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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 28.06.2005
Aktenzeichen: 13 K 327/04
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
FG Niedersachsen

13 K 327/04

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die steuerliche Anerkennung von Darlehensverträgen.

Die Kläger sind Ehegatten, die zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Der Kläger ist Hotelier. Er erzielte im Rahmen einer Betriebsaufspaltung Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er machte Schuldzinsen als Betriebsausgaben geltend.

Die zugrunde liegenden Darlehensverträge hatte der Kläger mit der Klägerin und ihren drei Söhnen O, U und J abgeschlossen. O ist im November 1967 geboren. Seine beiden Brüder sind 1960 und 1963 geboren. Die Darlehensgewährungen von J und O begannen im Jahr 1982. Die Darlehensgewährungen der Klägerin und von U reichen noch weiter zurück. Die Darlehen wurden auf Grund mündlicher Abreden gegeben. Aus der eingereichten Entwicklung der Darlehen bis zum 31. Dezember 1995 ergibt sich, dass in dem Zeitraum von 1982 bis 1995 keine regelmäßigen Tilgungen erfolgten. Die in den einzelnen Jahren vorgenommenen Tilgungen betrafen häufig konkrete Aufwendungen der Darlehensgeber wie z.B. Grundstückskosten, Grunderwerbsteuer, Kfz.-Steuer und Versicherung sowie die Einkommensteuer und Kirchensteuer. Die jährlichen Zinsen wurden nie ausgezahlt, sondern immer der Darlehensschuld zugeschlagen. Die Zinsen für 1982 bis 1986 wurden im Jahr 1986 nachgezahlt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Bl. 49 bis 52 der Einspruchsakte verwiesen.

Am 1. Januar 1996 wurden die mündlichen Abreden in gleichlautenden Verträgen schriftlich niedergelegt. Die Darlehen waren mit 8% jährlich zu verzinsen. Die Zinsen waren jährlich entweder dem Darlehen zuzuschreiben oder zur Zahlung fällig. Bis zum 31. Dezember 1999 waren die Darlehen tilgungsfrei. Sondertilgungen waren jederzeit möglich. Eine Besicherung wurde nicht vereinbart. Die Darlehensverträge verwiesen auf die jeweils beigefügte Aufstellung über die Darlehensentwicklung. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Darlehensverträge nebst Anlagen auf Bl. 36 bis 43 der Bp-Arbeitsakte verwiesen.

In den Streitjahren wurden die Zinsen wiederum der jeweiligen Darlehensschuld zugeschlagen. Getilgt wurden die Darlehen durch Übernahme von Krankenversicherungsbeiträgen und ähnlichen Einzelvorgängen. Eine Erhöhung der Darlehensstände fand ebenfalls durch Einzelvorgänge wie z.B. Krankenhaustagegeld oder "Versicherungsschaden H-M" statt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Zusammenfassung Bl. 29 Bp-Arbeitsakte verwiesen.

Auch nach den Streitjahren wurden die Zinsen den Darlehen jeweils zugeschlagen und die Tilgungen nur im Rahmen bestimmter Einzelvorgänge vorgenommen. Erst ab dem Jahr 2002 wurden die Zinsen ausgezahlt und regelmäßige Tilgungsleistungen erbracht.

Vom 22. Oktober 2001 bis zum 2. November 2001 fand bei dem Kläger eine Außenprüfung für die Jahre 1996 bis 1998 statt. Der Außenprüfer kam zu der Auffassung, dass die Darlehen steuerlich nicht anerkannt werden könnten. Es seien keine Vereinbarungen über die Laufzeit und über die Art und Zeit der Rückzahlung des Darlehens getroffen worden. Die Zinsen seien zum Fälligkeitszeitpunkt nicht entrichtet - im Sinne von ausgezahlt - worden. Die Rückzahlungsansprüche seien auch nicht besichert worden. Der Beklagte folgte dem Außenprüfer und erließ unter dem 18. März 2002 (1996 und 1997) und 28. März 2002 (1998) geänderte Steuerbescheide.

