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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 14.04.2009
Aktenzeichen: 13 K 218/08
Rechtsgebiete: AO, FGO


Vorschriften:

AO § 152 Abs. 1
FGO § 101
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Festsetzung eines Verspätungszuschlages streitig.

Der Kläger betreibt in H als Steuerberater eine Einzelsteuerberaterkanzlei, ist an einer Partnerschaftsgesellschaft von Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern sowie an einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH beteiligt. Sämtliche Tätigkeiten werden unter derselben Büroanschrift ausgeübt.

Am 15. 06. 2007 erhielt der Kläger eine erste Erinnerung mit der Aufforderung, die Umsatzsteuererklärung 2006 und die Erklärung zur gesonderten Feststellung des Gewinns für die Einzelsteuerberaterkanzlei bis zum 09. 07. 2007 abzugeben. Am 25. 07. 2007 erfolgte eine Schätzungsandrohung mit einer Frist bis zum 16. 08. 2007. Beide Fristen verstrichen fruchtlos.

Der Beklagte schätzte daraufhin mit Bescheid vom 27. 11. 2007 die Besteuerungsgrundlagen für die gesonderte Gewinnfeststellung 2006 sowie mit Bescheid vom 06. 12. 2007 die Besteuerungsgrundlagen zur Umsatzsteuer 2006. Die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit stellte er mit ... Euro und die Umsatzsteuer setzte er mit ... Euro fest. Gleichzeitig wurde dem Kläger ein Bescheid über die Festsetzung eines Verspätungszuschlages wegen verspäteter Abgabe der Steuererklärung zur gesonderten Gewinnfeststellung 2006 in Höhe von 1.000 Euro bekannt gegeben. Dabei wurde die steuerliche Auswirkung der festgestellten Einkünfte auf ... % geschätzt. Ferner wurde ein Bescheid über die Festsetzung eines Verspätungszuschlages wegen verspäteter Abgabe der Steuererklärung zur Umsatzsteuer 2006 in Höhe von 1.150 Euro erlassen.

Gegen beide Bescheide legte der Kläger durch die GmbH Einspruch ein mit dem Begehren, die Verspätungszuschläge aufzuheben. Zur Begründung wendete er im Wesentlichen ein, dass für ihn als steuerlich beratenen Steuerpflichtigen die generelle Fristverlängerung zur Abgabe der Steuererklärungen 2006 bis zum 31. 12. 2007 gelte. Schließlich werde er durch den Verspätungszuschlag gleichheitswidrig benachteiligt, da in einem vergleichbaren Fall der GmbH der Hinweis auf die Fristverlängerung zur Aufhebung des Verspätungszuschlages geführt habe.

Der Beklagte setzte die Verspätungszuschläge durch Einspruchsentscheidungen vom 17.04. 2008 auf 150 Euro in Bezug auf die Gewinnfeststellung und 330 Euro in Bezug auf die Umsatzsteuerfestsetzung herab und wies die Einsprüche im Übrigen als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die verlängerte Abgabefrist für durch Berufsträger beratene Steuerpflichtige für den Kläger nicht gelte, da er sich im Ergebnis selbst vertrete. Da der Kläger die Steuererklärungen erst am 02. 01. 2008 abgegeben habe, sei die eingetretene Verspätung erheblich. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger an die Abgabe der Erklärungen erinnert worden sei und eine Schätzungsandrohung erhalten habe. Darauf habe er jeweils nicht reagiert.

Bei der Bemessung des Verspätungszuschlages sei unter Berücksichtigung aller Kriterien, insbesondere der sich aus der Gewinnfeststellung ergebenden Steuerfestsetzung, des Vorliegens einer Steuererstattung, der Dauer der Fristüberschreitung und des Vorverhaltens des Klägers, ein Verspätungszuschlag von jeweils 1% des festgesetzten Betrages festzusetzen.

