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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 15.05.2007
Aktenzeichen: 13 K 570/06
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 7
EStG § 12 Nr. 5
Aufwendungen für ein berufsbegleitendes Erststudium sind ab dem VZ 2004 nicht mehr als Werbungskosten abzugsfähig.
Finanzgericht Niedersachsen

13 K 570/06

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Abzugsfähigkeit der Kosten eines berufsbegleitenden Studiums im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2004.

Die Kläger sind Ehegatten, die zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden. Der Kläger erzielte in dem Streitjahr u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als kaufmännischer Angestellter.

Der Kläger absolvierte Anfang der 80iger Jahre eine Ausbildung als Bürokaufmann. Seit 1986 ist der Kläger im Versicherungswesen tätig. Anfang der 90iger Jahre erlangte er den Abschluss als ausgebildeter Versicherungskaufmann. Anschließend bildete er sich zum Versicherungsfachwirt fort. Seit 1991 erfolgte eine berufliche Spezialisierung auf die betriebliche Altersversorgung. Seit 2003 war der Kläger Fachverantwortlicher für die Einrichtung von betrieblichen Versorgungswerken, der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung und der Entwicklung alternativer Versorgungskonzepte in der Geschäftsführerversorgung bei einem Versicherungsmakler.

Vom 3. November 2003 bis zum 10. November 2005 nahm der Kläger berufsbegleitend an einem von der C AG angebotenen Weiterbildungsstudiengang an der Fachhochschule Koblenz teil. Er schloss die Weiterbildungsmaßnahme mit dem Grad des Betriebswirt für betriebliche Altersversorgung (FH) ab. Verliehen wurde ein Zertifikat.

Zulassungsvoraussetzung für die Prüfung war nach § 6 der Prüfungsordnung der Fachhochschule Koblenz entweder ein abgeschlossenes Hochschulstudium und eine mindestens zweijährige Berufspraxis oder die Hochschul- oder Fachhochschulreife zuzüglich einer abgeschlossenen Ausbildung in einem kaufmännischen oder verwaltenden Ausbildungsberuf und einer mindestens vierjährigen Berufspraxis oder einen Abschluss als Bank- oder Versicherungsfachwirt bzw. eines vergleichbaren Fachkaufmanns und einer mindestens sechsjährigen Berufspraxis.

Die Regelstudienzeit betrug nach § 2 der Prüfungsordnung drei Semester. Ausweislich eines eingereichten Informationsblatts der C AG wurde das Studium in Form von Präsenzphasen und Selbststudiumsphasen durchgeführt. Auf die ersten beiden Semester erstreckte sich das Lehrangebot, wobei die Präsenzphasen zu Beginn, in der Mitte und am Ende des Semesters lagen. Im dritten Semester wurde eine Prüfungsarbeit angefertigt. Das Thema der Prüfungsarbeit war auch Grundlage der mündlichen Prüfung. Nach dem Informationsblatt sollte der Studiengang den wissenschaftlichen Anspruch auf Hochschulniveau mit einem praxisorientierten Beratungsansatz verbinden.

Die Prüfung bildet nach § 15 der Prüfungsordnung den qualifizierten Abschluss des Wieterbildungsstudiengangs "Betriebliche Altersversorgung". Nach einer Bescheinigung der Fachhochschule vom 24. Mai 2006 führte der Studiengang zu einem berufsqualifizierenden Abschluss. Das Studium werde durch eine Hochschulprüfung oder eine staatliche oder kirchliche Prüfung abgeschlossen.

Nach dem Informationsblatt der C AG handelte es sich um ein weiterbildendes Studium. In der Präambel der Prüfungsordnung und in mehreren Regelungen (§§ 1 Satz 1, 15 Abs. 1, 16 Abs. 3, 17 Abs. 3) wird ausgeführt, dass es sich bei der Maßnahme um einen Weiterbildungsstudiengang handelt. In einem Schreiben der Fachhochschule vom 7. September 2006 wurde bescheinigt, dass es sich bei der Maßnahme um einen weiterbildenden Studiengang gehandelt habe.

Seit dem 1. August 2005 ist der Kläger Senior Consultant für den Bereich der betrieblichen Altersversorgung bei der S GmbH in Frankfurt.

In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit insgesamt Aufwendungen in Höhe von 9.183,39 EUR im Zusammenhang mit dem Weiterbildungsstudium geltend. In dem Einkommensteuerbescheid 2004 vom 23. Januar 2006 wurden diese Aufwendungen nur als Sonderausgaben in Höhe von 4.000 EUR anerkannt.

Mit am 1. Februar 2006 eingegangenem Einspruch machten die Kläger geltend, dass es sich bei dem Studium um kein Erststudium im Sinne des Gesetzes handele. Es handele sich um ein berufsbegleitendes Studium, welches der Förderung des ausgeübten Berufs gegolten habe. In dem Schreiben vom 7. September 2006 vertrat auch die Fachhochschule die Auffassung, das es sich bei dem Weiterbildungsstudiengang nicht um ein Erststudium handele, sondern um eine Weiterbildung im Bereich der betrieblichen Altersversorgung, die Berufserfahrung voraussetze.

