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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 26.08.2008
Aktenzeichen: 9 K 1660/05 K
Rechtsgebiete: KStG, EStG, HGB, EGHGB, VBL-Satzung 2001


Vorschriften:

KStG § 8 Abs. 1
EStG § 4c
EStG § 5 Abs. 1 S. 1
HGB § 249 Abs. 1 S. 1
EGHGB Art. 28 Abs. 1 S. 2
VBL-Satzung 2001 § 23
VBL-Satzung 2001 § 64
VBL-Satzung 2001 § 65
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

9 K 1660/05 K

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Klägerin für Sanierungsgelder, die sie künftig an die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) voraussichtlich zu entrichten haben wird, Rückstellungen zu bilden hat.

Die Klägerin ist eine im Jahr 1998 gegründete GmbH, deren Gesellschafter kommunale Gebietskörperschaften sind. Ihr Gegenstand ist die Energieerzeugung und der Energiehandel zur Weiterlieferung an kommunale Stadtwerke. Durch Beteiligung an der VBL verschafft sie ihren Arbeitnehmern Anwartschaften und Ansprüche auf zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung.

Die VBL erbrachte zunächst Leistungen im Rahmen einer Gesamtversorgung. Diese war dadurch gekennzeichnet, dass die von den Versicherten bezogenen Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung durch die hinzutretende VBL-Rente im Ergebnis annähernd auf das Niveau der nach beamtenversorgungsrechtlichen Grundsätzen zu erwartenden Versorgung angehoben wurde. Die laufenden Rentenleistungen wurden im Umlageverfahren aus den laufenden Beiträgen erbracht.

Dieses System war aus verschiedenen Gründen nicht mehr finanzierbar. Durch Vereinbarung der Tarifvertragsparteien wurde das Gesamtversorgungssystem daher zum 1. Januar 2001 geschlossen. Nach diesem Stichtag erwerben die Versicherten ihre Anwartschaften in einem Betriebsrentensystem nach dem Punktemodell (zur zivil- und verfassungsrechtlichen Zulässigkeit dieses Systemwechsels umfassend Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 14. November 2007 IV ZR 74/06, BGHZ 174, 127). Die laufenden Leistungen werden weiterhin im Umlageverfahren aufgebracht. Auf Seiten der Versicherten werden die Leistungsansprüche künftiger Versorgungsberechtigter - unter Gewährung weitgehenden Vertrauensschutzes für Rentenbezieher und rentennahe Jahrgänge - um durchschnittlich 20% abgesenkt. Die durch den Arbeitgeber an die VBL abzuführende Umlage wird ab dem 1. Januar 2002 wie folgt bemessen (jeweils in % des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts der Pflichtversicherten):

Beitrag des Arbeitgebers: 6,45% (unverändert),

Beitrag des Arbeitnehmers: 1,41% (zuvor 1,25%),

vom Arbeitgeber zu tragendes Sanierungsgeld: durchschnittlich 2,0%; für die Arbeitgebergruppe, der die Klägerin angehört, jedoch 1,85% (zuvor nicht erhoben).

Insgesamt hat die Klägerin an die VBL nunmehr Beträge in Höhe von 9,71% des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts ihrer Arbeitnehmer abzuführen; bis zum 31. Dezember 2001 belief sich dieser Satz hingegen auf lediglich 7,7%.

Von den insgesamt 20 in der VBL versicherten Arbeitnehmern der Klägerin fallen zwei unter die vertrauensschützenden Übergangsregelungen für rentennahe Jahrgänge. Die Klägerin hat diese beiden Arbeitnehmer von den Stadtwerken ihrer Gesellschafter übernommen.

Die Erhebung des Sanierungsgelds beruht auf § 65 der Satzung der VBL vom 22. November 2002, die mit Rückwirkung zum 1. Januar 2001 in Kraft getreten ist (VBL-Satzung 2001, Bundesanzeiger vom 3. Januar 2003). Eine entsprechende Regelung war bereits im "Altersversorgungsplan 2001" von den Tarifvertragsparteien am 13. November 2001 verbindlich vereinbart worden. § 65 VBL-Satzung 2001 lautet:

"(1) Infolge der Schließung des Gesamtversorgungssystems und des Wechsels vom Gesamtversorgungssystem zum Punktemodell erhebt die Anstalt entsprechend dem periodischen Bedarf von den Beteiligten im Abrechnungsverband West ab 1. Januar 2002 pauschale Sanierungsgelder zur Deckung eines zusätzlichen Finanzierungsbedarfs, der über die Einnahmen bei dem Umlagesatz von 7,86 v.H. hinausgeht und der zur Finanzierung der vor dem 1. Januar 2002 begründeten Anwartschaften und Ansprüche (Altbestand) dient. Sanierungsgelder werden erhoben, solange das Anstaltsvermögen, soweit es dem Abrechnungsverband West zuzurechnen ist, am Ende des Deckungsabschnitts ohne Berücksichtigung von Sanierungsgeldern den versicherungsmathematischen Barwert der zu diesem Zeitpunkt bestehenden und vor dem 1. Januar 2002 begründeten Anwartschaften und Ansprüche voraussichtlich unterschreitet. Bei der Ermittlung des Barwerts sind ein Rechnungszins von 3,25 v.H. während der Anwartschaftsphase und 5,25% während des Rentenbezugs sowie eine Dynamisierungsrate der Renten ab Rentenbeginn von 1 v.H. jährlich zu berücksichtigen.

(2) Die Gesamthöhe der Sanierungsgelder wird im Deckungsabschnitt auf der Grundlage eines versicherungsmathematischen Gutachtens von der Anstalt festgesetzt; die Feststellung nach § 64 Abs. 2 ist zu beachten. Ab 1. Januar 2002 entspricht die Gesamthöhe der Sanierungsgelder 2,0 v.H. der zusatzversorgungspflichtigen Entgelte aller Pflichtversicherten im Jahr 2001. Die Summe dieser Entgelte ist jährlich entsprechend der Anpassung der Betriebsrenten (§ 39) zu erhöhen. Ändert sich der periodische Bedarf, sind die Sanierungsgelder in dem Umfang anzupassen, wie dies zur Deckung des Mehrbedarfs für den Altbestand, der über den Umlagesatz von 7,86 v.H. hinausgeht, erforderlich ist.

(3) Die auf die Beteiligten entfallenden Sanierungsgelder für das jeweilige Kalenderjahr werden jährlich bis 30. November des Folgejahres nach dem für das jeweilige Kalenderjahr ermittelten Verhältnis der neunfachen Rentensumme aller Renten zuzüglich der Entgeltsumme aller Pflichtversicherten zu der auf den Beteiligten entfallenden neunfachen Rentensumme zuzüglich der Entgeltsumme seiner Pflichtversicherten betragsmäßig festgesetzt.

(4) Für die Beteiligten, die einem Arbeitgeberverband angehören, ist ein Betrag nach Maßgabe des Absatzes 3 festzulegen, indem die auf sie entfallenden Rentensummen und die Entgeltsummen ihrer Pflichtversicherten zusammengerechnet werden. (...) Folgende Aufgliederung der Beteiligten ist damit im Rahmen der Festlegung des Sanierungsgeld-Betrags zugrunde zu legen:

a) Bund (...),

b) Mitgliedsländer der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (...),

c) Mitglieder kommunaler Arbeitgeberverbände (...),

d) sonstige Arbeitgeber (...).

