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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 16.09.2009
Aktenzeichen: 2 K 495/05
Rechtsgebiete: EStG, HGB


Vorschriften:

EStG § 7
EStG § 7 Abs. 2
EStG § 7g Abs. 1
HGB § 255 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den Abschreibungsbeginn sowie die Höhe der Absetzungen für Abnutzungen (AfA) für Windkraftanlagen sowie damit im Zusammenhang stehende Wirtschaftsgüter.

Die Klägerin wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 18. Dezember 1997 in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft gegründet und am 23. Februar 1998 in das Handelsregister eingetragen. Komplementärin der Gesellschaft war zunächst die A GmbH, derzeit ist Kommanditistin die BA GmbH. Gründungskommanditist war Herr B mit einer Kommanditeinlage von 15.000 DM (weitere Einzelheiten Gesellschaftsvertrag vom 18. Dezember 1997, Vertragsakte; Gesellschaftsvertrag vom 15. Dezember 1998, Vertragsakte). Später traten weitere Kommanditisten mit Kommanditeinlagen von insgesamt 1 Mio. DM sowie Haftkapital 1,5 Mio. DM in die Gesellschaft ein.

Die Klägerin übernahm bereits im Dezember 1997 über die B AG für 111.956 DM das bereits entwickelte und genehmigte Windparkprojekt "Windpark X" (Vertrag Bl. 87ff BPAA). Zudem zahlte sie für die betriebswirtschaftliche und vertragliche Konzeption des Windparks X an die B AG einen Betrag von 114.842 DM (Rechnung vom 30.12.1997, Bl. 48 GA).

Die Klägerin schloss zunächst im März 1998 einen Vertrag mit der C GmbH über die Lieferung von zwei Windenergieanlagen und beauftragte die D AG mit der Herstellung des Stromanschlusses für den geplanten Windpark. Am 16. Juli 1998 schloss die Klägerin mit der BB GmbH dann einen Generalunternehmervertrag über die Erstellung und Errichtung des Windparks X (Generalunternehmervertrag Bl. 10ff BPAA). Zudem schloss die Klägerin im Juli 1998 mit der Gemeinde X einen Nutzungsvertrag über Nutzung von Gemeindeflächen für den Windpark mit einer vereinbarten Laufzeit von 25 Jahren. Die Übergabe des Windparks erfolgte zum 31. Dezember 1998 (Übergabeprotokoll vom 21. Dezember 1998, Bl. 23 BpAA).

Die Gesamtkosten für den Windpark beliefen sich auf 4.264.532 DM (Zusammenstellung Bl. 33 BPAA). In den Aufwendungen enthalten sind u.a Aufwendungen für Netzanbindung (70.000 DM), Wegebau (110.000 DM), Kabelbau (120.000 DM), Übergabestation (80.000 DM) sowie "Standortvorteil" (226.798 DM). Die Zuordnung ergibt sich, mit Ausnahme des Standortvorteils aus der Anlage 1 zum Generalunternehmervertrag vom 16. Juli 1998, Bl. 17ff BPAA. Die (verbleibenden) Errichtungskosten für die Windkraftanlagen einschließlich Fundamentbau, Projektsteuerung sowie interner Verkabelung beliefen sich insgesamt auf 3.657.733 DM.

Die Klägerin behandelte sämtliche Aufwendungen als Herstellungskosten für das Wirtschaftsgut "Windpark" und ermittelte die Abschreibungsbeträge für 1998 für 6 Monate mit 533.066 DM (degressive AfA 25 v.H. x 6/12) sowie 852.906 DM (Sonderabschreibung gem. § 7g EStG 20 v.H.). Wirtschaftsjahr der Klägerin ist das Kalenderjahr.

Der Beklagte berücksichtigte den so ermittelten Gewinn zunächst bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung sowie bei der Ermittlung des verbleibenden Gewerbeverlusts, die Beschiede erließ er allerdings unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Im Zuge einer Außenprüfung vertrat der Betriebsprüfer die Ansicht, der Windpark sei in verschiedene Wirtschaftsgüter aufzuteilen, die zudem unterschiedlich abzuschreiben seien.

Er behandelte die Windkraftanlagen einschließlich Fundamentbau, Projektsteuerung sowie interner Verkabelung als eigenständiges Wirtschaftsgut, für das er entsprechend der für das Streitjahr geltenden AfA-Tabelle von einer Nutzungsdauer von 12 Jahren ausging. Das Jahresabschreibungsvolumen von 25 v.H. bei Wahl der degressiven AfA berücksichtigte er allerdings nach Maßgabe R 44 Abs. 2 Sätze 4ff EStR nur zu 3/12, weil er davon ausging, dass das Wirtschaftsjahr der Klägerin erst mit der Erteilung des Generalunternehmervertrages im Juli 1998 als Rumpfwirtschaftsjahr begonnen habe. Insgesamt verminderte er den Abschreibungsbetrag um 433.692 DM (Tz. 17 Anlage 6 BP-Bericht).

