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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 30.10.2008
Aktenzeichen: 1 K 102/05
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 105 Abs. 5
FGO § 135
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Die Parteien streiten über die zutreffende Feststellung des Einheitswertes auf den 01.01.2003 für das gemischt genutzte Grundstück in A. Das Grundstück ist mit einem vor 1895 errichteten Altbau bebaut. Das Grundstück einschließlich Gebäude erwarben die Kläger im Jahr 1995.

Der Einheitswert für das Grundstück ist in der Vergangenheit wiederholt fortgeschrieben worden. Als die Kläger das Grundstück im Jahr 1995 erwarben, war es als Einfamilienhaus mit einem Einheitswert von DM 19.800 bewertet. Es erging sodann eine Zurechnungsfortschreibung auf die Kläger mit Bescheid vom 25.06.1996. Mit Bescheid vom 15.10.1996 wurde sodann der Einheitswert auf den 01.01.1996 auf DM 33.900 fortgeschrieben. Die nächste Forstschreibung erfolgte auf den 01.01.1997. Anlass dafür war eine Mitteilung des Bauamtes über die Nutzungsänderung des Wohngebäudes sowie die durchgeführte Schlussabnahme. Das Finanzamt (FA) führte daraufhin eine Artfortschreibung zum Geschäftsgrundstück und eine Wertfortschreibung auf DM 46.700 durch. Im Jahr 1997 erhielt das FA eine erneute Mitteilung des Bauamtes, nach der der Ausbau des Dachgeschosses und die Erneuerung der Dachhaut genehmigt worden sei. Im Nachtrag zu dieser Genehmigung teilte das Bauamt im Jahr 2000 mit, dass nunmehr auch die Änderung an der Loggia genehmigt worden sei. Die Kläger gaben sodann nach mehreren Rückfragen im Jahr 2002 eine Einheitswerterklärung ab und teilten mit, dass im Dachgeschoss eine Dienstwohnung vorhanden sei.

Das FA führte darauf hin zum 01.01.2003 mit Bescheid vom 17.04.2003 eine Artfortschreibung zum gemischt genutzten Grundstück mit überwiegend gewerblichem Anteil durch und schrieb den Einheitswert auf EUR 43.255 fort. Da für den Einbau der Wohnung die alte Dachkonstruktion entfernt und dann ein neuer Dachstuhl erstellt worden war, nahm das FA beim Ansatz des Vervielfältigers ein fiktives Baujahr 1936 an.

Im Einspruchsverfahren ermäßigte das FA den Einheitswert auf EUR 35.637. Es ermittelte den Mietwert dabei im Ertragswertverfahren, wobei für die Wohnräume eine Miete von DM 3,09 und für die gewerblich genutzten Räume eine solche von DM 2 berücksichtigt wurde. Für die nach Ansicht des FA neu geschaffene Wohnung im Dachstuhl setzte es einen Mittelwert aus Neubaumieten (des Jahres 1964, laut Mietspiegel DM 4,50) und Altbaumieten (der Jahre 1924 bis 1948, laut Mietspiegel DM 1,60) in Höhe von DM 3,09 an. Für die gewerblich genutzten Räume berücksichtigte es eine Quadratmetermiete von DM 2. Nach dem Mietspiegel für die Einheitsbewertung beträgt der Mietwert DM 3 pro qm Nutzfläche. Auf Grund des Gebäudezustandes allerdings setzte das FA lediglich einen solchen von DM 2 an.

Im Einspruchsverfahren reduzierte das FA sodann den Vervielfältiger auf den für Altbauten vor 1895 (6,6).

Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Kläger sind der Rechtsansicht, der Einheitswert sei weiterhin zu hoch festgesetzt.

Unstreitig allerdings ist nunmehr, wie vom FA angenommen, eine Wohnfläche von 123,21 qm für die Dachgeschosswohnung.

