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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 15.11.2005
Aktenzeichen: 13 K 464/03
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1
EStG § 7 Abs. 1 Satz 6
EStG § 21 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Behandlung von Abbruchkosten und des "Restbuchwerts" eines abgebrochenen Gebäudes.

Die Kläger erwarben am 11. Mai 1990 ein Grundstück in Hannover, O-straße xx mit aufstehendem Zweifamilienhaus zu einem Kaufpreis von DM 550.000. Das Grundstück hat eine Größe von 1.235 qm und befindet sich im Stadtteil K. Bebaut war es mit einem relativ kleinen Wohnhaus aus den 50iger Jahren des letzten Jahrhunderts. Der Ausbaustandard entsprach der Bauweise der Nachkriegszeit. Der Architekt H stellte im Januar 1999 fest, dass das Haus dünne, ungedämmte Außenwände, unzureichend isolierte Kellerwände, dünne Stahlbetondecken ohne ausreichenden Luft - und Trittschallschutz, unterdimensionierte, einfach verglaste Holzfenster, sowie eine veraltete Haustechnik (Gas-, Strom- und Wasserversorgung) besaß.

Das Haus wurde vermietet. Ab Mai 1998 stand die erste Etage leer. Die Kläger schalteten im April 1998 zwei und im Mai 1998 drei Zeitungsannoncen, in denen sie die Wohnung für eine Einzelperson anboten. In den letzten beiden Anzeigen wurde die Miete um DM 150 reduziert und die Mietdauer auf 1 Jahr begrenzt. Ein Mieter fand sich nicht.

Die Mieterin der Parterrewohnung - Frau K - kündigte am 2. August 1998 zum 28. Februar 1999 den Mietvertrag. Sie führte in dem Kündigungsschreiben erhebliche Mängel der Wohnung auf. Bei Regen dringe Wasser in den Keller ein, so dass die dort lagernden Sachen verkommen würden. Die meisten Fenster hätten nur Einfachverglasung. Sie seien undicht oder ließen sich nur mit großer Anstrengung öffnen. Die Tür zum Freisitz sei so verzogen, dass die Glasscheiben immer wieder reißen würden. Die elektrische Anlage entspreche nicht dem Stand der Technik. Elektrische Hausgeräte müssten einzeln benutzt werden, weil sonst die Sicherungen durchschmelzen würden. Die Versorgung mit Warmwasser reiche nur für ein Wannenbad. Eine gefüllte Badewanne könne nur langsam entleert werden, weil der Abfluss nicht ausreiche. Werde dies nicht beachtet, würde die Küche überfluten.

Die Kläger berieten sich bereits Anfang 1998 mit dem Architekten H wegen einer möglichen Sanierung. Im November 1998 entschlossen sich die Kläger zu einem Neubau.

Da die Tochter der Kläger nach einem größeren Haus suchte, veräußerten die Kläger im November 1998 zum 31. Dezember 1998 ihr eigenes Wohnhaus auf dem Nachbargrundstück (O-str. xx) an die Tochter und ihren Schwiegersohn. Am 11. Dezember 1998 erwarb die ehemalige Mieterin Frau K das Haus des Schwiegersohns.

Am 20. Dezember 1998 wurde der Bauantrag für den Neubau auf dem Grundstück O-str. xx gestellt. Der Entwurfsverfasser war der Architekt H. Nach Erteilung der Baugenehmigung wurde das alte Gebäude im März 1999 abgerissen. Die Kläger errichteten einen Neubau, in den sie selbst einzogen.

Herr H hielt die Mängel des alten Hauses in einer gutachterlichen Stellungnahme vom 28. Januar 1999 fest. Nach den Angaben der Kläger in der mündlichen Verhandlung soll die Stellungnahme für das Amt für Wohnungswesen zwecks Erlangung einer Abrissgenehmigung erstellt worden sein.

