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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 01.02.2008
Aktenzeichen: 9 K 2367/03 K,VSt,G,F,EW
Rechtsgebiete: EStG, AO


Vorschriften:

EStG § 7 Abs. 1 S. 3
AO § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2
AO § 170 Abs. 2 S. 1
AO § 171 Abs. 10
AO § 181 Abs. 1
AO § 181 Abs. 5 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

9 K 2367/03 K,VSt,G,F,EW

Tenor:

Die Körperschaftsteuerbescheide 1995 und 1996, die Bescheide über die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals zum 31.12.1995 und 31.12.1996, die Bescheide über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.1995 und 31.12.1996 und die Bescheide über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31.12.1995 und 31.12.1996, jeweils vom 30.01.2002, sowie die Gewerbesteuermessbescheide 1995 und 1996 vom 07.02.2002, die Bescheide über den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 01.01.1996 und 01.01.1997 vom 21.01.2002, der Vermögensteuerbescheid auf den 01.01.1996 vom 21.01.2002 und die Einspruchsentscheidung vom 28.03.2003, soweit sie sich auf die vorgenannten Bescheide bezieht, werden aufgehoben.

Unter Änderung des Körperschaftsteuerbescheides 1997 und des Bescheides über die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals zum 31.12.1997 vom 30.01.2002 sowie des Gewerbesteuermessbescheides 1997 vom 07.02.2002 werden die Körperschaftsteuer 1997, der Gewerbesteuermessbetrag 1997 und die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals zum 31.12.1997 nach Maßgabe der Entscheidungsgründe festgesetzt bzw. festgestellt.

Die Berechnung der festzusetzenden bzw. festzustellenden Beträge wird dem Beklagten übertragen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 40 % und dem Beklagten zu 60 % auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Gründe:

I. Streitig ist, ob die Y. GmbH (später firmierend als Y.GmbH), deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin ist, auf Grund der entgeltlichen Übernahme eines Geschäftsbereichs zu Recht in ihrer Bilanz zum 31.12.1995 nicht nur einen Firmenwert, sondern auch einen Auftragsbestand als selbständig bewertungsfähiges immaterielles Wirtschaftsgut angesetzt und in den Streitjahren 1995 bis 1997 gesondert abgeschrieben hat.

Seit April 1995 war die X. GmbH & Co KG, A-Stadt, die alleinige Gesellschafterin der X. Marketing Verwaltungs GmbH, die zu diesem Zeitpunkt keinen aktiven Geschäftsbetrieb unterhielt.

Am 08.06.1995 schlossen die X. Marketing Verwaltungs GmbH und die X. GmbH & Co. KG einen Kaufvertrag ("Asset Sale and Purchase Agreement") über den A-Teil-Geschäftsbetrieb der X. GmbH & Co. KG. Kaufgegenstand waren die zum Werk I-Nord "in A-Stadt" gehörenden Vermögensgegenstände, Schulden, Mitarbeiter sowie Rechte und Pflichten u.a. aus bestehenden Verträgen. Nicht zu den übergehenden Verträgen zählten die wesentlichen direkten Kundenverträge mit einem Automobilhersteller (Automobilhersteller). Einzelheiten zu den übergehenden Verträgen regelte der Kaufvertrag in § 6, in dem u.a. auf das als Anlage 6.1. (a) "Supply Agreement" vom 09.06.1995 zwischen der X. GmbH und der X. Marketing Verwaltungs GmbH verwiesen wurde. Der Kaufpreis betrug 52.795.000,- DM.

Mit Datum vom 09.06.1995 verkaufte die X. GmbH & Co. KG, A-Stadt, sämtliche Anteile an der X. Marketing Verwaltungsgesellschaft mbH an die Y. Verwaltungs GmbH & Co. KG (Anteilskaufvertrag). Gemäß § 1.3 des Anteilskaufvertrages wurden 75 % der Anteile sofort übertragen und die restlichen 25 % der Anteile sollten nach 3 Jahren übertragen werden. Der Kaufpreis für die Anteile betrug 52.795.000,- DM, wovon 41,25 Mio. DM sofort fällig wurden und weitere 11,545 Mio. DM mit Übertragung der restlichen Anteile (25 % des Stammkapitals) zuzüglich aufgelaufener Zinsen in Höhe von 2,205 Mio. DM. § 3 des Anteilskaufvertrages nahm Bezug auf den notariellen Vermögenskaufvertrag vom 08.06.1995 und § 4 des Anteilskaufvertrages auf weiter noch abzuschließende Verträge. § 5.8 des Anteilskaufvertrages lautete auszugsweise wie folgt:

"Anlage 6.2 des Vermögenskaufvertrages enthält eine umfassende Aufstellung der wesentlichen Verträge, bei denen die Gesellschaft Vertragspartei werden wird.Die Verkäuferin ist einen lebenslangen Vertrag eingegangen mit der Automobilhersteller für A-Teil, die in bestimmten Fahrzeugmodellen benötigt werden, und zwar vorbehaltlich der Standardrechte Autos, diesen Vertrag zu kündigen, wie in Anlage 5.8 (e) ausführlicher beschrieben werden wird..Die Verträge mit den wichtigen Kunden, wie sie in der Anlage 5.8 (d) aufgelistet werden, sind per Datum dieses Vertrages in Kraft und verbindlich..Die Käuferin ist sich der Tatsache bewußt, dass der Vorteil solcher Kundenverträge nur auf die Gesellschaft übergehen wird auf der Grundlage des Liefervertrages und des Fertigungs-Liefer- und Leistungsvertrages."

Die Y. Verwaltungs GmbH & Co. KG in B-Stadt war ihrerseits eine Tochtergesellschaft der S. A. Y. NV, C-Stadt (B).

Ebenfalls mit Datum vom 09.06.1995 schlossen die X. GmbH, D-Stadt, S. A. Y. NV, C-Stadt (B), und die X. Marketing Verwaltungs GmbH das bereits obengenannte "Supply Agreement", d.h. einen Liefervertrag für A-Teile für Kraftfahrzeuge (vgl. die von der Klägerin vorgelegte Übersetzung dieses Vertrages; in diesem Vertrag wird die X. Marketing Verwaltungsgesellschaft mbH als das "Unternehmen" bezeichnet). Dieser Vertrag lautet (nach der von der Klägerin vorgelegten Übersetzung) auszugsweise wie folgt:

"Einleitende Erklärungen

X. hat einen Liefervertrag auf Lebenszeit mit dem Automobilhersteller für A-Teile geschlossen, die für bestimmte Modelle benötigt werden, und zwar vorbehaltlich der Kündigungsrechte von Auto, wie sie in der als Anlage 1 beigefügten Zusammenfassung der Bedingungen beschrieben werden.

§ 1 Erzeugnis

Der ursprüngliche Gegenstand dieses Vertrages wird der Gesamtbedarf an A-Teilen sein, wie er von Auto für die nachfolgenden Fahrzeugmodelle, die in den Automobilherstellern in E-Stadt und F-Stadt zusammengebaut werden, vorgegeben wird, vorausgesetzt, dass X. die Quellenkontrolle für den Schaum für diese Komplettsitze

Modell 1 - Modell G

Modell 2 - Modell H

und die entsprechenden Verbesserungen besitzt.....................

