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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 22.06.2006
Aktenzeichen: 14 K 30/03
Rechtsgebiete: EigZulG


Vorschriften:

EigZulG § 5
EigZulG § 11 Abs. 4 und Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Streitig ist, ob ein Eigenheimzulagenbescheid gem. § 11 Abs. 4 Eigenheimzulagengesetz (EigZuG) aufgehoben werden durfte unter Berücksichtigung des Umstandes, dass Angaben zur Einkunftsgrenze unter Verwendung eines veralteten Antragsformulars gemacht worden waren.

Die Kläger sind Eheleute und wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Vermietung und Verpachtung sowie aus selbständiger Arbeit. Der Gesamtbetrag ihrer Einkünfte in dem Kalenderjahr 1999 belief sich lt. der Ermittlung in dem Einkommensteuerbescheid vom 11. Dezember 2000 auf 165.401 DM. Durch Erbauseinandersetzungsvertrag vom 6. Mai 2000 erwarben die Kläger das Hausgrundstück X-Stadt, Y-Str. Für dieses Objekt, das sie seit Oktober 2000 selbst bewohnten, beantragten die Kläger am 23. Februar 2001 die Gewährung von Eigenheimzulage ab dem Jahr 2000. Unter der Rubrik "Einkunftsgrenze" des verwendeten Antragsformulars kreuzten sie die folgende Erklärung an: "Der Gesamtbetrag der Einkünfte des Jahres, für das erstmals dieser Antrag gestellt wird, wird zusammen mit dem Gesamtbetrag der Einkünfte des vorangegangenen Jahres 240.000 DM, bei Ehegatten 480.000 DM voraussichtlich nicht übersteigen."

Das beklagte Finanzamt (FA) setzte mit Bescheid vom 14. Juni 2001 antragsgemäß Eigenheimzulage in Höhe der Grundzulage von 2.500 DM jährlich ab dem Jahr 2000 bis zum Jahr 2007 fest.

Die Kläger gaben ihre Einkommensteuererklärung für das Jahr 2000 nachfolgend im November 2001 ab. Im erklärungsgemäß ergangenen Einkommensteuerbescheid 2000 vom 13. Juni 2002 berücksichtigte das FA einen Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von 165.317 DM.

Mit gem. § 11 Abs. 4 Eigenheimzulagegesetz (EigZulG) geänderten Bescheid vom 11. Oktober 2002 hob der FA anschließend die Eigenheimzulagefestsetzung ab dem Jahr 2000 auf und setzte Eigenheimzulage für jedes Jahr des Begünstigungszeitraumes in Höhe von 0 DM fest. Die bisher für die Jahre 2000, 2001 und 2002 ausbezahlten Beträge wurden zurückgefordert. Begründet wurde die Aufhebung damit, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte des Antragsjahres 2000 zuzüglich des Vorjahres 1999 die maßgebliche Einkunftsgrenze von 320.000 DM gem. § 5 EigZulG überstiegen habe. Gegen den Aufhebungsbescheid legten die Kläger Einspruch ein, der jedoch erfolglos blieb.