Herr H führte in der Stellungnahme aus, dass bei einer Sanierung der gesamte feuchte Keller zu isolieren sei, da die Wand- und Bodendichtungen unwirksam geworden seien. Die Schwammbeseitigung sei gar nicht möglich. Der Kostenaufwand für diese Maßnahmen sei unvertretbar und belaufe sich auf TDM 30. Weiterer Sanierungsbedarf wurde bei der Dämmung, dem Dach, dem Estrich, den Sanitärräumen und der Küche sowie bei der Haustechnik gesehen. Die Gesamtkosten wurden auf TDM 432 veranschlagt. Ein vergleichbarer Neubau wurde mit TDM 395 veranschlagt.

In der Einkommensteuererklärung 1999 wurden die Abbruchkosten und der "Restbuchwert" bei den Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung zunächst nicht geltend gemacht. Der Einkommensteuerbescheid 1999 erging am 5. Juli 2001.

Im Einspruchsverfahren stellten die Kläger den Antrag, die Abbruchkosten in Höhe von DM 6.380 und einen - inzwischen unstreitigen - "Restbuchwert" in Höhe von DM 105.920 als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anzuerkennen.

Die Kläger trugen vor, dass sie das Objekt nicht in Abbruchabsicht erworben hätten, sondern um es langfristig zu vermieten. Die baulichen Mängel - die letztlich zum Abbruch des Hauses geführt hätten - seien beim Erwerb des Hauses im Jahr 1990 noch nicht vorhanden gewesen. Es habe sich im Jahr 1990 um ein gebrauchtes Haus gehandelt, welches nach seinem Alter und baulichen Zustand entsprechend gut bewohnbar und vermietbar gewesen sei. Während der Besitzzeit der Kläger sei die zunehmende Bodenfeuchtigkeit ein Problem geworden, die zur Schwammbildung im Keller und Treppenhaus geführt habe. Wegen der Mängel sei es immer schwieriger geworden, die Räume zu vermieten. Außerdem habe die Tochter der Kläger ein größeres Haus gesucht. Deshalb hätten sich die Kläger dazu entschlossen, das Gebäude abzureißen und einen Neubau zu errichten. Zwar hätten die Kläger das neu errichtete Haus selbst genutzt. Es komme aber nach der BFH-Rechtsprechung nicht darauf an, dass an die Stelle des abgebrochenen Gebäudes ein Neubau trete, der dem gleichen Zweck gewidmet sei.

Am 29. Oktober 2001 erging ein Zwischenänderungsbescheid, in dem ein Verlust in Höhe von DM ./. 3.840 anerkannt wurde.

Nach dem Ergehen des BFH-Urteils vom 26. Juni 2001 (IX R 22/98, BFH/NV 2002, 16) vertrat der Beklagte die Auffassung, dass der BFH seine Rechtsprechung zur Anerkennung von Abbruchkosten und des "Restbuchwerts" des abgebrochenen Gebäudes geändert habe.

Deshalb wurde mit Einspruchsbescheid vom 21. August 2003 die Einkommensteuer wegen nacherklärter Mieteinnahmen heraufgesetzt und der Einspruch zurückgewiesen. Es reiche nach der neuen Rechtsprechung nicht mehr aus, dass ein Gebäude nicht in Abbruchabsicht angeschafft worden sei und das Gebäude im Anschluss an die Vermietung abgerissen werde. Wenn das neu errichtete Wohnhaus zu privaten Wohnzwecken genutzt werde, sei die Veranlassung nur gegeben, wenn der Grund für den Abriss ganz überwiegend in der bisherigen Nutzung des alten Gebäudes zur Erzielung von Vermietungseinkünften liege. Es müsse ein durch die Vermietung verursachter Schaden beseitigt werden, der einer Abnutzung, die dem gewöhnlichen Gebrauch der Mietsache entspreche, deutlich übersteige. Dies gelte insbesondere bei mutwillig verursachten Schäden durch die Mieter. Die dargelegten Mängel seien durch die Bauweise des Hauses und nicht durch die Vermietung begründet worden. Der Grund für den Abriss sei weitaus überwiegend in den persönlichen Verhältnissen der Kläger zu sehen, da die Kläger ihr bisher genutztes Objekt an die Tochter veräußert hätten.