Mit seiner hiergegen erhobenen Klage begehrt der Kläger die Aufhebung der Bescheide. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, am 31. 12. 2007 habe die GmbH die in seinem Auftrag von der GmbH erstellten Steuererklärungen für den Veranlagungszeitraum 2006 beim Beklagten eingereicht. Dabei habe die Gesellschaft bereits im Anschreiben auf die Fristproblematik hingewiesen. Am 21. 01. 2008 sei der Umsatzsteuerbescheid erlassen und der Verspätungszuschlag in Höhe von 920 Euro festgesetzt worden. Bereits am 27. 11. 2007 sei der Verspätungszuschlag zur Gewinnfeststellung i. H. v. 1.000 Euro festgesetzt worden. Im Einspruchsverfahren seien die Zuschläge auf 150 Euro bzw. 330 Euro herabgesetzt worden. Diese Entscheidungen seien rechtswidrig.

In den gleichlautenden Ländererlassen vom 02. 01. 2007 über die allgemeine Verlängerung der Fristen zur Abgabe von Steuererklärungen stehe nicht, dass Steuerberater, die ihre eigene Steuererklärung von einem Kollegen erstellen ließen, von der allgemeinen Fristverlängerung ausgenommen seien. Eine Einschränkung bestehe nicht. Damit sei die Voraussetzung für die Erfüllung der allgemeinen Fristverlängerung erfüllt, so dass die Fristverlängerung nicht hätte verweigert werden dürfen. Eine Verspätung habe folglich nicht vorgelegen.

Der Kläger beantragt,

die Bescheide vom 21. 01. 2008 und 27. 11. 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 17. 04. 2008 über die Festsetzung von Verspätungszuschlägen zur Umsatzsteuer 2006 und zur Gewinnfeststellung 2006 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid.

Entscheidungsgründe:

I. Die Klage ist unbegründet.

1. Die Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des gesetzlichen Tatbestandes und der Ermessensentscheidungen des Beklagten lassen einen Fehler nicht erkennen.

Nach § 152 Abs. 1 AO kann gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden (Satz 1), von einer solchen Festsetzung ist abzusehen, wenn die Versäumnis entschuldbar erscheint (Satz 2). Ob die Voraussetzungen vorliegen, ist von den Gerichten uneingeschränkt nachprüfbar. Sind sie erfüllt, muss die zuständige Finanzbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, ob und inwieweit im Einzelfall ein Verspätungszuschlag festgesetzt wird. Diesen Teil der Entscheidung darf das FG gemäß § 102 FGO nur eingeschränkt daraufhin überprüfen, ob die Behörde den entscheidungserheblichen Sachverhalt einwandfrei und erschöpfend ermittelt, die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechender Weise Gebrauch gemacht hat (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. Juni 2000 X R 56/98, BFHE 192, 213, BStBl II 2001, 60, unter II. 2. a., m.w.N.). Das FG darf in der Regel nur die Verpflichtung aussprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (§ 101 Satz 2 FGO). Auch wenn der Ermessensspielraum im konkreten Fall derart eingeschränkt ist, dass lediglich eine Entscheidung ganz bestimmten Inhalts ermessensgerecht ist (sog. Ermessensreduzierung auf Null), darf das Gericht den Verspätungszuschlag nicht selbst aufheben oder herabsetzen, sondern ist darauf beschränkt, eine entsprechende Verpflichtung nach § 101 Satz 1 FGO auszusprechen (vgl. BFH-Urteil vom 27. September 2001 X R 134/98, BFHE 196, 400, BStBl II 2002, 176, unter B. I. 2. a, m.w.N.).

2. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Die gesetzlichen Voraussetzungen zur Festsetzung eines Verspätungszuschlages liegen vor.

a) Der Beklagte hat die Tatbestandsvoraussetzungen für die Festsetzung der Verspätungszuschläge zutreffend angenommen, da der Kläger seine Erklärungen schuldhaft verspätet abgegeben hat.

