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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 08.06.2004
Aktenzeichen: 6 K 5400/01 E
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 12 Nr 1 Satz 2
EStG § 9 Abs 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Senat des Finanzgerichts Münster in der Sitzung vom 08.06.2004, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Finanzgericht ...

Richter am Finanzgericht ...

Richter am Finanzgericht ...

Ehrenamtlicher Richter ...

Ehrenamtlicher Richter ...

auf Grund mündlicher Verhandlung für Recht erkannt:

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung von Aufwendungen für Seminare, die von Claas Bahr, Inhaber des Zentrums für Persönlichkeitsentwicklung in Münster, durchgeführt worden sind, als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers und der Klägerin.

Der Kläger ist Diplom-Kaufmann und erzielte im Streitjahr 2000 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er war als interner Revisor bei der Firma C in H beschäftigt. Dort oblag ihm die Führung eines Teams von fünf Mitarbeitern. Die Klägerin erzielte ebenfalls Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sie war als approbierte Apothekerin tätig und vertrat während ihrer Abwesenheit Apothekenleiter bzw. -inhaber.

Der Kläger besuchte seit 1998 Seminare im Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung in Münster. Die Klägerin besuchte 1999 ein Blockseminar Supervision mit den Schwerpunkten Kommunikation und Kundensprache und begann im Streitjahr 2000 das dreijährige Seminar "Berufsbegleitende Gruppe". Im Unterschied zu der Klägerin, die an wöchentlichen Treffen teilnahm, nahm der Kläger ausschließlich an Blockseminaren teil. Die Seminarinhalte waren aber im Wesentlichen gleich.

In ihrer Einkommensteuererklärung 2000 beantragten die Kläger u.a. folgende Fortbildungskosten als Werbungskosten:

Kläger

Teilnehmergebühren am Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung

 Blockveranstaltungen Supervision4.350,00 DM
Fahrtkosten382,72 DM
Insgesamt (gerundet)4.733,00 DM.

Klägerin

Teilnehmergebühren am Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung für berufsbegleitende Gruppe, berufsbegleitende Supervision, Weiterbildung zu den Themen Kommunikation, Führung beruflicher Haltung 1. Arbeitsjahr 2000 (wöchentlich Sitzungen a 3 Stunden, 3 Blockseminare a 2 Stunden):

 1 Blockseminar a 7 Tage4.800,00 DM
Blockveranstaltungen Supervision insgesamt4.400,00 DM
Fahrtkosten915,20 DM
Insgesamt (gerundet)10.116,00 DM.

Mit Bescheid vom 05.04.2001 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2000 auf 49.304,00 DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest und forderte weitere Unterlagen über die Inhalte der besuchten Seminare an, die zunächst nicht eingereicht wurden.

Mit Änderungsbescheid vom 15.05.2001 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2000 auf 55.940,00 DM herauf. Er erkannte die Aufwendungen für die Fortbildungskosten am Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung nicht mehr als Werbungskosten an, da er nach erneuter Überprüfung der Auffassung war, dass für den Besuch der Seminare eine private Mitveranlassung von nicht untergeordneter Bedeutung vorliege.

Mit Schreiben vom 29.05.2001 haben die Kläger gegen diesen Bescheid Einspruch eingelegt. Zur Begründung haben sie ausgeführt, dass eine private Mitveranlassung für den Besuch der Seminare im Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung nicht gegeben sei. Die Seminare dienten ausschließlich der beruflichen Fortbildung. Die besuchten Seminare vermittelten das heute notwendige Wissen über menschliche Verhaltensweisen im Zusammenhang mit Verkäufen, Erbringen von Dienstleistung, Umgang mit Mitarbeitern und Führung von Unternehmen. Schwerpunkte der Seminarinhalte seien insbesondere die unterschiedlichen Aspekte der Menschenführung. Das Wissen um bestimmte menschliche Verhaltensweisen sei eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit. Die Kläger haben darauf hingewiesen, dass bei sämtlichen anderen Seminarteilnehmern die Aufwendungen als Werbungskosten in 2001 berücksichtigt worden seien. Außerdem seien die Aufwendungen bei ihnen in den Vorjahren berücksichtigt worden. Eine Änderung der Seminarinhalte in 2000 habe nicht stattgefunden. Die Kläger haben im Einspruchsverfahren eine Bescheinigung des Zentrums für Persönlichkeitsentwicklung Claas Bahr vom 18.04.2001 vorgelegt, auf die verwiesen wird.

