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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 07.12.2007
Aktenzeichen: 9 K 1918/04 K, F
Rechtsgebiete: UmwStG


Vorschriften:

UmwStG 1995 § 12 Abs. 3 S. 2
UmwStG § 27 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

9 K 1918/04 K, F

Tenor:

Unter Änderung der Bescheide über Körperschaftsteuer 1996 und die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 1996, jeweils vom 19. August 2003, und unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 12. März 2004 wird die Körperschaftsteuer für das Jahr 1996 mit dem Betrag festgesetzt und der verbleibende Verlustabzug zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 1996 mit dem Betrag festgestellt, der sich ergibt, wenn der Eintritt der Klägerin in den für die X-GmbH zum 31. Dezember 1996 festgestellten verbleibenden Verlustabzug zur Körperschaftsteuer zugelassen wird.

Die Neuberechnung wird dem Beklagten übertragen, der das Ergebnis der Klägerin unverzüglich formlos mitzuteilen und nach Rechtskraft der Entscheidung die Verwaltungsakte mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben hat.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eine GmbH, auf die eine andere GmbH, die Verlustvorträge aufwies, verschmolzen worden ist. Streitig ist, ob die übertragende Gesellschaft ihren Geschäftsbetrieb zuvor bereits eingestellt hatte, was der Fortführung ihrer Verlustvorträge bei der Klägerin entgegen stehen würde (§ 12 Abs. 3 Satz 2 des Umwandlungssteuergesetzes in der vor der Änderung durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform [UntStRefFortG] vom 29. Oktober 1997, BGBl. I 1997, 2590, geltenden Fassung [UmwStG 1995]).

Gegenstand der übertragenden Gesellschaft, der X-GmbH (X-GmbH), war zunächst der Verkauf und die Wartung von Nutzfahrzeugen. Sie unterhielt Betriebsstätten in P (zugleich Firmensitz), C und M. Die Betriebsgrundstücke in P und C waren angemietet; der Geschäftsbetrieb in diesen Betriebsstätten wurde von der X-GmbH zum 31. August bzw. 30. September 1995 eingestellt und anschließend durch Dritte fortgeführt. Das Betriebsgrundstück in M stand im Eigentum der X-GmbH. Hier wurde die Verkaufs- und Wartungstätigkeit zum 31. Oktober 1995 beendet. In der Folgezeit befasste sich die X-GmbH zunächst mit der Abwicklung und der Suche nach geeigneten Mietern für das Grundstück. Während der Zeit der aktiven Tätigkeit entfielen auf die Betriebsstätte in Lemgo 88,5% der Sachanlagen, 33,6% der Vorführfahrzeuge und 30% der Umsatzerlöse des Gesamtbetriebs.

Durch Mietvertrag vom 8. März 1996 vermietete die X-GmbH das Grundstück in M an die Y GmbH (Y-GmbH), die dort in der Folgezeit die Wartung von Nutzfahrzeugen betrieb. Die monatliche Miete betrug zunächst 16.650 DM zzgl. Nebenkosten und Umsatzsteuer. Der Mietvertrag wurde auf fünf Jahre abgeschlossen und sollte sich beim Ausbleiben einer Kündigung um jeweils zwei Jahre verlängern. In einem Nachtrag zum Mietvertrag vom 25. März 1996 wurde vereinbart, dass zusätzlich bestimmte mit dem Grundstück fest verbundene Anlagen für insgesamt 500 DM jährlich mitvermietet würden. Hierbei handelt es sich um Anlagen zum Auffangen von Altöl und zur Erzeugung von Druckluft. Die übrigen Gegenstände des Anlagevermögens - darunter Hebebühne, Schweißanlage, Hydraulikpresse, Achsmessstand, Bremsenprüfstand, Abgasuntersuchungs- und ABS-Prüfgeräte sowie zahlreiche Werkzeuge - wurden zum Preis von 75.000 DM an die Mieterin verkauft. Die vorhandenen Ersatzteile wurden an Dritte veräußert bzw. an die Hersteller zurückgegeben. Regelungen hinsichtlich des Kundenstamms wurden mit der Mieterin nicht getroffen.