Mit ihrer Klage wehren sich die Kläger weiterhin gegen die Aufhebung der Eigenheimzulagefestsetzung. Sie sind der Auffassung, dass die von dem FA angewandte Änderungsnorm des § 11 Abs. 4 EigZulG unzutreffend sei. Der Bewilligungsbescheid sei ein materiell fehlerhafter Bescheid gewesen, so dass die Vorschrift des § 11 Abs. 5 EigZulG Anwendung finde. Die Regelung des § 11 Abs. 4 EigZulG verdränge nicht die Vorschrift des § 11 Abs. 5 EigZulG. Der den Klägern übersandte Vordruck habe im Hinblick auf die Einkunftsgrenze der alten und nicht mehr gültigen Rechtslage entsprochen. Es habe sich also um ein falsches Antragsformular gehandelt. Diesen Antrag hätten die Kläger ordnungsgemäß ausgefüllt. Sie hätten zutreffend angekreuzt, dass ihr Gesamtbetrag der Einkünfte den Betrag von 480.000 DM voraussichtlich nicht übersteigen werde. Das übersandte Antragsformular sei Grundlage für die Entscheidung des FA gewesen, Eigenheimzulage zu gewähren. Hierin liege der materielle Fehler des Bescheides vom 14. Juni 2001. Hätte das FA den Fehler bemerkt, hätte es ein aktuelles Antragsformular zur erneuten Antragstellung übersandt. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Auf Grund des veralteten Antragsformulars sei das FA von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Der Gesamtbetrag der Einkünfte der Kläger liege seit mehreren Jahren in ungefähr gleichen Größenordnungen. Der Gesamtbetrag habe für 1998 z. B. 164.601 DM betragen. Dies sei dem FA im Zeitpunkt der Entscheidung über die Eigenheimzulage auch bekannt gewesen. Der FA hätte schon bei der Antragsbearbeitung ohne weiteres feststellen können, dass allein aufgrund der Veranlagungen der vergangenen Jahre die nunmehr gültigen Einkunftsgrenzen für die Gewährung der Eigenheimzulage überschritten worden seien. Die Einkommensentwicklung sei absehbar gewesen, wie es sich an Hand der Vorjahre zeige. Im Übrigen hätten die Kläger bei Kenntnis der zutreffenden Einkunftsgrenzen Gestaltungsmöglichkeiten ausgeübt, sie hätten Aufwendungen für Vermietungsobjekte vorziehen können, so dass die Einkunftsgrenzen nicht überschritten worden wären. Demnach sei § 11 Abs. 5 EigZulG anwendbar. Danach könne die Eigenheimzulage für die Jahre 2000 und 2001 nicht neu festgesetzt werden. Auch eine Neufestsetzung für das Jahr 2002 sei nicht möglich. Denn insofern genössen die Kläger Vertrauensschutz. Die Eigenheimzulage für das Jahr 2002 sei im März 2002 an die Kläger ausgezahlt worden. Hierbei hätten die Kläger darauf vertraut, dass der Bescheid vom Juni des vorausgegangenen Jahres auch weiterhin Bestand haben würde, so dass sie die Mittel für ihr Eigenheim verwendeten. Erst mit Bescheid vom 11. Oktober 2002 sei die Eigenheimzulage für das laufende Jahr auf 0 DM festgesetzt und der bereits ausgezahlte Betrag zurückgefordert worden.

Mit Bescheid vom 1. Dezember 2005 hat das FA den angefochtenen Aufhebungsbescheid abgeändert und Eigenheimzulage für die Jahre 2004 bis 2007 in Höhe von 2.500 DM jährlich festgesetzt. Die Summe der Gesamtbeträge der Einkünfte der Kläger in den Jahren 2003 und 2004 ist unter die relevante Einkunftsgrenze gesunken.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

den Bescheid des Beklagten vom 11. Oktober 2002 in der Form des Einspruchsbescheides vom 12. Dezember 2002 und des Änderungsbescheides vom 1. Dezember 2005 dahingehend zu ändern, dass die Eigenheimzulage auch für die Jahre 2000 bis 2003 gewährt wird,

hilfsweise für den Fall der Klageabweisung, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung trägt das FA vor, dass der nach § 11 Abs. 4 EigZulG geänderte Bescheid rechtmäßig sei. Für alle nach dem 31. Dezember 1999 abgeschlossenen Verträge betrage die Einkunftsgrenze gem. § 5 EigZulG im maßgebenden Zwei-Jahreszeitraum 320.000 DM. Nach § 11 Abs. 4 EigZulG sei der Bescheid über die Eigenheimzulage aufzuheben oder zu ändern, wenn nachträglich bekannt werde, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte in den maßgebenden Jahren insgesamt die Einkunftsgrenze überschreite. Der Gesamtbetrag der Einkünfte der Jahre 1999 und 2000 liege über dem entscheidenden Betrag von 320.000 DM. Das Überschreiten der Einkunftsgrenze sei dem Finanzamt nachträglich, nämlich nach dem Erlass des ursprünglichen Bescheides bekannt geworden, da der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 erst am 13. Juni 2002 ergangen sei. Erst aufgrund dieses Einkommensteuerbescheides habe mit verbindlicher Wirkung festgestanden, dass eine Bewilligungsberechtigung nicht bestehe. Dem stünde nicht entgegen, dass die Finanzverwaltung es unterlassen habe, bei der Stellung des Antrags auf Gewährung der Eigenheimzulage einen aktuellen Einkommensnachweis anzufordern. Bei der Beantragung der Eigenheimzulage erfolge vielfach im Interesse vornehmlich der Kläger die Prüfung der Einkunftsgrenze am Maßstab der überwiegenden Wahrscheinlichkeit. Dem entspreche es, dass der Finanzverwaltung durch den Gesetzgeber in § 11 Abs. 4 EigZulG eine erweiterte Korrekturmöglichkeit für den Fall eingeräumt worden sei, dass sich diese Prognose im nachhinein als unrichtig erweise. Bezogen auf den Streitfall bedeute dies, dass kein einer Aufhebung entgegenstehender Ermittlungsfehler vorliege. Die Finanzverwaltung habe im Sinne des Antrages entschieden und dabei die endgültige Feststellung des Überschreitens der Einkunftsgrenze von der Abgabe der Einkommensteuererklärung 2000 und der darauf beruhenden Ermittlung der entsprechenden Einkünfte abhängig machen können. Dass den Klägern ein überholtes Antragsformular überlassen worden sei, müsse sich das Finanzamt nicht anlasten lassen. Einer Prüfung des § 11 Abs. 5 EigZulG bedürfe es mithin nicht.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf eine mündliche Verhandlung vor dem Senat verzichtet.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Zu Recht hob das FA die Eigenheimzulagefestsetzungen für die Jahre 2000 bis 2003 auf. Die Voraussetzungen einer Änderung gem. § 11 Abs. 4 EigZulG sind gegeben.