Entgegen der Ansicht des Klägers hat er seine Erklärungen verspätet abgegeben. Der Kläger kann sich nicht auf die in den gleichlautenden Ländererlassen vom 02. 01. 2007 über die allgemeine Verlängerung der Fristen zur Abgabe von Steuererklärungen verlängerte Frist für Steuerberater berufen. Das sog. Beraterprivileg, wonach Angehörige der steuerberatenden Berufe allgemein oder in einem vereinfachten Verfahren Fristverlängerungen für die Abgabe der Steuererklärungen erhalten, gilt nicht für die eigenen Steuererklärungen des Steuerberaters. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist das Finanzamt nicht verpflichtet, einem Steuerberater die Frist zur Abgabe der eigenen Steuererklärung aufgrund der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder über Steuererklärungsfristen zu verlängern (vgl. BFH-Urteil vom 29. Januar 2003 XI R 82/00, BFHE 201, 399, BStBl II 2003, 550).

b) Dies gilt auch gegenüber dem Kläger, soweit er die Erklärungen für seine Einzelpraxis durch die von ihm betriebene Steuerberatungsgesellschaft hat erstellen lassen. Die in den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder gewährte allgemeine Fristverlängerung kann nach dem Zweck der Regelung, nämlich der Gleichstellung des Steuerberaters in eigenen Angelegenheiten mit anderen Steuerpflichtigen, nicht anders verstanden werden als in der Weise, dass das Beraterprivileg nicht gilt, soweit sich der Steuerberater für die eigene Steuererklärung lediglich eigener Bediensteter und eigener Gesellschaften bedient. In dieser Weise hat auch der Beklagte die Verwaltungsanweisung verstanden und ausgelegt.

Dabei kommt der Einschaltung der eigenen Treuhand GmbH keine für die Auslegung der Verwaltungsanweisung bedeutende Abweichung vom ausdrücklich geregelten Fall zu. Denn im Ergebnis hat der Kläger im Streitfall seine Steuererklärung selbst erstellt und lediglich formal eine juristische Person zwischengeschaltet. Dies zeigt zum einen, dass er das Anschreiben der Treuhand GmbH als Geschäftsführer selbst verfasst hat. In dem Schreiben wird er als Bearbeiter genannt, seine eigene E-Mail-Adresse ist angegeben und er hat das anschließende Einspruchsschreiben persönlich unter seinem Briefkopf gefertigt. Die Einspruchserwiderung vom 24. 01. 2008 verfasste der Kläger als Bearbeiter wiederum mit dem Briefkopf der Treuhandgesellschaft, um die nachfolgende Klage persönlich mit dem Briefkopf der Einzelkanzlei zu erheben. Dies zeigt eindeutig, dass allein der Kläger mit der Erstellung und Bearbeitung seiner eigenen Steuererklärungen befasst war und sich lediglich beliebig der ihm zur Verfügung stehenden Gesellschaften, die von ihm betrieben wurden, bediente. Demzufolge galt für ihn die allgemeine Abgabefrist zum 31. Mai 2007. Diese Frist hat er trotz Erinnerung und Schätzungsandrohung ohne ersichtlichen Grund und damit schuldhaft nicht eingehalten.

c) Der Beklagte hat sein Ermessen fehlerfrei in dem ihm gegebenen gesetzlichen Rahmen ausgeübt. Die Ermessensentscheidung des FA ist nicht zu beanstanden. Das FA hat anhand der in § 152 Abs. 2 Satz 2 AO aufgeführten Kriterien entschieden und dabei die Grundsätze beachtet, die der BFH in seiner Rechtsprechung (vgl. insbesondere die Darstellung im BFH-Urteil in BFHE 192, 213, BStBl II 2001, 60, unter II. 2. d, m.w.N.) aufgestellt hat. Zu Recht führt das FA aus, dass der Steuerpflichtige seine Steuererklärungen erst mit erheblicher Verspätung abgegeben hat. Bei der Bemessung der Verspätungszuschläge hat das FA sich im Rahmen der erneuten Ermessensausübung während des Einspruchsverfahrens am unteren Rand des gesetzlichen Zuschlagsrahmens orientiert. Dabei hat es auch zu Recht es für unbeachtlich gehalten, dass die Umsatzsteuerfestsetzung zu einer Erstattung führte. Konkrete Einwendungen gegen die Ermessensentscheidung hat der Kläger auch nicht erhoben.

d) Soweit der Kläger einwendet, gleichheitswidrig benachteiligt worden zu sein, fehlt es bereits an der Darlegung des konkreten abweichenden Sachverhalts. Zudem kann der Kläger keine Gleichbehandlung im Unrecht beanspruchen.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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