§ 2 Gültigkeitsdauer

Die Gültigkeitsdauer dieses Vertrages entspricht der Lebensdauer des Modells G des Modell 1-Programmes bzw. des Modells H des Modell 2-Programmes oder eines jeden anderen Programmes, für das Erzeugnisse im Rahmen dieses Vertrages zu liefern sind, was immer am längsten dauert.

§ 3 Kauf- und Verkaufsverpflichtung

Vorbehaltlich der in diesem Vertrag festgelegten Bestimmungen und Bedingungen werden X. und ihre Tochtergesellschaften von dem Unternehmen kaufen, und wird das Unternehmen an X. oder ihre Tochtergesellschaften verkaufen den gesamten Bedarf von X. an Erzeugnissen für die Gültigkeitsdauer dieses Vertrages. Das Unternehmen wird jederzeit während der Gültigkeitsdauer dieses Vertrages oder eventueller Verlängerungen desselben eine ausreichende Kapazität aufrecht erhalten, um die von X. benötigte Menge an Erzeugnissen herstellen zu können.Das Unternehmen versteht, dass X. keinerlei Erklärung bezüglich der Menge an Erzeugnissen, die X. im Rahmen dieses Vertrages benötigen wird, abgibt und daß alle diese Bedarfsmengen voll und ganz auf dem Bedarf von Auto basieren. Anlage 3 enthält X.'s derzeitige Tagesmengen (abzüglich 10 %) bestimmte Erzeugnisse und X.'s beste Schätzung der Mengen noch nicht in der Produktion befindliche Erzeugnisse auf der Grundlage von Autos gegenwärtig bekannten Bedarfsmengen, wie sie von Zeit zu Zeit angepaßt werden.

§ 5 Preise und Preisangleichungen

Die Preise für die Erzeugnisse werden positionsweise in der mit "neu" überschriebenen Spalte in der Anlage 2 (a) angeführt. Es wird während der Gültigkeitsdauer dieses Vertrages keine anderen Preisangleichungen als diejenigen geben, die speziell in diesem Vertrag festgelegt werden..

§ 12 Datum des Inkrafttretens

Dieser Vertrag wird rechtswirksam werden an dem Datum, an dem die Y. Verwaltung GmbH & Co. Kommanditgesellschaft ein Aktionär in dem Unternehmen werden wird."

(Nach dem Ergebnis des Erörterungstermin handelt es sich bei den in der Vertragsakte nach dem Anteilskaufvertrag abgehefteten Tabellen um die Anlagen zu dem Liefervertrag.)

In der Anlage 1 zum vorgenannten Liefervertrag werden die entscheidenden Vereinbarungen betreffend die Beziehungen zum Autohersteller zusammengefasst ("Following is a summary of key terms, conditions, and practices underlying the purchase orders for the Auto Vision Project complete products (F-Stadt und E-Stadt plants)"). Danach sollte X. 100 % des Bedarfs von Auto für die Modelle K/H und Typ L Modell 1/Modell 2 entwickeln und produzieren. Die anfänglichen Einkäufe sollten für einen 12-Monatszeitraum veranlasst und danach für die Laufzeit der vorgenannten Modelle fortgesetzt werden, allerdings vorbehaltlich der Rechte von Auto, den Vertrag wie nachfolgend beschrieben zu beenden ("subject to Auto's rights to terminate as discribed below"). Danach behielt Auto sich das Recht vor, jede Einkaufsorder nach seiner Wahl zu beenden, abhängig von der Zahlung von Aufhebungskosten für fertiggestellte Produkte, teilfertige Produkte und Rohmaterial. Keine Verpflichtung zur Zahlung von Aufhebungskosten sollte im Falle eines Verzuges von X. bestehen ("Auto retains the right to terminate any purchase order at its opinion, subject to payment of cancellation costs for finished work, work-in-process, and raw materials. Auto has no obligation to pay cancellation costs in the event of default by X.").

Durch Beschluss der Gesellschafter der X. Marketing Verwaltungs GmbH, A-Stadt, vom 01.09.1995 wurde als Unternehmensgegenstand die Herstellung und der Vertrieb von A-Teil festgelegt und die Firma in Y. X. A-Teil GmbH geändert. Die geänderte Satzung der Y. X. A-Teil GmbH legte als Geschäftsjahr der Gesellschaft das Kalenderjahr fest. Für den Zeitraum vom 01.09.1995 - 31.12.1995 sollte ein Rumpfgeschäftsjahr gebildet werden.

Am 26.08.1998 schlossen die Y. A-Teil GmbH als übertragende Gesellschaft und die Klägerin als übernehmende Gesellschaft einen Verschmelzungsvertrag mit Wirkung zum 01.01.1998. Die Eintragung der Verschmelzung erfolgte für die übertragende Gesellschaft am 01.09./23.09.1998 und für die aufnehmende Gesellschaft am 17.09.1998.

Die X. Marketing Verwaltungs GmbH wies in ihrer Bilanz zum 31.08.1995 folgendes Anlagevermögen aus: 7.441.327,74 DM (Sachanlagen), 655.550,02 DM (Anlagen im Bau) und 42.236.079,24 DM (Firmenwert). Auf der Passivseite wurde u. a. eine Kapitalrückstellung in Höhe von 52.735.252,- DM eingestellt. Zum 31.12.1995 wurden unter der geänderten Firmenbezeichnung Y. X. A-Teil GmbH ein Auftragsbestand in Höhe von 8.771.479,- DM (zum 31.08.1995 9.480.428,- DM) und ein Geschäfts- und Firmenwert in Höhe von 32.027.383,24 DM (zum 31.08.1995 32.755.651,24 DM) ausgewiesen. Im Jahresabschluss zum 31.12.1995 finden sich dazu folgende Erläuterungen:

"Am 8. Juni 1995 wurde zwischen der Gesellschaft und der X. GmbH & Co. KG, A-Stadt, ein Kaufvertrag über den A-Teil-Geschäftsbereich der X. GmbH & Co. KG, A-Stadt, geschlossen. Der Kaufpreis betrug DM 52.795.000,-. Kaufgegenstand waren die zum Werk I-Nord" in A-Stadt gehörenden Vermögensgegenstände und Schulden, Mitarbeiter sowie Rechte und Pflichten mit Ausnahme der wesentlichen direkten Kundenverträge mit einem Automobilhersteller. An deren Stelle tritt eine Liefervereinbarung zwischen der Gesellschaft (als Lieferantin) und der X. GmbH, D-Stadt, bzw. deren verbundene Unternehmen. ('X..-Gruppe')."

(Seite 8)

"Auf der Gesellschafterversammlung am 15.08.1995 wurde der folgende Beschluss gefaßt: Die Kapitalrücklage der X. Marketing Verwaltungsgesellschaft mbH, A-Stadt, wird durch Einzahlung durch die X. GmbH & Co. KG, A-Stadt, um DM 52.735.252,- erhöht."

(Seite 7).

"Der Kaufpreis wurde aus dem Mittelzufluss aus einer Einzahlung in die Kapitalrücklage der Gesellschaft.finanziert."

(Seite 8).