Mit der am 16. September 2003 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH komme es für den Abzug von Abbruchkosten darauf an, ob das Gebäude in Abbruchabsicht erworben worden sei. Bei einem Gebäude, dass der Steuerpflichtige zunächst zur Erzielung von Vermietungseinkünften genutzt habe, und dass dann wirtschaftlich und technisch verbraucht sei, seien die Abbruchkosten und der "Restbuchwert" abzugsfähig. An dieser Rechtsprechung habe der BFH auch in seinem Urteil vom 26. Juni 2001 festgehalten. Während die Vorinstanz (Urteil des FG Hamburg vom 19. März 1998 VI 157/97, EFG 1998, 1118) davon ausgegangen sei, dass in den Fällen der anschließenden Eigennutzung des Neubaus der Abbruch eines Gebäudes zu einem nicht unwesentlichen Teil im Hinblick auf die beabsichtigte Eigennutzung erfolge, sei der BFH dieser Auffassung nicht gefolgt. Entscheidend sei nach wie vor, dass das abgerissene Gebäude nicht in Abbruchabsicht erworben worden sei. Der Zusammenhang des Abbruchvorgangs mit der Herstellung des neuen Gebäudes trete dann in den Hintergrund. Der BFH habe in seinem Urteil vom 26. Juni 2001 lediglich eine Einschränkung dahingehend vorgenommen, dass die Veranlassung des Abrisses während der Nutzung des Gebäudes zu Vermietungszwecken eingetreten sein müsse.

Das Gebäude sei nicht in der Absicht erworben worden, es abzubrechen, sondern um es langfristig zu nutzen. Dies sei auch über einen Zeitraum von acht Jahren geschehen. Das Gebäude habe sich im Jahr 1990 in einem gut vermietbaren Zustand ohne gravierende Feuchtigkeitsschäden befunden. Die baulichen Mängel seien erst in der zweiten Hälfte der 90iger Jahre aufgetreten.

Zwischen der Entscheidung zum Abbruch des Hauses und dem Verkauf des bislang bewohnten Hauses an die Tochter bestehe kein innerer Zusammenhang. Die Familie der Tochter sei wegen ihres Kindernachwuchses unabhängig von dem Geschehen bezüglich der O-str. xx gezwungen gewesen, ein größeres Haus zu kaufen. Selbst wenn ein Zusammenhang bestehen würde, wäre dies kein Grund, die Abbruchkosten und den "Restbuchwert" nicht als Werbungskosten anzuerkennen.

Die Kläger beantragen,

die Einspruchsentscheidung vom 21. August 2003 aufzuheben und unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 1999 vom 21. August 2003 weitere Werbungskosten in Höhe von DM 105.920 (Restbuchwert) und DM 6.380 (Abbruchkosten) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

1. die Klage abzuweisen,

2. hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte verweist auf seinen Einspruchsbescheid.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen K und H. Hinsichtlich des Beweisthemas und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 15. November 2005 verwiesen.

Gründe

Die Klage ist begründet.

I. Die Kläger können die Abbruchkosten und den "Restbuchwert" des Gebäudes als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen.

1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen als Werbungskosten abzugsfähig. Unter den Begriff der Werbungskosten fallen alle Aufwendungen, die durch die mit der Einkunftsart verbundene wirtschaftliche Betätigung veranlasst sind. Ist dieser Veranlassungszusammenhang gegeben, können auch Aufwendungen, die nach Aufgabe der mit der Einkünfteerzielungsabsicht verbundenen Tätigkeit entstanden sind, als sog. nachträgliche Werbungskosten abgezogen werden (BFH-Urteil vom 27. Juni 1995, IX R 48/93, BStBl II 1996, 151; BFH-Urteil vom 31. März 1998 IX R 26/96, BFH/NV 1998, 1212).

Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG sind auch die Absetzungen für Abnutzung und für Substanzverringerung als Werbungskosten abzugsfähig. Deshalb sind nach ständiger Rechtsprechung auch bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung nach §§ 7 Abs. 4 Satz 3, 7 Abs. 1 Satz 6 EStG (i.d.F. des Streitjahres) zulässig (BFH-Urteil vom 1. Dezember 1992 IX R 189/85, BStBl II 1994, 11; BFH-Urteil vom 1. Dezember 1992 IX R 333/87, BStBl II 1994, 12).

2. Hinsichtlich der Abzugsfähigkeit von Abbruchkosten und des "Restbuchwerts" des abgebrochenen Gebäudes wird nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich zwischen einer Anschaffung des Gebäudes mit Abbruchabsicht und einer Anschaffung ohne Abbruchabsicht unterschieden.

a) Bei einem Erwerb in Abbruchabsicht dient der Erwerb des Grundstücks entweder ausschließlich der Anschaffung des Grund und Bodens oder der Herstellung des anschließenden Neubaus (Beschluss des Großen Senats vom 12. Juni 1978 GrS 1/77 BStBl II 1978, 620; BFH-Urteil vom 13. Januar 1998 IX R 58/95, BFH/NV 1998, 1080). Die Abbruchkosten und der "Restbuchwert" können daher nicht als sofort abzugsfähige Werbungskosten geltend gemacht werden. Für einen Erwerb in Abbruchabsicht spricht der Beweis des ersten Anscheins, wenn das Gebäude in einem Zeitraum von drei Jahren nach dem Erwerb abgebrochen wird (Beschluss des Großen Senats vom 12. Juni 1978 GrS 1/77 BStBl II 1978, 620; BFH-Urteil vom 10. Mai 1994 IX R 26/89, BStBl II 1994, 902).

b) Wird das Gebäude dagegen in der Absicht erworben, es für Vermietungszwecke zu nutzen, dient die Anschaffung allein dem Ziel der Nutzung durch Vermietung und Verpachtung. Die Anschaffungskosten sind über die Absetzung für Abnutzung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG in Verbindung mit § 7 Abs. 4 oder 5 EStG als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzugsfähig. Entschließt sich der Steuerpflichtige später dazu, das Gebäude abzureißen, so dokumentiert dieser Entschluss im Regelfall den wirtschaftlichen Verbrauch des Wirtschaftsguts. Das zu Vermietungszwecken genutzte Wirtschaftsgut ist nicht mehr geeignet, seine Zweckbestimmung zu erfüllen. Wegen dieser fehlenden Eignung wird es - durch Abriss - vernichtet. In diesem Fall können die restlichen Anschaffungskosten als Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (§ 7 Abs. 1 Satz 6 EStG a.F.) geltend gemacht werden. Die Abbruchkosten sind Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (Beschluss des Großen Senats vom 12. Juni 1978 GrS 1/77 BStBl II 1978, 620; BFH-Urteil vom 6. Dezember 1995 X R 116/91, BStBl II 1996, 358; BFH-Urteil vom 31. März 1998 IX R 26/96, BFH/NV 1998, 1212; BFH-Urteil vom 16. April 2002 IX R 50/00, BStBl II 2002, 805).

c) In der älteren Rechtsprechung des BFH wurden im Fall des Erwerbs des Gebäudes ohne Abbruchabsicht die Motive für den Abbruch nicht näher untersucht (Beschluss des Großen Senats vom 12. Juni 1978 GrS 1/77 BStBl II 1978, 620). Der BFH hat sogar ausdrücklich entschieden, dass der Zusammenhang der Abbruchaufwendungen mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht durch die Errichtung eines Neubaus und dessen anschließende Eigennutzung verändert wird (BFH-Urteil vom 31. März 1998 IX R 26/96, BFH/NV 1998, 1212). Nach dieser Sichtweise war der Abbruch als letzter Akt der Vermietungstätigkeit anzusehen, so dass sofort abzugsfähige Werbungskosten vorliegen.

d) Diese Rechtsprechung hat der BFH mit dem Urteil vom 26. Juni 2001 (IX R 22/98, BFH/NV 2002, 16) eingeschränkt. Danach sind die Abbruchkosten nicht schon deshalb durch die Vermietung veranlasst, weil das Haus im Anschluss an die Vermietung abgerissen wird (letzter Akt der Vermietungstätigkeit). Wenn das neu errichtete Gebäude zu privaten Wohnzwecken genutzt wird, ist der Veranlassungszusammenhang mit den Vermietungseinkünften nur zu bejahen, wenn der Grund für den Abriss ganz überwiegend in der bisherigen Nutzung des alten Gebäudes zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung liegt.