Die Kläger wehren sich gegen die Höhe der zu Grunde gelegten Quadratmetermieten. Sie begründen dies insbesondere damit, dass kein neuer Wohnraum geschaffen worden sei. Es sei lediglich das vorhandene Dach durch ein Neues ersetzt worden. Aus den Abbildungen aus der Zeit vor der Sanierung ergebe sich, dass der in Frage stehende Raum im 1. Obergeschoss bereits im vollen Umfang vorhanden gewesen sei. Eine Wohnung sei bereits vorhanden gewesen. Es habe sich deshalb um typische Instandhaltungskosten gehandelt. Sowohl für die Räumlichkeiten im Dachgeschoss als auch für die gewerblich genutzten Räumlichkeiten im Erdgeschoss sei deshalb von einem Mietwert von DM 1,76 pro qm auszugehen. Dieser entspreche dem Mietwert, wie er im Mietspiegel des FA für Altbauten mit guter Ausstattung zu Grunde gelegt werde.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid über die Feststellung des Einheitswertes auf den 01.01.2003 für das gemischt genutzte Grundstück A dahingehend zu ändern, dass der Einheitswert festgestellt wird auf EUR 27.119.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest.

Der Vortrag der Kläger, der Dachgeschossumbau habe zu keinem neu geschaffenen Wohnraum geführt, sei unzutreffend. Ausweislich einer dem FA eingereichten Wohnflächenberechnung für das Dachgeschoss habe das ursprünglich ungenutzte Dachgeschoss zu einer Wohnung mit Küche, Bad und mehreren Zimmern ausgebaut werden sollen. Demgemäß lasse sich aus der Baubeschreibung entnehmen, dass ein neues Bad eingebaut sowie eine neue Holzbalkendecke über dem Dachgeschossausbau eingefügt werden soll. Daneben seien Arbeiten am Dach selbst ausgeführt worden. Auf Grund der vorgelegten Unterlagen sei deshalb davon auszugehen, dass vor den Ausbauarbeiten eine bezugsfertige Wohnung nicht vorhanden gewesen sei.

Der Senat hat in die Bauakten des Landkreises beigezogen.

Aus der Bauvoranfrage des Klägers ergibt sich, dass vorgesehen ist der Ausbau des Dachgeschosses als Wohnraum. Gebäude und Dachgeschoss seien vorhanden. Im Zuge dieses Ausbaus soll das vorhandene Reetdach gegen eine Hartbedachung ausgetauscht werden. Aus den der Bauanfrage beigefügten Zeichnungen ergibt sich, dass Süd- und Nordseite des Daches mit Reet eingedeckt waren. Fenster sind in der Dachfläche nicht vorhanden. In der dem Bauantrag beigefügten Baubeschreibung heißt es u.a.:

"In dem vorhandenen Gebäude befindet sich im Erdgeschossbereich eine ... Diese Nutzung ist baurechtlich genehmigt.

Entsprechend dem Bauvorbescheid soll nun im bisher ungenutzten Dachgeschoss eine Wohnung für den Inhaber eingebaut werden. Dazu ist es erforderlich Dachgauben zur notwendigen Belichtung und Belüftung aufzubauen. Das nur noch teilweise vorhandene Reetdach soll nun ganz durch Tonziegel ersetzt werden."

Aus den beigefügten Bauzeichnungen ist ersichtlich, dass auf der Südseite sowie auf der Ostseite des Gebäudes größere Dacherker eingebaut worden sind. Im Giebel der Westseite wurde eine große Loggia eingebaut. Mit erstem Nachtrag wurde die Änderung der Loggia in Wohnraum beantragt.

In dem vor dem Landgericht L geführten Rechtsstreit führte der Sachverständige in seinem Gutachten u.a. aus:

"Bei dem zu begutachtenden Objekt handelt es sich um die Sanierung eines alten Gebäudes mit einem strohgedeckten Dach. Im Zuge der Umbauarbeiten wurde der komplette Dachstuhl demontiert und durch einen neuen ersetzt."