Alleingesellschafterin sowohl der Klägerin - damals noch als "L GmbH" firmierend - als auch der X-GmbH war die S eG. Durch notariell beurkundeten Verschmelzungsvertrag vom 18. Dezember 1996 wurde die Verschmelzung der X-GmbH auf die Klägerin mit Wirkung zum 31. Dezember 1996 vereinbart; die Gesellschafterversammlung der X-GmbH fasste am 19. Dezember 1996 einen entsprechenden Beschluss. Die Verschmelzung wurde am 19. Februar 1997 zum Handelsregister sowohl der übernehmenden Gesellschaft als auch der übertragenden Gesellschaft angemeldet. Das Registergericht wies in einer Zwischenverfügung vom 3. März 1997 jedoch darauf hin, dass der Eintragung der Verschmelzung Hindernisse entgegen stünden: So fehle der nach § 13 Abs. 1 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) erforderliche Beschluss der Gesellschafterversammlung der Klägerin (die allerdings mit der Gesellschafterversammlung der X-GmbH identisch ist); zum anderen fehle die nach § 8 Abs. 3 Satz 3 UmwG erforderliche notarielle Beurkundung der Erklärung des Verzichts auf die Erstellung eines Verschmelzungsberichts. Aus diesem Grund lehnte das Registergericht den Eintragungsantrag am 30. Oktober 1997 ab.

Am 9. Oktober 1997 stimmte die Gesellschafterversammlung der Klägerin der Verschmelzung zu, am 17. November 1997 verzichtete die Gesellschafterversammlung der X-GmbH auf einen Verschmelzungsbericht. Daraufhin half das Registergericht am 26. November 1997 der am 17. November 1997 eingelegten Beschwerde gegen die Ablehnung der Eintragung ab. Die Eintragungen der Verschmelzung in die Register erfolgten am 9. Dezember 1997 (übernehmender Rechtsträger) bzw. am 27. Januar 1998 (übertragender Rechtsträger).

Für die X-GmbH wurde auf den 31. Dezember 1996 ein verbleibender Verlustabzug zur Körperschaftsteuer (KSt) i.H.v. 2.640.516 DM festgestellt, der zunächst bei der Klägerin mit ihrem positiven Ergebnis für das Jahr 1996 verrechnet und im Übrigen bei ihr fortgeführt wurde. Im Anschluss an eine Außenprüfung berücksichtigte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) bei der Klägerin mit den angefochtenen Änderungsbescheiden über KSt 1996 und die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur KSt auf den 31. Dezember 1996 vom 19. August 2003 den Verlustabzug der X-GmbH nicht mehr. Die Änderung des KSt-Bescheids, dem nun ein zu versteuerndes Einkommen von 424.128 DM zugrunde lag, war auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) gestützt; die Aufhebung des Verlustfeststellungsbescheids, der nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen war, auf "§ 10d Abs. 1 Satz 5" des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG).