"Die immateriellen Vermögensgegenstände enthalten einen Auftragsbestand aus den miterworbenen Liefervereinbarungen in Höhe von TDM 8.771 (31.08.1995: TDM 9.480), der über die geschätzte Dauer der Lebenszyklen der jeweiligen Modelle des Automobilherstellers abgeschrieben wird. Des Weiteren enthalten die immateriellen Vermögensgegenstände zum Bilanzstichtag einen Geschäfts- und Firmenwert in Höhe von TDM 32.027 (31.08.1995: TDM 32.756), der aus dem Kauf des Geschäftsbereiches A-Teil von der X. GmbH, A-Stadt, resultiert. Dieser Geschäfts- oder Firmenwert wird über eine Nutzungsdauer von 15 Jahren abgeschrieben."

(S. 12)

"Im Wesentlichen erfolgte im Rumpfwirtschaftsjahr vom 1. September 1995 - 31. Dezember 1995 die Produktion auf der Grundlage der Liefervereinbarung zwischen der X..-Gruppe und der Y. S. A., C-Stadt , Belgien."

(Seite 10)

Die Y. X. A-Teil GmbH wies in ihren Jahresabschlüssen für die Streitjahre u. a. die nachfolgenden Daten aus:

 Rumpfwirtschaftsjahr 199519961997
Umsätze   
Jahresergebnis   
Darin enthalten: Afa-Auftragsbestand/Firmenwert  

Im Jahresabschluss zum 31.12.1996 erfasste die Klägerin einen Schadensersatz von der X. GmbH & Co. KG wegen eines verspäteten Produktionsstarts in Höhe von 500.000,- DM als Ertrag.

Die Steuererklärungen für die Y. A-Teil GmbH gingen bei dem Beklagten (dem Finanzamt - FA -) in 1996 für 1995 (Wirtschaftjahr 1994/1995), in 1997 für 1995 (Wirtschaftsjahr 1994/1995 und Rumpfwirtschaftsjahr 1995), in 1997 für 1996 und in 1998 für 1997 ein. Die Erklärungen betreffend den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 01.01.1996 und 01.01.1997 sowie die Vermögensteuerklärung auf den 01.01.1996 wurden im Laufe des jeweiligen Jahres eingereicht. Das FA erließ daraufhin u.a. in 1996 bzw. 1997 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Körperschaftsteuer(KSt)-Bescheide 1995 und 1996, die es an die Y. X. A-Teil GmbH adressierte. Den im Jahr 1999 erlassenen geänderten KSt-Bescheid 1996 und den erstmaligen KSt-Bescheid 1999 (jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung) adressierte es an die Y. Automobilsysteme GmbH als Rechtsnachfolgerin der Y. X. A-Teil GmbH.

Mit Datum vom 06.10.2000 ordnete das Finanzamt für Großbetriebsprüfung G-Stadt eine steuerliche Betriebsprüfung für die Jahre 1995 bis 1997 (für die Umsatzsteuer bis 1998) an und ergänzte diese mit einer weiteren Anordnung vom 10.09.2001 hinsichtlich der Anteilsbewertung zum 31.12.1996. Die Anordnungen waren adressiert an die "Firma Y. Automobilsysteme GmbH X-Straße 30, XXXXX B-Stadt als Empfangsbevollmächtigter für Firma Y. A-Teil GmbH, in der Y-Straße 27, A-Stadt". (siehe BP-Akte Band 1). Unter dem Briefkopf der Y. Verwaltung GmbH & Co. KG wurde mit Schriftsatz vom 09.11.2000 eine "Unterbrechung der steuerlichen Außenprüfung für unsere Tochtergesellschaft Y. A-Teil GmbH" beantragt.

Im Rahmen der entsprechend durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Betriebsprüfer die Auffassung, eine selbständige Aktivierung eines immateriellen Wirtschaftsguts "Auftragsbestand Modell 1" und "Auftragsbestand Modell 2" und damit eine Abspaltung vom bilanzierten Geschäftswert sei unzulässig. Nach den tatsächlichen Vereinbarungen handele es sich nicht um bereits erteilte Auftragsverhältnisse. Vielmehr werde in der Liefervereinbarung vom 09.06.1995 die Grundlage für künftige Auftragsverhältnisse geschaffen. Es handele sich bei den Liefergeschäften um für die Firma typische Grundgeschäfte, die nach der BFH-Rechtsprechung nicht Gegenstand eines vom Geschäftswert abzugrenzenden immateriellen Wirtschaftsgutes sein könnten. Die Auftragsverhältnisse seien allein an dem Bedarf der Autoindustrie ausgerichtet. Eine Abnahmeverpflichtung produzierter Stückzahlen auf der Grundlage der Liefervereinbarung ergebe sich nicht. Damit sei diese Vereinbarung genau so wie Lieferverhältnisse bei typischen Großkunden eines Betriebes einzustufen und die daraus resultierenden Gewinnerwartungen könnten nicht als selbständige Einheit vom Geschäftswert abgegrenzt werden. Gegenteiliges ergebe sich auch nicht aus dem Erlass des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen vom 24.01.1997, wonach ein Exclusivbelieferungsrecht zu einem selbständigen immateriellen Wirtschaftsgut führen könne. Im Prüfungsfall richteten sich nach den getroffenen Vereinbarungen die Abnahmemengen ganz nach dem Bedarf der Autoindustrie. Es handele sich daher lediglich um Liefermöglichkeiten, die mit allen Risiken des Absatzmarktes belastet und möglicherweise bereits zum nächsten Bilanzstichtag nicht mehr vorhanden seien. Damit fehle es an einer gesondert greifbaren und bewertbaren Gewinnchance. Des Weiteren sei die Liefervereinbarung im Zusammenhang mit dem Verkauf der Geschäftsanteile durch Vertrag vom 09.06.1995 an die Y. Verwaltungs GmbH & Co. KG geschlossen worden. Sie sei nicht Gegenstand des Erwerbs des operativen Betriebes "A-Teil" durch die JC Marketing Verwaltungs GmbH (spätere Y. A-Teil GmbH) gewesen, aus dem sich die zu beurteilenden Bilanzierungsfragen stellten.

Die Betriebsprüfung änderte die Afa und die Bilanzansätze wie folgt (Beträge in DM):

TABELLE_2

Anderweitige Feststellungen traf die Betriebsprüfung für die Jahre 1995 bis 1997 nicht.