1. Mit Erlass des Änderungsbescheides vom 1. Dezember 2005 ist dieser gem. § 68 Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Indem das FA im Laufe des Klageverfahrens mit dem Änderungsbescheid ab dem Jahre 2004 Eigenheimzulage festgesetzt hat, hat es den zunächst angefochtenen Aufhebungsbescheid teilweise ersetzt i.S.v. § 68 FGO. Die Regelungswirkung des zunächst angefochtenen Aufhebungsbescheides umfasste den gesamten Förderzeitraum, die Jahre 2000 bis 2007. Dies ergibt sich aus dem Inhalt des Bescheides, der ausdrücklich jedes Jahr des Förderzeitraumes benannt hat und jeweils die Festsetzung von Eigenheimzulage in Höhe von 0 DM enthielt (vgl. zum Regelungsinhalt eines Bescheides über die Festsetzung von Eigenheimzulage: BFH-Beschluss vom 1. Dezember 2005 IX B 146/05, BFH/NV 2006, 924).

2. Gem. §§ 1 ff EigZulG haben unbeschränkt Steuerpflichtige bei der Herstellung oder Anschaffung selbstgenutzten Wohnungseigentums für einen Förderzeitraum von acht Jahren Anspruch auf eine Eigenheimzulage. Diese Förderung ist gemäß § 5 EigZulG auf Antragsteller mit Einkünften unterhalb einer Einkunftsgrenze begrenzt. Gemäß § 5 EigZulG der im Streitjahr geltenden Fassung kann für alle nach dem 31. Dezember 1999 abgeschlossenen Verträge (vgl. § 19 Abs. 3 EigZulG) der nach §§ 1 ff EigZulG Anspruchsberechtigte die Eigenheimzulage ab dem Jahr in Anspruch nehmen (Erstjahr), in dem der Gesamtbetrag der Einkünfte nach § 2 Abs. 3 EStG des Erstjahrs zuzüglich des Gesamtbetrags der Einkünfte des vorangegangenen Jahres (Vorjahr) 160.000 DM nicht übersteigt. Bei Ehegatten, die im Erstjahr nach § 26 b des Einkommensteuergesetzes zusammen veranlagt werden oder die nicht zur Einkommensteuer veranlagt werden und die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG erfüllen, tritt an die Stelle des Betrags von 160.000 DM der Betrag von 320.000 DM. Die Einkunftsgrenze betrug für alle vor dem 1. Januar 2000 angeschafften Objekte allerdings noch 240.000 DM bzw. 480.000 DM. Die Neufestlegung der Einkunftsgrenze erfolgte durch Gesetz zur Änderung des Wohngeldgesetzes und anderer Gesetze vom 22. Dezember 1999, BGBL I 1999, 2671, BStBl I 2000, 311.

Gemäß § 11 Abs. 4 EigZulG ist der Bescheid über die Eigenheimzulage aufzuheben oder zu ändern, wenn nachträglich bekannt wird, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte in den nach § 5 EigZulG maßgebenden Jahren insgesamt die Einkunftsgrenze über- oder unterschreitet. Gem. § 11 Abs. 5 Satz 1 EigZulG können materielle Fehler der letzten Festsetzung durch Neufestsetzung oder Aufhebung der Festsetzung beseitigt werden. Neu festgesetzt wird mit Wirkung ab dem Kalenderjahr, in dem der Fehler dem Finanzamt bekannt wird, bei einer Aufhebung oder einer Neufestsetzung zuungunsten des Anspruchsberechtigten jedoch frühestens mit Wirkung ab dem Kalenderjahr, in dem das Finanzamt aufhebt oder neu festsetzt.