Mit Schreiben vom 8. April 2002 bzw. vom 24. April 2002 wurde gegen die Steuerbescheide Einspruch eingelegt. Hinsichtlich der Rückzahlung sei vereinbart worden, dass die Darlehen bis zum 31. Dezember 1999 tilgungsfrei seien aber jederzeit Sondertilgungen möglich seien. Nach dem Urteil des BFH vom 4. Juni 1991 IX R 150/85 (BStBl II 1991, 838) greife bei Fehlen einer Tilgungsvereinbarung die gesetzliche Regelung des § 609 BGB ein. Danach hänge die Fälligkeit des Darlehens von der Kündigung des Gläubigers oder des Schuldners ab. Die Darlehen würden seit dem 1. Januar 2002 in monatlichen Raten getilgt werden. Nach dem BFH-Urteil vom 18. Dezember 1990 VIII R 1/88 (BStBl II 1991, 911) seien die Modalitäten der Darlehenstilgung und der Besicherung nicht zu prüfen, weil die Darlehensverträge zwischen volljährigen, voneinander wirtschaftlich unabhängigen Angehörigen abgeschlossen worden seien. Deshalb bedürfe es keiner Vereinbarung über die Besicherung, die Laufzeit und Rückzahlung der Darlehen. Die Zinsen seien durch Zuführung zum Darlehen "entrichtet" worden, weil die Gläubiger die Auszahlung der Zinsen nicht verlangt hätten. Die Kläger verwiesen außerdem auf das Urteil des BFH vom 14. Februar 1984 VIII R 221/80 (BStBl II 1984, II 480) sowie auf das Urteil des BFH vom 20. September 1990 IV R 17/89 (BStBl II 1991, 18).

Mit Einspruchsbescheid vom 29. Juni 2004 wurden die Einsprüche zurückgewiesen. Der Beklagte berief sich auf den Beschluss des Großen Senats des BFH, vom 27. November 1989 GrS 1/88 (BStBl II 1990, 160) wonach eine klare und eindeutige Trennung der Einkommen- und Vermögenssphären von nahen Angehörigen ein wesentliches Beweisanzeichen für eine betriebliche Veranlassung der abgeschlossenen Verträge sei. Das Kapital müsse an den Darlehensnehmer gelangen und die Zinszahlungen auf ein eindeutig dem Darlehensgeber zuzuordnenden Konto geleistet werden. Die Vereinbarung über die Zinsen halte einem Fremdvergleich nicht stand. Ein Darlehensgeber stelle das Kapital zur Verfügung, um Zinsen als Gegenleistung zu erhalten. Nur unter Angehörigen sei es vorstellbar, dass die Zinsen von vornherein der Aufstockung des Darlehens dienen sollten, bzw. trotz der bestehenden rechtlichen Möglichkeit nicht zur Auszahlung gelangten.

Mit am 30. Juni 2004 eingegangenem Schreiben erhoben die Kläger Klage.

Die Darlehensverträge seien bürgerlich-rechtlich wirksam abgeschlossen worden. Sie seien auch tatsächlich wie vereinbart durchgeführt worden. Seit dem 1. Januar 2002 würden die Zinsen jährlich ausgezahlt werden. Seit dem 1. Januar 2002 würden die Darlehen im monatlichen Beträgen getilgt werden. Da es sich um Darlehensverträge zwischen volljährigen, voneinander wirtschaftlich unabhängigen Angehörigen handele, bräuchten die Modalitäten der Darlehenstilgung und der Besicherung nicht geprüft zu werden. Die Zinsen seien vereinbarungsgemäß den Darlehenssummen zugeschlagen worden. Dies sei nach dem BFH-Urteil vom 14. Februar 1984 VIII R 221/80 (BStBl II 1984, 480) auch zwischen Fremden üblich. Da der Kläger seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln habe, seien die Zinsen passiviert worden. Die Darlehen seien eingegangen worden, um dem Betrieb des Klägers Mittel zuzuführen. Die Kläger verwiesen außerdem auf das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 23. August 2000 3 K 64/96 (EFG 2002, 188) und auf das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 24. November 2004 13 K 75/04 (DStRE 2005 S. 248).

Die Kläger beantragen,

das Finanzamt zu verurteilen, die geänderten Einkommensteuerbescheide 1996 bis 1997 vom 18. März 2002 und 1998 vom 28. März 2002 ersatzlos aufzuheben und die Einkommensteuer wie folgt festzusetzen:

 1996:EUR 5.584,33
1997:EUR 5.596,60
1998:EUR 10.311,22

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist auf seinen Einspruchsbescheid. Die von den Klägern zitierten Urteile seien auf den Streitfall nicht anwendbar.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

I.