Das FA folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung und erließ gem. § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) mit Datum vom 30.01.2002 geänderte KSt-Bescheide für 1995 (Einkommen i.S. des § 47 Abs. 2 KStG a.F. i.H.v. ./. 681.503 DM, KSt 0 DM), für 1996 (Einkommen i.S. des § 47 Abs. 2 KStG a.F. i.H.v. ./. 416.704 DM, KSt 0 DM) und für 1997 (Einkommen i.S. des § 47 Abs. 2 KStG a.F. i.H.v. 3.527.150 DM, berücksichtigter Verlustvortrag 1.087.740 DM, Tarifbelastung = KSt = 1.097.734 DM), sowie geänderte Bescheide über die Feststellung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals zum 31.12.1995, 31.12.1996 und 31.12.1997. Unter demselben Datum wurden des Weiteren der Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaft-steuer auf den 31.12.1995 und - gem. § 10d EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG - auf den 31.12.1996 und 31.12.1997 geändert. Gem. § 164 Abs. 2 AO ergingen außerdem mit Datum vom 07.02.2002 geänderte Gewerbesteuer(GewSt)-Messbescheide 1995 bis 1997 (Messbetrag nach dem Gewerbekapital für 1995 48 DM und für 1996 97.182 DM, Messbetrag nach dem Gewerbeertrag für 1997 662.290 DM), mit Datum vom 30.01.2002 geänderte Bescheide über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31.12.1995, 31.12.1996 und 31.12.1997, mit Datum vom 21.01.2002 geänderte Bescheide über den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 01.01.1996 und auf den 01.01.1997 sowie ein geänderter Vermögensteuerbescheid auf den 01.01.1996. Die Bescheide waren jeweils adressiert an die Klägerin (Y. Automobilsystem GmbH) als Rechtsnachfolgerin der der Y. A-Teil GmbH.

Die Klägerin legte hiergegen Einsprüche ein, die das FA durch Einspruchsentscheidung vom 28.03.2003 als unbegründet zurückwies.

Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung macht sie insbesondere - wie teilweise bereits im Einspruchsverfahren - Folgendes geltend:

1. Kaufgegenstand des A-Teil-Geschäftsbereichs seien die zum Werk "I-Nord" in A-Stadt gehörenden Vermögensgegenstände und Schulden, Mitarbeiter sowie Rechte und Pflichten mit Ausnahme der wesentlichen direkten Kundenverträge mit dem Automobilhersteller Auto gewesen. An deren Stelle sei die am 09.06.1995 geschlossene Vereinbarung über Lieferungen an die X. GmbH & Co KG getreten. Der Belieferungsvertrag sei integraler Bestandteil des Vermögenskaufvertrages.

2. Bei den Belieferungsverträgen zwischen dem Automobilhersteller Auto und der X. GmbH & Co KG handele es sich um Exklusivverträge über die Belieferung mit Produkten für die bezeichneten Modelle auf deren Lebensdauer (noch 4 Jahre bezüglich des Modell 1 bzw. 6 Jahre bezüglich des Modell 2). Eine genau bestimmte Abgabemenge sei nicht vorgesehen. Die Anforderungen durch den Automobillhersteller erfolgten nach Bedarf und seien damit abhängig von dessen PKW-Produktion. Eine Belieferung des PKW-Herstellers nach den Verkaufszahlen der Autos sei eine in der Automobilzulieferbranche übliche Vereinbarung und würde anders wirtschaftlich keinen Sinn machen. Der X. GmbH & Co KG habe gegenüber dem Automobilhersteller kein Kündigungsrecht zugestanden. Die X. GmbH & Co KG habe auch außerhalb der beiden vorgenannten Modelle noch weitere Produkte produziert.

3. Der Wert der Auftragsbestände sei unter Zugrundelegung der Budgetierung der Abnahmemengen, die aus den Erfahrungen in der Vergangenheit und der Prognose für die Restlaufzeit abgeleitet worden seien, sowie der vereinbarten Preise ermittelt worden. Auf dieser Basis sei auch der Kaufpreis ermittelt worden.

Die Einzelheiten der Kalkulation ergäben sich aus der "GOODWILL CALKULATION Y. - X. A-TEIL GmbH":

TABELLE_3

Modell Modell 1 Model Modell 2

Umsätze DM DM

Überschuss vor Steuern DM DM

Überschuss nach Steuern DM DM

Laufzeit ab 01.09.1995 4 Jahre 6 Jahre

tatsächlich rechnerisch berücksichtigt nur 5 Jahre

Kalkulationszinssatz 15 % 15 %

Barwert DM DM

Der verwendete Kalkulationszinssatz von 15 % sorge für eine risikoangepasste Bewertung der geschätzten Überschüsse aus den Lieferverträgen. Nach allgemein akzeptierten Bewertungsgrundsätzen solle der risikoangepasste Zinsfuß die Eigenkapitalkosten des Unternehmens widerspiegeln. In Anbetracht der bei der Barwertberechnung berücksichtigten Überschüsse nach Steuern und vor dem Hintergrund einer allgemeinen Vor-Steuer-Marktrendite von geschätzten 10-12 % erscheine der verwendete Kalkulationszinsfuß sehr hoch. Das Wirtschaftsgut "Auftragsbestand" sei damit äußerst moderat bewertet worden. In der Betriebsprüfung sei allen Beteiligten klar gewesen, dass die Bewertung des Auftragsbestands an der untersten Grenze liege. Die Wertermittlung sei deshalb nicht im Detail diskutiert worden. Die Diskussion habe sich vielmehr auf die selbstständige Berücksichtigung des Auftragsbestandes konzentriert.

4. Das im Streitfall vorliegende exklusive Belieferungsrecht sei nicht mit typischen Vertragsgestaltungen des täglichen Geschäftsverkehrs vergleichbar, die sich auf eine Vielzahl verschiedener Kunden bezögen. So habe der BFH auch Bierlieferungsverträge als selbstständig bewertbare Einheit beurteilt.

Die selbstständige Bewertbarkeit sei im Streitfall durch die für dieses Recht getätigten Aufwendungen anerkannt worden. Die Unterlagen zur Berechnung der künftigen Gewinnerwartungen seien aufgrund ihrer Bedeutung für die Kaufpreisbemessung als Anlage zum Vertrag mit aufgenommen worden. Dabei komme es nach der Rechtsprechung des BFH nicht darauf an, ob in dem Kaufvertrag ein besonderer Betrag ausgewiesen sei.

Allein die fehlende Vereinbarung einer exakten Abnahmemenge hindere die Annahme eines selbständigen Wirtschaftsguts "Auftragsbestand" nicht. Im Streitfall sei nicht lediglich ein Rahmenvertrag abgeschlossen worden, der noch mit allen Risiken des Absatzmarktes behaftet gewesen wäre und deshalb nur eine bloße "Liefermöglichkeit" eröffnet hätte. Vielmehr handele es sich hier um die Vereinbarung eines Exklusivbelieferungsrechts, welches ein selbständiges immaterielles Wirtschaftsgut darstelle (BFH, BStBl II 1969, 238; Erlass des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen v. 24. 1. 1997, BB 1997, 519 ). Dabei sei es unerheblich, dass keine exakte Abnahmemenge festgelegt und eine solche auch nicht bestimmbar sei. Diese sei nicht wirtschaftlich in die Disposition des Abnehmers gestellt, da dieser einen möglichst hohen Umsatz erzielen wolle und an den Lieferanten gebunden sei. Damit sei der wirtschaftliche Vorteil rechtlich und wirtschaftlich so weit verdichtet, dass er im Wirtschaftsverkehr gesondert bewertet werde (vgl. z.B. Bierlieferungsverträge).