3. Zu Recht hob das FA den ursprünglichen Bewilligungsbescheid gem. § 11 Abs. 4 EigZulG für die Streitjahre 2000 bis 2003 auf. Unstreitig hatten die Kläger die Einkunftsgrenze des § 5 Satz 1 EigZulG überschritten. Der Gesamtbetrag der Einkünfte der Jahre 1999 und 2000 liegt in der Zusammenrechnung über dem maßgeblichen Betrag von 320.000 DM und zwar bei 330.718 DM.

a) Es sind die Voraussetzungen einer Änderung gem. § 11 Abs. 4 EigZulG gegeben, § 11 Abs. 5 EigZulG findet - anders als die Kläger meinen - keine Anwendung.

Das Überschreiten der Einkunftsgrenze ist dem FA nachträglich, nämlich nach dem Erlass des ursprünglichen Bescheides bekannt geworden. Nachträglich bekannt werden Tatsachen i.S. des § 11 Abs. 4 EigZulG, wenn sie im Zeitpunkt der abschließenden Zeichnung des Eingabewertbogens für die maschinelle Bearbeitung des Eigenheimzulagebescheides dem zuständigen Sachbearbeiter noch nicht bekannt waren (BFH-Urteil vom 7. Juli 2005 IX R 66/04, BFH/NV 2006, 256). Für § 11 Abs. 4 EigZulG ist - anders als in § 11 Abs. 5 EigZulG - unerheblich, aus welchen Gründen der Gesamtbetrag der Einkünfte fehlerhaft war. Allein entscheidend ist das nachträgliche Erkennen des objektiv richtigen Gesamtbetrags der Einkünfte (BFH-Urteil vom 4. November 2004 III R 73/03, BStBl II 2005, 290). Nach der Rechtsprechung des BFH stellt § 11 Abs. 4 EigZulG eine eigenständige, erweiterte Korrekturnorm dar. Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte im Zulagenverfahren eigenständig zu ermitteln ist und die Eigenheimzulage im Interesse des Anspruchsberechtigten bereits festgesetzt werden darf, auch wenn die genaue Höhe der Einkünfte noch nicht feststeht. Eine Einschränkung hinsichtlich der Aufhebung nach § 11 Abs. 5 Satz 2 EigZulG kommt nur ausnahmsweise bei reinen Rechtsfehlern ohne Änderung des der Einkunftsprüfung zu Grunde liegenden Sachverhalts in Betracht (vgl. Wacker, Eigenheimzulagengesetz, 3. Aufl. 2001, § 11 Rz. 102; FG Düsseldorf, Urteil vom 24. Oktober 2005 11 K 3423/04 EZ, EFG 2006, 480).

Vorliegend hat der Beklagte erst aufgrund der am 6. November 2001 eingereichten Steuererklärung für das Jahr 2000 bzw. durch Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheides für 2000 am 13. Juni 2002 - also nach Erlass des Eigenheimzulagebescheides - erfahren, dass die Einkunftsgrenze von 320.000 DM überschritten ist. Nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 11 Abs. 4 EigZulG durfte das FA die Festsetzung darauf hin ändern.

b) Eine andere Entscheidung ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass das FA ohne weitere Sachprüfung Eigenheimzulage festgesetzt hatte, obwohl die relevante Einkunftsgrenze durch eine Gesetzesänderung auf 320.000 DM herabgesunken war und die Kläger bei Beantragung der Eigenheimzulage lediglich formularmäßig angegeben hatten, dass ihr maßgebliches Einkommen unter 480.000 DM liege. Dies führte nicht zu einem reinen Rechtsfehler, der die Anwendung des § 11 Abs. 4 EigZulG ausschließen und eine Änderung gem. § 11 Abs. 5 wegen materieller Rechtswidrigkeit eröffnen könnte.

