen werden dürfe. Eine Kürzung der Eigenheimzulage des Klägers sei jedoch tatsächlich gar nicht erfolgt.

Der Senat hat am 07.02.2008 mündlich in der Sache verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Änderungsbescheid zur Eigenheimzulage 1998 vom 05.04.2005 und die Einspruchsentscheidung vom 21.07.2005 sind rechtmäßig und verletzen die Kl. nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO).

1) Beide Verwaltungsakte sind zunächst wirksam bekannt gegeben worden. Die Steuerberater GbR "A" ist von den Kl. bei Stellung des Antrags auf Eigenheimzulage für das selbstgenutzte EFH als Empfangsbevollmächtigte benannt worden. Anhaltspunkte für einen Widerruf dieser Empfangsvollmacht sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Auch im außergerichtlichen Vorverfahren (Einspruchseinlegung vom 09.04.2005) ist die Steuerberater GbR "A" unter dieser Bezeichnung als Vertreterin der Kl. aufgetreten. Demnach hat der Bekl. den Änderungsbescheid vom 05.04.2005 und die Einspruchsentscheidung vom 21.07.2005 zu Recht an die Steuerberater GbR "A" als Empfangsbevollmächtigte der Kl. gesandt. Unerheblich ist, dass die Klägerin im Rahmen der Beantragung der Eigenheimzulage für den Erwerb des Genossenschaftsanteils gegenüber dem Bekl. selbständig aufgetreten ist. Über die Wohnungseigenheimzulage der Kl. einerseits und die Genossenschaftsanteilsförderung der Klägerin andererseits wird in verschiedenen Verwaltungsverfahren entschieden.

2) Der Bekl. hat den ursprünglichen Eigenheimzulagebescheid 1998 zu Recht auf der Grundlage des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO geändert und die auf die Klägerin entfallende Genossenschaftsanteilsförderung sowie die dazugehörige Kinderzulage des dritten Jahres des Förderzeitraums (2005) auf die der Klägerin für das dritte Jahr des Förderzeitraums (1998) bereits gewährte Wohnungseigenheimzulage angerechnet (§ 9 Abs. 2 S. 4 i.V. mit Abs. 5 S. 6 EigZulG).

a) Der nachträgliche Erwerb von Genossenschaftsanteilen und die damit zusammenhängende Inanspruchnahme der Genossenschaftsanteilsförderung sind ein Ereignis, welches über die Anrechnungsvorschriften des Eigenheimzulagegesetzes steuerliche Rückwirkung für die Vergangenheit hat (sog. rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO).

Gemäß § 9 Abs. 2 S. 4 EigZulG mindert sich der Fördergrundbetrag der Wohnungseigenheimzulage jeweils um den Betrag, den der Anspruchsberechtigte im jeweiligen Kalenderjahr des Förderzeitraums für die Anschaffung von Genossenschaftsanteilen nach § 17 EigZulG in Anspruch genommen hat. Für die Kinderzulage folgt eine entsprechende Anrechnung aus der Verweisungsnorm des § 9 Abs. 5 S. 6 EigZulG.

Entgegen der Auffassung der Kläger beschränkt sich die Anrechnung nicht allein auf die Fallgruppe einer zeitlich parallelen Förderung, mithin auf die Konstellation, dass im selben Kalenderjahr eines Förderzeitraums (überschneidend) sowohl Wohnungseigenheimzulage als auch Genossenschaftsanteilsförderung in Anspruch genommen werden. Vielmehr ist die Anrechnung im Wege der sog. Überblendung (jahreskongruent, d.h. für das numerisch gleiche Förderjahr) auch in den Fällen einer der Wohnungseigenheimzulage vorgelagerten oder - wie im Streitfall - einer ihr nachgelagerten Genossenschaftsanteilsförderung vorzunehmen (so im Ergebnis auch FG Schleswig-Holstein, Urteil v. 03.03.2005, 5 K 265/04, EFG 2005, 1167; BMF-Schreiben v. 10.02.1998, BStBl. I 1998, S. 190, Rz. 116 u. 117, abgelöst durch BMF-Schreiben v. 21.12.2004, BStBl. I 2005, 305, Rz. 88 u. 89; OFD Karlsruhe, Vfg. v. 25.09.1998, FR 1998, 1062; Wacker, Eigenheimzulagengesetz3, München 2001, § 9 EigZulG Rz. 62; Stephan, Die Wohnungseigentumsförderung5, Stuttgart 1996, S. 588 ff. (590); Blümich/Erhard, Einkommensteuergesetz und Nebengesetze, § 9 EigZulG Rz. 21; Schwarz/Frotscher, Einkommensteuergesetz und Nebengesetze. § 9 EigZulG Rz. 13; Lademann/Boeker, Einkommensteuergesetz und Nebengesetze, § 9 EigZulG Rz. 23 f.).