Im gerichtlichen Erörterungstermin sei die Frage aufgeworfen worden, ob "feste" Aufträge und ein Exklusiv-Liefervertragsverhältnis eventuell zu verneinen seien, weil ausgehend von den nur auszugsweise bekannten Vereinbarungen zwischen den Automobilherstellern und der X.-Gruppe im dortigen Verhältnis unklar sein könnte, ob tatsächlich ein Exklusiv-Liefervertragsverhältnis für die gesamte Laufzeit der Modelle Modell 1 und Modell 2 bestanden habe. Nach Ansicht der Klägerin komme es auf die letztgenannten Vertragsbeziehungen jedoch nicht an, weil es sich im Streitfall nicht lediglich um eine Durchreichung einer Lieferverpflichtung gegenüber dem Automobilhersteller gehandelt habe. Vielmehr gehe es um eine eigenständige Lieferbeziehung zwischen Y., die lediglich A-Teile für die Produkte der beiden Auto-Modelle produziere und liefere und X., die diese A-Teile in Produkte einbaue und letztendlich diese Produkte im Rahmen der eigenen Lieferbeziehung gegenüber dem Automobilhersteller an die Auto Werke liefere. Eine Kündigung des Belieferungsvertrages zwischen dem Automobilhersteller und X. hätte rechtlich keine Auswirkungen auf den Belieferungsvertrag zwischen Y. und X. Außerdem sei eine derartige Kündigung durch den Automobilhersteller wirtschaftlich praktisch ausgeschlossen, da sich sich die Automobilhersteller AG ansonsten während der Laufzeit der Modelle einen neuen Lieferanten für die kompletten Produkte suchen müsste. Aufgrund der langen Vorlaufzeit für die Einrichtung der entsprechenden Maschinenstraße bzw. deren Abstimmung auf das betreffende Modell, die Neuprogrammierung der dafür notwendigen Software, die extrem hohen Qualitätsanforderungen und eingehenden Qualitätskontrollen würde der Aufwand für einen solchen Wechsel in die Millionenhöhe gehen und außerdem dazu führen, dass die entsprechenden Modelle für einen gewissen Zeitraum nicht lieferbar wären.

5. Die Anerkennung eines Exklusivbelieferungsrechts als eigenständiges immaterielles Wirtschaftsgut sei im Erlass des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen v. 24. 1. 1997 eindeutig festgelegt. Dieser Rechtsansicht müsse das FA aufgrund der Selbstbindung der Verwaltung (Art. 3 Abs. 1 GG) und im Hinblick auf die Grundsätze des Vertrauensschutzes folgen. Verwaltungsvorschriften entfalteten zumindest eine mittelbare Außenwirkung.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung der KSt-Bescheide 1995 bis 1997, der Bescheide über die Feststellung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals zum 31.12.1995, 31.12.1996 und 31.12.1997, der Bescheide über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.1995, 31.12.1996 und 31.12.1997 und der Bescheide über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31.12.1995, 31.12.1996 und 31.12.1997, jeweils vom 30.01.2002, der GewSt-Messbescheide 1995 bis 1997 vom 07.02.2002, der Bescheide über den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 01.01.1996 und auf den 01.01.1997 vom 21.01.2002 sowie des Vermögensteuerbescheides auf den 01.01.1996 vom 21.01.2002, alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.03.2003, die vorgenannten Steuern, Messbeträge und Besteuerungsgrundlagen dergestalt festzusetzen bzw. festzustellen, dass zum 01.09.1995 ein Auftragsbestand (und kein entsprechend höherer Firmenwert) i.H.v. 9.480.428,00 DM steuerlich anerkannt und gewinnwirksam mit 708.949,00 DM im Streitjahr 1995 und i.H.v. jeweils 2.126.844 DM in den Jahren 1996 und 1997 abgeschrieben wird, wobei die von der Betriebsprüfung angesetzte Abschreibung auf den Firmenwert, soweit diese auf der anderweitigen Beurteilung des Auftragsbestands beruht, und eine ggf. anzupassende GewSt-Rückstellung gegenzurechnen sind,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Zur Begründung macht das FA im Wesentlichen geltend, im Streitfall liege entsprechend den Ausführungen der Betriebsprüfung nur ein Rahmenvertrag vor; es handele sich nicht um bereits erteilte Aufträge. Die getroffene Liefervereinbarung sei mit allen Risiken des Absatzmarktes belastet. Schließlich verbiete sich die Aktivierung des Auftragsbestandes auch deshalb, weil der Auftragsbestand als Gewinnerwartung interpretiert werde. Gewinnerwartungen könnten nach dem Realisationsprinzip als grundlegendem Aktivierungs- und Passivierungsprinzip jedoch nicht aktiviert werden. Dies folge aus dem Vorsichtsprinzip; andernfalls würden als Auftragsbestand noch nicht realisierte Gewinne aus schwebenden Geschäften bilanziert.

Im Erörterungstermin wurde seitens der Berichterstatterin auch die Frage aufgeworfen, ob die Prüfungsanordnungen nichtig seien, weil die Y. A-Teil GmbH zu diesem Zeitpunkt bereits auf die Y. Automobilsysteme GmbH verschmolzen gewesen sei (Hinweis auf BFH-Urteil vom 17. September 1992 V R 17/86, BFH/NV 1993, 279).

II. Die Klage ist nur teilweise begründet.

1. Die Klage betreffend KSt 1995, 1996, Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals zum 31.12.1995 und 31.12.1996, Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur KSt auf den 31.12.1995 und 31.12.1996, Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31.12.1995 und 31.12.1996, Gewerbesteuermessbeträge 1995 und 1996, Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 01.01.1996 und 01.01.1997 und Vermögen-steuer auf den 01.01.1996 hat Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind insoweit außerhalb der Festsetzungsfrist ergangen und deshalb aufzuheben (§ 169 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung - AO -).

Die reguläre vierjährige Festsetzungfrist (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) bzw. die Feststellungsfrist (§ 181 Abs. 1 AO i.V.m. §§ 169 ff. AO) lief unter Berücksichtigung der Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 AO, § 181 Abs. 1 AO am 31.12.2000 (1995) bzw. am 31.12.2001 (1996) ab, da die Steuer- bzw. Feststellungserklärungen für 1995, 1996 bzw. zum 31.12.1995, 31.12.1996 jeweils im Folgejahr abgegeben wurden. Die Feststellungserklärungen auf den 01.01.1996 und 01.01.1997 sowie die Vermögen-steuererklärung auf den 01.01.1996 wurden bereits im jeweils laufenden Jahr beim FA eingereicht, d.h. auch insoweit endete die reguläre Festsetzung- bzw. Feststellungsfrist spätestens am 31.12.2001 (vgl. § 181 Abs. 3 AO). Die angefochtenen Änderungsbescheide ergingen jedoch erst im Jahr 2002.

Das FA kann sich nicht auf eine Ablaufhemmung gem. § 171 Abs. 4 AO berufen. Zwar wurde im Streitfall eine Betriebsprüfung durchgeführt. Inhaltsadressat der Prüfungsanordnung(en) war jedoch die Firma Y. A-Teil GmbH und damit eine juristische Person, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung(en) aufgrund der vorhergehenden Verschmelzung nicht mehr existent war. Die Firma Y. Automobilsysteme GmbH war in den Prüfungsanordnung(en) ausdrücklich als "Empfangsbevollmächtigter" bezeichnet worden und damit zweifelsfrei nicht als Inhaltsadressat, zumal die Prüfungsanordnungen auch keinen sonstigen Hinweis auf die eingetretene Rechtsnachfolge beinhalteten. Prüfungsanordnungen, die an eine nicht (mehr) existente Person gerichtet sind, sind jedoch nichtig und vermögen keine Hemmung des Ablaufs der Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist zu bewirken (BFH-Urteile vom 17. September 1992 V R 17/86, BFH/NV 1993, 279;vom 25. April 2006 VIII R 46/02, BFH/NV 2006, 2037).

