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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 21.12.2005
Aktenzeichen: 7 K 5243/02 F
Rechtsgebiete: EStG 1998, EStG


Vorschriften:

EStG § 17 Abs 4 Satz 3
EStG § 34
EStG 1998 § 16 Abs 1 Nr 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Senat des Finanzgerichts Münster in der Sitzung vom 21.12.2005, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Finanzgericht ...

Richter am Finanzgericht ...

Richterin am Finanzgericht ...

Ehrenamtlicher Richter ...

Ehrenamtlicher Richter ...

im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

Tatbestand

Streitig ist, ob der Gewinn aus der Auflösung einer GmbH, welche zum Betriebsvermögen der Klägerin (Klin.) gehört, gemäß §§ 16, 34 Einkommensteuergesetz (EStG) ermäßigt zu besteuern ist.

Die Klin. betrieb bis zum 30.06.1998 in Form einer GmbH & Co. KG einen Autohandel mit Neu- und Gebrauchtwagen und war Vertragshändlerin der A AG (A). Komplementärin ohne Vermögensbeteiligung war die X Verwaltungs-GmbH, alleiniger Kommanditist war X. X hielt zu 100 % Anteile an der Firma Autohaus X GmbH, deren Unternehmensgegenstand sich ebenfalls auf den Handel mit Fahrzeugen, Autozubehör etc. erstreckte. Alleiniger Gesellschafter der GmbH war X. Die Anteile der GmbH gehörten bei der KG zum Sonderbetriebsvermögen des X.

Zwischen der Klin. und der GmbH bestand ab 01.01.1995 ein Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag, wonach die GmbH die sich aus den Handelsbilanzen ergebenden Gewinne an die Klin. abzuführen hatte; Art und Umfang der geschäftlichen Tätigkeit der GmbH werden durch die Klin. bestimmt.

Zum 30.06.1998 stellte die Klin. ihre geschäftliche Tätigkeit ein und veräußerte zum 01.07.1998 sämtliches Anlage- und Umlaufvermögen an die Firma U GmbH.

Die GmbH beschloss mit Gesellschaftsbeschluss vom 25.06.1998 ebenfalls ihre Auflösung zum 30.06.1998 und veräußerte ebenfalls zum 01.07.1998 sämtliches Anlage- und Umlaufvermögen.

Für das Streitjahr 1998 ermittelte die Klin. einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn in Höhe von 1.566.204 DM, wobei 415.001 DM aus der Auflösung der GmbH stammten. Der Beklagte (Bekl.) folgte zunächst der Feststellungserklärung und erließ am 20.01.2000 einen entsprechenden Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen.

Ende 2000 führte das Finanzamt für Großbetriebsprüfung (GroßBp) N eine Betriebsprüfung (Bp) bei der Klin. durch. Dabei vertrat der Prüfer unter Berufung auf Abschnitt 56 Abs. 1 Körperschaftssteuerrichtlinien (KStR) die Auffassung, dass der Gewinn aus der Auflösung der GmbH originär bei dieser und nicht bei der Klin. zu erfassen sei, da Liquidationsgewinne nicht mehr der vertraglichen Gewinnabführung unterlägen.

Die Auskehrung des Vermögens der GmbH behandelte der Betriebsprüfer als eine Gewinnausschüttung (laufender Gewinn) in Höhe von 338.120 DM (236.684 DM + 3/7 anrechenbare Körperschaftsteuer - KSt -). Wegen der Einzelheiten wird auf den Bp-Bericht vom 27.11.2000 Bezug genommen.

Am 25.01.2001 erging ein entsprechend geänderter Feststellungsbescheid, gegen den die Klin. am 26.02.2001 Sprungklage erhob. Dieser stimmte das Finanzamt nicht zu, so dass das Verfahren als außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren fortgeführt wurde. Das Verfahren blieb ohne Erfolg. Auf die ablehnende Einspruchsentscheidung (EE) vom 27.08.2002 wird Bezug genommen.

Am 27.09.2002 hat die Klin. Klage erhoben, die sie wie folgt begründet:

Entgegen der Auffassung des Bekl. falle der Liquidationsgewinn der GmbH unter den Ergebnisabführungsvertrag, so dass er nicht bei der GmbH sondern bei der Klin. zu erfassen sei. Darüber hinaus könne auch für den Fall, dass der Liquidationsgewinn nicht dem Ergebnisabführungsvertrag unterfalle, die Auskehrung des Liquidationsgewinns nicht dem laufenden Gewinn zugerechnet werden.