Ferner hat der Kläger vorgetragen, dass er während seiner Tätigkeit als interner Revisor insbesondere das Verhalten der Mitarbeiter in den unterschiedlichen Abteilungen und Produktions- und Betriebsgesellschaften im In- und Ausland prüfe. Da es sich bei Untersuchungen der internen Revision oftmals um Unterschlagungsfälle, Diebstahl und Ähnliches handele, sei das Wissen um bestimmte menschliche Verhaltensweisen eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit leisten und auch um prophylaktisch Gefahren abwenden zu können. Im Übrigen entspreche das moderne Wesen der internen Revisionen dem Erbringen von Dienstleistung sowohl für die Mitarbeiter als auch für die Geschäftsführung in der Art einer internen Unternehmensberatung. Er sei Kostenstellenleiter und die Kostenstelle werde als Profitcenter geführt. Von ihm werde unternehmerisches Handeln verlangt.

Mit Einspruchsentscheidung vom 29.08.2001 hat der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Er ist der Auffassung, dass die Aufwendungen nicht als Werbungskosten anerkannt werden können, da sie nicht ganz überwiegend beruflich veranlasst seien und der Abzugsbeschränkung des § 12 Nr. 1 Einkommensteuergesetz unterlägen. Nach § 12 Nr. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz, komme ein Werbungskostenabzug grundsätzlich dann nicht in Betracht, wenn die Aufwendungen zwar den Beruf förderten, daneben aber auch der Lebensführung dienten, es sei denn, dass der den Beruf fördernde Teil der Aufwendungen sich nach objektiven Maßstäben zutreffend und in leicht nachprüfbarer Weise von den Werbungskosten abgrenzen lasse und nicht von untergeordneter Bedeutung sei. Lasse sich - wie hier - eine Trennung der Aufwendungen nicht leicht und einwandfrei durchführen, so gehöre der gesamte Betrag zu den nicht abzugsfähigen Aufwendungen. Das gelte insbesondere auch für den Besuch von berufsbezogenen Seminaren und vergleichbaren Veranstaltungen, weil diese häufig auch und gerade der allgemeinen Persönlichkeitsentfaltung und -entwicklung dienten.

Der Beklagte hat insoweit auf das BFH-Urteil vom 17.11.1978 hingewiesen. Danach hätten die Kläger die Nachweispflicht dafür, dass die Aufwendungen nicht privat mitveranlasst seien.

Das Erlernen von psychologischen Grundlagen, psychologischer Gesprächstechnik und Kommunikation, auch wenn sie berufliche Elemente einbeziehe, diene stets zugleich der allgemeinen Persönlichkeitsentwicklung, sofern nicht im Einzelfall vom Steuerpflichtigen ein ausschließlicher berufsbezogener Trainingsinhalt nachgewiesen werde. Diesen Nachweis hätten die Kläger nicht erbracht. Die von den Klägern vom Veranstalter vorgelegten Bescheinigungen ließen in ihrer Gesamtheit nicht erkennen, dass sie speziell auf die Berufe der Einspruchsführer zugeschnitten seien. Kenntnisse über diverse psychologische und psychoanalytische Grundlagen dienten regelmäßig primär der allgemeinen Persönlichkeitsentwicklung. Die Förderung der allgemeinen Persönlichkeitsentwicklung diene regelmäßig der Steigerung der sozialen Kompetenz. Die erhöhte soziale Kompetenz sei jedoch nicht auf beruflich veranlasster Kommunikation begrenzt, sondern führe naturgemäß zu einem veränderten Umgang im Rahmen privater Kommunikation. Dafür, dass in den Seminaren allgemein gültige Grundlagen zur Erhöhung der sozialen Kompetenz erarbeitet würden, spreche auch, dass hier Angehörige unterschiedlicher Berufe geschult würden. Schließlich spreche auch die Tatsache, dass die streitigen Seminare von einem sog. Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung durchgeführt worden seien, gegen eine fast ausschließliche berufliche Veranlassung. Denn von dem Berufsfeld her fördere ein Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung gerade die (unter die allgemeinen Lebensführung fallende) Persönlichkeitsentfaltung und deren Entwicklung.