Bezüglich der Verlustfeststellungen zum 31.12.1995 und 31.12.1996 kann das FA sich auch nicht auf § 181 Abs. 5 AO (der nicht nur für den Erlass, sondern auch für die Änderung von Feststellungsbescheiden gilt) berufen, weil dieser auf Verlustfeststellungsbescheide nur noch dann anwendbar ist, wenn das FA die Feststellung des Verlustvortrags pflichtwidrig unterlassen hat (vgl. § 10d Abs. 4 Satz 6 EStG i.V.m. § 52 Abs. 25 S. 5 EStG und § 35b Abs. 2 S. 4 GewStG).

Hinsichtlich der Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf den 01.01.1995 und 01.01.1996 findet auch die Sonderregelung des § 181 Abs. 5 S. 1 AO keine Anwendung. Danach kann eine gesonderte Feststellung zwar noch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen war, wobei § 171 Abs. 10 AO außer Betracht bleibt. Im Streitfall war jedoch - wie dargelegt - die Festsetzungsfrist für die GewSt-Messbeträge 1995 und 1996 bereits abgelaufen. Außerdem fehlt es auch an dem nach § 181 Abs. 5 S. 2 AO gebotenen Hinweis.

2. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

a) Bezogen auf das Streitjahr 1997 bzw. den Feststellungszeitpunkt 31.12.1997 hat das FA die angefochtenen Bescheide innerhalb der Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist (§§ 169, 170, 181 AO) erlassen. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

Das FA war auch nicht aus anderweitigen verfahrensrechtlichen Gründen gehindert, die angefochtenen Bescheide betreffend das Streitjahr 1997 zu erlassen. Insbesondere bestand für die aufgrund der Außenprüfung gewonnenen Erkenntnisse kein Verwertungsverbot. Allein der Umstand, dass - wie hier - eine Außenprüfung ohne (wirksame) Prüfungsanordnung durchgeführt wurde, rechtfertigt ein Verwertungsverbot jedenfalls dann nicht, wenn die Steuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt worden ist (vgl. BFH-Urteile vom 28. April 1998 IX R 24/94, BFH/NV 1998, 1192;vom 4. Oktober 2006 VIII R 53/04, BStBl II 2007, 227). Im Streitfall standen der KSt-Bescheid 1997 (einschließlich der Feststellungen gem. § 47 KStG a.F.), der GewSt-Messbescheid 1997 und der Bescheid über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1997 noch unter einem derartigen Vorbehalt der Nachprüfung.

b) Zum 01.01.1997 bestand aufgrund der Vereinbarungen der Y. A-Teil GmbH mit der X. Gruppe bei der Y. A-Teil GmbH kein gesondert zu aktivierendes und gesondert abschreibungsfähigiges Wirtschaftsgut "Auftragsbestand". Vielmehr ist der als Auftragsbestand ausgewiesene Betrag dem Firmenwert/Kundenstamm zuzuordnen und mit diesem ab dem 01.01.1997 auf die für den Firmenwert/Kundenstamm geltende Restnutzungsdauer abzuschreiben.

aa) Der Geschäfts- oder Firmenwert eines gewerblichen Unternehmens ist der Ausdruck für die Gewinnchancen, soweit sie nicht in einzelnen Wirtschaftsgütern verkörpert sind, sondern durch den Betrieb des eingeführten und fortlebenden Unternehmens im Ganzen gewährleistet sind (BFH-Urteil vom 28. Oktober 1987 II R 224/82, BFHE 151, 198, BStBl II 1988, 50). Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in seiner heutigen und auch für die Streitjahre geltenden Fassung ist ein entgeltlich erworbener Geschäfts- oder Firmenwert auf eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 15 Jahren abzuschreiben. Entsprechend sind auch entgeltlich erworbene geschäftswertähnliche Wirtschaftsgüter, wie insbesondere der Kundenstamm eines Gewerbebetriebs, auf eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 15 Jahren abzuschreiben (BFH-Beschluss vom 22. April 1998, BFH/NV 1998, 1467; wohl bestätigt durch BFH-Urteil vom 12. Juli 2007 X R 5/05, BStBl II 2007, 959).

Mit dem Erwerb bestehender schwebender Verträge treten demgegenüber selbständige immaterielle Wirtschaftsgüter in Erscheinung, gleichviel, wie sie im Einzelnen benannt werden (Gewinnaussichten aus schwebenden Geschäften, Belieferungsrechte, Kundenaufträge, Auftragsbestand) und ob sie Einzel- oder Dauerschuldverhältnisse betreffen. Sie sind selbst dann keine geschäftswertbildenden Faktoren, wenn sie zusammen mit einem Betrieb (Teilbetrieb) erworben wurden (BFH-Urteil vom 15. Dezember 1993 X R 102/92, BFH/NV 1994, 543). Voraussetzung ist allerdings, dass sich aus den Verträgen bereits konkrete Verpflichtungen ergeben. Bloße Rahmenverträge, die für die Beteiligten noch keine derartigen Verpflichtungen begründen, genügen nicht für den Ansatz eines selbständigen immateriellen Wirtschaftsguts (BFH-Urteil vom 7. November 1985 IV R 7/83, BFHE 145, 194, BStBl II 1986, 176). Typische Vertragsgestaltungen des täglichen Geschäftsverkehrs sind darüber hinaus gegegenüber dem Geschäftswert als werthaltige greifbare Einheit nicht abgrenzbar und damit kein selbständiges immaterielles Wirtschaftgut, es sei denn, sie sind als solche gesondert veräußert oder ihre selbständige Bewertungsfähigkeit ist durch auf sie gemachte konkrete Aufwendungen anerkannt worden (BFH-Urteile vom 13. September 1989 II R 1/87, BFHE 158, 446, BStBl II 1990, 47;vom 27. Oktober 1999 II R 74/97, [...]).