(6) Die Beteiligten entrichten in entsprechender Anwendung des § 64 Abs. 6 monatliche Abschlagszahlungen für die auf sie entfallenden Sanierungsgelder in Form eines vorläufigen Vomhundertsatzes der zusatzversorgungspflichtigen Entgelte aller Pflichtversicherten des Beteiligten. (...)"

Während § 65 Abs. 2 VBL-Satzung 2001 den Gesamtbetrag der jährlichen Sanierungsgelder auf 2% der Entgeltsumme aller Pflichtversicherten festlegt, nehmen § 65 Abs. 3 bis 5 VBL-Satzung 2001 hinsichtlich des vom einzelnen Arbeitgeber zu entrichtenden Sanierungsgeldsatzes Differenzierungen vor. Diese Regelungen sollen das Maß des unterschiedlichen Anteils der einzelnen an der VBL beteiligten Arbeitgebergruppen am Bestand der Aktiven einerseits und der Versorgungsempfänger andererseits berücksichtigen. Für die Arbeitgebergruppe, der die Klägerin angehört, wurde zunächst ein Sanierungsgeldsatz von 1,85% des laufenden zusatzversorgungspflichtigen Entgelts ihrer Arbeitnehmer festgelegt.

Während des Klageverfahrens ist diese Regelung mit Wirkung ab dem 1. Januar 2006 dahingehend geändert worden, dass die Verteilung des Sanierungsgelds auf die einzelnen VBL-Mitglieder stärker an die Zahl der dem Mitglied zuzuordnenden Rentner anknüpft, die unter die vertrauensschützende Übergangsregelung fallen. Aufgrund dieser Änderung hat die Klägerin ab 2006 kein Sanierungsgeld mehr zu zahlen.

Wenn ein Beteiligter aus der VBL ausscheidet, hat er eine nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu berechnende Gegenwertzahlung (Einmalzahlung) zur Deckung der von der VBL weiterhin zu erfüllenden Verpflichtungen zu erbringen (§ 23 VBL-Satzung 2001).

Für das Jahr 2001 wurden gemäß § 65 Abs. 1 VBL-Satzung 2001 noch keine Sanierungsgelder erhoben. In ihrer Handelsbilanz zum 31. Dezember 2001 berücksichtigte die Klägerin auch keinen Passivposten für künftig zu erwartende Sanierungsgeldzahlungen. Davon abweichend bildete sie hierfür jedoch - ohne die Gewerbesteuer-Rückstellung gegenläufig anzupassen - in ihrer Steuerbilanz zum 31. Dezember 2001 eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten i.H.v. ... DM. Diesen Betrag ermittelte die Klägerin, indem sie das Sanierungsgeld, das sich für 2001 ergeben hätte, wenn die ab 2002 geltende Regelung bereits zuvor anwendbar gewesen wäre (... DM), kapitalisierte und dabei eine unbegrenzte Laufzeit annahm. Dem folgte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) zunächst.

Am 1. Juli 2003 beantragte die Klägerin, die Rückstellung nicht mehr zu berücksichtigen, damit ein Rechtsbehelfsverfahren in Gang gesetzt werden könne.

Daraufhin erhöhte das FA in dem nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Körperschaftsteuer-(KSt-)Bescheid 2001 vom 22. Juli 2003 die Festsetzung entsprechend. Am 11. August 2003 erging - aus hier nicht im Streit befindlichen Gründen - ein weiterer, auf § 164 Abs. 2 AO 1977 sowie § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG) gestützter Änderungsbescheid, mit dem die Steuer herabgesetzt wurde. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 11. September 2003 Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens ist der angefochtene Bescheid mehrfach, zuletzt am 3. November 2004, geändert worden. Am 21. März 2005 wies das FA den Einspruch zurück.

Es führte aus, nach der für Beiträge an Pensionskassen geltenden Regelung des § 4c EStG seien nur laufende Zuwendungen als Betriebsausgaben abziehbar. Zusätzliche Rückstellungen könnten - mit Ausnahme echter Erfüllungsrückstände gegenüber der Pensionskasse, an denen es vorliegend jedoch fehle - nicht gebildet werden. Die Klägerin müsse sich daran festhalten lassen, dass sie sich nicht für den Aufbau einer eigenen Altersversorgung über Pensionsrückstellungen entschieden habe, sondern für die Beteiligung an der VBL. Die Bildung zusätzlicher Rückstellungen für künftige Beitragspflichten würde - gerade vor dem Hintergrund der Steuerbefreiung der VBL - eine unzulässige Doppelbegünstigung darstellen. Bei der Zwischenschaltung externer Träger der Altersversorgung würden häufig Deckungslücken bezogen auf den Barwert der zugesagten Leistungen entstehen. Gleichwohl ließen die einschlägigen Vorschriften des EStG den Grundgedanken erkennen, lediglich die laufenden Zahlungen an den Versorgungsträger zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen.

Zudem habe die VBL-Satzung 2001 keine Systemumstellung, sondern lediglich eine Änderung der Zahlungsmodalität bewirkt. Denn das Sanierungsgeld decke ebenso wie die sonstigen Umlagen laufende Altersversorgungszahlungen ab; es sei daher als Fortsetzung der früheren Umlage unter anderer Bezeichnung anzusehen. Es bemesse sich nicht nach der bestehenden Gesamtverpflichtung für die Erfüllung der Leistungen aus Altzusagen, sondern lediglich nach dem laufenden Bedarf eines kurzen künftigen Zeitabschnitts. Wäre der "normale" Umlagesatz für die Dauer des Zeitraums, in dem die Bestandsrentner einen erhöhten Bedarf verursachen, erhöht worden, hätte auch keine Rückstellung gebildet werden können. Eine Gegenwertzahlung nach § 23 VBL-Satzung 2001 werde erst durch eine künftige Beendigung der Beteiligung an der VBL ausgelöst; dies sei als künftiges ungewisses Ereignis jedoch nicht bei der Rückstellungsbildung zu berücksichtigen.

Im Klageverfahren vertritt die Klägerin weiterhin die Auffassung, das Sanierungsgeld sei wirtschaftlich bereits in der Vergangenheit verursacht, weil es ausschließlich der Finanzierung des Altbestands diene. Der Wert der Versorgungszusagen, die diesem Personenkreis erteilt worden seien und an denen aus Vertrauensschutzgründen festgehalten werden müsse, übersteige den mit den regulären Umlagen finanzierbaren Betrag um etwa 20%. Mit dem Sanierungsgeld solle der Finanzierungsbedarf für diesen übersteigenden Teil der Altzusagen abgedeckt werden, um das alte System schließen zu können. Von der - an sich gebotenen - Erhebung eines Einmalbeitrags sei nur wegen der erheblichen finanziellen Größenordnung, die bei vielen VBL-Mitgliedern zu Liquiditätsschwierigkeiten geführt hätte, abgesehen worden. Der dargestellte Vergangenheitsbezug sei auch für die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Verneinung der Lohnsteuerpflicht des Sanierungsgelds tragend gewesen.

Das aus dem handelsrechtlichen Passivierungswahlrecht des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch (EGHGB) abgeleitete steuerrechtliche Passivierungsverbot für mittelbare Pensionsverpflichtungen sei vorliegend nicht einschlägig, weil die Klägerin gegenüber der VBL originär zur Leistung verpflichtet sei. Auch sei die Rechtsprechung zur Ablehnung der Bildung von Rückstellungen für künftige Beiträge an den Pensionssicherungsverein, an die Berufsgenossenschaft oder an Unterstützungskassen auf den Streitfall nicht übertragbar.