Der Beklagte hat die Darlehenszinsen zu Recht nicht als Betriebsausgaben anerkannt. Die Darlehensverträge zwischen dem Kläger und der Klägerin bzw. den Söhnen können steuerlich nicht anerkannt werden.

1.

Nach § 4 Abs. 4 EStG können Aufwendungen als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn sie durch den Betrieb veranlasst sind. Bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen ist von einer Veranlassung durch die Einkunftserzielung nur auszugehen, wenn die Vereinbarung klar und eindeutig ist, sie der gesetzlich vorgeschriebenen Form genügt und sowohl hinsichtlich der Gestaltung als auch der Durchführung der Vereinbarung dem zwischen Fremden Üblichen entspricht. Wegen des fehlenden Interessengegensatzes bei nahen Angehörigen kann nur diese, auf äußerlich erkennbare Beweisanzeichen gestützte Beurteilung sicherstellen, dass die Vertragsbeziehungen tatsächlich im Bereich der Einkunftserzielung und nicht im privaten Bereich wurzeln (BFH-Urteil vom 9. Mai 1996 IV R 64/93, BStBl II 1996, 642; BFH-Urteil vom 25. Januar 2000 VIII R 50/97, BStBl II 2000, 393; BFH-Urteil vom 9. Oktober 2001 VIII R 5/01, BFH/NV 2002, 334).

Ob im Einzelfall ein Vertrag zwischen Angehörigen dem Fremdvergleich standhält, richtet sich nach der Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten. Dabei kann einzelnen Beweisanzeichen ein unterschiedliches Gewicht zukommen. Nicht jede geringfügige Abweichung vom Üblichen schließt ohne weiteres die steuerliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus. Vielmehr sind die einzelnen Kriterien des Fremdvergleichs im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung unter dem Gesichtspunkt zu würdigen, ob sie den Rückschluss auf eine nicht ernstliche Vereinbarung zulassen (BFH-Urteil vom 26. Juni 1996 X R 155/94, BFH/NV 1997, 182; BFH-Urteil vom 17. Februar 1998 IX R 30/96, BStBl II 1998, 349; BFH-Urteil vom 18. April 2000 VIII R 74/96 BFH/NV 2001, 152).

Bei Darlehensverträgen zwischen nahen Angehörigen ist die Fremdüblichkeit grundsätzlich anhand der Vereinbarung über die Laufzeit und Rückzahlbarkeit des Darlehens, der regelmäßigen Entrichtung der Zinsen sowie der gestellten Sicherheiten zu überprüfen (BFH-Urteil vom 15. April 1999 IV R 60/98, BStBl II 1999, 524; BFH-Urteil vom 25. Januar 2000 VIII R 50/97, BStBl II 2000, 393; BFH-Urteil vom 9. Oktober 2001 VIII R 5/01, BFH/NV 2002, 334).

2.

Nach diesen Grundsätzen sind die Darlehen zwischen dem Kläger und der Klägerin sowie den Söhnen steuerlich nicht anzuerkennen, weil sie dem Fremdvergleich nicht standhalten.

a) Schon an einer von Anfang an vorhandenen klaren und eindeutigen Vereinbarung fehlt es. Die Darlehen sind seit mindestens 1982 gewährt worden. Sie waren ursprünglich mündlich vereinbart. Erst zum 1. Januar 1996 wurden sie schriftlich fixiert. Zwar ist es zivilrechtlich durchaus möglich, auch mündliche Verträge zu schließen. Doch bestehen in diesen Fällen häufig Unklarheiten über den Vertragsinhalt, auf die sich fremde Dritte regelmäßig nicht einlassen würden. So wurden in den ersten Jahren keine Zinszahlungen geleistet. Diese sind bei allen Darlehensnehmern im Jahr 1986 nachgeholt worden. Daran ist erkennbar, dass zwar von Anfang an Zinszahlungen vereinbart worden waren, die Zinsen aber weder zur Auszahlung gelangten noch dem Darlehen zugeschlagen wurden. Der Senat ist sich bewusst, dass es sich um Vorgänge lange Zeit vor den Streitjahren handelt. Dennoch ist es geboten, im Rahmen der Gesamtwürdigung auch die Handhabung durch die Vertragsparteien in früheren Jahren bei der Prüfung der Ernsthaftigkeit der geschlossenen Vereinbarung mit zu berücksichtigen. Durch die schriftliche Fixierung der Darlehen ab 1996 wurden keine neuen Darlehensverträge geschlossen, sondern die alten mündlichen Abreden nur fortgeführt. Dies ergibt sich aus den - den schriftlichen Darlehensverträgen jeweils beigefügten - Aufstellungen über die Darlehensentwicklungen seit 1982.