Mit dieser Rechtsprechung wird der Gleichklang mit der Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Schönheitsreparaturen nach Beendigung der Vermietungszeit und anschließender Selbstnutzung der Wohnung gesucht (vgl. BFH-Urteil vom 21. Juni 1994 IX R 62/91, BFH/NV 1995, 108; BFH-Urteil vom 7. November 1995 IX R 81/93, BFH/NV 1996, 533; BFH-Urteil vom 11. Juli 2000 IX R 48/96, BStBl II 2001, 784). Außerdem wird berücksichtigt, dass schon nach der bisherigen Rechtsprechung Abbruchkosten nicht abzugsfähig waren, wenn der Abbruch durch die Veräußerung des Grundstücks veranlasst war, weil diese Erwägungen im Vermögensbereich wurzeln (BFH-Urteil vom 6. März 1979 VIII R 110/74, BStBl II 1979, 551; BFH-Beschluss vom 13. Dezember 2000 IX B 106/00, BFH/NV 2001, 766).

e) Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Wird der später errichtete Neubau selbst genutzt, kann der Abbruch des Gebäudes auf unterschiedlichen Ursachen beruhen. Der Abbruch kann aus privaten Gründen erfolgen, weil der Steuerpflichtige entsprechend seinem persönlichen Geschmack einen Neubau zur Selbstnutzung errichten will. In einem solchen Fall sind die Abbruchkosten und die restlichen Anschaffungskosten nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht abzugsfähig. Der Abbruch kann aber auch erfolgen, weil das Gebäude zu Vermietungszwecken nicht mehr zu verwenden ist, nachdem es durch die Nutzung als Vermietungsobjekt wirtschaftlich verbraucht worden ist. In einem solchen Fall verbleibt es bei dem Werbungskostenabzug. Das Urteil des BFH vom 26. Juni 2001 wird von dem Senat dahingehend verstanden, dass es bei einer anschließenden Selbstnutzung des Neubaus für die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen nicht ausreichend ist, dass der Erwerb ohne Abbruchabsicht erfolgt ist. Es bedarf vielmehr einer sorgfältige Prüfung des konkreten Veranlassungszusammenhangs mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Dieser ist nur dann gegeben, wenn die maßgebliche Ursache für den Abbruch in dem wirtschaftlichen Verbrauch des Gebäudes durch die Vermietung liegt.

Der Senat folgt nicht der Auffassung des Beklagten, dass der Abbruch des Gebäudes auf Schäden beruhen muss, die der Mieter durch eine über den gewöhnlichen Gebrauch der Mietsache hinausgehende Nutzung oder durch mutwillige Beschädigung verursacht hat. Zwar hat der BFH in seinem Urteil vom 26. Juni 2001 auf das Urteil des BFH vom 11. Juli 2000 (IX R 48/96, BStBl II 2001, 784) verwiesen, in dem entsprechende Voraussetzungen für den Abzug von Aufwendungen zur Wiederherrichtung einer Wohnung bei anschließender Selbstnutzung aufgestellt worden sind. Der Verweis auf dieses Urteil ist aber nicht so zu verstehen, dass ein Werbungskostenabzug nur in Betracht kommt, wenn der Grund für den Abriss in einem übermäßigen Verschleiß durch den Mieter liegt. Dies hätte zur Konsequenz, dass während der Vermietungszeit entstandene Mängel, die auf die Bauweise des Objekts zurückzuführen sind, nicht mehr zu Werbungskosten führen könnten. Dies widerspricht der Grundentscheidung des Gesetzgebers, dass die Anschaffungskosten für ein zu Vermietungszwecken genutztes Objekt über die Vorschriften der Absetzung für Abnutzung - einschließlich der Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung - abgeschrieben werden können.