Die Klägerin hat zunächst die Auffassung vertreten, das Sanierungsgeld werde im Umlageverfahren erhoben. Auch in einem Umlageverfahren erfordere das Prinzip periodengerechter Gewinnermittlung aber die Berücksichtigung künftiger Belastungen, soweit diese in der Vergangenheit verursacht worden seien. Im weiteren Verlauf des Klageverfahrens ist sie dazu übergegangen, die Art der Erhebung des Sanierungsgelds als Kapitaldeckungsverfahren zu bewerten. Es handle sich um die ratenweise Tilgung einer bereits in vollem Umfang entstandenen Verbindlichkeit.

Ferner verweist die Klägerin auf die in § 20 Abs. 2 der VBL-Satzung 2001 enthaltene Möglichkeit, die Mitgliedschaft in der VBL im Rahmen der Begründung der Beteiligung von Bedingungen, insbesondere der Gewährleistung einer Mindestzahl von Beschäftigten, abhängig zu machen. Sie hat aber auch auf Nachfrage des Senats nicht vorgetragen, dass die Klägerin oder eine ihrer Organgesellschaften einer solchen Bedingung ausgesetzt sind.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Beteiligten übereinstimmend ergänzend den folgenden Sachverhalt vorgetragen: Eine Organgesellschaft (O) der Klägerin, die Stadtwerke X-Stadt GmbH, hat zum 31. Dezember 2001 - insoweit übereinstimmend in der Handels- und Steuerbilanz - ebenfalls eine Rückstellung für Sanierungsgeldverpflichtungen i.H.v. ... DM gebildet. Die Höhe dieses Betrags wurde nach denselben Grundsätzen wie bei der Klägerin ermittelt; insbesondere wurde auch hier der Kapitalisierungsfaktor für eine ewige Rente angesetzt. Der - im Gegensatz zur Klägerin bereits seit vielen Jahren tätigen - O sind zahlreiche Rentner und ältere Beschäftigte zuzurechnen, die unter die vertrauensschützenden Übergangsregelungen der VBL-Satzung 2001 fallen. Das FA hat diese Rückstellung bei der Ermittlung des körperschaftsteuerlichen Einkommens - unter gegenläufiger Anpassung der Gewerbesteuerrückstellung - nicht berücksichtigt. Das so ermittelte Einkommen der O ist der Klägerin zugerechnet und im angefochtenen Bescheid erfasst worden.

Die Klägerin beantragt,

die Einspruchsentscheidung vom 21. März 2005 aufzuheben und die Körperschaftsteuer 2001 unter Änderung des Bescheids vom 3. November 2004 in der Weise festzusetzen, dass die Bildung einer Rückstellung für "Sanierungsgelder" i.H.v. ... DM gewinnmindernd - unter gegenläufiger Anpassung der Gewerbesteuerrückstellung - berücksichtigt wird,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der Berichterstatter hat die Sache am 24. Juni 2008 mit den Beteiligten erörtert, der Senat hat am 26. August 2008 mündlich verhandelt. Auf die jeweiligen Protokolle wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Die Klägerin konnte mit ihrem am 11. September 2003 erhobenen Einspruch gegen den Änderungsbescheid vom 11. August 2003 auch noch die infolge der Nichtanerkennung der Rückstellung eingetretene Gewinnerhöhung angreifen, obwohl diese bereits im Bescheid vom 22. Juli 2003 vorgenommen worden war. Denn der Bescheid vom 22. Juli 2003 war nicht formell bestandskräftig geworden, weil bereits innerhalb der Einspruchsfrist der weitere Änderungsbescheid vom 11. August 2003 ergangen war. Im Übrigen war der Bescheid auch materiell nicht bestandskräftig geworden, weil er unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand.

Auch die in der mündlichen Verhandlung vorgenommene Klageerweiterung im Hinblick auf die bei der O nicht berücksichtigte Rückstellung ist zulässig (vgl. BFH-Beschluss vom 23. Oktober 1989 GrS 2/98, BFHE 159, 4, BStBl II 1990, 327). Obwohl es sich vorliegend um eine Klage gegen einen Änderungsbescheid handelt, steht dem auch die Vorschrift des § 42 FGO i.V.m. § 351 Abs. 1 AO 1977 nicht entgegen. Denn der angefochtene Bescheid steht noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und kann daher jederzeit geändert werden (vgl. BFH-Beschluss vom 11. März 1999 V B 24/99, BFHE 188, 128, BStBl II 1999, 335, unter II.1.a). Das nach § 44 Abs. 1 FGO erforderliche Vorverfahren ist auch hinsichtlich der Klageerweiterung durchgeführt worden, weil das FA verpflichtet war, die Sache im Einspruchsverfahren in vollem Umfang erneut zu prüfen (§ 367 Abs. 2 Satz 1 AO 1977), und diese Verpflichtung auch den der Klägerin zugerechneten Gewinn der O einschließt.

2. Die Klägerin und die O durften zum 31. Dezember 2001 jedoch keine Rückstellung für voraussichtlich zukünftig zu erbringende Sanierungsgelder an die VBL bilden.

Gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG haben die Klägerin und die O in ihren Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Diese Grundsätze ergeben sich u.a. aus § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB). Danach sind für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden.

Für die Entscheidung der materiell-rechtlichen Streitfrage kommt es nicht darauf an, dass die Klägerin - anders als die O - in ihrer Handelsbilanz zum 31. Dezember 2001 keine Rückstellung für die künftigen Sanierungsgeldzahlungen gebildet hat. Denn nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG ist nicht etwa die konkrete Handelsbilanz maßgeblich für die steuerliche Gewinnermittlung, sondern vielmehr dasjenige Betriebsvermögen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Wäre die Klägern handelsrechtlich verpflichtet, eine Rückstellung wegen ungewisser Verbindlichkeiten zu bilden, müsste eine solche Rückstellung in der Steuerbilanz daher auch dann berücksichtigt werden, wenn ihre Bildung in der Handelsbilanz zu Unrecht unterblieben wäre (vgl. hierzu Schmidt/Weber-Grellet, EStG, Kommentar, 27. Auflage 2008, § 5 Rn. 26).

3. Die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten setzt eine betrieblich veranlasste, aber ungewisse Verpflichtung gegenüber einem Dritten voraus, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit entstehen und zu einer Inanspruchnahme des Steuerpflichtigen führen wird, und die ihre wirtschaftliche Verursachung im Zeitraum vor dem Bilanzstichtag findet (BFH-Urteil vom 30. November 2005 I R 110/04, BFHE 212, 83, BStBl II 2007, 251, unter II.2. vor a, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Die Pflicht zur Zahlung künftiger Sanierungsgelder ist bei der Klägerin und der O betrieblich veranlasst. Da aus Sicht des Bilanzstichtags 31. Dezember 2001 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen war, dass die Klägerin und die O ihre Betriebe auch in Zukunft fortführen würden und bei der VBL noch über Jahre hinaus ein Bedarf für die Erhebung von Sanierungsgeldern bestehen würde, ist auch die hinreichende Wahrscheinlichkeit der Entstehung und der Inanspruchnahme zu bejahen. Obwohl die VBL-Satzung 2001 erst im November 2002 beschlossen worden ist, waren die in § 65 VBL-Satzung 2001 getroffenen Regelungen bereits am Bilanzstichtag hinreichend sicher zu erwarten, weil die Tarifvertragsparteien sich schon am 13. November 2001 entsprechend geeinigt hatten. Hingegen beruht der Umstand, dass die Klägerin - anders als die O - tatsächlich seit dem 1. Januar 2006 keine Sanierungsgelder mehr zu entrichten hat, auf einer zwischenzeitlichen Änderung der VBL-Satzung, die am Bilanzstichtag 31. Dezember 2001 noch nicht absehbar war. Dies alles ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig.