Mit ihrer am 28. September 2001 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Sie sind der Ansicht, dass nach § 9 Abs. 1 Satz 1 und § 12 Nr. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz Werbungskosten Aufwendungen zum Erwerb, zur Sicherung und Erhaltung von Einnahmen seien. Die Aufwendungen müssten objektiv durch die beruflichen Verhältnisse der Steuerpflichtigen veranlasst sein und subjektiv zur Förderung seines Berufs getätigt werden. Die Kläger weisen in diesem Zusammenhang auf den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 27. November 1978 hin. Ein Abzugsverbot gelte für solche Aufwendungen, die der Lebensführung der Steuerpflichtigen dienten, auch wenn sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgten. Abzugsfähig seien daher nur solche Werbungskosten, bei denen die berufliche Veranlassung bei weitem überwiege, private Gesichtspunkte also nur eine ganz untergeordnete Rolle spielten. Die Kläger verweisen in diesem Zusammenhang auf das BFH-Urteil vom 17. Juli 1992. Die Voraussetzungen lägen aber gerade dann vor, wenn die Aufwendungen zwar ihrem Anschein nach mit der privaten Lebensführung zusammenhingen, aber dennoch ausschließlich oder ganz überwiegend beruflich veranlasst seien. Insbesondere werde in der vorgezeichneten Entscheidung festgehalten, dass eine persönliche, immaterielle Bereicherung dann unschädlich sei, wenn im Wesentlichen die für den beruflichen Bereich gewonnenen Erkenntnisse maßgeblich im Fordergrund stünden.

Ergänzend habe der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 06. März 1995 zwar den Abzug als Werbungskosten abgelehnt, wenn beispielsweise ein Industriekaufmann an psychologischen Seminaren teilnehme. Insofern habe das Gericht aber Kriterien entwickelt und darauf abgestellt, ob für den konkreten Beruf diese vermittelten Kenntnisse notwendig seien und ob der Teilnehmerkreis des Seminars als homogen bezeichnet werden könne. Entsprechend diesen Kriterien sei aber festzustellen, dass im vorliegenden Fall der Beklagte zu Unrecht den Klägern den Werbungskostenabzug verweigert habe. Der Kläger sei als interner Revisor eines größeren Unternehmens verantwortlicher Vorgesetzter der ihm zugeordneten Arbeitnehmer. Die Klägerin habe als Vertreterin für die Apothekeninhaber ständig mindestens drei und teilweise bis zum sieben Mitarbeiter zu leiten. Darüber hinaus beabsichtige sie, sich möglicherweise in nächster Zeit selbständig zu machen.

Auch seien diese Fähigkeiten insbesondere bei der Klägerin notwendig, da sie sich jeweils bei den Apothekeninhabern für die Vertragsstelle bewerben müsse. In dieser Funktion müssten die Kläger bestimmte Kenntnisse der Menschenführung und der damit zusammen hängenden Probleme des richtigen Einsatzes von Mitarbeitern und der Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern, aber auch mit den Vorgesetzten bzw. Apothekeninhaber, anwenden und kennen gelernt haben. Fehlten diese, müssten diese erworben werden. Insofern sei zunächst vom Ansatz her aus der Einspruchsentscheidung des Beklagten zu zitieren; danach habe auch der Beklagte anerkannt, dass die Seminare der Förderung der beruflichen Tätigkeit der Kläger dienten. Des weiteren sei die Thematik des Seminars zu sehen. Schwerpunkte dieses Seminars seien die Fort- und Weiterbildung von Führungspersonen in Unternehmen und anderen hierarchischen Strukturen gewesen. Auch das Argument, dass in den Seminaren Angehörige der unterschiedlicher Berufe geschult worden sei, spreche nicht gegen dieses Ergebnis. Die Entscheidung des BFH vom 06. März 1995 sei insofern genau zu lesen. Der BFH habe keineswegs den Grundberuf allein als Maßstab herangezogen, sondern die vergleichbare Position der Teilnehmer und die Berufsbezogenheit des besuchten Seminars. Gerade aber diese Voraussetzung liege in dem zu entscheidenden Rechtsstreit vor. Insofern stellten sich die Teilnehmer an dem hier interessierenden Seminar des Zentrums für Persönlichkeitsentwicklung in Münster als homogen dar; diese hätte eine von der Rechtsprechung geforderte innere Struktur. Neben Unternehmern bildeten leitende Angestellte und Beamte den Teilnehmerkreis. Dieser bestünde ausschließlich aus Personen, die in leitenden Funktionen gegenüber anderen tätig seien. Insofern handele es sich tatsächlich um eine homogene Gruppe.

