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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 16.11.2006
Aktenzeichen: 1 K 202/00
Rechtsgebiete: BewG


Vorschriften:

BewG § 22 Abs. 1
BewG § 22 Abs. 3
BewG § 76 Abs. 1 Ziff. 4
BewG § 82 Abs. 1
Die Bewertung von Einfamilienhäusern mit zeitgemäßem Standard.
Finanzgericht Niedersachsen

1 K 202/00

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Rahmen der Einheitswertfeststellung eines im Ertragswertverfahren bewerteten Grundstücks über die zutreffende Einordnung in eine Ausstattungsklasse. Die Kläger haben im Jahre 1992 ein unbebautes Grundstück erworben und darauf anschließend ein selbstbewohntes Wohnhaus errichtet. Das Haus hat Wohnräume im Erd- und Dachgeschoss mit einer Gesamtwohnfläche von 135 qm. Es besitzt eine Sammelheizung mit einer zentralen Warmwasserversorgung. Das Gebäude hat zwei Badezimmer, eines davon mit Badewanne, zwei Waschbecken und separat abgemauerter Dusche. Die Badezimmer haben Fliesen auf den Böden und an den Wänden, die Wandfliesen reichen bis zur Decke. Das Haus hat mehrere großflächige Fenster und Terrassentüren mit Isolierverglasung, die sich an der südlich gelegenen Seite des Gebäudes bis in einen Erker im Obergeschoss fortsetzt. Die Türen im inneren bestehen aus Massivholz. Das gesamte Haus hat Bodenfliesen mit Fußbodenheizung. Im Obergeschoss befindet sich teilweise Parkettfußboden. Zusätzlich zur Fußbodenheizung ist im Esszimmer ein bis zur Zimmerdecke reichender Kachelofen mit Sitzbank eingebracht. Ein Kellergeschoss ist nicht vorhanden. Im Erdgeschoss befindet sich unter der Treppe zum Obergeschoss ein 1,8 qm großer Abstellraum, in dem Vorräte gelagert werden können. Die Heizung ist nicht in einem eigens dafür vorgesehenen Raum untergebracht. Sie befindet sich auf dem Spitzboden und ist vom Obergeschoss aus nur durch eine Einschubtreppe zu erreichen.

Der Beklagte hat für das Grundstück eine Art- und Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1995 zum Einfamilienhaus durchgeführt und darin den Einheitswert im Ertragswertverfahren mit 100.700 DM festgestellt. Der Wert errechnet sich aus einer Monatsmiete von 5,19 DM, den das Finanzamt seinem Mietspiegel der Klasse V (sehr gute Ausstattung) und der Spalte g (freifinanzierte nicht preisgebundene Marktmiete) entnommen hat. Der Beklagte hat den darin ausgewiesenen Wert von 4,90 DM um 6% für ein freistehendes Einfamilienhaus erhöht.

Das Einspruchsverfahren führte zu einer Erhöhung des Einheitswertes auf 101.200 DM. Zu dieser Erhöhung kam es, weil das Finanzamt den Spiegelwert von 4,90 neben dem Zuschlag für ein freistehendes Einfamilienhaus um weitere 5% wegen übernommener Schönheitsreparaturen erhöhte. Den so gewonnen Wert begrenzte es auf die pauschale Kostenmiete von 5,35 DM.

Mit ihrer dagegen erhobenen Klage wenden sich die Kläger gegen die Höhe des Mietwertes. Sie sind der Auffassung, dass die Einordnung ihres Hauses in die Ausstattungsklasse V des Mietspiegels nicht richtig sei. Das Haus hebe sich nach Bauart, Größe und Gestaltung nicht vom heute üblichen Standard gewöhnlicher Einfamilienhäuser ab. Es seien nur durchschnittlich qualitative Materialien verwendet worden. Whirlpool und Urinalbecken seien nicht vorhanden, die Bodenfliesen seien nicht diagonal verlegt. Die Herstellungskosten des Gebäudes beliefen sich auf 487,57 DM/qm Wohnfläche bezogen auf die Wertverhältnisse im Hauptfeststellungsstichtag und lägen damit im Bereich der Ausstattungsklasse II. Sollte ihr Haus tatsächlich in die Ausstattungsklasse V eingeordnet werden, wäre die Bewertung wirklich exklusiv ausgestatteter Häuser mit derselben Ausstattungsklasse nicht sachgerecht.