Betrifft die Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten Verpflichtungen aus einer Pensionszusage, ist zusätzlich die Vorschrift des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch (EGHGB) zu beachten. Danach braucht für eine mittelbare Verpflichtung aus einer Pensionszusage in keinem Fall eine Rückstellung gebildet werden. Diese Regelung betrifft aber allein die subsidiäre Eintrittspflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer für den Fall, dass die Versorgungskasse ihre Pflichten nicht mehr erfüllen kann. Darum geht es vorliegend nicht, weil das Sanierungsgeld nicht an die Arbeitnehmer, sondern an die VBL zu zahlen ist. Auch dies ist zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig.

4. Die Beteiligten streiten vielmehr allein darüber, ob die aus Sicht des Bilanzstichtages 31. Dezember 2001 künftig voraussichtlich zu zahlenden Sanierungsgelder wirtschaftlich bereits in der Vergangenheit verursacht worden sind. Diese Frage ist zu verneinen.

a) Die wirtschaftliche Verursachung einer Verpflichtung vor dem maßgebenden Bilanzstichtag setzt nach ständiger Rechtsprechung des BFH voraus, dass die wirtschaftlich wesentlichen Tatbestandsmerkmale für das Entstehen der Verbindlichkeit bereits am Bilanzstichtag erfüllt sind und das rechtliche Entstehen der Verbindlichkeit nur noch von wirtschaftlich unwesentlichen Tatbestandsmerkmalen abhängt. Maßgeblich ist dabei die wirtschaftliche Wertung des Einzelfalles vor dem Hintergrund der rechtlichen Struktur des Tatbestands, mit dessen Erfüllung die Verbindlichkeit entsteht (BFH-Urteil vom 30. November 2005 I R 110/04, BFHE 212, 83, BStBl II 2007, 251, unter II.2.b, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

b) Für diese Beurteilung ist allein der tatsächlich verwirklichte Einzelfall und die konkret gewählte rechtliche Struktur maßgebend, nicht aber ein hypothetischer Sachverhalt. Von vornherein ohne Belang für die Entscheidung des Streitfalls sind daher die von den Verfahrensbeteiligten gebildeten hypothetischen Vergleichsfälle.

So kommt es - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht darauf an, dass das Sanierungsgeld theoretisch auch als Einmalbetrag hätte erhoben werden können. Denn in seiner konkreten Ausgestaltung sieht § 65 VBL-Satzung 2001 keine Einmalzahlung, sondern ausschließlich laufende Zahlungen vor.

Ebensowenig von Bedeutung ist das Vorbringen des FA, die Sanierung hätte auch dadurch bewirkt werden können, dass schlicht die laufenden Umlagen um 2% erhöht werden. In ihrer konkreten Ausgestaltung sieht die VBL-Satzung 2001 eben keine Erhöhung der laufenden Umlage, sondern ein ausdifferenziertes System der Erhebung eines zusätzlichen Betrages mit eigenständiger versicherungsmathematischer Kalkulation und rechtlicher Zweckbindung (vgl. § 64 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 VBL-Satzung 2001) vor.

c) Ein Vergangenheitsbezug ist auch insoweit zu verneinen, als der Klägerin und der O zum 31. Dezember 2001 Rentner bzw. ältere Arbeitnehmer zuzurechnen waren, die unter die vertrauensschützenden Übergangsregelungen fallen.

Für die wirtschaftliche Wertung des Einzelfalles vor dem Hintergrund der rechtlichen Struktur des Tatbestands der Verbindlichkeit stehen im Streitfall zwei Merkmalskomplexe im Vordergrund:

aa) Die erste wirtschaftlich wesentliche Grundvoraussetzung für die Pflicht zur künftigen Erbringung von Sanierungsgeldern liegt nach der VBL-Satzung 2001 in der Beschäftigung von Arbeitnehmern in den Mitgliedsunternehmen der VBL, die für ihre in der Vergangenheit liegenden Dienstzeiten Anwartschaften auf Altersversorgung in einer Höhe erworben haben, die in der Zeit ab 2002 durch die laufenden Umlagen von 7,86% nicht mehr finanziert werden können, und deren Anwartschaften unter die vertrauensschützenden Übergangsregelungen der VBL-Satzung 2001 fallen.

Diese Grundvoraussetzung weist infolge der Anknüpfung an Anwartschaften, die durch frühere Arbeitsleistungen bereits vor dem Bilanzstichtag erworben worden sind, einen deutlichen Vergangenheitsbezug auf. Dieser Vergangenheitsbezug besteht nicht nur auf der Ebene der VBL, sondern dem Grunde nach auch für die Klägerin bzw. für die O, weil diese Arbeitnehmer beschäftigen, die aufgrund ihrer in der Vergangenheit liegenden Dienstzeiten unter die vertrauensschützenden Übergangsregelung der VBL-Satzung fallen.

bb) Die zweite Grundvoraussetzung liegt darin, dass aus der Sicht des Bilanzstichtags 31. Dezember 2001 das jeweilige VBL-Mitglied Sanierungsgelder nur dann zu zahlen haben wird, wenn und soweit es auch in Zukunft zusatzversorgungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigt.

Dies ergibt sich daraus, dass die in § 65 Abs. 3 VBL-Satzung 2001 festgelegte Einzelbetrachtung des Verursachungsbeitrags des jeweiligen VBL-Mitglieds durch die Gruppenbetrachtung des § 65 Abs. 4 VBL-Satzung 2001 überlagert wird. Zwar würde sich nach § 65 Abs. 3 VBL-Satzung 2001 für den einzelnen Arbeitgeber auch dann noch eine Pflicht zur künftigen Zahlung von Sanierungsgeldern ergeben, wenn alle seine Arbeitnehmer weggefallen wären und die Summe seiner zusatzversorgungspflichtigen Entgelte daher 0 betragen würde. Denn auch auf einen solchen Beteiligten entfällt - aufgrund der Beschäftigung von Arbeitnehmern in der Vergangenheit - noch eine Rentensumme, die neben der aktuellen Entgeltsumme ebenfalls in die Bemessung des anteilig vom jeweiligen Arbeitgeber zu entrichtenden Sanierungsgelds eingeht. Jedoch hat die Gruppenbetrachtung des § 65 Abs. 4 VBL-Satzung 2001 zur Folge, dass innerhalb der jeweiligen Arbeitgebergruppe, der der einzelne Beteiligte angehört, die Sanierungsgelder wiederum nach dem Verhältnis der laufenden zusatzversorgungspflichtigen Entgelte aufgebracht werden. Mindern sich diese Entgelte bei dem jeweils betrachteten Arbeitgeber oder fallen sie sogar ganz weg, wird dieser in Zukunft entsprechend geringere oder gar keine Sanierungsgeldzahlungen mehr zu entrichten haben. Entsprechend hat auch die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass alle VBL-Beteiligten aus der Arbeitgebergruppe des § 65 Abs. 4 Satz 3 Buchst. c VBL-Satzung 2001 (Mitglieder kommunaler Arbeitgeberverbände usw.) ab 2002 zunächst 1,85% der laufenden zusatzversorgungspflichtigen Entgelte ihrer Beschäftigten zu entrichten hatten, ohne dass innerhalb der Gruppe weiter nach der Verursachung laufender Rentenzahlungen differenziert worden wäre. Zwar kann die VBL bei Abschluss einer Beteiligungsvereinbarung theoretisch eine Mindestzahl an Versicherten zur Bedingung erheben (§ 20 Abs. 2 VBL-Satzung 2001); nach Überzeugung des Senats (§ 96 FGO) unterliegen die Klägerin und die O derartigen Bedingungen aber nicht.