b) Die fehlende Besicherung der Darlehen ist als nicht fremdüblich anzusehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bedürfen langfristige Ausleihungen, zu denen jedenfalls Darlehen mit einer Laufzeit von mehr als vier Jahren zu rechnen sind, auch bei günstigen Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers im Zeitpunkt der Kreditgewährung grundsätzlich einer werthaltigen und den Kapitalstamm umfassenden verkehrsüblichen Besicherung (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1990 VIII R 290/82, BStBl II 1991, 391; BFH-Urteil vom 29. Juni 1993 IX R 44/89, BFH/NV 1994, 460; BFH-Urteil vom 25. Januar 2000 VIII R 50/97, BStBl II 2000, 393). Eine fehlende verkehrsübliche Besicherung ist ein Indiz gegen die Fremdüblichkeit. Da die hier zu beurteilenden Darlehen erheblich längere Laufzeiten als vier Jahre hatten, ist eine Besicherung der Darlehen erforderlich. Die Höhe der Darlehen ist auch nicht derartig gering, dass von einer Besicherung abgesehen werden könnte (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 4. Juni 1991 IX R 150/85, BStBl II 1991, 838; Urteil des FG Baden-Württemberg vom 24. November 2004 13 K 75/04, DStRE 2005, 248). Vielmehr handelte es sich um ganz erhebliche Beträge. Der Darlehensstand der vier Darlehen betrug am 31. Dezember 1995 DM 132.464 (Klägerin), DM 46.932 (U), DM 23.676 (J), DM 64.069 (O). Bis zum 31. Dezember 1998 haben sich die Darlehensstände auf DM 155.938 (Klägerin), DM 57.414 (U), DM 29.228 (J) und DM 87.509 (O) aufgebaut. Nach der Tendenz der früheren Jahre stiegen die Darlehensbestände kontinuierlich. Kein fremder Dritter hätte bei dieser Entwicklung - spätestens im Zeitpunkt der schriftlichen Fixierung der Verträge - auf eine Besicherung verzichtet.

c) Auch die Vereinbarungen über die Tilgung der Darlehen ist als nicht fremdüblich anzusehen. Die Darlehensgewährungen reichten bis in das Jahr 1982 und noch weiter zurück. In dem Zeitraum von 1982 bis zum 31. Dezember 1995 sind keine regelmäßigen Tilgungen geleistet worden. Es sind lediglich Sondertilgungen erfolgt und zwar häufig durch die Übernahme konkreter privater Aufwendungen (Grundstückskosten, Grunderwerbsteuer, Kfz-Steuer und Versicherung, Einkommensteuer, Kirchensteuer) der Darlehensgeber. In den schriftlichen Darlehensverträgen war vereinbart, dass die Darlehen bis zum 31. Dezember 1999 tilgungsfrei waren. Sondertilgungen waren jederzeit möglich.

Eine solche Regelung hätte ein fremder Darlehensgeber nicht abgeschlossen. Ein fremder Darlehensgeber hätte es nicht hingenommen, dass über einen Zeitraum von 18 Jahren nur unregelmäßige und geringfügige Tilgungsleistungen erbracht werden. Für den Darlehensgeber waren die Rückführungen nicht planbar. Insbesondere die Regelung in den schriftlichen Darlehensverträgen begünstigte in nicht fremdüblicher Weise den Darlehensnehmer. Einerseits war er nicht verpflichtet, Tilgungsleistungen bis zum 31. Dezember 1999 zu erbringen. Andererseits konnte er jederzeit Tilgungen vornehmen und dadurch den Zinsanspruch der Darlehensgläubiger verringern. Eine solche Vereinbarung wäre beispielsweise mit einer Bank nicht möglich gewesen. Vielmehr hätte sie bei Sondertilgungen regelmäßig auf ein Entgelt für die verlorenen Zinsen bestanden.