Die Kläger beantragen,

unter Änderung des Einheitswertbescheides vom ..... in Gestalt des Einspruchsbescheides vom ...... den Einheitswert auf den 1. Januar 1995 unter Berücksichtigung der Ausstattungsklasse II niedriger festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an dem bisher ermittelten Mietwertansatz fest und verweist darauf, dass alle Kriterien für die Einstufung des Gebäudes in die Ausstattungsklasse V erfüllt seien. Entscheidend seien nicht die heute üblichen Gepflogenheiten sondern die Wertverhältnisse des Jahres 1964. Gemessen an jenen Maßstäben sei die Einordnung zutreffend.

Wegen des Vortrags der Parteien im Übrigen wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze im Klage- und im Vorverfahren Bezug genommen.

Der Berichterstatter des Senats hat das streitige Grundstück in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Augenscheinseinnahme wird auf das Protokoll vom 8. September 2006 Bl. 41 bis 44 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Klage hat teilweise Erfolg.

1. Die Fortschreibung des zuletzt als unbebaut bewerteten Grundstücks ist als solche dem Grunde nach zutreffend.

Gemäß § 22 Abs. 1 Bewertungsgesetz (BewG) wird der Einheitswert neu festgestellt (Wertfortschreibung), wenn sich der Wert, der sich für den Beginn eines Kalenderjahres ergibt, von dem entsprechenden Wert des letzten Feststellungszeitpunktes nach oben um mehr als den zehnten Teil, mindestens aber um 5.000 Deutsche Mark, oder um 100.000 Deutsche Mark abweicht. Unter diesen Voraussetzungen findet eine Fortschreibung sowohl zur Beseitigung eines Fehlers der letzten Feststellung (§ 22 Abs. 3 BewG) als auch dann statt, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse seit der letzten Feststellung geändert haben.

Im Streitfall ist die Fortschreibung erforderlich geworden, weil sich die tatsächlichen Verhältnisse seit der letzten Feststellung geändert haben. Die Kläger haben ihr Grundstück mit einem Wohnhaus bebaut, es ist daher nunmehr als bebautes Grundstück mit einem für diese Grundstücksart vorgesehenen Einheitswert zu bemessen. Dabei sind die Fortschreibungsgrenzen des zuletzt mit 23.600 DM festgestellten Wertes überschritten.

2. Die Höhe des fortgeschriebenen Einheitswertes begegnet jedoch Bedenken.

a) Der Beklagte hat den Einheitswert zunächst zutreffend im Ertragswertverfahren errechnet. Das Grundstück der Kläger ist bestandskräftig als Einfamilienhaus bewertet worden. Gemäß § 76 Abs. 1 Ziff. 4 BewG ist der Einheitswert für Einfamilienhäuser grundsätzlich im Ertragswertverfahren zu errechnen. Anhaltspunkte für die Anwendung des Sachwertverfahrens liegen nicht in dem Ausmaß vor, dass sich die Abkehr vom Ertragswertverfahren rechtfertigen ließe.