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Das FA hat den Einheitswert auf den 01.01.2003 zutreffend mit EUR 35.637 festgestellt.

Das FA hat dabei zutreffend den Vervielfältiger für Altbauten vor 1895 angesetzt. Auch die Mietwerte für den gewerblich genutzten Raum im Erdgeschoss von DM 2 pro qm sowie für die Dachgeschosswohnung von DM 3,09 ist nicht zu beanstanden.

Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung der Einspruchsgründe ab, da es im vollen Umfang der Begründung des Einspruchsbescheides vom 23.02.2005 folgt (§ 105 Abs. 5 FGO).

Lediglich ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin:

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) (BFH-Urteil vom 05.05.1999 II R 54/97, BFH/NV 2000, 169; so auch Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 29.01.2001 3 K 232/98, n. v.) kann durch nachträgliche Baumaßnahmen ein Gebäude so wesentlich verändert werden, dass es bei Anwendung eines Mietspiegels nicht mehr mit Gebäuden des ursprünglichen Baujahres vergleichbar ist.

Nach Auffassung des Senates sind auf Grund der Baumaßnahmen am Dachgeschoss derartige Wertverbesserungen eingetreten, dass hier nicht mehr der Mietspiegel aus dem ursprünglichen Baujahr anzuwenden ist. Ausweislich der vorgelegten Zeichnungen in den Bauakten ergibt sich, dass das Gebäude zunächst mit einem Reetdach versehen war. Fensterflächen waren in den Reetdachbereichen nicht vorhanden gewesen. Durch die Umbaumaßnahmen ist der alte Dachstuhl völlig erneuert worden, es wurden Fenster und Erker eingebaut, ferner eine Loggia. Diese Loggia wurde zu einem späteren Zeitpunkt zu weiterem Wohnraum ausgebaut. Aus der dem Bauantrag beigefügten Baubeschreibung ergibt sich weiterhin, dass nunmehr im bisher ungenutzten Dachgeschoss eine Wohnung für den Inhaber eingebaut werden sollte.

Aus diesen Angaben in der Baubeschreibung, die sich im Übrigen auch mit den Angaben in den Einheitswertakten deckt, war danach eine komplett ausgebaute und nutzbare Wohnung im Dachgeschoss nicht vorhanden. Es mag sein, dass sich im Dachgeschoss ein Raum befunden hat. Dieses führt jedoch nicht dazu, hier lediglich von einer Sanierung einer vorhandenen Wohnung auszugehen. Auf Grund des Umfangs der Baumaßnahmen vielmehr, insbesondere auf Grund des Umbaus des kompletten Dachbereiches, liegt hier eine Neuherstellung einer Wohnung vor. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich aus den Einheitswertakten nicht ergibt, dass bislang eine Nutzung des Dachbereiches zu Wohnzwecken erfolgt ist. Dieses ist weder von den Voreigentümern angegeben gewesen, noch von den Klägern in der Erklärung zum Einheitswert.

Das Finanzamt hat deshalb bezüglich des neu geschaffenen Wohnraumes lediglich einen Mittelwert bei dem Mietpreis angesetzt. Dieses ist aus Sicht des Senates eine positive Entscheidung für die Kläger, da durchaus für neugeschaffenen Wohnraum auch der Mietwert zum 01.01.1964 hätte berücksichtigt werden können.

Auch hinsichtlich des gewerblich genutzten Bereiches im Erdgeschoss hat das FA bereits einen Abschlag von DM 3 auf DM 2 pro qm vorgenommen, um die Altbausubstanz zu würdigen. Damit sind auch insoweit hinreichend Abschläge vorgenommen worden.

Das FA hat den Einheitswert deshalb zutreffend festgesetzt. Die Klage war mit der Kostenfolge des § 135 FGO abzuweisen.

Ende der Entscheidung

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