Gegen die Auffassung des Beklagten spricht auch, dass der BFH nach dem Ergehen des Urteil vom 26. Juni 2001 grundsätzlich weiterhin darauf abstellt, ob das Gebäude in Abbruchabsicht erworben worden ist (BFH-Urteil vom 16. April 2002 IX R 50/00, BStBl II 2002, 805; vgl. auch BFH-Urteil vom 22. Januar 2003 X R 36/01, BFH/NV 2003, 765; BFH-Urteil vom 4. Februar 2004 X R 24/02, BFH/NV 2004, 787). In dem Urteil vom 16. April 2002 führt der BFH aus, dass für den Fall, dass das Gebäude auf einkommensteuerrechtlich bedeutsame Weise genutzt worden ist, der Zusammenhang des Abbruchvorgangs mit der Herstellung des neuen Gebäudes in den Hintergrund tritt und die vorherige Nutzung des abgebrochenen Objekts für die Abziehbarkeit maßgeblich ist.

Der Verweis auf das Urteil vom 11. Juli 2000 (IX R 48/96, BStBl II 2001, 784) stellt deshalb nach Auffassung des Senats nur klar, dass der Veranlassungszusammenhang bei einer anschließenden Selbstnutzung des Objekts intensiver zu prüfen ist, als dies nach der bisherigen Rechtsprechung zu den Abbruchkosten der Fall war. Wenn diese Prüfung aber ergibt, dass das Objekt wegen während der Vermietungszeit entstandener oder offenkundig gewordener Mängel abgerissen worden ist, ist ein hinreichender Veranlassungszusammenhang zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gegeben (ebenso: Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 17. März 2004 9 K 121/98, juris). Das für Vermietungszwecke angeschaffte Gebäude wird dann aus Gründen, die während der Vermietungszeit entstanden sind, wirtschaftlich wertlos. Da das Wirtschaftsgut nicht mehr zur Vermietung genutzt werden kann, sind die restlichen Anschaffungskosten abzuschreiben. In diesem Fall ist es auch unerheblich, dass der anschließende Neubau privat genutzt wird. Denn das verbrauchte Objekt hätte sowieso abgerissen werden müssen. Die Folgenutzung ist insoweit von untergeordneter Bedeutung.

3. Bezogen auf den konkreten Fall bedeuten diese Grundsätze Folgendes:

a) Das Gebäude ist nicht in Abbruchabsicht erworben worden. Das Objekt ist im Jahr 1990 erworben worden und war seitdem vermietet. Der Abbruch ist im März 1999 erfolgt. Der von der Rechtsprechung als maßgeblich angesehene Dreijahreszeitraum war längst abgelaufen. Anhaltspunkte für außergewöhnliche Umstände sind nicht ersichtlich. Vielmehr deutet der gesamte Sachverhalt darauf hin, dass die Kläger das Gebäude erworben haben, um es zu vermieten.

b) Der Abbruch des Gebäudes beruhte maßgeblich auf den Mängeln des Gebäudes, die während der Vermietungszeit entstanden bzw. offenbar wurden. Daher ist der Veranlassungszusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gegeben.

aa) Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass die Mängel nicht von vornherein dem Objekt anhafteten, sondern erst während der Vermietungsphase entstanden sind. Die Zeugin K hat glaubhaft ausgesagt, dass sich die Wohnung bei ihrem Einzug im Frühjahr 1993 in einem guten Zustand befunden habe. Feuchtigkeit habe es nicht gegeben. Der Keller sei absolut trocken gewesen. Die Feuchtigkeit sei erst ab dem Jahr 1996 aufgetreten. Diese Aussage stimmt mit dem Vortrag der Kläger in der mündlichen Verhandlung überein, wonach die ersten Mieter nach dem Erwerb des Gebäudes keine Mängelrügen erhoben hätten. Die Kläger haben auch schon im Einspruchsverfahren vorgetragen, dass die Mängel erst während der Vermietungszeit aufgetreten sind.