Mit Einspruchsbescheid vom 17. Oktober 2006 wurde der Einspruch zurückgewiesen. Das Erststudium im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG sei ein erstmaliges Studium, wenn kein anderes durch einen berufsqualifizierenden Abschluss beendetes Studium vorangegangen sei. Unerheblich sei, dass der Studiengang als "Weiterbildungsstudiengang" bezeichnet werde. Es komme auch nicht darauf an, welche schulischen oder sonstigen Leistungen den Zugang zum Studium eröffnen würden.

Mit am 15. November 2006 erhobener Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.

Die hier vorliegende Ausbildung habe mit einem Erststudium zur erstmaligen beruflichen Qualifikation nichts zu tun. Ohne Berufserfahrung sei die Weiterbildung, die hier im Streit stehe, nicht zu absolvieren. Richtig sei, dass sich der Weiterbildungsträger zwecks Durchführung der Weiterbildungsmaßnahme der Fachhochschule Koblenz bediene. Dies könne den Klägern aber nicht zum Nachteil gereichen. Nach Kenntnis des Klägers werde die Weiterbildung zum "Betriebswirt betriebliche Altersversorgung" auch von einigen Handelskammern im Bundesgebiet angeboten. Als der Kläger die Weiterbildung durchführte, bestand seiner Kenntnis nach lediglich beim C das Angebot. Bereits 1991 bis 1993 habe der Kläger eine Weiterbildung zum Versicherungsfachwirt bei der IHK B durchgeführt. Auch diese Maßnahme werde ausweislich des vorgelegten Informationsmaterials als Studium zum Versicherungsfachwirt (IHK) bezeichnet. Sollte die hier streitige Maßnahme als Studium angesehen werden, müsse aus Gleichbehandlungsgründen auch die in den Jahren 1991 bis 1993 durchgeführte Weiterbildung als Studium angesehen werden, so dass kein Erststudium vorliege.

Es handele sich im vorliegenden Fall nicht um ein Studium, sondern um eine Weiterbildungsmaßnahme. Entscheidend sei, ob die Bildungsmaßnahme der Aus- oder der Fortbildung dienen würde. Aus der Beschreibung der Zielgruppe der Bildungsmaßnahme würde sich ergeben, dass weder Inhalte noch Form der Ausbildung für den Erwerb einer Erstqualifikation geeignet seien. Außerdem würde die Maßnahme nicht mit einem Diplom oder einem vergleichbaren Abschluss beendet werden, sondern mit einem Zertifikat. Erststudiengänge würden mit einem Diplom, Staatsexamen, Magister, Promotion oder neuerdings mit dem Grad des Bachelor abschließen. Aus gutem Grund kenne der hier streitige Bildungsgang einen solchen Abschluss nicht. Es werde sich in Deutschland auch kein Studiengang finden lassen, der nach lediglich drei Semestern abgeschlossen sei.

Die Maßnahme diene der Sicherung des Arbeitsplatzes. Der Kläger leide seit 16 Jahren an Multiple Sklerose. Die Aufwendungen seien wegen eines möglicherweise erforderlichen Umsteigens in den Innendienst erforderlich gewesen.

In der Gesetzesbegründung zu § 12 Nr. 5 EStG (BT-Drucks. 15/3339) werde ausgeführt, dass ein Erststudium regelmäßig eine neue berufliche, soziale und wirtschaftliche Stellung eröffnen würde. Auch dies sei bei dem Kläger nicht gegeben. Er habe vor, während und nach der Weiterbildungsmaßnahme inhaltlich dieselbe Tätigkeit ausgeübt. An seiner sozialen und beruflichen Stellung habe sich durch die Weiterbildungsmaßnahme nichts geändert. Der Kläger sei praktisch seit Mai 1989 als Versicherungskaufmann tätig. Heute arbeite er zwar für die S GmbH. Inhaltlich habe sich seine Tätigkeit aber nicht geändert. Er sei immer noch beratend im Bereich der betrieblichen Altersversorgung tätig. Dies zeige, dass § 12 Nr. 5 EStG nicht einschlägig sein könne. Außerdem verstoße § 12 Nr. 5 EStG gegen Art. 3 GG und das daraus abgeleitete objektive Nettoprinzip.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2004 vom 23. Januar 2006 in Gestalt des Einspruchsbescheids vom 17. Oktober 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Einkommensteuer der Kläger für 2004 unter Berücksichtigung der erklärten Ausbildungskosten für die Weiterbildung zum Betriebswirt für betriebliche Altersversorgung in voller Höhe als Werbungskosten neu festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist auf den Einspruchsbescheid. Erststudium im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG bedeute nicht nur ein Studium zur erstmaligen beruflichen Qualifikation. Die Vorschrift erfasse auch berufsbegleitende Erststudien. Es komme darauf an, ob der Kläger erstmals an einer Hochschule studiere. Die von dem Kläger bisher absolvierten Ausbildungen als Bürokaufmann, Versicherungskaufmann und Versicherungsfachwirt begründeten keinen mit einem universitären Studium vergleichbaren staatlichen Bildungsabschluss. Dies gelte insbesondere für die in 1991 bis 1993 durchgeführte Weiterbildung zum Versicherungsfachwirt. Diese Weiterbildung werde durch Meister-Bafög gefördert und sei daher vergleichbar mit dem Erlangen eines Meistertitels im Handwerk. Deshalb könne diese Bildungsmaßnahme nicht als Erststudium gewertet werden. Es handele sich bei dem Studium an der Fachhochschule Koblenz um ein Erststudium im Sinne des Gesetzes.