Eine entsprechende jahreskongruente Anrechnung ergibt sich zur Überzeugung des erkennenden Senats schon aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 S. 4 EigZulG, welcher eine Minderung des Fördergrundbetrages für die Herstellung oder Anschaffung einer Wohnung "jeweils um den Betrag" vorsieht, den der Anspruchberechtigte "im jeweiligen" (im Sinne von "im entsprechenden" und nicht "im selben") Kalenderjahr des Förderzeitraums für die Anschaffung von Genossenschaftsanteilen in Anspruch genommen hat. Dafür spricht auch der Gang des Gesetzgebungsverfahren. Nach dem Entwurf des Gesetzes zur steuerrechtlichen Wohnungseigentumsförderung war nämlich zunächst vorgesehen, dass sich "der jährliche Fördergrundbetrag für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung um den Betrag mindert, den der Anspruchsberechtigte jährlich für die Anschaffung des Genossenschaftsanteils in Anspruch genommen hat" (Gesetzesentwurf v. 15.12.1995, BGBl. I 1995, S. 1783). Diese Formulierung streitet dafür, die Genossenschaftsanteilsförderung immer auf die Wohnungseigenheimzulage anzurechnen, auch wenn sie nicht gleichzeitig in Anspruch genommen wird. Eine inhaltliche Änderung sollte mit der späteren Gesetzesfassung nicht verbunden sein (vgl. Begründung zur letzten Beschlussfassung des Finanzausschusses, BT-Drucks. 13/3084, S. 16).

Für eine Anrechnung nicht nur der zeitgleich, sondern auch der vor- und der nachgelagert in Anspruch genommenen Förderung i.S. des § 17 EigZulG auf die Wohnungseigenheimzulage sprechen insbesondere die mit der Wohnungseigentumsförderung verfolgten Gesetzeszwecke. Mit der Wohnungseigenheimzulage (§§ 2 ff. EigZulG) sollte die private Bildung von Wohnungseigentum steuerrechtlich gefördert werden. Die Einbeziehung des Erwerbs von (eine spätere Eigentumsbildung ermöglichenden) Genossenschaftsanteilen in das Eigenheimzulagengesetz erfolgte ursprünglich u.a. mit der Intention, die Wohnungseigentumsbildung auch sozial Schwächeren zu ermöglichen und auf möglichst breite Schichten der Bevölkerung auszudehnen. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber den Erwerb von Genossenschaftsanteilen nicht zusätzlich zur Wohnungseigenheimzulage, sondern nur statt dessen bzw. allenfalls unter Verrechnung zu fördern beabsichtigte. Diese Ausdeutung kommt auch in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck, in denen es heißt, dass eine Doppelförderung durch die Anrechnungsvorschrift des § 9 Abs. 2 S. 4 EigZulG ausgeschlossen sei (vgl. Beschlussempfehlungen und Bericht des Finanzausschusses des Bundestages, BT-Drucksache 13/2784, S. 33). Systematisch betrachtet sprechen schließlich auch die Beschränkung der Wohnungseigentumsförderung auf nur ein Objekt (§ 6 Abs. 1 EigZulG) sowie die Beschränkung der Genossenschaftsanteilsförderung auf nur einen Erwerbsakt (§ 17 S. 1 EigZulG) für eine solche Auslegung.