Zudem spreche auch die Dauer der Kurse und die damit verbundenen Belastungen gegen eine private Veranlassung. Die Kurse erstreckten sich über eine Dauer von drei Jahren bei einer wöchentlichen Stundenzahl von drei. Dazu fänden verschiedene Blockveranstaltungen an Wochenenden statt. Daraus werde deutlich, dass die Kläger die Kurse nicht besuchten, weil es ihren persönlichen Interessen entspräche, vielmehr geschehe dies, um notwendige Qualifikation für ihre berufliche Tätigkeit zu erlangen.

Die Kläger haben eine Stellungnahme der Klägerin vom 14.08.2002, eine Übersicht über den Inhalt und Lehrplan der von der Klägerin besuchten, berufsbegleitenden Gruppe im Jahr 2002, eine Stellungnahme des Klägers vom 14.08.2002, einen Lehrplan und die Lerninhalte der von dem Kläger besuchten Seminare für die Jahre 1998 und 1999 und 2000 vorgelegt. Auf die eingereichten Unterlagen wird verwiesen.

Die Kläger haben auf das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 20. März 2002, Aktenzeichen 8 K 6260/99 E hingewiesen.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2000 vom 15.05.2001 und die Einspruchsentscheidung vom 29.08.2001 dahingehend zu ändern, dass zusätzliche Werbungskosten in Höhe von 14.849,00 DM berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass nach dem o. g. Urteil des Finanzgerichts Münster die Seminare in einem nicht unerheblichen Umfang Allgemeinwissen vermitteln. Im Übrigen verweist er auf seine Einspruchsentscheidung.

Der Senat hat am 08.06.2004 in der Sache mündlich verhandelt; auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Das FA hat zu Recht die Aufwendungen der Kläger für die Teilnahme an berufsbegleitenden Supervisionsseminaren in Höhe von 14.849,00 DM nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zum Abzug zugelassen.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Die Aufwendungen müssen objektiv durch die beruflichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen veranlasst sein und subjektiv zur Förderung seines Berufs getätigt werden. Allerdings besteht gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG ein Abzugsverbot für solche Aufwendungen, die der Lebensführung des Steuerpflichtigen dienen, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Nach ständiger Rechtsprechung sind deshalb Aufwendungen, die sowohl der Lebensführung dienen, als auch den Beruf fördern, nur abziehbar, wenn die berufliche Verursachung bei Weitem überwiegt, private Gesichtspunkte also nur eine ganz untergeordnete Rolle spielen. Es ist dabei nicht zulässig, Kosten für einen Lehrgang, der auch psychologische Kenntnisse vermittelt, generell mit der Begründung nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG von einem Werbungskostenabzug auszuschließen, "nach allgemeiner Lebenserfahrung" würden derartige Kurse vielfach aus Gründen persönlicher Selbsterkenntnisse gewählt. Vielmehr bedarf es für die Entscheidung, ob ein Lehrgang auf die allgemeine Persönlichkeitsentwicklung oder auf die Vermittlung von auf den Beruf zugeschnittenen und für den Beruf wichtigen psychologischen Erkenntnissen ausgerichtet ist, konkreter Feststellungen zu den Lehrinhalten und den Ablauf des Lehrgangs sowie den teilnehmenden Personen.