Zwar ergebe sich aus der ab 1997 geltenden Fassung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, dass in den Fällen der Teilbetriebsaufgabe in Form der Auflösung der Kapitalgesellschaft die Auskehrung des verwendbaren Eigenkapitals von der Vergünstigung der §§ 16 und 34 EStG ausgenommen sei. Im Streitfall habe die Klin. jedoch ihren ganzen Betrieb (GmbH und KG) zeitgleich aufgegeben, so dass der Gewinn aus der Veräußerung bzw. Aufgabe nach allgemeinen Grundsätzen zu ermitteln sei. Dabei müssten die GmbH-Anteile mit dem gemeinen Wert ermittelt werden, welche auch die zu erwartenden Auskehrungen des Liquidationsgewinns umfassten. Durch die Vorschrift des § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG könnten die allgemeinen Grundsätze nicht durchbrochen werden. Alle Rechtsnormen, die speziell die Veräußerung oder Aufgabe eines Teilbetriebs beträfen, gingen dementsprechend ins Leere.

Die Auffassung des Bekl., dass es innerhalb der Betriebsaufgabe der KG hinsichtlich der zum Betriebsvermögen gehörenden GmbH-Beteiligung gleichzeitig eine Teilbetriebsaufgabe gebe, widerspreche der Konzeption des § 16 EStG, nach der sich die Aufgabe eines ganzen Betriebes und eine Teilbetriebsveräußerung ausschlössen. Liege der Tatbestand einer Betriebsaufgabe im Ganzen vor, könne keine Teilbetriebsaufgabe vorliegen. Auch die allgemeinen Grundsätze des körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungsverfahrens stünden dem nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht entgegen.

Die Klin. beantragt,

den begünstigten Veräußerungsgewinn laut Bescheid in Höhe von 551.203 DM um 338.120 DM zu erhöhen und somit in Höhe von 889.323 DM festzustellen, den laufenden Gewinn laut Bescheid in Höhe von 336.072 DM entsprechend zu mindern und die Erhöhung des Veräußerungsgewinns und die Minderung des laufenden Gewinns dem Gesellschafter X zuzurechnen.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er vertritt wie in der EE die Auffassung, dass der Gewinn aus der Auflösung der GmbH nicht als begünstigter Veräußerungsgewinn berücksichtigt werden könne. Zwar gelte gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auch die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Teilbetrieb. Gemäß § 17 Abs. 4 Satz 3 EStG gelte dies im Falle der Veräußerung einer Kapitalgesellschaft jedoch dann nicht, wenn die Bezüge zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG zählten. Die Auskehrung des verwendbaren Eigenkapitals im Rahmen der Liquidation einer Kapitalgesellschaft gehöre zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Durch die Vorschrift des § 17 Abs. 4 Satz 3 EStG habe der Gesetzgeber eindeutig entschieden, dass es keine kumulative Wirkung der Vergünstigung der KSt-Anrechnung und der ermäßigten Besteuerung des Veräußerungsgewinns geben sollte.

Die steuerliche Behandlung durch den Prüfer, nämlich die Auskehrung des verwendbaren Eigenkapitals, für die das EK 45 als verwendet gilt, als laufende Einnahmen anzusehen, sei daher nicht zu beanstanden.

Auch aus der erfolgten Gesamtbetriebsaufgabe ergebe sich nichts Anderes, weil diese die Teilbetriebsaufgabe einschließe. Die Spezialnorm des § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG wirke in die Grundregel des § 16 Abs. 1 Satz 1 EStG hinein, in dem sie bestimme, dass die umfassende, zum Betriebsvermögen rechnende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Teilbetrieb gelte und dass in Fällen der Auflösung der Kapitalgesellschaft der Aufgabegewinn nicht nach allgemeinen Grundsätzen, sondern nach den analog anwendbaren Vorschriften der §§ 17 Abs. 4 EStG und 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG durchzuführen sei. Auch sei zu beachten, dass mit der Einstellung der Tätigkeit der Klin. nicht zwangsläufig auch die Liquidation der GmbH verbunden gewesen sei; diese hätte ihren Betrieb vielmehr selbständig weiterführen können. Zudem seien Gewinnausschüttungen nach herrschender Meinung immer in voller Höhe zu versteuern, so dass die Anwendung der Steuervergünstigungen nach §§ 16, 34 EStG nicht möglich sei. Im Streitfall sei die Gesamtbetriebsaufgabe der GmbH zeitlich erst nach der Liquidation der GmbH möglich gewesen.