Bei der Bewertung im Ertragswertverfahren ergibt sich der Grundstückswert regelmäßig durch Anwendung eines Vervielfältigers (§ 80 BewG) auf die Jahresrohmiete (§ 79 BewG). In besonderen Fällen sind Zu- und Abschläge vorzunehmen (§§ 81, 82 BewG). Die für die Bewertung maßgebliche Jahresrohmiete ist grundsätzlich das Entgelt, das die Mieter für die Benutzung des Grundstücks aufgrund vertraglicher Vereinbarungen nach dem Stand im Feststellungszeitpunkt für ein Jahr zu entrichten haben (§ 79 Abs. 1 Satz 1 BewG). Bei Gebäuden, die am Hauptfeststellungszeitpunkt nicht vermietet waren, tritt an die Stelle der Jahresrohmiete die übliche Miete. Sie ist in Anlehnung an die Jahresrohmiete zu schätzen, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird (§ 79 Abs. 2 Satz 2 BewG). Übliche Miete ist die nach der objektiven Beschaffenheit des Grundstücks und den gegebenen örtlichen Verhältnissen üblicherweise erzielbare Miete. Entscheidend sind dabei die Wertverhältnisse am 1. Januar 1964 (§ 79 Abs. 5 BewG). Sind vergleichbare ähnlich vermietete Objekte nicht vorhanden, so ist die Schätzung anhand der betreffenden Mietspiegel der Finanzämter vorzunehmen (BFH-Urteil vom 10. August 1984 III R 41/75, BFHE 142, 289, BStBl II 1985, 36).

b) Im Streitfall sind vermietete vergleichbare ähnliche Objekte nicht vorhanden. Das Gebäude war am 1. Januar 1964 noch nicht errichtet. Es kommt hinzu, dass das Haus der Kläger - wie alle Einfamilienhäuser - in Ausbau und Ausstattung nach dem persönlichen Geschmack der Bauherrn ausgerichtet ist und deshalb auch aus diesem weiteren Grunde keine anderweitigen vermieteten Objekte in hinreichender Zahl vorhanden sind.

aa) Auf der Suche nach der für das Objekt angemessenen üblichen Miete greift das Gericht jedoch nicht auf die Werte zurück, die sich aus der Spalte g des Mietspiegels des Beklagten ergeben. Diese Werte geben nach Einschätzung des Senats nicht das Mietgefüge am Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 1964 wieder. Die Mietspiegel sind seinerzeit vielmehr nach Maßgabe eines Erlasses des Niedersächsischen Ministers der Finanzen aus dem Jahre 1967 errichtet worden, bei dem die tatsächlichen Mieten keine Berücksichtigung gefunden haben. Der Senat hat deshalb erstmals mit Urteil vom 27. August 1996 I K 119/90, EFG 1997, 8 und seither in ständiger Rechtsprechung diese Mietspiegelspalte als Schätzungsgrundlage für die übliche Miete des Hauptfeststellungszeitpunkts verworfen. Dem ist der BFH in seinen Urteilen vom 18. November 1998 II R 79/96, BFHE 187, 104, BStBl II 1999, 10 und 4. März 1999 II R 106/97, BFHE 188, 425, BStBl II 1999, 519 gefolgt. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte zur Feststellung der Marktmiete hat der BFH statt dessen "als letztes Hilfsmittel" den Ansatz einer Kostenmiete zugelassen. Zur Berechnung dieser Kostenmiete im einzelnen wird auf die o. a. BFH-Urteile Bezug genommen.

Bei Ansatz der Kostenmiete geht das Gericht von der Ausstattungsgruppe V (sehr gut) als zutreffende Schätzungsgrundlage aus. Das Objekt der Kläger enthält alle Merkmale, die diese Ausstattungsgruppe kennzeichnen, insbesondere ein gutes Bad und eine Sammelheizung mit zentraler Warmwasserversorgung. Der von den Klägern begehrte Rückgriff auf die Werte der Ausstattungsgruppe II (Kennzeichen: Wasserleitung im Haus, Kanalisation, Ofenheizung) musste daher ausscheiden. Der Hinweis der Kläger, dass ihr Haus den heute üblichen Standard gewöhnlicher Einfamilienhäuser enthalte, führt zu keiner anderen Einschätzung, weil nach der ausdrücklichen Regelung in § 79 Abs. V BewG für Fortschreibungen für die Höhe der Miete auf die Wertverhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt abzustellen ist (vgl. auch BFH-Beschluss vom 11. Dezember 2003 II B 151/02 BFH/NV 2004, 472). Aus dem gleichen Grunde konnten auch der fehlende Whirlpool, das ebenfalls fehlende Urinalbecken und die nicht diagonal verlegten Bodenfliesen keine anderen Einstufung bewirken.