Sofern der Bildungsgang "Betriebswirt betriebliche Altersvorsorge" mittlerweise bei einer Handelskammer durchgeführt werden könne, sei nicht ersichtlich, mit welchem Abschluss dieser ende.

Nach Tz. 12 des BMF-Schreibens vom 4. November 2005 (BStBl I 2005, 955) komme es nicht auf die Frage an, welche schulischen Abschlüsse oder sonstigen Leistungen den Zugang zum Studium eröffnet hätten.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

I. Der Beklagte hat die geltend gemachten Aufwendungen zu Recht nur als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG berücksichtigt. Einem Abzug bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit steht § 12 Nr. 5 EStG entgegen.

1. Nach § 12 Nr. 5 EStG dürfen Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium nicht bei den einzelnen Einkunftsarten abgezogen werden, wenn sie nicht im Rahmen des Dienstverhältnisses anfallen. Das von dem Kläger durchgeführte berufsbegleitende Studium zum "Betriebswirt für betriebliche Altersversorgung (FH)" ist ein Erststudium im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG.

a) Ein Studium im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG liegt vor, wenn es sich bei der Weiterbildungsmaßnahme um einen Studiengang an einer Hochschule im Sinne des Hochschulrechts handelt (ebenso: Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 20. Dezember 2006 1 K 2670/05, juris; Urteil des FG Baden-Württemberg vom 7. November 2006 1 K 115/06, EFG 2007, 116, Revision eingelegt, Az. des BFH: VI R 79/06; Tz. 12 des BMF-Schreibens vom 4. November 2005, BStBl I 2005, 955). Nach § 1 Hochschulrahmengesetz (HRG) sind Hochschulen im Sinne des Gesetzes die Universitäten, die Pädagogischen Hochschulen, die Kunsthochschulen, die Fachhochschulen und Einrichtungen des Bildungswesens, die nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind. Nach § 70 Abs. 1 HRG können noch weitere Bildungseinrichtungen unter bestimmten Voraussetzungen die Eigenschaft einer staatlich anerkannten Hochschule erhalten.

Ein Studium im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG führt in der Regel zu einem berufsqualifizierenden Abschluss (§ 10 Abs. 1 Satz 1 HRG). Das Studium wird durch eine Hochschulprüfung oder eine staatliche oder kirchliche Prüfung abgeschlossen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 HRG). Nach bestandener Hochschulprüfung kann ein Hochschulgrad verliehen werden. Neben den in §§ 18 Abs. 1, 19 Abs. 1 HRG vorgesehenen Diplom-, Magister-, Bachelor-, Bakkalaureus- oder Mastergraden kann das Landesrecht weitere Grade vorsehen (§ 18 Abs. 2 HRG).

Nach diesen gesetzlichen Voraussetzungen ist der von dem Kläger absolvierte Weiterbildungsstudiengang zum "Betriebswirt für betriebliche Altersversorgung (FH)" ein Studium.

Die Bildungsmaßnahme fand an einer Hochschule im Sinne des Hochschulrechts statt. Nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 des Hochschulgesetzes des Landes Rheinland-Pfalz (HochSchG RP) handelt es sich bei der Fachhochschule Koblenz um eine Fachhochschule des Landes. Der Studiengang führte zu dem berufsqualifizierenden Abschluss eines "Betriebswirt für betriebliche Altersversorgung (FH)". Das Studium wurde durch eine Hochschulprüfung oder eine staatliche oder kirchliche Prüfung abgeschlossen. Dies hat die Fachhochschule auf Nachfrage des Beklagten ausdrücklich in der Bescheinigung vom 24. Mai 2006 bestätigt. Aufgrund der bestandenen Prüfung wurde dem Kläger der Grad des "Betriebswirts für betriebliche Altersversorgung (FH)" verliehen. Dass es sich hierbei nicht um einen in §§ 18, 19 HRG genannten Titel handelt, ist unschädlich, weil das insoweit maßgebliche Landesrecht Besonderheiten für die wissenschaftliche Weiterbildung von Personen mit Berufserfahrung und für Berufstätige vorsieht (vgl. § 35 Abs. 1 HochSchG RP). Nach § 35 Abs. 4 HochSchulG RP sollen die Prüfungsordnungen für diese Weiterbildungsstudiengänge die Verleihung eines Weiterbildungszertifikats vorsehen.