Der Berichterstatter hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 26.10.2005 erörtert; auf das Terminsprotokoll wird Bezug genommen.

Gründe

Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Klage ist begründet.

Der Bekl. hat den an die Klin. abgeführten Liquidationserlös der GmbH, welche zum Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters X gehörte, zu Unrecht dem laufenden und nicht dem Aufgabegewinn der Klin. zugerechnet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klin. in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

1. Nicht zu beanstanden ist, dass der Bekl. den Liquidationserlös der GmbH bei dieser und nicht bei der Klin. berücksichtigt hat.

Zwischen den Beteiligten besteht Einigkeit, dass zwischen der GmbH und der Klin. seit dem 01.01.1995 ein Organschaftsverhältnis mit der Klin. als Organträgerin und der GmbH als Organgesellschaft bestand.

Eine Organgesellschaft übt mit dem Beginn der Liquidation eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit, die Voraussetzung einer Organschaft ist, nicht mehr aus. Sie erzielt damit keinen Gewinn mehr, der auf Grund eines Ergebnisabführungsvertrages an den Organträger abzuführen ist (BFH-Urteil vom 18.10.1967 I 262/63, BStBl. II 1968, 105).

2. Allerdings war der an die Klin. abgeführte Liquidationserlös der GmbH ermäßigt zu besteuern, §§ 16 Abs. 1, 34 EStG.

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG gehören Gewinne aus einer Betriebsveräußerung, welche gemäß § 16 Abs. 3 EStG der Betriebsaufgabe gleichgestellt ist, zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb.

Gegenstand einer Betriebsveräußerung/-aufgabe nach § 16 Abs. 1 EStG können sein:

der ganze Gewerbebetrieb (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG)

ein Teilbetrieb (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG)

die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG)

Anteile an einer Mitunternehmerschaft (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG)

der Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters an einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG).

Im Streitfall wurde durch die Gesellschafterbeschlüsse vom 25.06.1998 die Aufgabe der Klin. als Ganzes beschlossen, so dass durch die nachfolgenden Veräußerungs- bzw. Aufgabehandlungen eine Gesamtbetriebsaufgabe/-veräußerung vorgenommen wurde. Zeitgleich wurde die Liquidation der Organgesellschaft, also der GmbH beschlossen und durchgeführt.

Die Veräußerung oder Aufgabe eines ganzen Gewerbebetriebs liegt vor, wenn alle wesentlichen Teile des Betriebsvermögens von dem Veräußerungs- oder Aufgabevorgang umfasst werden (BFH-Urteile vom 12.04.1989 I R 105/85, BStBl. II 1989, 653, vom 29.10.1992 III R 5/92, BFH/NV 1993, 233 und vom 02.09.1992 XI R 26/91, BFH/NV 1993, 161) und in einem einheitlichen Vorgang auf einen Erwerber übergehen oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden, so dass der Betrieb als selbständiger Organismus des Wirtschaftslebens zu bestehen aufhört (BFH-Urteile vom 09.09.1993 IV R 30/92, BStBl. II 1994, 105 und vom 21.08.1996 X R 78/93, BFH/NV 1997, 226).

Unstreitig hat die Klin. sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen (zum Begriff BFH-Urteil vom 12.06.1996 XI R 56, 57/95, IX R 56/95, BStBl. II 1996, 527 und Schmidt-Wacker, EStG, 24. Aufl., § 16 RdNr. 100 ff.) veräußert. Ob die Beteiligung des Gesellschafters X an der GmbH als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen ist, kann dabei offen bleiben, da jedenfalls die Auflösung oder Liquidation einer Kapitalgesellschaft, die zum Untergang einer 100 %-igen Beteiligung führt einer Veräußerung bzw. Aufgabe gleichsteht (BFH-Urteil vom 15.09.1998 IV R 75/87, BStBl. II 1991, 624 und Schmidt-Wacker, EStG, § 16 RdNr. 167).

Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns hat der Bekl. zu Unrecht den Erlös aus der Liquidation der GmbH nicht berücksichtigt.

Aufgabe- bzw. Veräußerungsgewinn ist nach § 16 Abs. 2 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt.

Da die Anteile an der GmbH unstreitig zum Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters X und damit zum Betriebsvermögen der KG gehörten, ist der aus der Auflösung der GmbH entstandene Gewinn, der der Höhe nach zwischen den Beteiligten unstreitig ist, dem Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn hinzuzurechnen.