Ausgehend von der Ausstattungsklasse V errechnet sich die pauschale Kostenmiete auf 5,36 DM/qm Wohnfläche (920 DM x 7% = 64,40 DM : 12 = 5,36 DM). Das Gericht hat diesen Wert auf 5,35 DM abgerundet, weil die Oberfinanzdirektionen in Niedersachsen durch Erlasse vom 5. Oktober 1999 S 32202-1-StH 267, S 3202-1-StO 251 die Finanzämter angewiesen haben, die pauschal errechnete Kostenmiete auf volle 5 Pfennig abzurunden. An diese Regelung muss sich der Beklagte im Wege der Selbstbindung der Verwaltung festhalten lassen. Dies ist der Wert, den der Beklagte in seiner Einspruchsentscheidung seinen weiteren Berechnungen zu Grunde gelegt hat.

bb) Beim Ansatz der - vom Senat verworfenen - Mietspiegel des Beklagten ergibt sich kein niedriger Mietwert.

Wie der BFH in seiner Entscheidung vom 4. März 1999 II R 106/97, BFHE 188, 425, BStBl II 1999, 519 erkannt hat, bleiben die Finanzämter an die von ihnen aufgestellten Mietspiegelwerte für freifinanzierten Wohnraum trotz der Mängel dieser Werte gebunden, wenn die Spiegelwerte unter der Kostenmiete liegen. Für den Streitfall trifft das jedoch nicht zu. Der Mietspiegel des Beklagten weist in der Ausstattungsklasse V eine freifinanzierte Marktmiete von 4,90 DM/qm Wohnfläche auf. Dieser Wert ist um Zuschläge für die Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter um 5 v. H. und wegen des Wohnens im eigenen Einfamilienhaus (sog. Einfamilienhauszuschlag - vgl. dazu Urteil des BFH vom 10. August 1984 III R 41/75, BFHE 142, 289, BStBl II 1985, 36) in Höhe von 6 v. H. zu erhöhen. Soweit der Senat in der Vergangenheit den Einfamilienhauszuschlag bei der Ausstattungsklasse V nicht zugelassen hat (Urteil vom 10. Juni 1997 I 274/93 n.v.), hält er an dieser Auffassung nicht länger fest.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Zuschläge liegt der Wert des Mietspiegels des Beklagten nicht unter der pauschalen Kostenmiete. Es verbleibt daher für die weitere Berechnung des Einheitswertes beim Ansatz einer Miete von 5,35 DM/qm Wohnfläche.

c) Daraus errechnet sich folgender vorläufiger Einheitswert:

 I.Wohnräume  
 135,75 qmx Monatsmiete 5,35 DM x 128.715 DM
 a. g. Grundsteuerbelastung wie bisher5% von 8.715./. 435 DM
 Jahresrohmiete für Wohnräume 8.280 DM
II.Garagepauschal300 DM
 Schönheitsreparaturen5%15 DM
 a. g. Grundsteuerbelastung wie bisher5% von 315 DM./.15 DM
 Jahresrohmiete für Garage 300 DM
 Jahresrohmiete gesamt8.280 DM + 300 DM8.580 DM
 Vervielfältiger wie bisher11,8101.244 DM

d) Das Gericht hat den so berechneten Einheitswert gemäß § 82 Abs. 1 BewG ermäßigt.