Das FA vertrat die Ansicht, mit der Beendigung der werbenden Tätigkeit der X-GmbH im Jahr 1995 sei deren Geschäftsbetrieb eingestellt worden. Die Vermietung des Grundstücks und eines kleinen Teils der Betriebsvorrichtungen stelle sich im Vergleich zur ursprünglichen aktiven Betätigung als unwesentlich und zudem als passiv dar. Es handele sich insbesondere weder um eine Betriebsverpachtung im Ganzen noch um die Verpachtung eines Teilbetriebs, weil der Vermieter mit den zurückbehaltenen Wirtschaftsgütern nicht mehr in der Lage sei, eine Reparaturwerkstatt für Nutzfahrzeuge zu führen. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Mit ihrer Klage vertritt die Klägerin die Auffassung, der Wechsel von einer aktiven gewerblichen zu einer vermögensverwaltenden Tätigkeit sei nicht als Einstellung, sondern als unschädliche Umstellung des Geschäftsbetriebs anzusehen. Jedenfalls sei hier ein Teilbetrieb verpachtet worden, weil der Mietvertrag nicht nur das Betriebsgrundstück, sondern sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen der Betriebsstätte M umfasst habe. Auch halte die Klägerin den Betrieb technisch auf dem neuesten Stand; so habe sie im Jahr 2007 eine Abgasabsauganlage im Wert von ca. 10.000 EUR einbauen lassen. Im Übrigen sei nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) der Verlustabzug sogar dann fortzuführen, wenn die übertragende Gesellschaft nach Beendigung ihrer werbenden Tätigkeit lediglich noch eine Büroetage vermiete (BFH-Urteil vom 29. November 2006 I R 16/05, BFHE 216, 144). Eine Differenzierung zwischen Gesellschaften, die von Anfang an vermögensverwaltend tätig gewesen seien, und solchen Gesellschaften, die erst nach Beendigung einer aktiven gewerblichen Tätigkeit eine Vermögensverwaltung beginnen, lasse der Wortlaut des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 nicht zu.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Änderung der Bescheide vom 19. August 2003 und unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 12. März 2004 die KSt für das Jahr 1996 mit dem Betrag festzusetzen und den verbleibenden Verlustabzug zur KSt zum 31. Dezember 1996 mit dem Betrag festzustellen, der sich ergibt, wenn der Eintritt der Klägerin in den für die X-GmbH zum 31. Dezember 1996 festgestellten verbleibenden Verlustabzug zur KSt zugelassen wird,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Es weist darauf hin, dass die Vermietung der Büroetage in dem genannten BFH-Urteil nicht entscheidungserheblich gewesen sei, weil die dortige GmbH noch eine originäre gewerbliche Tätigkeit (Vermarktung von Werbeartikeln) ausgeübt habe.

Der Berichterstatter hat die Sache am 18. Oktober 2007 mit den Beteiligten erörtert; auf das Protokoll wird Bezug genommen. Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet. Die angefochtenen Verwaltungsakte sind rechtswidrig und verletzen im Umfang ihrer Anfechtung die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Klägerin ist in den Verlustabzug der X-GmbH eingetreten.

1. Auf den Streitfall ist § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 noch in der Fassung vor den Änderungen durch das UntStRefFortG anzuwenden. Die durch das UntStRefFortG geänderte (verschärfte) Fassung ist auf Umwandlungsvorgänge anzuwenden, deren Eintragung im Handelsregister nach dem 5. August 1997 beantragt worden ist (§ 27 Abs. 3 UmwStG in der Fassung des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenersicherung vom 19. Dezember 1997, BGBl. I 1997, 3121). Vorliegend ist die Eintragung am 19. Februar 1997 - mithin vor dem Stichtag - beantragt worden.

Es kommt nicht darauf an, dass die Eintragungsvoraussetzungen weder im Zeitpunkt der Antragstellung noch zum gesetzlichen Stichtag vorlagen. Zwar fehlte es zu diesen Zeitpunkten an dem Beschluss der Gesellschafterversammlung der Klägerin und der notariellen Beurkundung der Erklärung des Verzichts auf die Erstellung eines Verschmelzungsberichts; diese Hindernisse wurden erst am 9. Oktober bzw. 17. November 1997 - nach dem gesetzlichen Stichtag - behoben. Nach Auffassung des Senats, die auch von beiden Beteiligten geteilt wird, ist für die Anwendung der Übergangsregelung des § 27 Abs. 3 UmwStG aber ausschließlich der Zeitpunkt der Stellung des Eintragungsantrags maßgeblich, sofern dieser letztlich zur Eintragung geführt hat. Auf eine bestimmte Qualität dieses Antrags kommt es nicht an (ebenso Urteil des FG Köln vom 11. April 2001 1 K 8574/99, EFG 2001, 1088; das anschließende Revisionsverfahren hat nicht zu einer Sachentscheidung geführt, vgl. BFH-Urteil vom 29. Januar 2003 I R 90/02, BFH/NV 2003, 1056).