Die gegen diese Beurteilung vorgebrachten Einwände der Kläger greifen nicht durch. Dass ein Zertifikat anstatt eines Diploms verliehen wurde, spricht nicht gegen die Einordnung als Studium, weil ein solches Zertifikat vom Landeshochschulrecht als Abschluss für die wissenschaftlichen Weiterbildungsangebote für Berufstätige vorgesehen ist. Die geringe Regelstudiendauer von nur drei Semestern spricht ebenfalls nicht gegen eine Einordnung als Studium. Entscheidend kann nur die hochschulrechtliche Einordnung als Studiengang und nicht die konkrete inhaltliche Ausgestaltung des Studiums sein. Es gibt keine von der Verkehrsauffassung anerkannte allgemeingültige Ausgestaltung eines Studiengangs. Insbesondere ist hierfür keine bestimmte Mindestanzahl von Semestern erforderlich. In § 11 Satz 1 Nr. 1 HRG ist lediglich eine maximale Regelstudienzeit für Fachhochschulstudiengängen von vier Jahren vorgesehen. Auch eine Lehrstoffvermittlung im klassischen Lehrbetrieb ist für die Einordnung der Bildungsmaßnahme als Studium nicht erforderlich. Das Fernstudium ist in § 13 Abs. 1 HRG ausdrücklich vorgesehen. Deshalb ist auch die Unterteilung des hier zu beurteilenden Studiums in Präsenz- und Selbststudiumphasen für die Einordnung unerheblich. Würden die von den Klägern angeführten (inhaltlichen) Merkmale zur Abgrenzung eines Studiums von anderen Bildungsmaßnahmen herangezogen werden, würden unabsehbare Abgrenzungsschwierigkeiten entstehen, weil die Formen wissenschaftlicher Weiterbildung permanent an die Bedürfnisse der Gesellschaft angepasst werden. Neben dem "klassischen" Studium unmittelbar nach Erlangung der Hochschulreife werden immer wieder neue Studiengänge entwickelt, um den Erfordernissen einer modernen Bildungsgesellschaft gerecht zu werden (vgl. § 8 HRG). Derartige Abgrenzungsschwierigkeiten werden bei einer Abgrenzung nach Maßgabe des Hochschulrechts verhindert.

Auch die Fachhochschule ging davon aus, dass es sich bei der von dem Kläger besuchten Bildungsmaßnahme um einen Weiterbildungsstudiengang handele. In der Präambel der Prüfungsordnung ist ausgeführt, dass die Ordnung für "den Studiengang Betriebliche Altersversorgung an der Fachhochschule Koblenz" gilt. In § 1 Satz 1 der Prüfungsordnung ist von dem "Weiterbildungsstudiengang Betriebliche Altersversorgung" die Rede. In § 2 der Prüfungsordnung wird die "Studienzeit" des "Weiterbildungsstudiums" festgelegt. Nach § 16 Abs. 3 wird zur Prüfung nur zugelassen, wer in dem Weiterbildungsstudiengang eingeschrieben ist. Auch in § 15 Abs. 1, 17 Abs. 3 und in der Anlage zu der Prüfungsordung wird von einem Weiterbildungsstudium ausgegangen. Die Fachhochschule hat außerdem mit ihren Bescheinigungen vom 24. Mai 2006 und vom 7. September 2006 bestätigt, dass es sich bei der Bildungsmaßnahme um ein Studium handelte. Des Weiteren ist in dem verliehenen Zertifikat von einem "Weiterbildungsstudiengang" die Rede. Auch das von den Klägern eingereichte Informationsblatt der C AG spricht von einem "weiterbildenden Studium". Ausdrücklich wird in dem Informationsblatt hervorgehoben, dass erstmals von Seiten der Hochschulen ein adäquates Weiterbildungsangebot geschaffen worden sei.

Dass nach dem Vortrag der Kläger eine vergleichbare Weiterbildungsmaßnahme nunmehr auch durch Handelskammern angeboten wird, ändert an der vorgenommenen Einordnung nichts. Zum einen ist der Vortrag des Klägers ausgesprochen vage. Es wird weder dargelegt, an welcher Handelskammer eine solche Weiterbildung möglich sein soll, noch wurde zu der inhaltlichen Ausgestaltung und dem verliehenen Abschluss vorgetragen. Selbst wenn eine entsprechende Weiterbildungsmöglichkeit nunmehr existieren sollte, ändert dies jedenfalls nichts daran, dass der Kläger die Weiterbildung an einer Hochschule im Rahmen eines Studiengangs absolviert hat.

b) Die vom Kläger absolvierte Weiterbildungsmaßnahme zum "Betriebswirt für betriebliche Altersversorgung (FH)" ist nicht nur ein Studium, sondern auch ein "Erststudium" im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG.

Der Begriff des "Erststudiums" in § 12 Nr. 5 EStG erfasst nicht nur Studiengänge, die zum Erwerb einer erstmaligen beruflichen Qualifikation absolviert werden. Erstmalig ist ein Studium schon dann, wenn ihm kein anderes durch einen berufsqualifizierenden Abschluss beendetes Studium vorangegangen ist (Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 20. Dezember 2006 1 K 2670/05, juris; Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 7. November 2006 8 K 353/06, juris; Tz. 12 des BMF-Schreibens vom 4. November 2005, BStBl I 2005, 955). Deshalb fallen auch berufsbegleitende Studien nach Abschluss einer früheren Berufsausbildung unter den Begriff.

In der Gesetzesbegründung wird dazu ausgeführt, dass jedes erstmalige Studium unabhängig von vorangegangenen Berufsausbildungen im Wege des Sonderausgabenabzugs bis zu einem Betrag von 4.000 EUR steuerlich wirksam werden soll. Begründet wird diese Einschränkung damit, dass ein Erststudium eine neue berufliche, soziale und wirtschaftliche Stellung eröffne und dass die dafür getätigten Aufwendungen typisierend den Lebensführungskosten zugerechnet werden (BT-Drucks. 15/3339 S. 10).