Die Voraussetzungen eines Werbungskostenabzugs liegen auch vor, wenn Aufwendungen zwar ihrem Anschein nach mit der privaten Lebensführung zusammenhängen, aber dennoch ausschließlich oder ganz überwiegend beruflich veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn sich private Anwendungsmöglichkeiten zwangsläufig und untrennbar aus den im beruflichen Interesse gewonnenen Erkenntnissen und Fertigkeiten ergeben. Es ist regelmäßig unvermeidlich, dass bei einer psychologisch orientierten Unterrichtung und Übung zugleich persönliche Aspekte eine Rolle spielen. Vergleichbares gilt für andere Berufsgruppen. Ein Arzt, Rechtsanwalt, Sportlehrer, Reisebegleiter, Dolmetscher oder Künstler wird für den beruflichen Bereich gewonnene Erkenntnisse vielfach auch im persönlichen Bereich anwenden können. Solche Erkenntnisse können sich auch im Bereich persönlicher Erfahrungen und Entwicklungen bewegen, die für die Ausübung des Berufs erforderlich sind. In diesen Fällen liegt eine berufliche Veranlassung der Aufwendungen vor, nicht dagegen handelt es sich um Aufwendungen der privaten Lebensführung, die die berufliche Tätigkeit wesentlich fördern. Jedenfalls ist in diesen Fällen die private gegenüber der beruflichen Veranlassung von untergeordneter Bedeutung.

Andererseits sind Kosten für die Teilnahme an psychologischen Seminaren, die nicht primär auf die spezifischen Bedürfnisse des vom Steuerpflichtigen ausgeübten Berufs zugeschnitten sind, sondern gleichermaßen der persönlichen Weiterbildung dienen, nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht als Werbungskosten abziehbar, da bei derartigen Seminaren die der privaten Lebensführung zuzurechnenden Gesichtspunkte nicht von ganz untergeordneter Bedeutung sind. Von einer nahezu ausschließlichen beruflichen Veranlassung der Aufwendungen für die Teilnahme an psychologischen Seminaren kann bei Steuerpflichtigen, deren Beruf nicht die psychologische oder psychotherapeutische Behandlung, Betreuung oder Unterrichtung anderer Menschen ist, nur dann ausgegangen werden, wenn im Wesentlichen ein auf den konkreten Beruf zugeschnittenes psychologisches Wissen vermittelt wird und der Teilnehmerkreis des Seminars entsprechend homogen zusammengesetzt ist. Nur bei dieser Fallgestaltung können die beruflichen Gründe für die Teilnahme an einem psychologischen Seminar als so gewichtig gewertet werden, dass demgegenüber die privaten Gesichtspunkte als unwesentlich zurücktreten (vgl. zum Vorstehenden BFH-Urteil vom 24.08.2001 VI R 40/94 BFH/NV 2002, 182-184 mit weiteren Hinweisen zur BFH-Rechtsprechung).

In den von den Klägern im Streitjahr besuchten Seminaren ist in einem nicht unerheblichen Umfang Allgemeinwissen vermittelt worden.

Zu Beginn der auf einen Zeitraum von drei Jahren verteilten Supervisionsseminare sind laut Schreiben des Veranstalters vom 18.04.2001 die verschiedenen psychologischen Theorien und die dahinterliegenden Menschenbilder unterrichtet worden. Danach sind die verschiedenen Wirtschaftstheorien dargestellt worden. Auf dem Hintergrund dieses Erlernten sind die unterschiedlichsten Führungstechniken für Mitarbeiter entwickelt worden. Der Veranstalter hat insoweit folgende Schwerpunkte genannt: Prinzipien der Gestalttherapie; Neurotische Mechanismen; Hier und Jetzt; Figur und Hintergrund; Alkoholismus; Homöostase; Grundbegriffe u. Geschichte der Psychoanalyse; Philosophischer Hintergrund der Gestalttherapie; Gestalt in der Literatur; Neurosenlehre in der Psychoanalyse; Adler; Rogers; Verhaltenstherapie; "Beruf, Arbeit" marxistisch, philosophisch; Marx; Keynes; Taylor; Quantenmechanik; Chaosforschung; Popper.