Hinzu kommt die konkrete Ausgestaltung der geleisteten Tilgungen. Die Tilgungen beruhten häufig nicht auf der Rückzahlung von Geldbeträgen sondern auf der Übernahme von privaten Aufwendungen der Darlehensgeber durch den Darlehensnehmer. Zwischen fremden Dritten ist eine solche Vorgehensweise kaum denkbar. Ein nicht familiär verbundener Darlehensgeber hätte eine Rückzahlung in Geld verlangt. Insoweit ist nicht klar zu unterscheiden, ob es sich bei der Übernahme der privaten Aufwendungen der Darlehensgeber durch den Kläger um familiäre Zuwendungen oder tatsächlich um eine Reduzierung der Darlehensschuld handelt.

Außerdem hat der Kläger auch nach dem 31. Dezember 1999 keine regelmäßigen Tilgungsleistungen erbracht. Nach dem Wortlaut der schriftlichen Verträgen wäre zu erwarten gewesen, dass nach dem 31. Dezember 1999 ein regelmäßiger Abtrag beginnen würde. Dass dies nicht geschah, ist ein weiteres Indiz gegen die Ernsthaftigkeit der Vereinbarungen. Erst im Jahr 2002 - also zeitlich nach den Beanstandungen durch den Beklagten - wurden neben einzelnen privaten Aufwendungen regelmäßige Tilgungsleistungen geleistet.

d) Auch die Behandlung der Zinsen stellt sich in der Zusammenschau mit den ungewöhnlichen Tilgungsleistungen als nicht fremdüblich dar. Eine Auszahlung der Zinsen ist bei allen Darlehensnehmern in den Jahren 1982 bis 2001 nie erfolgt. Diese Handhabung führte dazu, dass die Darlehensgeber über einen Zeitraum von 20 Jahre keine Zinsen ausgezahlt erhielten. Zwar ist den Klägern zuzugeben, dass auch die bewusste Zuschlagung der Zinsen zum Darlehensbetrag zu einer Verfügung über den Zinsbetrag und damit wirtschaftlich betrachtet zu einem Zufluss und bei dem Kläger zu einem Abfluss führt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Schuldner im Zeitpunkt der Zuschlagung noch zahlungsfähig und -willig ist und die Zuschlagung der Zinsen im Interesse des Gläubigers liegt (vgl. BFH-Urteil vom 14. Februar 1984 VIII R 221/80, BStBl II 1984, 480). Dennoch ist es im Wirtschaftsleben kaum vorstellbar, dass ein Darlehensgeber über einen Zeitraum von 20 Jahren keine Auszahlung der Zinsen verlangt. Schließlich ist es das wirtschaftliche Ziel einer Kapitalüberlassung, in den Genuss von Zinsen zu gelangen. Die Darlehensgeber haben dagegen erst im Jahr 2002 - also nachdem der Beklagte die Behandlung beanstandet hatte - die Auszahlung der Zinsen verlangt. Ebenfalls zu berücksichtigen ist, dass für die Jahre 1982 bis 1985 die Zinsen erst im Jahr 1986 nachgezahlt worden sind (s.o.).

e) Damit geht einher, dass in den Darlehensverträgen keine Vereinbarungen über die Laufzeit der Darlehen enthalten sind. Insoweit greift zwar, wie die Kläger zutreffend ausführen, die gesetzliche Kündigungsfrist des § 609 Abs. 2 BGB a.F. (BFH-Urteil vom 4. Juni 1991 IX R 150/85, BStBl II 1991, 838). Für sich allein genommen, wäre die fehlende Vereinbarung einer Laufzeit daher kein entscheidendes Indiz gegen die Fremdüblichkeit. Vorliegend gewinnt die fehlende Vereinbarung aber in der Zusammenschau mit der ungewöhnlichen Tilgungen und der Behandlung der Zinsen an Bedeutung. Anhand der fehlenden Vereinbarung über die Laufzeit ist ersichtlich, dass sich die Parteien offenbar keinerlei Gedanken darüber gemacht haben, wann und zu welchen Bedingungen die Rückzahlung der Darlehen erfolgen sollte.