2. Nach der damit anzuwendenden Fassung des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 ist Voraussetzung für den Eintritt der Klägerin in den verbleibenden Verlustabzug der X-GmbH, dass diese ihren Geschäftsbetrieb im Zeitpunkt der Eintragung des Vermögensübergangs im Handelsregister noch nicht eingestellt hatte.

a) Eine solche Einstellung des Geschäftsbetriebs ist nicht schon deshalb zu verneinen, weil die X-GmbH einen Teilbetrieb an die Y-GmbH verpachtet hätte.

aa) Nach Auffassung des Senats ist die Verpachtung eines Geschäftsbetriebs im Ganzen im Verhältnis zur vorherigen aktiven Betätigung als einheitliche Tätigkeit anzusehen, die nicht zur Annahme einer "Einstellung des Geschäftsbetriebs" i.S.d. § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 führt (ebenso im Ergebnis BMF-Schreiben vom 11. Juni 1990, BStBl. I 1990, 252, Tz. 1.1). Die Betriebsverpachtung im Ganzen kann auch nicht als Branchenwechsel angessehen werden, da sie durch die Kontinuität des Betriebsvermögens (zumindest in Gestalt der wesentlichen Betriebsgrundlagen) gekennzeichnet ist.

Weil § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 kein Größenmerkmal enthält, würde auch die Verpachtung lediglich eines Teilbetriebs ausreichen, um eine "Einstellung" ausschließen zu können, sofern der Teilbetrieb im Verhältnis zum vorherigen Gesamtbetrieb ins Gewicht fällt.

bb) Allerdings hat die X-GmbH an die Y-GmbH keinen Teilbetrieb verpachtet, sondern lediglich ein Grundstück sowie einzelne bewegliche Wirtschaftsgüter. Die Annahme einer Teilbetriebsverpachtung würde aber die Verpachtung sämtlicher wesentlicher Betriebsgrundlagen voraussetzen (vgl. Schmidt/Wacker, EStG, 26. Auflage 2007, § 16 Rz. 694 ff., mit weiteren Nachweisen).

Für den Betrieb einer Kfz.-Reparaturwerkstatt genügt nicht allein das Vorhandensein eines Grundstücks und der im Nachtrag zum Mietvertrag erwähnten beweglichen Wirtschaftsgüter (Altölanlage und -sammler, Getriebeöltanker, Ölförderpumpe, Fernölapparatur, Absauganlage, Kompressor, Druckluft-Kältetrockner). Vielmehr sind auch etliche der im März 1996 an die Y-GmbH veräußerten Anlagen - darunter Hebebühne, Schweißanlage, Hydraulikpresse, Achsmessstand, Bremsenprüfstand, Abgasuntersuchungs- und ABS-Prüfgeräte - als wesentliche Betriebsgrundlagen anzusehen (ebenso zu einer insoweit vergleichbaren Fallgestaltung Urteil des Niedersächsischen FG vom 7. September 2005 9 K 231/02, EFG 2006, 1895; Revision unter dem Az. X R 20/06 anhängig).

Als zusätzliches Indiz für die Richtigkeit dieser Beurteilung ist auch das Wertverhältnis zwischen den veräußerten und den vermieteten Wirtschaftsgütern anzusehen: Während der Kaufpreis für die veräußerten Wirtschaftsgüter - darunter auch einige wesentliche Betriebsgrundlagen - bei 75.000 DM lag, wurden die verbleibenden beweglichen Wirtschaftsgüter für insgesamt lediglich 42 DM monatlich (500 DM jährlich) an die Y-GmbH vermietet.

Aus dem von der Klägerin angeführten BFH-Urteil vom 28. August 2003 IV R 20/02 (BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10, unter II.1.f) folgt nichts anderes. Dort hat der BFH lediglich ausgeführt, bei Groß- und Einzelhandelsunternehmen sowie Hotel- und Gaststättenbetrieben bilde das Betriebsgrundstück - im Gegensatz zu Betrieben des produzierenden Gewerbes - regelmäßig die alleinige wesentliche Betriebsgrundlage. Eine Aussage zu Kfz.-Reparaturwerkstätten oder auch nur sonstige Hinweise, die eine Beurteilung des Streitfalls im Sinne der Klägerin nahe legen könnten, enthält diese Entscheidung nicht.

