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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 25.09.2008
Aktenzeichen: 4 K 1977/07
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 33a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat der 4. Senat des Finanzgerichts Nürnberg

durch

...

aufgrund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 25.09.2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Streitig ist, ob Unterhaltsleistungen an die Enkelkinder des Klägers als außergewöhnliche Belastung nach § 33a EStG zu berücksichtigen sind.

Der Sohn des Klägers, A, lebte mit seiner aus Nicaragua stammenden Frau und seinen Kindern in 1. Im Jahr 1999 ging die Schwiegertochter des Klägers mit den Kindern nach Nicaragua zurück; sie lebt dort mit den drei (am 04.10.1986, 10.01.1996 und 08.11.1999 geborenen) Kindern. Sie ist nach Angaben des Klägers in Nicaragua arbeitslos, Kindergeld wird weder in Deutschland noch in Nicaragua bezahlt. Der Sohn des Klägers, der ebenfalls arbeitslos ist, zahlte für die Kinder keinen Unterhalt.

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2005 beantragte der Kläger, die von ihm an seine Enkelkinder geleisteten Zahlungen i.H.v. 3.134 EUR als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Das Finanzamt lehnte den steuerlichen Abzug der Unterstützungsleistungen im Einkommensteuerbescheid vom 27.09.2006 ab, da der Vater der Kinder (der Sohn des Klägers) einen Anspruch auf Kinderfreibeträge für seine Kinder gehabt habe.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Auf die Einspruchsentscheidung vom 05.11.2007 wird verwiesen.

Dagegen hat der Kläger mit folgender Begründung Klage erhoben:

Sein Sohn, der seine Arbeit verloren habe, könne keinen Unterhalt leisten. Seine Schwiegertochter sei in dem anerkannt armen Nicaragua arbeitslos, Kindergeld gebe es nicht. Er sei deshalb aus moralischen und rechtlichen Gründen ( § 1601 BGB) verpflichtet gewesen, die Familie zu unterhalten. Sinn der §§ 32 und 33a EStG sei es, das Existenzminimum des Kindes zu sichern. Um Mehrfachleistungen zu vermeiden, schreibe das Gesetz vor, dass kein "Anspruch" einer anderen Person auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag bestehen dürfe. Ein Anspruch liege aber nur dann vor, wenn man etwas erhalte. Es verstoße gegen das Grundgesetz, wenn man den Kindern die Sicherung des Existenzminimums verweigere. Dies könne nicht Sinn und Zweck der Regelung sein. Außerdem zeige § 33a Abs. 1 Satz 6 EStG, dass durchaus mehrere Personen Aufwendungen geltend machen könnten. Nach der Auslegung des Finanzamts habe nur eine Person einen Anspruch, auch wenn er nur fiktiv sei. Das könne so nicht stimmen.

Der Kläger hat beantragt,

den Einkommensteuerbescheid vom 27.09.2006 und die Einspruchsentscheidung vom 05.11.2007 zu ändern und die Unterhaltsleistungen an seine Enkel i.H.v. 3.134 EUR als außergewöhnliche Belastung nach § 33a EStG zu berücksichtigen.

Das beklagte Finanzamt hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung ausgeführt, dass Unterhaltsleistungen an eine unterhaltsberechtigte Person nach § 33a EStG nur abzugsfähig seien, wenn weder der Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf einen Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder auf Kindergeld habe. Ein Anspruch des Sohnes des Klägers liege auch vor, wenn dieser die Kinderfreibeträge mangels eigener Einkünfte nicht ausnutzen könne.

Aus den Akten ergibt sich, dass sich der Kläger mit Schreiben vom 23.12.2005 in dieser Sache an das Bayerische Staatsministerium der Finanzen gewandt hat. Mit Schreiben vom 09.02.2006 wurde ihm mitgeteilt, dass die Handhabung des Finanzamts nicht zu beanstanden sei. Da eines seiner Enkelkinder nach seinen Angaben schwerbehindert sei, wurde ihm anheim gestellt, insoweit Nachweise für übernommene Krankheitskosten oder Pflegeaufwendungen zu erbringen, da diese nach § 33 EStG als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig seien. Auch eine Eingabe des Klägers an den Petitionsausschuss des Bayerischen Landtages vom 19.07.2006 wurde abgelehnt.

Der Senat hat bereits mit Urteil vom 18.05.2000 (Az. IV 182/2000) bezüglich des Jahres 1998 die Klage des Klägers abgewiesen und die Unterstützungsleistungen nicht zum Abzug zugelassen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

1. Unterhaltsleistungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen sind nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG nur abzugsfähig, wenn weder der Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf einen Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder auf Kindergeld haben. Im Streitfall stand dem Sohn des Klägers für seine im außereuropäischen Ausland lebenden Kinder zwar kein Kindergeld zu ( § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG). Auch die Mutter der Kinder erhält nach einer Bescheinigung des Konsulats von Nicaragua vom 31.11.2005 kein Kindergeld, da dieses in Nicaragua nicht bezahlt wird. Der Sohn des Klägers hatte aber nach § 32 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 EStG für seine Kinder jeweils einen Anspruch auf einen Kinderfreibetrag, da dafür nicht Voraussetzung ist, dass die Kinder im Inland einen Wohnsitz haben. Der Kinderfreibetrag bestand auch für das im Streitjahr über 18 Jahre alte Kind, da sich dieses im Streitjahr 2005 in Schulausbildung befunden hat ( § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG). Es hat nach Angaben des Klägers im Jahr 2005 in Nicaragua die Schule besucht und diese im Jahr 2007 mit dem Abitur abgeschlossen.