Ein bei Erwerb eines Unternehmens übernommener Auftragsbestand (Rechte aus schwebenden Verträgen) ist ein selbständig bewertungsfähiges abschreibbares Wirtschaftgut und nicht Bestandteil des Geschäftswerts (Stöcker, DStZ 1983, 465; Liepelt, DStZ 1985, 424; Breidenbach/Niemeyer, DB 1991, 2500; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 C 200; Köhler, DStR 1997, 297; a.A. Flies, DB 1996, 846; Baumbach/Hueck, GmbHG 18. Aufl., § 42 Rz. 73; Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 246 HGB, Rz. 61). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Vertragsparteien dem Auftragsbestand eine besondere wirtschaftliche Bedeutung beigemessen haben (vgl. auch Hoyos/F. Huber in Beck'scher Bilanzkommentar, 6. Aufl., § 247 Rz. 409). Unerheblich ist, ob in dem Kaufvertrag ein besondere Betrag dafür ausgewiesen war (BFH-Urteile vom 5. August 1970 I R 180/66, BFHE 100, 89, BStBl. II 1970, 804;vom 1. Februar 1989 VIII R 361/83, BFH/NV 1989, 778, wobei allerdings offen gelassen wird, ob dies auch nach Einfügung des § 7 Abs. 1 S. 3 EStG noch gilt). Ein Auftragsbestand im vorgenannten Sinne liegt jedoch nur vor, wenn bereits feste Aufträge erteilt sind. Belieferungsmöglichkeiten bzw. Belieferungsrechte sind lediglich dann selbständige immaterielle Wirtschaftsgüter, wenn eine Rechtsbeziehung besteht, die eine fortdauernde Belieferung des Kunden ermöglicht. Daran fehlt es, wenn die Kunden sich bei jeder Lieferung frei entscheiden können, ob sie diese vom in Rede stehenden Unternehmen oder einem Konkurrenten beziehen wollen (Niedersächsisches FG, Urteil vom 18. März 2004 6 K 18/00, EFG 2004, 1428; FG Düsseldorf, Urteil vom 20. Februar 2003 15 K 7704/00, EFG 2003, 1290). Abzustellen ist insoweit auf die rechtlichen Bindungen, die der Kunde bereits eingegangen ist. Entgegen der Ansicht der Klägerin genügt allein die Tatsache, dass die Kunden voraussichtlich aus wirtschaftlichen Gründen nicht zur Konkurrenz wechseln werden, sei es, weil das Unternehmen zur Zeit der einzige Anbieter auf dem Markt ist oder die günstigsten Preise und/oder die beste Qualität liefert, sei es, weil ein Wechsel für die Kunden mit erheblichen Vorlaufzeiten verbunden wären, nicht für die Annahme eines Auftragsbestandes. Vielmehr ist die allgemeine Stellung eines Unternehmens am Markt wie auch der Kundenstamm nur als geschäftswertähnliches Wirtschaftsgut zu beurteilen, und damit wie der Geschäfts- bzw. Firmenwert auf 15 Jahre abzuschreiben.

Als selbständiges immaterielles Wirtschaftsgut im Rahmen eines Unternehmenserwerbs kommt auch ein Exklusivbelieferungsrecht in Betracht, wenn konkrete Vereinbarungen zu Preis, Zeitraum und voraussichtlicher Warenmenge getroffen wurden (vgl. zum Bierlieferungsrecht, d.h. dem Recht der Brauerei, von den Gastwirten die Abnahme einer bestimmten Menge Bier zu verlangen, BFH-Urteil vom 26. Februar 1975 I R 72/73, BFHE 115, 243, BStBl II 1976, 13). Weitergehend mag zwar ein selbständiges immaterielles Wirtschaftsgut auch dann in Betracht zu ziehen sein, wenn in dem Exklusivliefervertrag zwar die Warenmenge nicht festgelegt worden ist, der Kunde sich aber (rechtlich) verpflichtet hat, für einen bestimmten Zeitraum und zu einem festgelegten Preis seinen ganzen Bedarf eines bestimmten Produkts von dem Unternehmen zu beziehen. Ist in derartigen Fällen das Exklusivlieferverhältnis jedoch nicht Gegenstand einer gesonderten Vereinbarung (vgl. dazu Erlass des FinMin Nordrhein-Westfalen vom 24. Januar 1997, BB 1997, 519 zum Exklusivbelieferungsrecht gegenüber einer Handelskette; vgl. auch BFH-Urteil vom 12. Dezember 1968 IV 27/64, BStBl II 1969, 238 zu einem exklusiven Bierlieferungsrecht) sondern - ohne gesonderte Preisbestimmung - lediglich Teil eines Unternehmenserwerbs, kann dies allenfalls dann gelten, wenn der Umsatz des Kunden (auch) von diesem Produkt abhängig ist, also wirtschaftlich für den Kunden nicht die Möglichkeit besteht, auf ein vergleichbares/ähnliches Produkt auszuweichen.

bb) Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen bestand im Streitfall zumindest seit dem 1. 1. 1997 kein eigenständiges immaterielles Wirtschaftsgut "Auftragsbestand".

aaa) Gegenstand des Unternehmenserwerbs durch die Y. X. A-Teil GmbH (damals noch firmierend als X. Marketing Verwaltungs GmbH) war nach dem Kaufvertrag vom 8. Juni 1995 das Werk I-Nord einschließlich des Eintritts in den Liefervertrag mit der X. Gruppe. Auch wenn dieser Liefervertrag (Supply Agreement) erst vom 9. Juni 1995 datiert, zählte er nach dem Kaufvertrag ausdrücklich zu den übergehenden Verträgen und war damit Grundlage des Kaufvertrags.

bbb) Der erworbene Liefervertrag mit der X. Gruppe vom 9. Juni 1995 verschaffte der Klägerin bezogen auf das Streitjahr 1997 und die nachfolgenden Jahre keine festen Aufträge.

Der vorgenannte Liefervertrag regelte zwar Verpflichtungen, die über einen bloßen Rahmenvertrag hinausgingen. Insbesondere war die X. Gruppe verpflichtet, die A-Teile für die Produkte der Auto-Modelle G des Modell 1-Programms und des Modells H des Modell 2-Programms ausschließlich von der Y. X. A-Teil GmbH zu beziehen. Andererseits lagen noch keine festen Aufträge für die gesamte Laufzeit dieser Modelle von ca. 4 bis 6 Jahren vor, denn die Abnahmeverpflichtung seitens der X. Gruppe stand ausdrücklich unter dem Vorbehalt, dass diese ihrerseits entsprechende Sitze an den Automobilhersteller liefern konnte. Der Automobilhersteller seinerseits hatte - soweit bekannt - gegenüber der X. Gruppe zwar eine Art Absichtserklärung abgegeben, sich aber nicht verbindlich verpflichtet, für die gesamte Laufzeit der vorgenannten Modelle die Fahrzeugsitze von der X. Gruppe zu beziehen. Vielmehr hatte der Automobilhersteller sich ausdrücklich vorbehalten, die Vertragsbeziehungen - wenngleich gegen gewisse Entschädigungsleistungen für fertiggestellte Produkte, teilfertige Produkte und Rohmaterial - vorzeitig zu beenden (vgl. Anlage 1 zum Liefervertrag, vorletzter Absatz). Ob eine derartige Vertragsbeendigung und ein Austausch der Lieferanten durch den Automobilhersteller im Hinblick auf erneut erforderlich werdende Entwicklungs- und Produktionseinrichtungskosten bei dem neuen Lieferanten eher weniger wahrscheinlich war, ist unerheblich für die Frage, ob bereits ein rechtlich gesicherter Auftragsbestand vorlag.