Die Literatur ist angesichts des erkennbaren gesetzgeberischen Willens einhellig der Auffassung, dass § 12 Nr. 5 EStG auch ein berufsbegleitendes Studium erfasst (Drenseck in L. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 25. Auflage, § 12 Rz. 59; Lindberg in: Frotscher, EStG, § 10 Rz. 136; Kurzeja in: Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 12 Rz. 234; Fischer in: Kirchhof, EStG - Kompaktkommentar, 6. Auflage, § 10 Rz. 28 und 30; Loschelder in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG - KStG, Jahresband 2003 - 2006, § 12 Rz. J 04-9; Rundshagen in: Korn, Einkommensteuergesetz, § 12 Rz. 68 und 69; Jochum, DStZ 2005, 260, 264; Drenseck, DStR 2004, 1766 (1770)). Die Finanzverwaltung vertritt in Tz. 12 ff. des BMF-Schreibens vom 4. November 2005 (BStBl I 2005, 955) ebenfalls diese Auffassung.

Das Gericht schließt sich dieser Auffassung an. Auch ein berufsbegleitendes Studium nach einer schon abgeschlossenen nichtakademischen Berufsausbildung ist von § 12 Nr. 5 EStG erfasst. § 12 Nr. 5 EStG ist danach wörtlich zu verstehen: Die Vorschrift erfasst Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium (Jochum, DStZ 2005, 260, 264). Erststudium ist dabei jedes Studium, dem kein anderes abgeschlossenes Studium vorausgegangen ist, also ein "erstes" Studium.

Damit bezieht sich das Gesetz auf die jahrzehntelange Rechtsprechung des BFH zum Erststudium (vgl. BFH-Urteil vom 16. März 1967 IV R 266/66 BStBl III 1967, 723; BFH-Urteil vom 28. September 1984 VI R 44/83, BStBl II 1985, 94; BFH-Urteil vom 26. April 1989 VI R 95/85, BStBl II 1989, 616; BFH-Urteil vom 17. April 1996 VI R 94/94, BStBl II 1996, 450 m.w.N.). Diese Rechtsprechung ordnete das Erststudium stets den Berufsausbildungskosten und damit der privaten Lebensführung zu. Dies galt unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige direkt im Anschluss nach der Schulausbildung oder erst nach langer Berufstätigkeit berufsbegleitend studierte, weil ein erstmaliges Hochschulstudium nach Auffassung der Rechtsprechung stets eine höherrangige berufliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellung eröffnete (zusammenfassend: Stöcker, NJW 2004, 249 (250)). Der BFH sah auch keinen Raum für differenzierende Lösungen, weil es an sachgerechten und brauchbaren Unterscheidungskriterien fehle (BFH-Urteil vom 17. April 1996 VI R 94/94, BStBl II 1996, 450).

Die vom Senat vertretene Auslegung des Gesetzeswortlauts vermeidet schwierige Abgrenzungsprobleme, die entstehen würden, wenn man die Aufwendungen für ein berufsbegleitendes Studium zum Abzug zulassen würde, weil mit einem solchen Studium keine erstmalige berufliche Qualifikation erlangt, sondern eine Fortbildung in einem schon erlernten Beruf angestrebt wird. In allen Fällen, in denen zunächst eine Ausbildung absolviert und anschließend ein Studium begonnen wird, würde sich die Frage stellen, ob das Studium der Vertiefung der erlangten beruflichen Kenntnisse dient oder ob mit dem Studium ein neuer Beruf angestrebt wird. Der Gesetzgeber wollte diese Abgrenzungsproblematik bewusst dadurch verhindern, dass er im Anschluss an die frühere Rechtsprechung typisierend jedes erstmalige Studium - unabhängig von den schon erworbenen beruflichen Vorkenntnissen - als Aufwendungen der allgemeinen Lebensführung qualifizierte. Entgegen der Auffassung der Kläger gilt dies nicht nur, wenn das Studium im konkreten Fall eine neue berufliche, soziale und wirtschaftliche Stellung eröffnet hat. Die von den Klägern zitierte Textstelle der Gesetzesbegründung dient vielmehr als Begründung dafür, pauschalierend jedes erstmalige Studium dem Abzugsverbot zu unterwerfen.

Deshalb kommt es nicht darauf an, dass das konkret absolvierte Studium ein Weiterbildungsstudiengang war, der Berufspaxis voraussetzte. Maßgebend ist vielmehr, dass der Kläger vorher noch kein Studium absolviert hatte und es sich daher um ein "Erststudium" im Wortsinn handelte. Insoweit können die Kläger nicht mit dem Einwand durchdringen, dass der Kläger in den Jahren 1991 bis 1993 eine Weiterbildung zum Versicherungsfachwirt bei der IHK B absolviert hat. Hierbei handelte es sich nicht um ein Studium an einer Hochschule. Dies gilt unabhängig davon, dass die Weiterbildung zum Versicherungsfachwirt in dem vorgelegten Informationsmaterial als "Studium zum Versicherungsfachwirt/-in (IHK)" bezeichnet wird.