Auch in der vorstehend zitierten Entscheidung (unter II.1.d) setzt der BFH für eine Betriebsverpachtung voraus, dass dem Verpächter objektiv die Möglichkeit verbleiben müsse, den vorübergehend eingestellten Betrieb als solchen wieder aufzunehmen und fortzuführen. Eine Kfz.-Reparaturwerkstatt kann aber nicht fortgeführt werden, wenn die Hebebühnen, Mess- und Prüfstände sowie Untersuchungsgeräte nicht mehr vorhanden sind.

Weil auf die Situation im Jahr 1997 abzustellen ist, kommt es auch nicht darauf an, dass die Klägerin im Jahr 2007 eine neue Abgasabsauganlage hat einbauen lassen.

b) Auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung des BFH steht der Annahme einer "Einstellung" des Geschäftsbetriebs aber bereits entgegen, dass die X-GmbH im Zeitpunkt der Eintragung des Vermögensübergangs im Handelsregister ihr Betriebsgrundstück an die Y-GmbH vermietete und damit einen Geschäftsbetrieb aufwies.

aa) Bei dieser Beurteilung geht der Senat - im Anschluss an die höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteile vom 29. November 2006 I R 16/05, BFHE 216, 144, unter II.2.b, und vom 5. Juni 2007 I R 9/06, DStR 2007, 2152, unter II.2.a bb) - von den folgenden rechtlichen Maßstäben aus: Eine Kapitalgesellschaft hat ihren Geschäftsbetrieb i.S.d. § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 "eingestellt", wenn sie im wirtschaftlichen Ergebnis aufgehört hat, werbend tätig zu sein. Dabei führt nicht jegliche Betätigung der übertragenden Gesellschaft zum Übergang des Verlustabzugs. Vielmehr bedarf es hierzu einer Betätigung, die ins Gewicht fällt und das Unternehmen als wirtschaftlich aktiv erscheinen lässt. Für diese Beurteilung kommt es jedoch nicht darauf an, ob die im maßgebenden Zeitpunkt (Eintragung des Vermögensübergangs im Handelsregister) ausgeübte Betätigung nach Art oder Umfang der früheren, verlustbringenden Tätigkeit entspricht.

bb) Vorliegend war die X-GmbH im maßgebenden Zeitpunkt durch die Vermietung ihres Betriebsgrundstücks und der weiteren beweglichen Wirtschaftsgüter noch werbend tätig. Denn sie beteiligte sich am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Hierfür genügt es bereits, wenn sie tatsächlich nur mit einem einzigen Geschäftspartner Geschäftsbeziehungen unterhält (vgl. BFH-Urteil vom 31. August 2005 XI R 62/04, BFH/NV 2006, 505, unter II.4., mit weiteren Nachweisen).

Die Vermietungstätigkeit fiel auch ins Gewicht und ließ das Unternehmen als wirtschaftlich aktiv erscheinen. Dies folgt im Streitfall schon aus der beachtlichen absoluten Höhe der Mietzahlungen, die sich allein für das Grundstück auf monatlich 16.650 DM netto zzgl. Nebenkosten und Umsatzsteuer belaufen haben (vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 5. Juni 2007 I R 9/06, DStR 2007, 2152, unter II.2.a cc, in dem der BFH bereits geringere Umsätze als im Streitfall für die Annahme wirtschaftlicher Aktivität ausreichen lässt).

cc) Dabei kommt es nach Auffassung des Senats nicht darauf an, dass sich die Vermietungstätigkeit der X-GmbH ihrem Wesen nach als vermögensverwaltend darstellt. Eine Differenzierung zwischen "originär gewerblichen" Tätigkeiten einerseits und "wesensmäßig vermögensverwaltenden" Tätigkeiten andererseits ist weder im Wortlaut des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 angelegt noch wird eine solche Differenzierung durch den Zweck dieser Norm geboten.