Im Ergebnis hat die Y. X. A-Teil GmbH damit mangels rechtlicher verbindlicher Abnahmeverpflichtung durch die X. Gruppe noch keine festen Aufträge bezogen auf die Modell-Laufzeiten von ca. 4 bzw. 6 Jahren erworben. Ob von einem Erwerb fester Aufträge für einen Zeitraum von ca. 12 Monaten auszugehen sein könnte, weil nach Aktenlage (vgl. Auto Purchase Orders) und dem Beteiligtenvorbringen eine entsprechende Planungs-/Vorbestellungsperiode bestand, kann der Senat offen lassen. Einen auf diesen Zeitraum entfallenden Auftragsbestand hat die Klägerin bereits in den Jahren 1995/1996 angesetzt und abgeschrieben und hierbei verbleibt es, weil - wie unter 1. dargelegt - insoweit eine Änderung der Steuerbescheide 1995/1996 bereits wegen Ablaufs der Festsetzungfrist unzulässig war.

cc) Die Y. X. A-Teil GmbH hat auch keinen Exklusivliefervertrag erworben, der nach der Art seiner Ausgestaltung als werthaltigen greifbaren Einzelposten gegenüber dem Geschäftswert abgegrenzt und als eigenständiges immaterielles Wirtschaftsgut angesetzt werden könnte.

Im Verhältnis zwischen der Y. X. A-Teil GmbH und der X. Gruppe lag zwar ein Exklusivliefervertrag bezogen auf den A-Teil für die Produkte in den beiden genannten Fahrzeug-Modellen vor, weil die X. Gruppe rechtlich verpflichtet war, den A-Teil insoweit von der Y. X. A-Teil GmbH zu beziehen. Diesem Exklusivliefervertrag wurde in dem Kaufvertrag über das Werk I zwar erkennbar eine nicht unerhebliche Bedeutung beigemessen, aber kein eigenständiger Kaufpreis(anteil). Der Exklusivliefervertrag garantierte der Klägerin auch keine bestimmten (Mindest-)Absatzmengen. Der erkennende Senat neigt zwar der Auffassung zu, dass selbst ohne konkrete Mengenangaben ein Exklusivliefervertrag als ein vom Geschäftswert abgrenzbares eigenständiges immaterielles Wirtschaftsgut zu beurteilen sein kann. Ebensowenig dürfte es grundsätzlich erforderlich sein, dass der Kunde seinerseits über rechtlich gesicherte Absatzmöglichkeiten verfügt. Sind keine konkreten Absatzmengen vereinbart, setzt die Annahme eines eigenständigen immateriellen Wirtschaftsguts "Exklusivliefervertrag" aber voraus, dass die Abnahme durch den Kunden wirtschaftlich nicht dessen Disposition unterliegt, dieser also insbesondere nicht auf ähnliche/vergleichbare Produkte ausweichen kann. Daran fehlt es im Streitfall. Die X. Gruppe produzierte Autositze, und zwar nicht nur für die beiden hier in Rede stehenden Modellreihen. Zwar dürfte die X. Gruppe damit auf die Verwendung von A-Teil zwingend angewiesen sein (ähnlich wie ein Gastwirt auf die Lieferung von Bier), doch war sie gegenüber der Y. X. A-Teil GmbH keine Abnahmeverpflichtung hinsichtlich des von ihr insgesamt benötigten A-Teils für einen bestimmten Zeitraum eingegangen (d.h. anders als bei exklusiven Bierlieferungsrechten). Wäre - wie die Klägerin eventuell meint - nur die Liefervereinbarung zwischen der Y. X. A-Teil GmbH und der X. Gruppe zu würdigen, also ohne die Beziehungen der X. Gruppe zu deren Kunden (also insbesondere ohne die Vereinbarungen zwischen der X. Gruppe und dem Automobilhersteller), so hätte es der X. Gruppe freigestanden, die Produktion der Produkte für die hier in Rede stehenden Modellreihen einzustellen (etwa im Falle einer zu niedrigen Gewinnspanne) und statt dessen andere Produkte mit anderen Vorlieferanten für das A-Teil zu vertreiben. Der Sachverhalt läge damit ähnlich wie bei allgemeinen Lieferbeziehungen zu Groß- oder Dauerkunden, die zwar die Chance einer Beibehaltung der Geschäftsbeziehung eröffnen, sich aber nicht als eigenständiges immaterielles Wirtschaftsgut darstellen, sondern als unselbständiger Teil des Geschäfts- oder Firmenwerts bzw. des geschäftswertähnlichen Wirtschaftsguts Kundenstamm. Im Hinblick darauf, dass im Streitfall der Exklusivliefervertrag zwischen Y. X. A-Teil GmbH und der X. Gruppe seinerseits auf die Vereinbarungen der X. Gruppe mit dem Automobilhersteller verweist, erscheint es dem erkennenden Senat jedoch zulässig und sachgerecht, die letztgenannten Vereinbarungen in die Würdigung einzubeziehen. Die führt jedoch zu keinem anderen Ergebnis, weil - wie bereits dargelegt - der Automobilhersteller seinerseits rechtlich nicht verpflichtet war, für einen Zeitraum von 4 bzw. 6 Jahren Sitze von der X. Gruppe abzunehmen.

dd) Entgegen der Ansicht der Klägerin sind die Aufführungen des FinMin NRW im Erlass vom 24. Januar 1997 (BB 1997, 519 ) zur Anerkennung von Exklusivlieferungsrechten als eigenständige immaterielle Wirtschaftsgüter im vorliegenden Verfahren nicht bindend.

Der vorgenannte Erlass betrifft nicht die Abgrenzung eines selbständigen immateriellen Wirtschaftsguts "Exklusivbelieferungsrecht" vom Geschäftswert/Kundenstamm in den Fällen des Erwerbs eines ganzen Geschäftsbereichs bzw. Unternehmens. Außerdem handelt es sich insoweit um eine materiell-rechtliche Frage und nicht um eine Ermessensentscheidung der Verwaltung. Einen Anspruch auf "Gleichheit im Unrecht" gibt es aber nicht. Ebensowenig kann die Klägerin sich auf § 176 Abs. 2 AO berufen; zu dem hier in Rede stehenden Erlass des FinMin NRW liegt noch keine Entscheidung eines obersten Gerichtshofs des Bundes vor.

3. Die Berechnung der festzusetzenden Steuern bzw. festzustellenden Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr 1997 wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dem FA übertragen.

Zu berücksichtigen sind die Änderungen, die sich aufgrund der Klagestattgabe für die Vorjahre ergeben (Änderung des Verlustvortrags).

Anstelle des von der Klägerin bislang angesetzten Auftragsbestands und Firmenwerts und der darauf entfallenden Abschreibungen sind folgende Beträge zugrunde zu legen:

TABELLE_4

Firmenwert 31.12.1996/01.01.1997 DM

"Auftragsbestand" 31.12.1996 im Wege der Bilanzkorrektur

in 1997 zu erfassen als Firmenwert

DM

Zwischensumme Firmenwert 01.01.1997 DM

AfA, ausgehend von einer Restnutzungsdauer von

13 Jahren und 8 Monaten (= 164 Monate)

36.487.216 x 12/164

DM

Firmenwert 31.12.1997

DM

Die GewSt-Rückstellung ist entsprechend anzupassen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 151 Abs. 3, § 155 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 FGO zuzulassen. Die Frage der Abgrenzung eines Firmen- oder Geschäftswerts bzw. Kundenstamms von einem selbständigen immateriellen Wirtschaftsgut Exklusivbelieferungsrecht erscheint höchstrichterlich noch nicht geklärt.

Ende der Entscheidung

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