bb) Die Mängel des Hauses waren der maßgebliche Grund für den Abbruch des Gebäudes.

aaa) Der sachverständige Zeuge H hat ausgeführt, dass der Keller nicht sanierbar war. Die Wände waren total durchfeuchtet. Außerdem stellte der Zeuge fest, dass die Außenwände feucht und schimmelig waren und sich schwammartige Verfärbungen an den Außenwänden befunden haben. Hinzu kam, dass die Haustechnik veraltet und die Heizungs- und Warmwasserrohre nicht isoliert und eingedämmt waren. Diese Angaben decken sich mit der Aussage der Zeugin K. Danach roch es im Keller und im Treppenhaus zunehmend muffig. Zunächst sei nur der kleine abgetrennte Raum im Keller durchfeuchtet gewesen und habe gerochen. Gegen Ende der Mietzeit sei auch der Keller so durchfeuchtet gewesen, dass sie Gegenstände im Keller nicht mehr auf den Fußboden, sondern auf Holzpaletten gestellt habe, damit sie nicht feucht wurden. Beim Auszug stellte die Zeugin K fest, dass hinter dem Schlafzimmerschrank Durchfeuchtungen vorhanden waren und sich Schimmel gebildet hatte.

Diese Angaben ergeben das Bild eines durch Feuchtigkeitsschäden im Wesentlichen verbrauchten Gebäudes. Diese Beurteilung wird durch die gutachterliche Stellungnahme des Zeugen H aus dem Januar 1999 bestätigt. Danach war die Isolierung des feuchten Kellers mit vertretbaren Kostenaufwand nicht möglich. Eine Schwammbeseitigung konnte gar nicht erfolgen. Hinzu kamen weitere erforderliche Sanierungsmaßnahmen, wie die Dämmung der Außenwände, die Dachneueindeckung und die Erneuerung der gesamten Haustechnik. Im Verhältnis zu einem Neubau waren die Gesamtkosten der Sanierung nach Einschätzung von Herrn H unverhältnismäßig hoch. Der desolate Zustand des Gebäudes wird auch durch das Kündigungsschreiben von Frau K dokumentiert, die in ihrer Zeugenvernehmung noch einmal bestätigte, dass die dort aufgeführten Mängel zutrafen.

bbb) Ein weiteres Indiz für den schlechten Zustand des Gebäudes stellt der Umstand dar, dass die Kläger erfolglos versuchten, im April und Mai 1998 die obere Wohnung zu vermieten und dass Frau K in ihrer Zeugenvernehmung ausgesagt hat, dass der Kläger ihr gegenüber erwähnt habe, dass er Schwierigkeiten habe, die Wohnung erneut zu vermieten. Deshalb misst der Senat dem Umstand, dass die beiden letzten Zeitungsannoncen eine Mietzeit von nur einem Jahr aufwiesen, keine besondere Bedeutung zu. Die Kläger hatten gleichzeitig die geforderte Miete erheblich reduziert. In der mündlichen Verhandlung führten sie aus, dass dies Maßnahmen waren, um die Wohnung doch noch zu vermieten.

Die Wohnung im Obergeschoss wies zwar nach den Angaben des Zeugen H keine konkreten Mängel auf und war noch bewohnbar. Die vergeblichen Vermietungsbemühungen der Kläger zeigen jedoch, dass das Gebäude nicht mehr den Anforderungen genügte, die Mieter an eine Wohnung stellen. Hierbei kann der Senat offen lassen, ob das muffige Treppenhaus oder die veraltete Haustechnik oder der Zuschnitt des Wohnraums ausschlaggebend war. Auf jeden Fall konnte das Gebäude - entgegen der früheren Jahre - für den vorgesehenen Zweck der Vermietung nicht mehr eingesetzt werden.