Die Erhebung des Sanierungsgelds nach der VBL-Satzung 2001 erfolgt daher in einem klassischen Umlageverfahren: Der laufende Finanzierungsbedarf wird - ohne Rücksicht darauf, dass die Lasten wirtschaftlich durch die Entlohnung vergangener Arbeitsleistungen, die zudem ggf. zugunsten von ganz anderen Arbeitgebern erbracht worden sind - durch laufende Umlagen der gegenwärtigen Arbeitgeber nach Maßgabe des gegenwärtigen Arbeitslohns der im Erhebungszeitpunkt Beschäftigten gedeckt wird.

Entgegen der - im Verlauf des Verfahrens wechselnden und nicht immer mit hinreichender Eindeutigkeit vorgetragenen - Auffassung der Klägerin handelt es sich nicht um ein Kapitaldeckungsverfahren. Ein solches würde zwingend voraussetzen, dass bei der VBL ein Kapitalstock für die Abdeckung der Altbestände vorhanden wäre. Daran fehlt es; insbesondere lassen die Geschäftsberichte der VBL keinen Kapitalstock für Sanierungszwecke erkennen. Erst recht ist in den Geschäftsberichten nicht der von der Klägerin als "feststehender Gesamtbetrag" der Sanierungslast genannte Betrag von 40,2 Mrd. DM verzeichnet. Vielmehr folgt aus der Anordnung in § 65 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 3 VBL-Satzung 2001, wonach das Sanierungsgeld "entsprechend dem periodischen Bedarf" erhoben wird, mit hinreichender Deutlichkeit, dass ausschließlich der laufende Bedarf für die Bemessung des Sanierungsgelds maßgebend ist. Dies ist aber der typische Charakter eines Umlageverfahrens. In einem Kapitaldeckungsverfahren käme es für die Bemessung der Beiträge hingegen nicht auf den laufenden Bedarf, sondern allein darauf an, in welchem Maße die Risiken, deren Verwirklichung künftig erwartet werden muss, bereits in der Vergangenheit wirtschaftlich verursacht worden sind.

Auch die VBL selbst geht davon aus, dass die Sanierungsgelder im Umlageverfahren erhoben werden. So sind in ihrer Gewinn- und Verlustrechnung für 2006 unter dem Gliederungspunkt "I.1. Umlageaufkommen" auch die Sanierungsgelder aufgeführt (S. 56, 88 des Geschäftsberichts 2006). Auch in der "Übersicht über die Positionen der versicherungstechnischen Rechnung" (S. 78 des Geschäftsberichts 2006) heißt es: "Umlage/Beiträge für Versorgungskonto I: Abrechnungsverband West (einschließlich Sanierungsgeld) ...". Nach der Systematik der VBL-Satzung 2001 (vgl. dort insbesondere § 66) wird aber lediglich das Versorgungskonto II durch Beiträge im Kapitaldeckungsverfahren gespeist.

Der Senat vermag der Klägerin auch nicht darin zu folgen, dass bei ihr und der O in Höhe der Sanierungsgeldsumme eine Darlehensverbindlichkeit gegenüber der VBL bestehe, auf die sie ratenweise Tilgungsleistungen erbringt. Insbesondere hat die Klägerin nicht dargelegt, dass für sie und die O ein konkreter Zahlbetrag festgestellt worden wäre, der unabhängig von der künftigen Beschäftigung von Arbeitnehmern in jedem Fall zu entrichten sein wird. Auch ist in den Bilanzen der VBL keine Darlehensforderung gegen die Klägerin, die O und die anderen VBL-Beteiligten ausgewiesen.

cc) Bei wertender Betrachtung gehört sowohl die frühere Beschäftigung von Arbeitnehmern, die geschützte Anwartschaften erworben haben, als auch die künftige Beschäftigung von Arbeitnehmern, die zusatzversorgungspflichtige Entgelte beziehen werden, zu den wirtschaftlich wesentlichen Tatbestandsmerkmalen für das Entstehen künftiger Verpflichtungen zur Zahlung von Sanierungsgeldern. Da die höchstrichterliche Rechtsprechung für die Bildung einer Rückstellung aber voraussetzt, dass alle wirtschaftlich wesentlichen Tatbestandsmerkmale bereits am Bilanzstichtag erfüllt sind und das rechtliche Entstehen der Verbindlichkeit nur noch von wirtschaftlich unwesentlichen Tatbestandsmerkmalen abhängig ist (siehe oben a), steht das - am Bilanzstichtag noch nicht erfüllte - wesentliche Merkmal der künftigen Beschäftigung von Arbeitnehmern der Bildung der begehrten Rückstellung entgegen.

Die Unterscheidung zwischen der Beitragsaufbringung im Umlage- bzw. Kapitaldeckungsverfahren hat nicht nur erhebliche Auswirkungen auf die tatsächliche zeitliche Verteilung der Beitragslast. Vielmehr bildet auch das Bilanzsteuerrecht diese Unterschiede in der zeitlichen Verteilung der Beitragslast - und damit in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der einzelnen Arbeitgeber - dadurch ab, dass es zwischen den Beitragsaufbringungsarten differenziert: Wird eine Pensionskasse im Kapitaldeckungsverfahren finanziert, darf der Arbeitgeber die Zuwendungen an diese Kasse sofort in voller Höhe als Betriebsausgaben abziehen (§ 4c EStG), obwohl die Beitragseinnahmen bei der Pensionskasse zunächst noch nicht ausgekehrt, sondern - unter Umständen über Jahrzehnte - lediglich angespart werden. Finanziert sich die Kasse hingegen durch ein Umlageverfahren, in dem die Leistungen an frühere Arbeitnehmer durch Beiträge auf der Grundlage der jetzigen Arbeitsentgelte aufgebracht werden, treten systembedingt erhebliche versicherungsmathematische Deckungslücken auf. Denn die Arbeitnehmer haben bereits in der Vergangenheit Anwartschaften und Ansprüche erworben; Beiträge zur Deckung dieser Anwartschaften und Ansprüche werden aber erst in der Zukunft gezahlt werden. Gleichwohl stellen auch in diesem Fall nur die gegenwärtigen "Zuwendungen" an die Pensionskasse Betriebsausgaben dar (so die Regelung des § 4c EStG). Allein die Tatsache, dass der Arbeitgeber zur Abdeckung der bereits in der Vergangenheit von den Arbeitnehmern erworbenen Anwartschaften auch künftig wird Beiträge erbringen müssen, führt nach der Systematik des § 4c EStG nicht zur Annahme eines Erfüllungsrückstands und zur Bildung einer Rückstellung.