Der von dem Kläger absolvierte Weiterbildungsstudiengang zum "Betriebswirt für betriebliche Altersversorgung (FH)" kann auch nicht als postgradualer Studiengang im Sinne des § 12 HRG eingeordnet werden (vgl. dazu Tz. 22 des BMF-Schreibens vom 4. November 2005, BStBl I 2005, 955). Denn derartige Zusatz-, Ergänzungs- und Aufbaustudiengänge setzen ein abgeschlossenes Hochschulstudium voraus, welches bei dem Kläger gerade fehlt. Zwar lassen die Zulassungsvoraussetzungen in § 6 der Prüfungsordnung gewisse Ähnlichkeiten mit postgradualen Studiengängen erkennen. Dennoch handelte es sich für den Kläger um ein erstmaliges Studium.

Der Kläger kann sich auch nicht auf die frühere Rechtsprechung des BFH zu den Studien ohne Verleihung eines akademischen Grads berufen (vgl. BFH-Urteil vom 4. Juli 1975 VI R 43/71, BStBl II 1975, 645; BFH-Urteil vom 16. August 1979, VI R 14/77, BStBl II 1979, 675; BFH-Urteil vom 23. August 1979 VI R 87/78, BStBl II 1979, 773). Den damals entschiedenen Sachverhalten war gemein, dass der Steuerpflichtige nicht an einer Hochschule im Sinne des Hochschulrechts sondern an einer privaten Einrichtung studierte. Außerdem wurde dem Kläger - anders als den damaligen Steuerpflichtigen - der akademische Grad des "Betriebswirt für betriebliche Altersversorgung (FH)" verliehen.

c) Auch der Ausnahmetatbestand des § 12 Nr. 5 EStG ("im Rahmen eines Dienstverhältnisses") ist nicht einschlägig. Es liegt kein sog. Ausbildungsdienstverhältnis vor, bei dem Gegenstand des Dienstverhältnisses die Verpflichtung ist, sich ausbilden zu lassen (vgl. nur Drenseck in L. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 25. Auflage, § 12 Rz. 60).

2. § 12 Nr. 5 EStG ist auch verfassungsgemäß.

a) Die Vorschrift des § 12 Nr. 5 EStG ist nicht wegen eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in der Ausprägung des Leistungsfähigkeitsprinzips verfassungswidrig.

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Für den Bereich des Steuerrechts wird die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers durch die erforderliche Beachtung des Leistungsfähigkeitsprinzips und durch das Gebot der Folgerichtigkeit begrenzt. Das Leistungsfähigkeitsprinzip gebietet, dass Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch besteuert werden (horizontale Steuergerechtigkeit), während die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedriger Einkommen angemessen sein muss (vertikale Steuergerechtigkeit) (BVerfG-Beschluss vom 29. Mai 1990 1 BvL 20, 26, 184 und 4/86, BVerfGE 82, 60 (89); BVerfG-Beschluss vom 10. November 1998 2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246 (260)). Das Gebot der Folgerichtigkeit besagt, dass eine einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden muss (BVerfG-Beschluss vom 30. September 1998 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88 (95); BVerfG-Beschluss vom 29. Oktober 1999 2 BvR 1264/90 BVerfGE 101, 132 (138)).