Denn bei Kapitalgesellschaften sind alle Einkünfte - auch solche, die dem Wesen nach vermögensverwaltend sind - als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln (§ 8 Abs. 2 KStG). Daher fällt auch eine rein vermögensverwaltend tätige Kapitalgesellschaft in den Anwendungsbereich des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995. Bei einer solchen Gesellschaft muss die Annahme einer "Einstellung" des Geschäftsbetriebs aber zumindest so lange ausscheiden, wie die Gesellschaft wenigstens einen nennenswerten Teil der Vermögensverwaltung fortführt oder lediglich das verwaltete Vermögen umschichtet. Dann spricht aber nichts dafür, bei einer Gesellschaft, die - wie die X-GmbH - ursprünglich originär gewerblich tätig war, eine im maßgebenden Zeitpunkt noch vorhandene Tätigkeit nur deshalb nicht als "Geschäftsbetrieb" i.S.d. § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 anzusehen, weil diese Tätigkeit ihrem Wesen nach vermögensverwaltend ist, wenn dieselbe Tätigkeit bei einer Gesellschaft, die schon immer vermögensverwaltend tätig war, für die Annahme eines "Geschäftsbetriebs" ausreichen würde. Im Übrigen sieht auch die Finanzverwaltung vermögensverwaltende Tätigkeiten als "Geschäftsbetrieb" an (BMF-Schreiben vom 25. März 1998, BStBl. I 1998, 268, Tz. 12.18, und vom 16. April 1999, BStBl. I 1999, 455, Tz. 08).

dd) Nach Auffassung des Senats liegt auch kein Widerspruch darin, dass der BFH einerseits daran festhält, die Vorschriften des § 8 Abs. 4 KStG 1991 und des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 seien hinsichtlich der Voraussetzung der "Einstellung" des Geschäftsbetriebs übereinstimmend auszulegen (nochmals betont in den BFH-Urteilen vom 29. November 2006 I R 16/05, BFHE 216, 144, unter II.2.a, und vom 5. Juni 2007 I R 9/06, DStR 2007, 2152, unter II.2.a bb), andererseits aber in der Rechtsprechung zu § 8 Abs. 4 KStG 1991 einen Branchenwechsel - der sowohl im Streitfall als auch in dem Sachverhalt, der dem BFH-Urteil in BFHE 216, 144 zugrunde lag, gegeben war - als "Einstellung" ansieht (BFH-Urteil vom 13. August 1997 I R 89/96, BFHE 183, 556, BStBl II 1997, 829, unter II.2.a).

Zwar enthalten beide Vorschriften das Merkmal der "Einstellung"; dieses Merkmal steht aber in jeweils unterschiedlichen Zusammenhängen (vgl. dazu jetzt auch BFH-Urteil vom 5. Juni 2007 I R 9/06, DStR 2007, 2152, unter II.2.a bb): Nach § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 ist eine Stichtagsbetrachtung auf den Zeitpunkt der Eintragung des Vermögensübergangs im Handelsregister vorzunehmen. Maßgebend ist allein, ob die Gesellschaft ihren Geschäftsbetrieb in diesem Zeitpunkt eingestellt hatte. Es kommt hier nicht darauf an, ob zu einem früheren Zeitpunkt eine Einstellung stattgefunden hatte, sofern die Gesellschaft nur - etwa im Fall des Branchenwechsels - im Zeitpunkt der Eintragung wieder einen aktiven Geschäftsbetrieb inne hat.

Hingegen ist nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1991 eine Fortführung des Verlustabzugs schon dann ausgeschlossen, wenn die Gesellschaft im Anschluss an eine qualifizierte Anteilsübertragung ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen "wieder aufnimmt", der Wiederaufnahme also eine Einstellung des Geschäftsbetriebs vorangegangen war. Eine einmal erfolgte Einstellung steht im Anwendungsbereich dieser Regelung der Fortführung des Verlustabzugs daher unabhängig davon entgegen, in welcher Form die Gesellschaft wieder einen Geschäftsbetrieb aufnimmt. Im Übrigen eröffnet § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG 1991 die Möglichkeit, einen Verlust der wirtschaftlichen Identität auch dann anzunehmen, wenn die Voraussetzungen des Regelbeispiels nicht erfüllt sind; eine derartige Generalklausel ist in § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 aber nicht enthalten (vgl. auch insoweit BFH-Urteil vom 5. Juni 2007 I R 9/06, unter II.2.b aa).