Aufgabegewinn aus der Liquidation einer Kapitalgesellschaft ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem gemeinen Wert des gesamten von der Kapitalgesellschaft ausgekehrten Vermögens und dem Buchwert der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft im Gesellschaftsvermögen der KG (BFH-Urteil vom 19.04.1994 VIII R 2/93, BStBl. II 1995, 705). Zweifelhaft ist dabei lediglich, ob der ausgekehrte Betrag insofern als laufender Gewinn zu behandeln ist, als er eine Gewinnausschüttung für die Zeit vor der Liquidation enthält (BFH-Urteil vom 19.04.1994 VIII R 3/92, BStBl. II 1995, 705 m. w. N.). Im Streitfall ergibt sich jedoch, dass der ausgeschüttete Gewinn ausschließlich aus der Liquidation der GmbH stammt, so dass dieser Punkt unentschieden bleiben kann.

Der auszukehrende Erlös belief sich nach den nicht bestrittenen Ermittlungen des Betriebsprüfers auf 336.684 DM. Da die Beteiligung in der Bilanz der KG mit 100.000 DM zu Buche stand, verblieb ein Aufgabegewinn in Höhe von 236.684 DM, zu welchem die anrechenbare KSt in Höhe von 3/7, also 101.436 DM hinzuzurechnen ist.

Dass dem ausgekehrten Vermögen die anzurechnende KSt als weitere Einnahme nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG hinzuzurechnen ist, steht einer Einordnung als Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn nicht entgegen, da das körperschaftsteuerliche Anrechnungsverfahren weder zu einer einschränkenden Auslegung noch zu einer telologischen Reduktion der §§ 16, 34 EStG führt (BFH-Urteil BStBl. II 1995, 705).

Entgegen der Auffassung des Bekl. scheiterte die Zurechnung des ausgekehrten Erlöses zum Aufgabegewinn nicht an der Vorschrift des § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 2. Halbsatz EStG.

Nach dieser Vorschrift und durch den Verweis auf § 17 Abs. 4 Satz 3 EStG werden die in der Kapitalrückzahlung enthaltenen Beträge aus thesaurierten Gewinnen, die - weil aus verwendbarem Eigenkapital stammend - nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören, aus dem Veräußerungs- oder Aufgabegewinn herausgenommen und als laufender Gewinn versteuert.

Diese Vorschrift gilt aber ausdrücklich nur für den Fall einer Teilbetriebsaufgabe in der Form der Veräußerung einer das gesamte Nennkapital umfassenden Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft.

Im Streitfall geht es aber nicht - worauf die Klin. zu Recht hinweist - um die Veräußerung eines Teilbetriebes, sondern um die Veräußerung/Aufgabe eines Betriebes im Ganzen. Die Aufgabe/Veräußerung eines Betriebes im Ganzen schließt eine Teilbetriebsaufgabe aus; eine Teilbetriebsaufgabe kann systematisch nämlich nur dann vorliegen, wenn der "restliche" Betrieb bestehen bleibt; die Teilbetriebsaufgabe vollzieht sich somit im Rahmen eines fortbestehenden Gewerbebetriebes. Wird der Betrieb insgesamt aufgegeben bzw. veräußert, bleibt für eine Teilbetriebsaufgabe kein Raum und auch keine Notwendigkeit.

Dass die Vorschrift des § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG im Fall der Veräußerung/Aufgabe eines Gesamtbetriebes nicht zur Anwendung kommt, ergibt sich auch aus folgender Überlegung:

Durch die Vorschrift des § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ist die Aufgabe/Veräußerung einer 100 %-igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft einer Teilbetriebsveräußerung gleichgestellt worden, weil die wirtschaftlichen Aktivitäten einer Kapitalgesellschaft, deren Anteile voll in der Hand des Unternehmers sind, regelmäßig die Selbständigkeitsgrundsätze eines Teilbetriebes noch übertreffen. Eine Gleichstellung ist daher gerechtfertigt, ohne dass die rechtlichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Teilbetriebes vorliegen müssen. Wird aber - wie hier - der ganze Gewerbebetrieb, zu dessen Betriebsvermögen die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft gehört, aufgegeben bzw. veräußert, bedarf es der gesetzlichen Fiktion des § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht, weil die Veräußerung der Beteiligung bei der Ermittlung des Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinns des Gesamtbetriebs sowieso zu berücksichtigen ist. Kommt die Fiktion des § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht zur Anwendung, bleibt auch die dazu bestehende Ausnahmevorschrift des § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 2. Halbsatz EStG außen vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. § 709 Zivilprozessordnung.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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