Die übrigen Aufwendungen ordnete er gesonderten Wirtschaftsgütern zu:

Für die Wirtschaftsgüter "Netzanschluss" (70.000 DM) und "Kabelbau" (120.000 DM) ging der Betriebsprüfer ausgehend vom Nutzungsvertrag mit der Gemeinde von einer Nutzungsdauer von 25 Jahren, einer degressiven AfA von 12 v.H. und für das Rumpfwirtschaftsjahr von einer Abschreibung von 3 v.H. aus (Abschreibungsbetrag Streitjahr einschließlich Sonderabschreibung 16.100 DM bzw. 27.600 DM, Tz. 18, 19, Anlagen 7, 8 BP-Bericht).

Für das Wirtschaftsgut "Wegebau" (Schotterweg ohne Packlage) ging der Betriebsprüfer von einer Bemessungsgrundlage von 120.000 DM aus und ließ ausgehend von einer Nutzungsdauer von 15 Jahren sowie Anwendung der linearen AfA für das Streitjahr 1/12 des Jahresabschreibungsbetrages (700 DM) als Abschreibungsbetrag zu (Tz. 21, Anlage 9 BP-Bericht).

Für die Übergabestation (80.000 DM) ließ der Betriebsprüfer ausgehend von einer Nutzungsdauer von 20 Jahren, einer degressiven AfA zeitanteilig für 3/12 und Sonderabschreibung einen Betrag von 19.000 DM (3,75 v.H.) zum Abzug zu (Tz. 20, Anlage 10 BP-Bericht).

Unter dem (immateriellen) Wirtschaftsgut "Standortvorteil" erfasste der Betriebsprüfer die Aufwendungen für Projektentwicklung und Konzeption von 226.789 DM und errechnete den Abschreibungsbetrag von 822 DM ausgehend von einer versehentlich unzutreffenden Bemessungsgrundlage von 246.789 DM sowie einer Nutzungsdauer von 25 Jahren mit der linearen AfA, zeitanteilig für einen Monat (Tz. 16, Anl. 11 BP-Bericht).

Der Beklagte erließ entsprechende Änderungsbescheide, gegen die sich die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der vorliegenden Klage wendet.

Die Klägerin begehrt eine Ermittlung der Abschreibungsbeträge unter folgenden Annahmen:

Zwar bestünden keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine Aufteilung der Herstellungskosten in verschiedene Wirtschaftsgüter. Die Aufteilung sei allerdings teilweise unzutreffend erfolgt und die Abschreibungsbeträge seien in unzutreffender Höhe ermittelt worden.

Zunächst sei zu berücksichtigen, dass im Streitjahr kein Rumpfwirtschaftsjahr bestanden habe, da der Gewerbebetrieb bereits Ende 1997 begonnen habe, als die Klägerin mit der Planung und Konzeptionierung des Windparks begonnen und dafür im Dezember 1997 verschiedene Rechungen erhalten und für diese auch Vorsteuerabzug erhalten habe. Für die beweglichen Wirtschaftsgüter sei dementsprechend die anteilige Jahresabschreibung nach R 44 Abs. 2 EStR für 6 Monate (1/2 von 12 Monaten) zu gewähren.

Die Nutzungsdauer für die beweglichen Wirtschaftsgüter Übergabestation, Netzanschluss und Kabelbau betrage einheitlich 20 Jahre, weil der Windpark für eine tatsächliche Nutzungsdauer von maximal 20 Jahren konzipiert sei und eine längere Nutzung der Grundstücke rein vorsorglich vereinbart worden sei. Nach derzeitigem Stand sei aber mit einer Stilllegung spätestens in 20 Jahren nach Herstellung zu rechnen. Eine längere Nutzung sei schon deshalb nicht beabsichtigt, weil nach dem EEG die Verpflichtung des Netzbetreibers, den aus Windkraft erzeugten Strom abzunehmen und zu einem bestimmten Mindestbetrag zu vergüten, entfalle und deshalb danach eine rentable Nutzung des Windparks voraussichtlich nicht mehr möglich sein werde.

Das Wirtschaftsgut "Wegebefestigung" sei über 5 Jahre degressiv abzuschreiben, zudem sei die Sonderabschreibung gem. § 7g EStG zu gewähren. Bei der Wegebefestigung handele es sich um vorübergehend angelegte Schotterwege, bei denen es sich um eine Betriebsvorrichtung und daher um ein bewegliches Wirtschaftsgut handele, das nach der amtlichen AfA-Tabelle über 5 Jahre degressiv abzuschreiben sei. Die Wege dienten allein der Erreichbarkeit der Windkraftanlagen für deren Errichtung sowie Wartung und Reparatur und nicht allgemein der Benutzung des Grundstücks, insbesondere nicht dem übrigen Verkehr.

Ein Wirtschaftsgut "Standortvorteil" existiere nicht. Die von der Betriebsprüfung hierunter gefassten Aufwendungen von insgesamt 226.789 DM für Planungs- und Konzeptionskosten seien indes als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben zu behandeln und nicht wie zunächst beantragt mit der Windkraftanlage einheitlich abzuschreiben.