3. Danach kann offen bleiben, ob das FA verfahrensrechtlich überhaupt zur Änderung des - nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden - Verlustfeststellungsbescheids zum 31. Dezember 1996 befugt war.

Nach der vom FA im angefochtenen Bescheid angeführten Korrekturvorschrift des § 10d Abs. 1 Satz 5 EStG (in der zum Zeitpunkt der Änderung am 19. August 2003 geltenden Fassung) ist ein Steuerbescheid, der für den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum bereits erlassen worden war, insoweit zu ändern, als ein Verlustrücktrag zu gewähren oder zu berücksichtigen ist. Diese Norm bezieht sich ersichtlich auf den Einkommensteuerbescheid (bzw. i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auf den KSt-Bescheid) für das Verlustrücktragsjahr, nicht aber auf den Verlustfeststellungsbescheid selbst.

Möglicherweise hat das FA indes eigentlich die Korrekturvorschrift des § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStG anwenden wollen. Diese Norm ermöglicht u.a. die Änderung und Aufhebung von Verlustfeststellungsbescheiden, soweit sich die nach § 10d Abs. 4 Satz 2 EStG zu berücksichtigenden Beträge (nicht ausgeglichene negative Einkünfte, Verlustrücktrag, Verlustvortrag, verbleibender Verlustvortrag) ändern und deshalb der entsprechende Steuerbescheid zu ändern ist oder eine Änderung des Steuerbescheids mangels steuerlicher Auswirkungen unterbleibt. Vorliegend beruhte die Aufhebung des für die Klägerin zum 31. Dezember 1996 ergangenen Verlustfeststellungsbescheids aber nicht auf der Änderung der genannten Beträge, sondern allein darauf, dass das FA zur Frage des Eintritts der Klägerin in den - unverändert festgestellten - verbleibenden Verlustabzug der X-GmbH zum 31. Dezember 1996 eine andere Rechtsauffassung vertreten hat als zuvor. Daher kann auch offen bleiben, ob - für den Fall, dass der Verlustfeststellungsbescheid für die X-GmbH geändert worden wäre - eine Änderung bei der Klägerin nicht eher auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 als auf eine der in § 10d EStG enthaltenen Korrekturvorschriften hätte gestützt werden müssen.

Insoweit, als es um die Fortführung des Verlustvortrags der X-GmbH geht, war auch keine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 i.V.m. § 47 Abs. 2 Nr. 3 KStG 1991 möglich. Denn diese Norm ermöglicht eine Änderung des Verlustfeststellungsbescheids nur insoweit, als das Einkommen des Streitjahres bei der Klägerin geändert worden ist. Eine Korrektur infolge einer neuen rechtlichen Beurteilung der Frage des Eintritts in den verbleibenden Verlustabzug der X-GmbH wird hierdurch hingegen nicht ermöglicht.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. § 709 der Zivilprozessordnung.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zuzulassen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hatte sich bisher noch nicht mit einer Konstellation zu befassen, in der - wie hier - ein "Branchenwechsel zur Vermögensverwaltung" gegeben war. In der Literatur wird auch nach Ergehen des BFH-Urteils in BFHE 216, 144 - nach Auffassung des Senats zu Recht - noch weiterer Klärungsbedarf gesehen (vgl. Olbing, GmbHR 2007, 446; in der Anmerkung von Buciek, Inf. 2007, 292, wird die - auch im Fall des BFH-Urteils in BFHE 216, 144 gegebene - Vermietungstätigkeit gar nicht erwähnt, sondern allein auf die originäre gewerbliche Rest-Tätigkeit abgestellt). Die grundsätzliche Bedeutung entfällt auch nicht dadurch, dass es sich bei § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 um bereits seit Längerem ausgelaufenes Recht handelt. Denn allein beim erkennenden Senat sind noch zahlreiche Verfahren anhängig, die nach dieser Gesetzesfassung zu beurteilen sind.



Ende der Entscheidung

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