Bei diesen Schwerpunkten handelt es sich zu einem nicht unwesentlichen Teil um Allgemeinwissen, was auch an weiterführenden Schulen vermittelt wird. (ebs. Finanzgericht Münster, Urteil vom 20. März 2002, Az.: 8 K 6260/99 E, nicht veröffentlicht zu den gleichen Seminaren). Die Vermittlung des Wissens zu den genannten Schwerpunktthemen hat auch den größten Zeitanteil bei den Seminaren ausgemacht. Nach dem von der Klägerin vorgelegten Schreiben des Veranstalters vom 18.04.2001 erstreckte sich die gesamte Veranstaltung aufgrund der Vielfältigkeit und der Komplexität des wirtschaftlichen Geschehens über eine Dauer von drei Jahren. Diese Dauer sei insbesondere deswegen notwendig gewesen, um den einzelnen Teilnehmern Zeit und Raum zu geben, das Erlernte abzusichern und im Alltag umzusetzen. Für eine intensive Alltagskontrolle sei ein wöchentlicher Termin von drei Stunden notwendig gewesen. Für das Erarbeiten intensiver Zusammenhänge hätten zusätzlich zwei Wochenendtermine sowie eine einwöchige Veranstaltung pro Jahr stattgefunden. Nach Angaben des Veranstalters sind für die theoretischen Schwerpunktthemen insgesamt 320 Stunden benötigt worden. Weitere ca. 280 Stunden seien für das Durcharbeiten der Supervisionen sowie das Aufarbeiten von Fehlern und Schwachstellen gebraucht worden.

Diese Angaben belegen, dass die o. a. Schwerpunktthemen gerade nicht einen völlig unerheblichen Zeitanteil hatten.

Im Übrigen entfällt auch bei den vom Veranstalter genannten 280 Stunden für das Durcharbeiten der Supervisionen sowie für das Aufarbeiten von Fehlern und Schwachstellen ein nicht unerheblicher Anteil auf Wissen und Erfahrungen, der auch zur Bereicherung des zur Privatsphäre gehörenden Allgemeinwissens führt. Dies hängt zugleich damit zusammen, dass der Teilnehmerkreis dieser Seminare, bei dem es sich nach Angaben der Kläger und des Veranstalters um einen geschlossenen Teilnehmerkreis handelt, aus verschiedenen Berufsgruppen besteht. Nach Angaben des Veranstalters haben an den sich über einen Zeitraum von drei Jahren erstreckenden Seminaren, an denen die Kläger teilgenommen hat, leitende Angestellte aus verschiedenen Dienstleistungsbereichen (Sozialwesen, Heilberufswesen, Öffentlichkeitsarbeit, Kultursektor), Pädagogen, Verwaltungsbeamte höhere Laufbahn, Führungskräfte im Einzelhandel, Naturwissenschaftler (Biologen, Geographen, Dipolom Ingenieure) Unternehmer und Selbständige (Sozialwesen, Heilberufe, kultureller Dienstleistungssektor) teilgenommen. Aufgrund der Art und Weise, wie diese Seminare durchgeführt wurden, erhielten alle Teilnehmer zwangsläufig tiefe Einblicke in die Arbeitswelt der für sie fremden Berufe. Dies führte zwangsläufig - wie bei den anderen Teilnehmern auch - zur Bereicherung des Allgemeinwissens der Kläger. Aus der von der Klägerin eingereichten Übersicht "Lehrplan und Lerninhalte der von (Klägerin) besuchten Berufsbegleitenden Gruppe (BBG) im Jahr 2000" und der Übersicht "Lehrplan und Lerninhalte der von (Kläger) besuchten Seminare im Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung der Jahre 1998 - 1999" und des Jahres 2000 ergibt sich nämlich, dass die ersten Wochenendseminare und wöchentlichen Sitzungen dazu dienen sollten, den jeweiligen Teilnehmer Grundlagenwissen zu verschaffen, dass in den folgenden 28 Monaten zum Zwecke der Sachverhaltserarbeitung für die Supervisionen in zwei Abschnitten die hierfür gebildeten Kleingruppen von drei bis vier Personen sich zwei bis drei Mal gegenseitig (je Person) am Arbeitsplatz besuchten. Auf der Grundlage des vorher theoretisch Erlernten wurden dabei von den Teilnehmern über jeden besuchten Teilnehmer Berichte gefertigt, die anschließend in den wöchentlichen Sitzungen bearbeitet wurden. Dabei werden in Gesprächen und Rollenspielen die Lösungsmöglichkeiten für die konkreten Arbeitsplatzsituationen erarbeitet und in gemeinsamer Reflexion die Schwachstellen und Fehler aufgearbeitet.