aa) Zwar wird in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung vertreten, dass sich die Finanzbehörde dann nicht auf ein nachträgliches Bekanntwerden berufen kann, wenn ihr bereits im Zeitpunkt der Schlusszeichnung des Eigenheimzulagenbescheides auf Grund der Angaben der Steuerpflichtigen im Eigenheimzulagenantrag bekannt sein musste, dass die Steuerpflichtigen selbst von einem Gesamtbetrag der Einkünfte ausgehen, der die Einkunftsgrenze i. S. d. § 5 EigZulG überschreitet. Hierin solle ein Rechtsfehler ohne Änderung des der Einkunftsprüfung zu Grunde liegenden Sachverhaltes liegen, weil die Finanzbehörde den Eigenheimzulagenantrag nicht einmal vollständig zur Kenntnis genommen und auf seine Schlüssigkeit geprüft habe (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 24. Oktober 2005 11 K 3423/04 EZ, EFG 2006, 480). Der überwiegende Teil der Rechtsprechung nimmt einen materiellen Fehler jedoch nur für den Fall an, dass der Behörde bereits bei Entscheidung über den Antrag auf Gewährung der Eigenheimzulage sämtliche für die Ermittlung der Gesamtbeträge der Einkünfte relevanten Umstände bekannt waren und sie sich gleichwohl mit einer fehlerhaften Wahrscheinlichkeitsprüfung begnügte (vgl. FG Münster, Urteil vom 25. Januar 2006 10 K 1947/04 EZ, EFG 2006, 707; FG Köln Urteil vom 6. Juli 2005 11 K 5302/04, EFG 2005, 1522; FG Hamburg, Beschluss vom 4. Juni 2004 VII 96/04, EFG 2004, 1501 mit Anmerkung von Siegers).

bb) Der Senat folgt dieser letztgenannten Auffassung. Dem FA ist im Streitfall kein Ermittlungsfehler anzulasten, der § 11 Abs. 4 EigZulG ausschließen würde. Vorliegend kannte der Beklagte bei Festsetzung der Eigenheimzulage nicht die für die Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte relevanten Umstände, da die Kläger lediglich im Antrag angegeben hatten, dass der maßgebende Gesamtbetrag der Einkünfte voraussichtlich 480.000 DM nicht übersteigen werde. Dass der Gesamtbetrag der Einkünfte über den ab dem Jahr 2000 geltenden, geminderten Grenzbetrag von 320.000 DM liegen würde, hatten die Kläger damit nicht erklärt und war daraus auch nicht ersichtlich. Unterlagen zur Glaubhaftmachung bzw. Nachprüfung dieser Angaben hatten die Kläger nämlich ihrem Antrag nicht beigefügt. Das FA hatte lediglich Kenntnis von den im Jahre 1999 und in den Vorjahren erzielten Einkünfte der Kläger auf Grund der bis dahin eingereichten Steuererklärungen. Eine sichere Kenntnis von dem maßgebenden Gesamtbetrag der Einkünfte 1999 und 2000 bestand jedoch nicht. Das FA durfte im Streitfall die Festsetzung der Eigenheimzulage auf Grundlage einer Prognoseentscheidung vornehmen; ein reiner Rechtsfehler liegt in diesem Zusammenhang nicht vor.

Diese Auslegung wird dem Zweck des § 11 Abs. 4 EigZulG gerecht, eine angemessene Risikoverteilung zwischen dem berechtigten Interesse der Steuerpflichtigen an einer beschleunigten Bewilligung der Eigenheimzulage - noch vor einer abschließenden Beurteilung der für den Begünstigungszeitraum maßgeblichen Einkommensverhältnisse - einerseits und der Pflicht des Finanzamtes zur Wahrung der Einkommensgrenzen für die Steuerbegünstigung andererseits in der Weise vorzunehmen, dass die Behörde zunächst von Ermittlungen freigestellt bleibt, die Ergebnisse dieser Ermittlungen aber später durch eine Korrektur der Bescheide nach § 11 Abs. 4 EigZulG berücksichtigen können soll (vgl. BFH-Urteil vom 4. November 2004 III R 73/03, BFH/NV 2005, 416; BFH-Urteil vom 7. Juli 2005 IX R 66/04, BFH/NV 2006, 256).