f) Angesichts dieser Sachlage ist es für den Senat nicht sicher abgrenzbar, ob es sich bei den Darlehen - zumindest teilweise - um verdeckte Schenkungen handelt. Die Darlehen sind seit mindestens 1982 gegeben worden und der Darlehensstand hat sich regelmäßig erhöht hat, während Tilgungen regelmäßig nur im Rahmen von übernommenen privaten Aufwendungen der Darlehensgeber erfolgt sind. Weder existieren Vereinbarungen über die Laufzeit der Darlehen noch wurden die Zinsen ausgezahlt. Der Kläger hat über einen Zeitraum von über 20 Jahren so gut wie keine Rückflüsse in Geld geleistet. Erst nachdem der Beklagte diese Vorgehensweise beanstandet hat, wurden regelmäßige Tilgungsleistungen erbracht und die Zinsen ausgezahlt. Angesichts des langen Zeitraums in denen keine Geldrückflüsse erfolgt sind - also jahrzehntelang von den Gläubigern keinerlei Zahlungen verlangt worden sind - können verdeckte Schenkungen oder zumindest ein familiärer Hintergrund der Kapitalüberlassungen nicht ausgeschlossen werden.

3.

Die Kläger können sich auch nicht darauf berufen, dass bei sog. Anschaffungsdarlehen an die Vereinbarungen über die Laufzeit und die Besicherung geringere Anforderungen zu stellen sind. Nach ständiger Rechtsprechung sind die Modalitäten der Darlehenstilgung und die Besicherung von geringerer Bedeutung, wenn das Darlehen vom Anlass her wie von einem Fremden gewährt wird und das Rechtsgeschäft von volljährigen und voneinander wirtschaftlich unabhängigen Verwandten geschlossen worden ist (BFH-Urteil vom 4. Juni 1991 IX R 150/85, BStBl II 1991, 838; BFH-Urteil vom 4. März 1993 X R 70/91, BFH/NV 1994, 156; BFH-Urteil vom 25. Januar 2000 VIII R 50/97, BStBl II 2000, 393).

Es ist schon nicht klar, ob die Darlehensverträge von volljährigen und voneinander wirtschaftlich unabhängigen Verwandten geschlossen worden sind. Zwar haben die Kläger behauptet, dass diese Voraussetzung vorliegt. In der mündlichen Verhandlung hat sich aber herausgestellt, dass zumindest O zu Beginn der Darlehensgewährung im Jahr 1982 noch nicht volljährig war. Bei U kann die Volljährigkeit nicht geprüft werden, weil der Beginn der Darlehensgewährung vor 1982 liegt. Hinzu kommt, dass die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Darlehensgeber von dem Kläger nicht nachgewiesen worden ist. Für die Söhne stellt sich diese Frage schon deshalb, weil sie im Zeitpunkt der erstmaligen Darlehensgewährung noch sehr jung waren (vgl. BFH-Beschluss vom 29. November 2002 IX B 69/02, juris). Bei der Klägerin sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der erstmaligen Darlehensgewährung ebenfalls nicht bekannt. Die Kläger hätten sie ihren Vortrag insoweit näher substanziieren müssen.

Außerdem stellen die Darlehen keine Anschaffungsdarlehen im Sinne der Rechtsprechung dar. Es mag sein, dass die ursprüngliche Darlehensgewährungen als Betriebsmittelkredit für die Gaststätte dienten. Die in den Streitjahren vorhandenen Darlehen sind aber nicht für ein konkretes Anschaffungsgeschäft "vom Anlass her wie zwischen fremden Dritten" aufgenommen worden. Dies ergibt sich aus den immer wieder erfolgten Zuführungen in den verschiedenen Jahren. So hat beispielsweise Herr U im Jahr 1989 offenbar seine Tantieme stehengelassen oder zur Verfügung gestellt. In den Streitjahren ist für Herrn O eine Erhöhung wegen Krankenhaustagegeld (1997) und eines Versicherungsschadens H-M (1998) erfasst worden. Die Parteien haben die Darlehen wie Verrechnungskonten zwischen dem Kläger und seinen Angehörigen behandelt. Für diese Art der Darlehensgewährung gelten die reduzierten Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung von Darlehensverträgen nicht. Der BFH geht in seiner Rechtsprechung von einer Grundsituation aus, in der der Angehörige wie ein fremder Dritter dem Steuerpflichtigen für eine konkrete Anschaffung einen Kredit gewährt. Diese Ausgangslage ist vorliegend nicht gegeben. Die Vermögensbereiche der Parteien stehen sich nicht von vornherein selbständig gegenüber sondern sind miteinander verquickt.