Nach dieser Norm ist der Grundstückswert zu ermäßigen, wenn wertmindernde Umstände vorliegen, die weder in der Höhe der Jahresrohmiete noch in der Höhe des Vervielfältigers berücksichtigt worden sind. Ein derartiger wertmindernder Umstand liegt zur Überzeugung des Senats durch die Tatsache vor, dass das Gebäude nicht unterkellert ist.

aa) Dabei geht das Gericht davon aus, dass sich der Wert eines Hauses mindert, wenn ein Keller nicht vorhanden ist. Das drückt sich auch in der Höhe der erzielbaren Miete aus. Der Senat lässt sich dabei von der Vorstellung leiten, dass ein Mieter von zwei benachbarten und ansonsten identischen Häusern, von denen das eine unterkellert ist, das andere aber nicht, für das Haus mit dem Keller eine höhere Miete zu zahlen bereit ist als für das ohne Keller. Es kommt damit zu unterschiedlichen Erträgen für Gebäude mit oder ohne Keller. Da sich die Einheitsbewertung im Ertragswertverfahren an dem aus dem Grundstück erzielbaren Reinertrag orientiert (siehe dazu BFH-Urteil vom 31. Oktober 1974 III R 160/72, BFHE 114, 108, BStBl II 1975, 106), muss sich die Ertragsdifferenz im Einheitswert niederschlagen. Der Senat sieht dabei in § 82 BewG die vom Gesetzgeber vorgegebene Möglichkeit, diesen Ertragsunterschieden gerecht zu werden. Dieser Möglichkeit gebührt nach Einschätzung des Gerichts der Vorrang vor einem Abschlag von der Miete - z.B. durch Abstufung in den Ausstattungsklassen -, weil damit der individuelle Anteil des Kellers und seine Bedeutung für das Gesamtgebäude besser erfasst werden kann, als das bei einem pauschalen Mietabschlag der Fall wäre. Zur Vermeidung von Missverständnissen weist das Gericht allerdings darauf hin, dass es ein Gebäude ohne Keller nicht etwa als Gebäude mit einem Baumangel im Sinne des Satz 2 Nr. 2 der Norm einstuft. Soweit der BFH in seiner Entscheidung vom 28. Juni 1974 III R 62/73, BFHE 112, 569, BStBl II 1974, 670 erkennt, dass ein Baumangel nur vorliege, wenn die tatsächliche Bauausführung schlechter sei als die allgemein übliche und ein nicht ausgebauter Keller daher keinen Baumangel darstelle, schließt sich der erkennende Senat dieser Einschätzung an. Dennoch sieht das Gericht den Anwendungsbereich der Norm als eröffnet an, weil die Aufzählung und die Benennung des Baumangels in Satz 2 des § 82 BewG nur Beispielcharakter hat und nicht abschließend ist und anderweitige wertmindernde Umstände damit nicht ausgeschlossen werden.

bb) Das Gericht sieht auch die weiteren Voraussetzungen der Norm als erfüllt an. Beim Ansatz der oben ermittelten Kostenmiete hat sich der Umstand, dass das Gebäude der Kläger keinen Keller aufweist, nicht mindernd niedergeschlagen. Die für die Baukosten maßgeblichen Werte gehen auf Ermittlungen der Finanzbehörden zurück und sind mit der Landestreuhandstelle für Wohnungsbau abgeglichen. Sie sind das Ergebnis einer Umrechnung durchschnittlicher Baukosten pro Kubikmeter umbauter Raum in Wohnfläche. In dem dafür berücksichtigten Bauvolumen sind ausdrücklich auch nicht zur Wohnung gehörende Gebäudeteile wie Keller, Treppenhaus und Dach erfasst (Erlass OFD Hannover vom 5. Mai 1977 S 3202-47-StH 34, S 3202-28-StO 321, Bewertungskartei 1965 Karte 18 zu § 79 BewG). Folglich enthält die Kostenmiete ein Entgelt für die Nutzung eines Kellerraumes, der im Streitfall indes nicht vorhanden ist. Sie unterscheidet sich damit nicht von der geschätzten üblichen Marktmiete, für die der BFH in seiner Entscheidung vom 28. Januar 1987 II R 234/81, BFH/NV 1988, 351 erkannt hat, dass die Miete für die Wohnfläche auch den als Nebenraum zur Wohnung genutzten Kellerraum wertmäßig mit umfasst.

Die fehlende Unterkellerung hat auch keine Berücksichtigung im Vervielfältiger gefunden. Die Vervielfältiger in den Anlagen 3 bis 8 zu § 80 BewG werden unterschiedslos sowohl für Gebäude mit Keller angewandt als auch für solche ohne Keller.