Wäre die Auffassung der Klägerin richtig, müssten die Arbeitgeber auch für ihre in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Arbeitnehmer Rückstellungen für künftig fällig werdende Beiträge bilden. Denn es ist allgemein bekannt, dass die gesetzlichen Rentenversicherungen nicht nur über keinen Kapitalstock verfügen, um die bereits in der Vergangenheit begründeten Anwartschaften und Ansprüche künftig abdecken zu können; darüber hinaus ist angesichts der demographischen Entwicklung auch absehbar, dass in Zukunft weitere erhebliche Beitragssatzsteigerungen erforderlich werden, um künftige Rentenleistungen auf bereits in der Vergangenheit erworbene Anwartschaften erbringen zu können. Gleichwohl wird auch hier die Bildung von Rückstellungen nicht zugelassen, weil eines der wirtschaftlich wesentlichen Merkmale für die künftige Beitragspflicht des einzelnen Arbeitgebers - die auch künftige Beschäftigung sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer - ebenso wie bei den VBL-Mitgliedern zum jeweiligen Bilanzstichtag noch nicht verwirklicht ist (BFH-Urteil vom 13. November 1991 I R 102/88, BFHE 166, 222, BStBl II 1992, 336, unter 2.3 am Ende).

Der hierauf bezogene Einwand der Klägerin, eine Rückstellung für Beiträge zum Umlageverfahren der gesetzlichen Rentenversicherung sei schon deshalb nicht erforderlich, weil der Generationenvertrag für einen Ausgleich sorge, ist in doppelter Hinsicht untauglich. Zum einen betrifft der Generationenvertrag allein das Verhältnis der verschiedenen Versichertenjahrgänge und -generationen zueinander, nicht aber das Verhältnis zwischen den Arbeitgebern und den Rentenversicherungen. Zum anderen würde dieser Einwand ebenso gegen die von der Klägerin begehrte Rückstellungsbildung für künftige Sanierungsgeldverpflichtungen sprechen. Denn auch die Art und Weise der Erhebung des Sanierungsgelds beruht ersichtlich auf dem Generationenvertrag: Da die Aufbringung dieser Mittel im Umlageverfahren nach Maßgabe der gegenwärtigen Arbeitsentgelte erfolgt, werden künftige Beitragszahlergenerationen in die Verantwortung für die Finanzierung der Leistungen, die an frühere Arbeitnehmer- und jetzige Rentnergenerationen erbracht werden, genommen.

dd) Auch die Regelung des § 23 VBL-Satzung 2001, wonach ein Arbeitgeber beim Ausscheiden aus der VBL eine Gegenwertzahlung zu erbringen hat, berechtigt nicht zur Bildung einer Rückstellung. Denn wirtschaftlich wesentliches Tatbestandsmerkmal ist in den Fällen des § 23 VBL-Satzung 2001 die Aufkündigung der Mitgliedschaft in der VBL durch den Arbeitgeber. Solange dies nicht geschehen ist, fehlt es der VBL an jeder rechtlichen Möglichkeit zur Erhebung einer Gegenwertzahlung. Im Übrigen würde die Gegenwertzahlung nicht allein das Sanierungsgeld, sondern vor allem den kapitalisierten Wert der laufenden Umlage des Arbeitgebers umfassen. Insoweit macht aber auch die Klägerin nicht geltend, dass hierfür bereits gegenwärtig eine Rückstellung zu bilden sei.

d) Diese Beurteilung wird durch die höchstrichterliche Rechtsprechung zu vergleichbaren Fallkonstellationen gestützt.

aa) So verneint der BFH in ständiger Rechtsprechung die Zulässigkeit der Bildung von Rückstellungen für künftige Beitragsleistungen an die Berufsgenossenschaft / gesetzliche Unfallversicherung (grundlegend BFH-Urteil vom 24. April 1968 I R 50/67, BFHE 92, 224, BStBl II 1968, 544; ebenso für die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens BFH-Urteil vom 14. Mai 1971 III R 52/68, BFHE 102, 292, BStBl II 1971, 583). Die Berufsgenossenschaft erbringt im Wesentlichen laufende Rentenleistungen an verunfallte Arbeitnehmer der Mitgliedsunternehmen; sie erhebt den Mittelbedarf für ihr laufendes Geschäftsjahr von ihren Mitglieder im Umlageverfahren nach Maßgabe der jeweils gezahlten Arbeitslöhne. Der BFH hat im Rahmen seiner wertenden Betrachtung für die Bildung einer Rückstellung weder die Aufnahme des jeweiligen Arbeitgebers in die Berufsgenossenschaft noch das einzelne Unfallereignis - das unzweifelhaft auch Rentenzahlungsverpflichtungen der Berufsgenossenschaft für künftige Jahre begründet - für ausreichend erachtet. Als wirtschaftlich maßgebend hat er vielmehr die - erst künftig verwirklichten - Merkmale "Jahresbedarf der Berufsgenossenschaft" und "Entgelt der Versicherten in den Unternehmen" (als Bemessungsgrundlage der künftigen Beitragszahlungen) angesehen. Ausdrücklich hat er sich zudem auf die "Eigenart des Umlageverfahrens" gestützt.

Anders als die Klägerin meint, sind die Grundsätze dieser Entscheidung in vollem Umfang auf die vorliegend zu beurteilende Fallgestaltung übertragbar. Systembedingt durch die Beitragserhebung im Umlageverfahren und die Anknüpfung an die künftige Entgeltsumme entstehen wesentliche Merkmale für die individuelle Beitragspflicht des einzelnen Arbeitgebers erst nach dem Bilanzstichtag.

bb) Ebenso darf keine Rückstellung für die Pflicht zu künftigen Beitragsleistungen an den Pensionssicherungsverein (PSV) gebildet werden; die Beiträge sind vielmehr erst im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Fälligstellung durch den PSV Betriebsausgaben (BFH-Urteile vom 13. November 1991 I R 102/88, BFHE 166, 222, BStBl II 1992, 336, und vom 6. Dezember 1995 I R 14/95, BFHE 180, 258, BStBl II 1996, 406, unter II.5.; ebenso für die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens BFH-Urteil vom 3. Juni 1992 II R 141/88, BFHE 168, 375, BStBl II 1992, 792).

Der PSV tritt ein, wenn Arbeitgeber Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt haben, aber aufgrund einer Insolvenz nicht mehr erbringen können. Er finanziert sich durch Beiträge aller Unternehmen, die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt haben. Der PSV fordert die für einen bestimmten Sanierungsfall erforderlichen Beiträge nicht bereits mit Eintritt der Insolvenz eines Mitgliedsunternehmens an, sondern erst, wenn eine Rentenzahlung zu laufen beginnt. Im Unterschied zur Berufsgenossenschaft (und zur VBL) wird in diesem Zeitpunkt aber ein Beitrag in Höhe des vollen Barwerts der vom PSV künftig zu erbringenden Rentenzahlungen fällig und auf die einzelnen Arbeitgeber umgelegt ("Rentenwertumlageverfahren"; vgl. BFH-Urteil vom 13. November 1991 I R 102/88, BFHE 166, 222, BStBl II 1992, 336, unter 2.6). Die vom PSV insgesamt zu tragenden Lasten werden auf die einzelnen Arbeitgeber nach dem Verhältnis der Teilwerte der bei diesen im Jahr der Beitragserhebung bestehenden Pensionsverbindlichkeiten (i.S.d. § 6a EStG) verteilt.