Im Einkommensteuerrecht ist aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip das objektive und subjektive Nettoprinzip entwickelt worden. Danach unterliegt der Einkommensteuer grundsätzlich nur das Nettoeinkommen, nämlich der Saldo aus den Erwerbseinnahmen und den Erwerbsaufwendungen (objektives Nettoprinzip) sowie nach Abzug der existenzsichernden Aufwendungen (subjektives Nettoprinzip). Ob das objektive Nettoprinzip verfassungsrechtlich geboten ist, ist in der Rechsprechung des BVerfG noch nicht geklärt. Der Gesetzgeber ist aber jedenfalls befugt, das objektive Nettoprinzip bei Vorliegen gewichtiger Gründe zu durchbrechen. Er darf sich auch generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 23. Januar 1990, 1 BvL 4-7/87, BVerfGE 81, 228 (237)). Ausnahmen von der folgerichtigen Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung bedürfen aber eines besonderen, sachlich rechtfertigenden Grundes (BVerfG-Beschluss vom 11. November 1998 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280 (290, 295)).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze stellt die in §§ 12 Nr. 5, 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG angelegte Unterscheidung zwischen Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung und das Erststudium einerseits und sonstigen Fortbildungskosten andererseits eine verfassungsrechtlich zulässige Typisierung dar (ebenso: Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 20. Dezember 2006 1 K 2670/05, juris; im Ergebnis auch: Urteil des FG Baden-Württemberg vom 7. November 2006 1 K 115/06, EFG 2007, 116, Revision eingelegt, Az. des BFH: VI R 79/06; Fischer in: Kirchhof, EStG - Kompaktkommentar, 6. Auflage, § 10 Rz. 28 und 30; anderer Ansicht: Drenseck, DStR 2004, 1766 (1771); Schulenburg, DStZ 2007, 183; Müller-Franken, DStZ 2007, 59). Die generalisierende Beurteilung des Erststudiums als Grundlage für eine neue berufliche, soziale und wirtschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen bewegt sich innerhalb des gesetzgeberischen Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums. Die gesetzliche Regelung stellt lediglich die Rechtslage auf Grund der früheren jahrzehntelangen BFH-Rechtsprechung wieder her. Nur eine typisierende Betrachtungsweise mit einfach handhabbaren Abgrenzungskriterien ermöglicht einen gleichmäßigen Gesetzesvollzug für diese sehr häufig auftretenden Sachverhalte. Gerade für die Ordnung von Massenerscheinungen darf sich der Gesetzgeber generalisierender und typisierender Regelungen bedienen (BVerfG-Beschluss vom 23. Januar 1990, 1 BvL 4-7/87, BVerfGE 81, 228 (237)). Eine Unterscheidung zwischen Erststudiengängen, die der Erlangung einer erstmaligen beruflichen Qualifikation dienen, und Erststudiengängen, die eine Fortbildung in einem schon erlernten und auch später wieder ausgeübten Beruf zum Ziel haben, würde zu den bereits dargestellten vielfältigen Abgrenzungsproblemen führen. Eine solche Differenzierung wäre für den gleichmäßigen Gesetzesvollzug ungeeignet. Diese Sichtweise ist von dem BVerfG auch bereits ausdrücklich bestätigt worden (BVerfG-Beschluss vom 8. Juli 1993, 2 BvR 773/93, NJW 1994, 847: "verfassungsrechtlich zulässige typisierende Differenzierung"). Der Vorwurf, dass jedem berufsbegleitenden Erststudium eine Berufsausbildung vorausgegangen sei, so dass es sich um eine Zweitausbildung handele (so Drenseck in: L. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 26. Auflage, § 12 Rz. 59; ders. in DStR 2004, 1766 (1771)) lässt die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers unberücksichtigt. Dies gilt umso mehr, als die Einordnung des berufsbegleitenden Studiums als Erststudium nicht zu einer vollständigen Versagung der Aufwendungen führt. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG wird auch in diesem Falle ein Abzug in Höhe von maximal 4.000 EUR ermöglicht. Dadurch werden die Rechtsfolgen der typisierenden Entscheidung des Gesetzgebers durch eine gegenläufige gesetzliche Anpassung abgemildert (ähnlich: BFH-Urteil vom 24. Februar 2000 III R 59/98, BStBl II 2000, 273 zur Abmilderung der verfassungsrechtlichen Problematik des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG durch die sog. Escape-Klausel in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG).

b) Die Einfügung des § 12 Nr. 5 EStG mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2004 verstößt auch nicht gegen das verfassungsrechtliche Verbot, rückwirkende Gesetze zu erlassen. § 12 Nr. 5 EStG wurde durch das Gesetz zur Änderung der AO und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 (BGBl. I 1753) in das Gesetz eingefügt. Die Regelung trat ab dem 1. Januar 2004 in Kraft. Es handelt sich um eine sog. unechte Rückwirkung, die im konkreten Fall verfassungsrechtlich zulässig ist.

Die ständige Rechtsprechung des BVerfG unterscheidet zwischen echter Rückwirkung bzw. Rückbewirkung von Rechtsfolgen und unechter Rückwirkung bzw. tatbestandlicher Rückanknüpfung. Eine echte Rückwirkung ist gegeben, wenn das Gesetz nachträglich in belastender Weise in einen abgewickelten, der Vergangenheit angehörenden Tatbestand eingreift (Beschluss des BVerfG vom 31. Mai 1960 2 BvL 4/59, BVerfGE 11, 139 (145 f.); Urteil des BVerfG vom 19. Dezember 1961 2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261 (271); Beschluss des BVerfG vom 3. Dezember 1997 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67 (78)). Eine solche echte Rückwirkung ist nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich unzulässig, außer sie ist ausnahmsweise durch zwingende Gründen des Gemeinwohls geboten. Eine unechte Rückwirkung ist dagegen gegeben, wenn zwar die Rechtsfolgen des Gesetzes erst nach der Verkündung der Norm eintreten, aber der Tatbestand gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte erfasst, die auch schon vor der Verkündung bereits ins Werk gesetzt worden sein können (Beschluss des BVerfG vom 15. Mai 1995 2 BvL 19/91, 2 BvR 1206/91, 2 BvR 1584/91, 2 BvR 2601/93, BVerfGE 92, 277 (344); Beschluss des BVerfG vom 3. Dezember 1997 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67 (79)). Auch bei einer unechten Rückwirkung bedarf es grundsätzlich einer besonderen Rechtfertigung.

Hier liegt eine unechte Rückwirkung vor. Maßgeblich ist insoweit nach ständiger Rechtsprechung, dass die Einkommensteuer gemäß § 36 Abs. 1 EStG erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums - hier also mit Ablauf des 31. Dezember 2004 - entsteht (vgl. Beschluss des BVerfG vom 14. Mai 1986 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, BFH-Urteil vom 25. Juni 1992 IV R 9/92, BStBl II 1992, 702; BFH-Beschluss vom 27. August 2002 XI B 94/02, BStBl II 2003, 18). Das Gesetz zur Änderung der AO und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 ist vor diesem Zeitpunkt verkündet worden.