Ein Anschaffungsdarlehen liegt außerdem nicht vor, weil ein Großteil der Darlehenssumme auf den stehengelassenen Zinsen beruht. So hat beispielsweise die Klägerin auf den 31. Dezember 1995 nur DM 53.000 tatsächlich zur Verfügung gestellt. Der Zinsanteil in der Darlehenssumme beträgt DM 88.502, wobei die Tilgungen von diesen Beträgen jeweils noch anteilig abzuziehen wären. Bei den anderen Darlehensgebern ist die Situation ähnlich. Auf derartige Fälle ist die Rechtsprechung zum Anschaffungsdarlehen nicht anwendbar. Die Rechtsprechung sieht die Erleichterungen nur vor, wenn sich der Steuerpflichtige und der Angehörige wie fremde Dritte gegenüberstehen und das Darlehen für einen bestimmten Finanzierungszweck - sozusagen zufällig - statt von einer Bank von dem Angehörigen aufnimmt. Hier beruhen die Darlehensbestände dagegen zu einem Großteil auf stehengelassenen Zinsen und damit nicht auf einer anlassbezogenen Darlehensgewährung. Bei dieser Ausgangslage besteht für Erleichterungen beim Fremdvergleich kein Anlass.

Schließlich können die erleichterten Voraussetzungen für die Anerkennung der Darlehen nur eingreifen, wenn ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden kann und das Darlehen zweifelsfrei gegenüber einer verschleierten Schenkung abgegrenzt werden kann (BFH-Urteil vom 25. Januar 2000 VIII R 50/97, BStBl II 2000, 393 m.w.N.). Wie bereits dargelegt worden ist, kann angesichts der grundsätzlich fehlenden Geldrückflüsse über einen Zeitraum von 20 Jahren nicht ausgeschlossen werden, dass zumindest Teilbeträge verdeckte Schenkungen darstellen. Deshalb scheiden Erleichterungen beim Fremdvergleich auch unter diesem Gesichtspunkt aus.

4.

Bei Berücksichtigung aller Umstände sprechen zu viele Gesichtspunkte gegen fremdüblich vereinbarte Darlehensverträge. Angefangen bei der ursprünglich mündlichen Darlehensvereinbarung mit den Ungewissheiten über die Zinsauszahlung und der nachgeholten Zinszahlung in 1986, der Tilgung nach Gutdünken des Darlehensschuldners und zwar nicht durch Rückzahlung sondern regelmäßig durch Übernahme von privaten Aufwendungen der Darlehensgeber, der fehlenden Vereinbarung über die Laufzeit und die fehlende Besicherung, ergeben ein Bild, dass insgesamt von einem fremdüblich abgeschlossenen und durchgeführten Vertrag weit entfernt ist. Der Senat ist davon überzeugt, dass ein fremder Dritter - z.B. eine Bank - unter den gegebenen Umständen solche Verträge nicht abgeschlossen hätte. Eine steuerliche Anerkennung kommt nicht in Betracht.

5.

Soweit sich die Kläger auf das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 23. August 2000 (3 K 64/96, EFG 2002, 188) berufen, greift dieser Einwand schon deshalb nicht durch, weil dieses Urteil durch den BFH am 9. Oktober 2001 aufgehoben worden ist (BFH-Urteil vom 9. Oktober 2001 VIII R 5/01, BFH/NV 2002, 334). Soweit sich die Kläger auf das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 24. November 2004 (13 K 75/04, DStRE 2005, 248) berufen, hat zwar das dortige Finanzgericht der Klage im Wege einer Einzelfallwürdigung stattgegeben. Im hier zu beurteilenden Fall hat aber die Einzelfallwürdigung ergeben, dass die Darlehensverträge und ihre Durchführung dem Fremdvergleich nicht standhalten.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

III.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 115 FGO nicht vorliegen.



Ende der Entscheidung

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