Der BFH hat im Rahmen seiner wertenden Betrachtung nicht den Zeitpunkt der Insolvenz eines Mitgliedsunternehmens für maßgebend erachtet (BFH-Urteil vom 13. November 1991 I R 102/88, BFHE 166, 222, BStBl II 1992, 336, unter 2.2.2, 2.6), obwohl bereits in diesem Zeitpunkt fest steht, dass der PSV in der Zukunft Leistungen zu erbringen haben wird. Als wirtschaftlich maßgeblich hat er vielmehr angesehen, ob beim einzelnen Mitgliedsunternehmen auch im Zeitpunkt der Beitragserhebung entsprechende Pensionsverbindlichkeiten bestehen, die - zudem erst in Relation zu den zu diesem Zeitpunkt bestehenden Pensionsverbindlichkeiten aller anderen Mitgliedsunternehmen - zur Zuteilung eines Beitragsanteils führen (BFH-Urteil vom 13. November 1991 I R 102/88, BFHE 166, 222, BStBl II 1992, 336, unter 2.3, 2.5). Trotz gewisser Unterschiede hinsichtlich des Zeitpunkts der Beitragsanforderung (beim PSV Rentenwertumlageverfahren, bei der Berufsgenossenschaft - und der VBL - hingegen Rentenzahlbetragsumlageverfahren) hat der BFH ausdrücklich die für die steuerrechtliche Beurteilung maßgebenden Verhältnisse als "vergleichbar" bezeichnet (BFH-Urteil vom 13. November 1991 I R 102/88, BFHE 166, 222, BStBl II 1992, 336, unter 2.8).

cc) Die Klägerin ist der Auffassung, die Grundsätze der vorgenannten Entscheidungen seien schon deshalb nicht auf den Streitfall übertragbar, weil zwar die Berufsgenossenschaft und der PSV, nicht jedoch die VBL Versicherungscharakter besäßen. Letzteres ist indes unzutreffend, da auch die VBL Leistungen erbringt, die für das einzelne Mitgliedsunternehmen eine versicherungsähnliche Absicherung und Kalkulierbarkeit bewirken. Dies gilt entgegen der Ansicht der Klägerin nicht nur für die laufenden Leistungen, sondern auch für das Sanierungsgeld. Auch diese Umlage dient dazu, dass die Klägerin, die O und die anderen VBL-Mitglieder ihre gegenüber den Arbeitnehmern tarifvertraglich bestehenden Pflichten zur Verschaffung einer - werthaltigen - betrieblichen Altersversorgung erfüllen, indem sie die VBL mit entsprechenden Beiträgen ausstatten.

e) Die Entscheidungen zur fehlenden Lohnsteuerpflicht der Sanierungsgelder (u.a. BFH-Urteil vom 14. September 2005 VI R 32/04, BFHE 210, 447, BStBl II 2006, 500) sind hingegen vorliegend nicht einschlägig. Denn die Frage der Rückstellungsbildung entscheidet sich an der Art der Beitragsbemessung, die an die künftigen Verhältnisse beim einzelnen Arbeitgeber anknüpft. Dieser Gesichtspunkt ist für die lohnsteuerliche Behandlung aber ohne Bedeutung. Dort kam es für den BFH vielmehr - zutreffend - darauf an, dass die gegenwärtig beschäftigten Arbeitnehmer keinerlei individuellen Vorteil aus der Zahlung von Sanierungsgeldern haben, die für die in ihrem Vertrauen geschützten Bestandsrentner zweckgebunden sind.

Die von der Klägerin herangezogene Rechtsprechung zur Bilanzierung von Altersteilzeitverpflichtungen (BFH-Urteil vom 30. November 2005 I R 110/04, BFHE 212, 83, BStBl II 2007, 251) kann auf den Streitfall ebenfalls nicht übertragen werden. Diese Entscheidung betrifft eine gewöhnliche Rückstellung für Erfüllungsrückstand aus dem Arbeitsverhältnis zu dem einzelnen Arbeitnehmer (Erbringung der vollen Arbeitsleistung bereits in der Vergangenheit; Teile des hierfür geschuldeten Lohns werden aber erst in der Zukunft fällig). Die Zahlungsverpflichtung des Arbeitgebers steht hier bereits am Bilanzstichtag dem Grunde und der Höhe nach fest; sie ist insbesondere nicht von Merkmalen abhängig, die sich erst in der Zukunft verwirklichen (z.B. künftige Lohnsumme).

5. Danach kann offen bleiben, ob die Bildung von Rückstellungen für Verpflichtungen gegenüber Pensionskassen sich ausschließlich nach allgemeinen Bilanzierungsgrundsätzen richtet oder - wozu der Senat neigt - durch § 4c EStG weitergehend eingeschränkt wird.

a) Der Anwendungsbereich des § 4c EStG ist eröffnet, da es sich bei der VBL um eine Pensionskasse im Sinne dieser Vorschrift handelt: Die VBL ist rechtsfähig (§ 1 der VBL-Satzung 2001; a.A. ohne Begründung Rätke in Herrmann/Heuer/Raupach, § 4c EStG Anm. 28, Stand Oktober 2000); sie gewährt auf ihre Leistungen einen Rechtsanspruch.

b) Rechtsfolge des § 4c EStG ist, dass u.a. satzungsmäßige "Zuwendungen" des Trägerunternehmens an die Pensionskasse als Betriebausgaben abgezogen werden "dürfen".

Der Begriff der "Zuwendungen" ist weder in § 4c EStG noch im übrigen EStG näher definiert. Der Wortlaut deutet bei Heranziehung des allgemeinen Sprachgebrauchs aber darauf hin, dass hier vom Prinzip der zeitlichen Zuordnung nach der wirtschaftlichen Verursachung des Aufwands (so § 4 Abs. 4 EStG) abgewichen und eine Annäherung an das Abflussprinzip vorgenommen werden soll. Hierfür könnte auch § 4d Abs. 2 EStG sprechen, wonach "Zuwendungen" in dem Wirtschaftsjahr als Betriebsausgabe abzuziehen sind, in dem sie "geleistet" werden. Zwar ist in § 4c EStG keine vergleichbare Anknüpfung an eine "geleistete" Zuwendung enthalten. Gleichwohl betont auch die höchstrichterliche Rechtsprechung - ohne weitere Differenzierung zwischen den Einzelnormen - den Charakter der § 4b bis § 4d EStG als Ausnahmeregelungen zu § 4 Abs. 4 EStG (BFH-Urteile vom 29. August 1996 VIII R 24/95, BFHE 182, 307, unter II.2.b bb bbb, und vom 19. Juni 2007 VIII R 100/04, BFHE 218, 236, BStBl II 2007, 930, unter II.2.a).

Die von der Klägerin angeführten Literaturstellen (Rätke in Herrmann/Heuer/Raupach, § 4c EStG Anm. 15, 61, Stand Oktober 2000; Gosch in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 4c EStG Rn. A 10, B 72, Stand September 1994) verneinen zwar im Ergebnis eine strikte Geltung des Abflussprinzips, beziehen sich konkret jedoch lediglich auf Rückstellungen für am Bilanzstichtag bereits bestehende Zuwendungsverpflichtungen, also auf Beiträge, die die Mitglieder einer Umlageeinrichtung für bereits abgelaufene Wirtschaftsjahre schulden (vgl. - zu Beiträgen an Berufsgenossenschaften - BFH-Urteil vom 24. April 1968 I R 50/67, BFHE 92, 224, BStBl II 1968, 544, unter 2.b). Darum geht es im Streitfall aber nicht.