b) Im steuerlichen Schrifttum wird dagegen die Auffassung vertreten, dass die Anrechnungsvorschrift des § 9 Abs. 2 S. 4 EigZulG neben den Fällen der gleichzeitigen Inanspruchnahme von Wohnungseigenheimzulage und Genossenschaftsanteilsförderung nur die Fälle der vorgelagerten Genossenschaftsanteilsförderung erfasse (zeitliche Reihenfolge: Zuerst Erwerb der Genossenschaftsanteile, dann später Herstellung oder Anschaffung einer Wohnung). Die Anrechnung einer nachgelagerten Genossenschaftsanteilsförderung (zeitliche Abfolge: Zuerst Herstellung oder Anschaffung einer Wohnung, später Erwerb von Genossenschaftsanteilen) und damit die rückwirkende Änderung von Eigenheimzulagefestsetzungen über § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO soll dagegen vom Wortlaut der Vorschrift nicht gedeckt sein (vgl. Hausen/Kohlrust-Schulz, Die Eigenheimzulage2, München 1998, Rz. 561 f.; Kohlrust-Schulz, DStR 1998, 665, 670; Drosdzol, FR 1998, 416, 420). Dieser Ansicht ist zuzugeben, dass der mitberatenden Bundestagsausschuss für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens eine Formulierung des § 9 Abs. 2 S. 4 EigZulG vorgeschlagen hatte, die ausschließlich den Fall regeln sollte, dass die geförderte Genossenschaftsbeteiligung Vorstufe des späteren Erwerbs einer Genossenschaftswohnung ist (vgl. BT-Drucksache 13/2784, S. 33). Die später verabschiedete Regelung lässt ihrem klaren Wortlaut zufolge eine objektbezogene Beschränkung der Anrechnungsvorschrift auf Genossenschaftswohnungen allerdings nicht mehr zu. Zur Überzeugung des Gerichts ist darüber hinaus eine Differenzierung nach der bloßen zeitlichen Abfolge der einzelnen Erwerbsakte (und damit nach häufig zufälligen Geschehnissen) weder mit dem gesetzgeberischen Anliegen der Vermeidung einer Doppelförderung noch mit der aus dem allgemeinen Gleichheitssatz resultierenden Forderung einer System- und Wertungskonsequenz (Sachgerechtigkeit und Folgerichtigkeit) der Steuergesetze vereinbar.

c) Schließlich stehen der Anrechnung der Genossenschaftsanteilsförderung auf die Wohnungseigenheimzulage der Klägerin im Streitfall auch nicht die Regelungen über die sog. Objektbeschränkung entgegen. Zwar können Eheleute, bei denen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes vorliegen, gemäß § 6 Abs. 1 S. 2 EigZulG die Eigenheimzulage grundsätzlich für insgesamt zwei Objekte beanspruchen. Der Erwerb eines Genossenschaftsanteils gilt jedoch nicht als Objekt in diesem Sinne. Vielmehr sind die Regelungen über die Objektbeschränkung gemäß § 17 S. 8 EigZulG ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Eigenheimzulage bei Anschaffung von Genossenschaftsanteilen ausgenommen.

3) Die Anrechnung der von der Klägerin beanspruchten Genossenschaftsanteilsförderung für das Jahr 2005 auf ihren Anteil an der Wohnungseigenheimzulage der Kl. für das Jahr 1998 erfolgte - entgegen den klägerischen Einwänden - ausschließlich personenbezogen und ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.

4) Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Der Antrag gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO ist damit gegenstandslos.

5) Die Revision war zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO). Eine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage des Anwendungsbereichs des § 9 Abs. 2 S. 4 EigZulG (§ 9 Abs. 2 S. 3 EigZulG in der zuletzt gültigen Fassung) steht bislang aus.



Ende der Entscheidung

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