Im Übrigen ist die auf dieser Basis getroffene Prognoseentscheidung im Hinblick auf ein wahrscheinliches Überschreiten der Einkunftsgrenze nicht zu beanstanden. Dass, wie die Kläger meinen, das FA auf Grund der steuerlichen und konstanten Gesamteinkünftesituation der Vorjahre hätte erkennen können, dass die Einkunftsgrenze überschritten werden würde, ist nicht zwingend. Zum einen besteht keine Bindung an die Steuerfestsetzungen, die Kläger hätten für die Eigenheimzulage eine eigenständige Berechnung des Gesamtbetrages vornehmen können. Zum anderen haben die Kläger selbst vorgetragen, dass durchaus Gestaltungsspielräume bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bestanden hätten, da als Werbungskosten abzugsfähige Ausgaben hätten vorgezogen werden können.

b) Nach Auffassung des Senats kann darüber hinaus offen bleiben, ob der zuständige Sachbearbeiter des FA bei Erlass des Festsetzungsbescheides vom 14. Juni 2001 rechtsfehlerhaft davon ausging, dass die Einkunftsgrenze bei 480.000 DM liege. Denn selbst wenn der Sachbearbeiter einem entsprechenden Rechtsirrtum unterlegen wäre, ergäbe sich nach den o.g. Grundsätzen eine Aufhebungs- bzw. Änderungsbefugnis nach § 11 Abs. 4 EigZulG, da der für eine abschließende Entscheidung erhebliche Sachverhalt im Juni 2001 bei Erlass des Bewilligungsbescheides noch nicht bekannt war.

4. Das Finanzamt war auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben daran gehindert, den Eigenheimzulagebescheid zu ändern. Allein der Versand eines nicht mehr der Rechtslage entsprechenden Formulars schafft keinen Vertrauenstatbestand. Ein Vertrauenstatbestand besteht nämlich in einem bestimmten Verhalten des einen Teils, aufgrund dessen der andere bei objektiver Beurteilung annehmen kann, jener werde an seiner Position oder seinem Verhalten konsequent und auf Dauer festhalten (BFH-Urteile vom 26. April 1995 XI R 81/93, BStBl II 1995, 754; und vom 15. Dezember 1999 XI R 11/99, BFH/NV 2000, 708 m.w.N.). Ein Vertrauenstatbestand erfordert daher neben weiteren Voraussetzungen die eindeutige, klare und unmissverständliche Äußerung, dass ein bestimmter Tatbestand für die Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts maßgeblich sein soll. Hieran fehlt es bei der Verwendung eines Formulars, das lediglich eine ordnungsgemäße Antragstellung gewährleisten soll.

Darüber hinaus können die Kläger nicht mit dem Vortrag gehört werden, dass, wenn sie auf die geminderten Einkunftsgrenzen aufmerksam gemacht worden wären, sie noch Gestaltungsspielräume hätten ausüben können. Daraus lässt sich ebenfalls kein Anspruch aus Treu und Glauben herleiten. Es bestand nämlich nicht eine ausdrückliche Hinweispflicht des FA im Hinblick auf die Höhe der zu Grunde zu legenden Einkunftsgrenzen. Es gehört im Übrigen auch zu den Mitwirkungspflichten eines Antragstellers, sich über die geltende Rechtslage zu informieren. Ferner reichten die Kläger den Eigenheimzulageantrag erst im Jahre 2001 ein, tatsächliche Gestaltungsspielräume für die maßgebenden Jahre 1999 und 2000 bestanden zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr.

Eine andere Entscheidung rechtfertigt auch nicht der Einwand der Kläger, dass die ausbezahlten Eigenheimzulagebeträge bereits zur Bezahlung von Hausaufwendungen verwendet worden seien. Die Entreicherungseinrede des § 818 Abs. 3 BGB kann weder im Festsetzungsverfahren noch im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Rückforderungsanspruchs nach § 37 Abs. 2 AO mit Erfolg erhoben werden (BFH-Beschluss vom 9. Februar 2004, VIII B 113/03 , BFH/NV 2004, 763 m.w.N).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Es ist dabei die Verfahrengebühr bezogen auf einen Streitwert in Höhe von 20.000 DM (Eigenheimzulage für den gesamten Förderzeitraum) und eine Urteilsgebühr bezogen auf einen Streitwert von 10.000 DM (Summe der Eigenheimzulage für die Streitjahre 2000 bis 2003) zu Grunde gelegt worden.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 11 ZPO, 155 FGO.

6. Die Revisionszulassung beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. FGO. Es liegen divergierende Entscheidungen von Finanzgerichten zur Frage der Anwendbarkeit des § 11 Abs. 4 EigZulG bei Verwendung unzutreffender Vordrucke vor, und Revisionsverfahren sind diesbezüglich bereits anhängig. Dass es sich bei den Regelungen des Eigenheimzulagegesetzes ab dem 1. Januar 2006 um sog. auslaufendes Recht handelt, ist unter diesen Umständen unerheblich.

Ende der Entscheidung

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