Soweit in der Literatur darüber hinaus - ohne weitere Begründung - auch die "Eingehung einer Verbindlichkeit" als "Zuwendung" angesehen wird (so Gosch in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 4c EStG Rn. B 34, Stand September 1994; möglicherweise ebenso, aber nicht hinreichend eindeutig, Höfer, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Rn. 2000 ff., Stand Juli 2005), hat der BFH diese Frage in seinem Urteil vom 30. November 2004 VIII R 98/02 (BFH/NV 2005, 1768 ) zu § 4d EStG ausdrücklich offen gelassen. Nach Ansicht des Senats wäre es mit dem Wortlaut und Zweck des § 4c EStG jedenfalls nicht vereinbar, unter den Begriff der "Zuwendungen" auch solche Verbindlichkeiten des Steuerpflichtigen gegenüber der Pensionskasse zu erfassen, deren Höhe - wie im Streitfall - noch weitgehend unbestimmt sind.

Der Fall der Sanierungsbedürftigkeit einer Pensionskasse ist vom Gesetzgeber durchaus gesehen worden. Dies zeigt sich daran, dass er in § 4c Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 EStG den Abzug von "Zuwendungen" zugelassen hat, die "der Abdeckung von Fehlbeträgen bei der Kasse dienen". Da der Gesetzgeber aber auch insoweit den Begriff der "Zuwendungen" verwendet, deutet dies darauf hin, dass allein die Verpflichtung zur Zahlung von Sanierungsgeldern, die bezogen auf den jeweiligen Steuerpflichtigen betragsmäßig noch nicht bezifferbar sind (und demensprechend auch noch keinen konkreten Anspruch der Pensionskasse gegenüber dem jeweiligen Steuerpflichtigen zu begründen vermögen), noch nicht zu einem Betriebsausgabenabzug (bzw. der Bildung einer Rückstellung) berechtigen. Ob weitergehend nur solche Sanierungsgelder als Betriebsausgaben abgezogen werden können, die tatsächlich geleistet oder zumindest fällig sind, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

c) Im Ergebnis für eine stärkere - über die allgemeinen Grundsätze hinaus gehende - Einschränkung der Rückstellungsbildung durch § 4c EStG spricht auch die höchstrichterliche Rechtsprechung zu Unterstützungskassen (§ 4d EStG), die die Bildung von Rückstellungen neben dem laufenden Betriebsausgabenabzug für die finanzielle Ausstattung selbstständiger Versorgungseinrichtungen ausschließt (vgl. BFH-Urteile vom 22. Januar 1958 I 14/57 S, BFHE 66, 481, BStBl III 1958, 186, unter VI.1., und vom 16. Dezember 2002 VIII R 14/01, BFHE 201, 201, BStBl II 2003, 347, unter II.2.).

Die erstgenannte Entscheidung betraf Rückstellungen, die das Trägerunternehmen - dem die Versorgungslast wirtschaftlich oblag - aufgrund der nahezu vollständigen Entwertung des Kassenvermögens nach dem Zweiten Weltkrieg und der Währungsreform gebildet hatte; die dortige Unterfinanzierung der Kasse war erheblich gravierender als die im Jahr 2001 bestehende Schieflage der VBL. Auch in dem Sachverhalt, der der zweiten BFH-Entscheidung zugrunde lag, stand fest, dass das vorhandene Kassenvermögen zur Erbringung der Leistungen nicht ausreichen würde.

Der BFH sieht in den genannten Entscheidungen nicht nur eine Rückstellungsbildung nach § 6a EStG neben einem Betriebsausgabenabzug nach § 4d EStG als unzulässig an (Verbot der Doppelfinanzierung), sondern lehnt - trotz bestehender Sanierungsbedürftigkeit - zumindest im Ergebnis auch die Bildung von Rückstellungen für voraussichtlich später erforderlich werdende Zuwendungen an die Unterstützungskasse ab.

Diese Rechtsprechung beruht nicht auf etwaigen Besonderheiten der Regelung des § 4d EStG, sondern ist uneingeschränkt auch auf § 4c EStG übertragbar. Die von der Klägerin aufgezeigten strukturellen Unterschiede zwischen Pensions- und Unterstützungskassen (vorhandener bzw. fehlender Rechtsanspruch, aufsichtsrechtliche Unterschiede, lohnsteuerrechtliche Behandlung) sind für die hier zu beurteilende Frage nicht entscheidungserheblich; insbesondere hat der BFH sich in seinen Entscheidungen nicht auf diese Unterschiede gestützt. Zudem bestehen auch bei Unterstützungskassen bei normalem Verlauf der Entwicklung im Ergebnis Ansprüche der Arbeitnehmer, die ihnen nicht ohne Weiteres entzogen werden können (vgl. BFH-Urteil vom 19. August 1998 I R 92/95, BFHE 187, 12, BStBl II 1999, 387, unter II.3.b, m.w.N. auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts). Für die Übertragbarkeit der zu Unterstützungskassen ergangenen Rechtsprechung auf Pensionskassen spricht auch das BFH-Urteil vom 5. April 2006 I R 46/04 (BFHE 213, 326, BStBl II 2006, 688), dem ein Sachverhalt zugrunde liegt, in dem die Arbeitnehmer über eine "Versorgungskasse" (bei der es sich offenbar um eine Pensionskasse handelte) abgesichert waren.

6. Weil die Klägerin und die O zum 31. Dezember 2001 bereits dem Grunde nach keine Rückstellung für die Sanierungsgelder bilden dürfen, kann offen bleiben, ob der Senat den von der Klägerin vorgenommenen Berechnungen der Höhe der Rückstellungen folgen könnte.

An der Richtigkeit dieser Berechnungen bestehen Zweifel, weil die Klägerin und die O als Kapitalisierungsfaktor den sich für eine "ewige Rente" ergebenden Wert angesetzt haben. Denn es ist damit zu rechnen, dass die Angehörigen der Rentner- und Beschäftigtenjahrgänge, die unter die vertrauensschützenden Übergangsregelungen fallen, im Laufe der Jahre sterben werden, so dass die Sanierungsgeldzahlungen allmählich geringer werden und ab einem bestimmten Zeitpunkt gänzlich eingestellt werden können. Dieser Umstand müsste bei der Bemessung einer Rückstellung dadurch berücksichtigt werden, dass der Kapitalisierungsfaktor geringer ausfällt als der für eine "ewige Rente" anzusetzende Faktor.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen. Es ist nicht hinreichend geklärt, ob die Grundsätze der zu den Beiträgen an Berufsgenossenschaften und den Pensionssicherungsverein ergangenen Rechtsprechung auch auf Sanierungsgeldzahlungen an die VBL übertragbar sind. Auch das Verhältnis zwischen der Erbringung von Zuwendungen an Pensionskassen nach § 4c EStG einerseits und der Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten andererseits ist in der bisherigen Rechtsprechung noch nicht mit hinreichender Deutlichkeit herausgearbeitet worden. Hinzu kommt, dass die Beurteilung der maßgebenden Rechtsfragen auch für zahlreiche weitere Mitgliedsunternehmen der VBL erhebliche finanzielle Auswirkungen hat.

Ende der Entscheidung

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