Der Sohn des Klägers konnte allerdings tatsächlich keine Vergünstigung aus den Kinderfreibeträgen herleiten. Er bezog im Streitjahr 2005 kein steuerpflichtiges Einkommen, sondern Unterhaltsgeld. Einen Anspruch auf einen Kinderfreibetrag i.S.d. § 32 EStG hat eine Person aber auch dann, wenn sie diesen nicht geltend macht oder sich dieser mangels eigenen Einkommens nicht auswirkt (vgl. z.B. Urteil des Finanzgerichts Köln vom 21.04.1994 5 K 533/92, EFG 1995, 568; die gegen diese Entscheidung eingelegte Revision wurde vom BFH ohne Begründung mit Beschluss vom 14.01.1997 III R 235/94 als unbegründet zurückgewiesen). Auch in der Literatur wird weit überwiegend die Meinung vertreten, es komme für den Ausschluss des Abzugs von Unterhaltsaufwendungen nicht darauf an, ob der Kinderfreibetrag tatsächlich gewährt wird (vgl. Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, § 33a EStG Anmerk. 84; Arndt in Kirchhof/Söhn, EStG, § 33a Rdnr. B 55 ff; Schmidt/Glanegger, EStG, 27. Aufl., § 33a Rz 11).

Diese Auslegung entspricht dem Zweck der Vorschrift, Unterhaltsleistungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen typisierend dann vom steuerlichen Abzug auszuschließen und ihnen die Zwangsläufigkeit zu versagen, wenn andere vorrangig zum Unterhalt verpflichtet sind. Die in § 32a EStG gewählte Formulierung des Gesetzgebers "Anspruch auf einen Kinderfreibetrag" stellt deshalb nicht auf das Vorliegen der entsprechenden steuerlichen Auswirkungen ab. Dies dient der strikten Vermeidung der Mehrfachberücksichtigung desselben Kindes durch Gewährung eines Kinderfreibetrages und einer Steuerermäßigung nach § 33a Abs. 1 EStG. Denn andernfalls wäre vom Finanzamt jeweils konkret zu prüfen, ob sich der Kinderfreibetrag bei der anspruchsberechtigten Person ausgewirkt hat. Überschneidungsmöglichkeiten ergäben sich insbesondere in den Fällen, in denen der Kinderfreibetrag zwar nicht voll umfänglich, aber wenigstens zum Teil zu einer steuerlichen Entlastung geführt hat.

Da in dem Abzugsverbot letztlich eine Typisierung des Merkmals der Zwangsläufigkeit zu sehen ist, hält der Senat dieses Ergebnis für gerechtfertigt. Es ist ein legitimes Interesse des Gesetzgebers, bei Massenerscheinungen dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung Vorrang einzuräumen gegenüber einer konsequenten Einzelfallgerechtigkeit.

Der Einwand des Klägers, dass der Gesetzgeber verpflichtet sei, das Existenzminimum der Kinder durch entsprechende steuerliche Entlastungen zu sichern, führt zu keinem anderen Ergebnis. Daraus ist nicht zu folgern, dass für ein Kind, für das ein Steuerinländer Unterhalt nach dem bürgerlichen Gesetzbuch bezahlen muss, in jedem Fall, insbesondere wenn sich das Kind im Ausland befindet, eine steuerliche Entlastung gewährt werden müsste.

Der Senat hat nach alledem auch für die Fälle, in denen sich der Kinderfreibetrag mangels ausreichenden Einkommens der Eltern nicht auswirkt, keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Zur Begründung im Einzelnen wird auf das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 17.08.1998 III 585/95, EFG 1998, 1521 und auf das Urteil des Finanzgerichts Köln o.a. EFG 1995, 568 verwiesen.

Der Hinweis des Klägers auf § 33a Abs. 1 Satz 6 EStG kann der Klage gleichfalls nicht zum Erfolg verhelfen. In dieser Vorschrift ist nur eine Regelung darüber getroffen, wie der abzugsfähige Höchstbetrag aufzuteilen ist, wenn mehrere Unterstützende Leistungen erbringen. Dies ändert nichts daran, dass deren Aufwendungen auch nur für Personen abzugsfähig sind, für die kein anderer einen Anspruch auf Kinderfreibetrag oder Kindergeld hat.

2. Krankheitsbedingte Aufwendungen für seine Enkelkinder, die möglicherweise -nach Abzug der zumutbaren Eigenbelastung- als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG abzugsfähig wären, hat der Kläger nicht geltend gemacht, obwohl er schon mit Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 09.02.2006 auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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