Aus den Lehrplänen und Lehrinhalten wird ersichtlich, das die Seminare in großem Umfang auch Problemfelder anderer Berufsgruppen aufarbeiten, die mit den konkreten Berufen der Kläger nichts zu tun haben. Voraussetzung für die Anerkennung von Werbungskosten ist nach der Rechtsprechung des BFH (s. BFH Urteil vom 6. März 1995, Az: VI R 76/94, BFHE 177, 119, BStBl II 1995, 393) aber, dass die berufliche Veranlassung bei weitem überwiegt, private Gesichtspunkte also keine oder nur eine ganz untergeordnete Rolle spielen (vgl. BFH-Beschluß vom 27. November 1978GrS 8/77, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213; vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter zu C II 2 bb, S.823 und C II 5 h bb, S.829 der Entscheidungsgründe). Die festgestellten Tatsachen rechtfertigen jedoch nicht die Annahme, daß die der privaten Lebensführung zuzurechnenden Gesichtspunkte von ganz untergeordneter Bedeutung waren. Denn nach den Feststellungen führten die Seminare auch zur persönlichen Weiterbildung und es wurden u.a. Grundbegriffe der Gestalt- und Verhaltenstherapie, Supervision, Moderation und Kommunikation vermittelt. Die erworbenen Kenntnisse konnten in Alltagssituationen angewendet werden und betreffen damit jedenfalls auch in erheblichem Umfang die allgemeine Lebensführung. Die Seminare waren nicht primär auf die spezifischen Bedürfnisse eines bestimmten Berufes oder einer bestimmten Berufssparte ausgerichtet, sondern haben -außer der persönlichen Weiterbildung- Aspekte des allgemeinen Berufslebens oder verschiedener Berufe berücksichtigt. An rethorischen und psychologischen Seminaren der Art, wie sie die Kläger besucht hat, nehmen viele Bürger aus rein privaten Erwägungen teil.

Ferner kann bei Steuerpflichtigen, deren Beruf nicht die psychologische oder psychotherapeutische Behandlung, Betreuung oder Unterrichtung anderer Menschen ist, von einer nahezu ausschließlich beruflichen Veranlassung der Aufwendungen für die Teilnahme an psychologischen Seminaren nur dann ausgegangen werden, wenn im wesentlichen ein auf den konkreten Beruf zugeschnittenes Wissen vermittelt wird und der Teilnehmerkreis des Seminars entsprechend homogen zusammengesetzt ist. Nur bei dieser Fallgestaltung können die beruflichen Gründe für die Teilnahme an einem psychologischen Seminar als so gewichtig gewertet werden, dass demgegenüber die privaten Gesichtspunkte als unwesentlich zurücktreten (s. BFH Urteil vom 6. März 1995, Az: VI R 76/94 a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind aber ebenfalls nicht erfüllt. Der Kläger als Innenrevisor eines größeren Unternehmens und die Klägerin als Vertreterin für Apothekeninhaber haben keine auf ihre konkreten Berufe zugeschnittenen Seminare besucht. Das Teilnehmerfeld bestand auch nicht nur aus Innenrevisoren einerseits oder Apothekern andererseits.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

Ende der Entscheidung

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