Soweit in Teilen der Literatur und Verwaltung die Auffassung vertreten wird, dass bei kellerlosen Gebäuden ein Abschlag nicht nötig sei, weil den Mietern als Ausgleich entsprechende Nebenräume auf ebener Erde zu Verfügung stünden (Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 82 Rdnr. 52; Bewertungskartei der Oberfinanzdirektionen München und Nürnberg, Karte 1 zu § 82, FMS vom 12. Juli 1971, S 3201-4/7-9643), schließt sich dem der Senat nicht an. Im Streitfall besitzen die Kläger keine kellerähnlichen Ausgleichsflächen auf ebener Erde. Der Vorratsraum unter der Treppe zum Obergeschoss, der von allen Räumen als einziger als kellerähnlich beurteilt werden könnte, bemisst sich lediglich auf 1,8 qm und ist zudem einheitswerterhöhend in die Wohnflächenberechnung eingeflossen.

Der Senat verkennt dabei nicht, dass das Ertragswertverfahren mit seiner Anknüpfung an den Reinertrag nur ein pauschales schematisiertes Verfahren zur Feststellung des Einheitswertes ist. Es ist ein Verfahren zur Durchführung einer Massenbewertung und kann daher nicht auf alle individuellen Besonderheiten Rücksicht nehmen (siehe dazu schon BFH-Urteil vom 31. Oktober 1974 III R 160/72, BFHE 114, 108, BStBl II 1975, 106). Dennoch hält der Senat es für zwingend geboten, dem fehlenden Keller eine Auswirkung auf den Einheitswert beizumessen. Anderenfalls wäre es nicht verständlich, warum ein mit Baumängeln behafteter Keller über die Norm des § 82 BewG zu einem Abschlag vom Einheitswert führen kann, ein gänzlich fehlender Keller indes nicht.

aa) Bei der Höhe des Abschlags hat sich das Gericht an den Vorgaben orientiert, die die Finanzverwaltung zur Höhe eines Abschlags wegen behebbarer Baumängeln entwickelt hat. Die Höhe dieser Abschläge bemisst sich nach der Wertigkeit der einzelnen schadhaften Bauteile am Gesamtbauwerk. Dazu sind Tabellen entwickelt worden, die die Wertigkeit einzelner Bauteile am Gesamtbauwerk wiedergeben. Auf den Erlass des Ministers für Wiederaufbau im Lande Nordrhein-Westfalen vom 24. Juni 1948 - I A/225, der nach dem Erlass der OFD Hannover vom 18. Januar 1974 S 3204-2-StH 34, S 3204-3-StO 321, Karte 4a zu § 82 BewG 1965 auch im Bundesland Niedersachsen anzuwenden ist, wird verwiesen. Danach bemisst sich die Wertigkeit eines Kellers bei einem eingeschossigen Gebäude mit ausgebautem Dachgeschoss auf 23,5. Der Senat hält es deshalb für sachgerecht, wegen des fehlenden Kellergeschosses vom Gebäudewert einen Abschlag in dieser Höhe anzubringen.

Danach errechnet sich folgender Einheitswert:

 Einheitswert ohne Abschlag (siehe oben) 101.244 DM
davon Bodenwertanteil19.047 DM 
davon Gebäudewertanteil82.197 DM 
23,5% vom Gebäudewertanteil 19.316 DM
Einheitswert nach Abschlag 81.928 DM
abgerundet 81.900 DM

Damit ist der Einheitswert auf 81.900 DM zu reduzieren.

Die weitergehende Klage hat danach keinen Erfolg.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die übrigen Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 151 Abs. 3 i.V.m. § 155 FGO und §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

Das Gericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 115 FGO). Soweit ersichtlich, liegt bislang noch keine Rechtsprechung zu der Frage vor, ob wenn ja in welcher Höhe ein fehlendes Kellergeschoss zu einer Minderung des Einheitswertes führt.

Ende der Entscheidung

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