ccc) Angesichts des Ausmaßes der bereits eingetretenen Beeinträchtigungen und der zu befürchtenden weiteren Verschlechterung des Zustands des Hauses ist es nach Auffassung des Senats auch unerheblich, dass die Zeugin K nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung nicht auf Grund der Mängel ausgezogen ist, sondern weil sie plante, mit ihrer Mutter zusammen zu ziehen. Der Zeuge H hat ausgeführt, dass bei einem derartig desolaten Zustand mit einer "stürmischen" Verschlechterung der Bausubstanz zu rechnen sei. Da sich bei dem Auszug von Frau K Schimmelflecken im Schlafzimmer zeigten, hat der Senat auch Zweifel, ob die Einschätzung von Frau K, dass sie in der Wohnung durchaus noch habe wohnen können, aus gesundheitlichen Gründen überhaupt zutreffend ist. Jedenfalls brauchten die Kläger bei dem festgestellten Gesamtzustand des Gebäudes keine weiteren Vermietungsbemühungen für die Erdgeschosswohnung durchzuführen, da diese nach Auffassung des Senats offensichtlich aussichtslos waren.

ddd) Der Senat hat auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Darstellung der Mängel nur erfolgt ist, um eine anders gelagerte Motivation für den Abbruch des Gebäudes zu verschleiern. Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass der Zeuge H bereits im Dezember 1998 einen Bauantrag für den Neubau gestellt hatte, die gutachterliche Stellungnahme aber erst vom Januar 1999 stammt, erklärt sich dies zwanglos dadurch, dass die Stellungnahme für die Abrissgenehmigung erforderlich war. Diesen Sachverhalt haben die Kläger nicht erst auf den Einwand des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, sondern schon im Einspruchsverfahren (Schreiben vom 20. August 2002). Gegen eine Dokumentation der Mängel nur aus steuerlichen Gründen spricht auch, dass die Kläger die Abbruchkosten und den Restbuchwert im Rahmen der Einkommensteuererklärung zunächst gar nicht geltend gemacht haben.

cc) Die private Nutzung des Folgeobjekts tritt gegenüber den während der Vermietungszeit entstandenen Mängeln des Gebäudes derartig in den Hintergrund, dass sie von ganz untergeordneter Bedeutung im Sinne des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG ist. Zwar ist ein gewisser zeitlicher Zusammenhang zwischen der Abbruchentscheidung und dem größeren Wohnbedürfnis der Tochter und ihrer Familie gegeben. Bei der privaten Nutzung des Neubaus handelt es sich aber - angesichts des festgestellten Zustands des abgerissenen Gebäudes - nur um eine Folgeentscheidung, die die eigentliche Abbruchentscheidung nicht mehr entscheidend beeinflussen konnte. Denn das alte Gebäudes hätte sowieso abgerissen oder grundsaniert werden müssen. Wenn sich in dieser Situation der Steuerpflichtige für den - wirtschaftlich vernünftigen - Abriss entscheidet, steht dieser Abriss in einem Veranlassungszusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Denn das Objekt ist während der langjährige Nutzung als Vermietungsobjekt in diesen Zustand geraten. Es ist durch die Nutzung als Vermietungsobjekt wirtschaftlich verbraucht worden. Das Wirtschaftsgut hat sich während der Nutzung zu Vermietungszwecken schneller abgenutzt, als es nach den Vorschriften für die Absetzung für Abnutzungen in § 7 Abs. 4 und 5 EStG vorgesehen ist. Deshalb ist es nur konsequent, dass auch der noch verbliebene "Restbuchwert" im Zeitpunkt des Abrisses als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemacht werden kann. Das Gleiche gilt für die Abbruchkosten, die ebenfalls maßgeblich durch die langjährige Nutzung zu Vermietungszwecken veranlasst waren.

4. Die Höhe der geltend gemachten Aufwendungen ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

II. Dem Beklagten wird die Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer aufgegeben (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

III. Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Anmerkung

Da das Finanzamt Revision gegen die FG-Entscheidung eingelegt hat, bleibt abzuwarten, ob die Entscheidung des FG Bestand haben wird. In jedem Falle sollten vergleichbare Fälle, in denen die Finanzverwaltung zu Lasten der Stpfl. entschieden hat, vorsorglich offen gehalten werden.

Ende der Entscheidung

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