Allerdings hat der Gesetzgeber mit dem Erlass des § 12 Nr. 5 EStG an einen teilweise bereits verwirklichten Tatbestand - die schon entstandenen Aufwendungen für das berufsbegleitende Studium - im Nachhinein ungünstigere Folgen geknüpft. Dadurch wird der Bürger in seinem Vertrauen auf die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als eine der Grundbedingungen der freiheitlichen Verfassung enttäuscht. Der Gesetzgeber ist aber durch die Verfassung nicht grundsätzlich daran gehindert, die steuerrechtlichen Folgen eines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens für die Zukunft zu verschärfen und auf veränderte soziale Gegebenheiten mit einer Änderung der Normen zu reagieren. Die von dem Gesetzgeber zu beachtenden Grenzen ergeben sich aus der in jedem Einzelfall vorzunehmenden Abwägung zwischen dem Ausmaß des durch die Gesetzesänderung verursachten Vertrauensschadens und der Beeinträchtigung der geschützten Grundrechtspositionen des Einzelnen auf der einen Seite und der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Gemeinwohl auf der anderen Seite (Beschluss des BVerfG vom 14. Mai 1986 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200 (254); Beschluss des BVerfG vom 5. Februar 2002 2 BvR 305/93, 2 BvR 348/93, BVerfGE 105, 17 (36 f.); BFH-Beschluss vom 6. November 2002 XI R 42/01, BStBl II 2003, 257).

Im vorliegenden Fall ist die Rückwirkung bei Abwägung der Gesamtumstände sachlich gerechtfertigt. Der Gesetzgeber sah sich im Zeitpunkt des Erlasses des § 12 Nr. 5 EStG mit einer tiefgreifend neuen Rechtsprechung des BFH zu den Ausbildungskosten konfrontiert, die in der Literatur schon als "Dammbruch" bezeichnet wurde (Stöcker, NJW 2004, 249). Ausgehend von den Grundsatzentscheidungenvom 4. Dezember 2002 (VI R 120/01, BStBl II 2003, 403 - Umschulung) undvom 17. Dezember 2002 (VI R 137/01, BStBl II 2003, 407 - berufsbegleitendes Erststudium) erkannte der BFH vorab entstandene Werbungskosten bei einer hinreichenden beruflichen Veranlassung sowohl bei einer erstmaligen Berufsausbildung (z.B. BFH-Urteil vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BStBl II 2004, 884 - Pilotenausbildung) als auch bei einem erstmaligen Studium (BFH-Urteil vom 20. Juli 2006 VI R 26/05, BStBl II 2006, 764; BFH-Urteil vom 26. Juli 2006 VI R 63/05, BFH/NV 2006, 2250; vgl. auch schon BFH-Urteil vom 22. Juli 2003 VI R 50/02, BStBl II 2004, 889) an. Angesichts der befürchteten Belastungen für den Haushalt (nach BT-Drucks. 15/3339, S. 2: mittel- bis langfristig 1,5 Mrd. EUR) sah sich der Gesetzgeber zum Handeln gezwungen, um die ursprüngliche Rechtslage - zumindest teilweise - wiederherzustellen. Die zeitnahe Reaktion auf eine von der Rechtsprechung vollzogene und vom Gesetzgeber nicht gewollte Rechtsprechungsänderung, dient wichtigen Gemeinwohlbelangen. Denn es ist Sache des demokratisch legitimierten Gesetzgebers die rechtlichen Rahmenbedingungen nach seinem Gestaltungswillen im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben festzulegen. Demgegenüber besteht auf der Seite des Klägers bei Abwägung der Gesamtumstände kein verstärkt schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass der Kläger Dispositionen im Hinblick auf die steuerrechtliche Rechtslage getroffen hat. Der Kläger hat nicht studiert, weil ihm die steuerrechtliche Abzugsmöglichkeit eröffnet wurde, sondern weil er sich weiterbilden wollte. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass zeitgleich mit der Einführung des § 12 Nr. 5 EStG die Abzugsmöglichkeit nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG erheblich erhöht worden ist. Dadurch werden die belastenden Rechtsfolgen des § 12 Nr. 5 EStG teilweise kompensiert. Schließlich ist bei der Bewertung des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen, dass die von dem Kläger geltend gemachten Aufwendungen bis zur Änderung der Rechtsprechung im Jahr 2002 nicht abzugsfähig gewesen wären. Dementsprechend ist das zu bewertende enttäuschte Vertrauen auf Seiten des Klägers nicht so hoch zu bewerten, wie die Handlungsnotwendigkeit für den Gesetzgeber (ebenso: Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 20. Dezember 2006 1 K 2670/05, juris; ähnlich: Urteil des FG Baden-Württemberg vom 7. November 2006 1 K 115/06, EFG 2007, 116, Revision eingelegt, Az. des BFH: VI R 79/06; vgl. auch Kurzeja in: Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 12 Rz. 242 f.; anderer Ansicht: Drenseck, DStR 2004, 1766 (1771); Drenseck in L. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 25. Auflage, § 12 Rz. 57).

Die Aufwendungen können daher nur in Höhe von 4.000 EUR als Sonderausgaben anerkannt werden.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

III. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Ende der Entscheidung

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