Der Gewinn sei allerdings noch um 12.800 DM zu erhöhen, weil in dieser Höhe Vorsteuer entgegen der Annahme der Betriebsprüfung abzugsfähig gewesen sei (Folgeänderung aus dem Verfahren 5 K 148/06).

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide wegen gesonderter und einheitlicher Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 1998 sowie über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Verlusts auf den 31.12.1998 vom 27. Januar 2005, beide in Gestalt der Einspruchsbescheide vom 11. Oktober 2005 dahin zu ändern, dass die Gesamtabschreibungen im Streitjahr um 285.263 DM auf 1.301.766 DM erhöht werden, der Gewinn zudem um sofort abzugsfähige Betriebsausgaben von 226.789 DM vermindert sowie unter Berücksichtigung einer aus einem Umsatzsteuerverfahren resultierenden Gewinnerhöhung um 12.800 DM erhöht um insgesamt 499.252 DM vermindert angesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

und bleibt bei seiner bisher vertretenen Auffassung. Zunächst sei bei der Ermittlung der Abschreibungen von einem Rumpfwirtschaftsjahr auszugehen. Der Gewerbebetrieb der Klägerin habe erst mit dem 16. Juli 1998 (Abschluss des Generalunternehmervertrages) begonnen, weil die Bestellung der wesentlichen Betriebsgrundlagen als Beginn der werbenden Tätigkeit maßgeblich sei (BFH IV R 23/97 BStBl II 1998, 745). Erst mit dem Abschluss des Generalunternehmervertrages sei im vorliegenden Fall der Errichtung und dem Betrieb einer Windkraftanlage ein Betrieb vorhanden gewesen, denn erst in diesem Zeitpunkt hätten die wesentlichen Betriebsgrundlagen vorgelegen, mit denen eine Vorbereitung der werbenden Tätigkeit habe beginnen können (BFH XI R 45/88, BStBl II 1993, 538). Unerheblich sei, dass die Klägerin bereits im Jahre 1997 aus einer Rechnung Vorsteuern gezogen habe, für die Unternehmereigenschaft gälten andere Maßstäbe.

Dementsprechend sei AfA nur für 3 Monate zu gewähren, weil der Windpark in der zweiten Hälfte des Rumpfwirtschaftsjahres angeschafft worden sei und bei einem Rumpfwirtschaftsjahr die anteilige AfA nur anteilig zu gewähren sei.

Für die Ermittlung der AfA für die Wegebefestigung sei nach der maßgeblichen AfA-Tabelle (BStBl I 1997, 376) für Fahrbahnen, Parkplätze und Hofbefestigungen von einer Nutzungsdauer von 15 Jahren auszugehen, unabhängig davon, ob die Wegebefestigung als Betriebsvorrichtung oder Grundstücksbestandteil einzuordnen sei. Vorliegend liege ein selbständiges unbewegliches Wirtschaftsgut vor, das nicht als Betriebsvorrichtung anzusehen sei. Auch ein Scheinbestandteil (vorübergehender Zweck) liege nicht vor, weil die Lebensdauer nicht länger als die gewollte Einfügung der Sache sei und die Einfügung deshalb als endgültig angesehen werden müsse. Die degressive AfA sowie eine Sonderabschreibung sei für ein unbewegliches Wirtschaftsgut nicht zu gewähren.

Die Nutzungsdauer der Wirtschaftsgüter Netzanschluss und Kabelbau orientiere sich an der Laufzeit des Pachtvertrages und betrage daher 25 Jahre, unabhängig von der vorgetragenen voraussichtlichen Nutzungsdauer des Windparks von 20 Jahren. Maßgeblich für die Bestimmung der Nutzungsdauer sei nicht die Dauer der Nutzung durch den einzelnen Steuerpflichtigen, sondern die objektive Nutzbarkeit eines Wirtschaftsgutes unter Berücksichtigung der betriebstypischen Beanspruchung. Nach objektiven Maßstäben könnten die Wirtschaftsgüter Netzanschluss und Kabelbau so lange genutzt werden, wie der Pachtvertrag laufe. Die Übergabestation sei allerdings über 20 Jahre degressiv abzuschreiben.

Bei dem Wirtschaftsgut Standortvorteil handele es sich um ein immaterielles Wirtschaftsgut. Die Aufwendungen beträfen verschiedene Maßnahem (Genehmigungen, Gutachten, Abschluss von Nutzungsverträgen, Ausgleichsmaßnahmen), mit denen der Standort zum Betrieb eines Windparks aufbereitet worden sei. Der Standort habe durch die Maßnahmen einen wirtschaftlichen Wert erhalten, der einzeln veräußerbar gewesen sei. Insofern sei ein Unterschied gegeben zu Genehmigungskosten bei Gebäuden gegeben, denn eine solche Baugenehmigung sei nicht einzeln veräußerbar.

Indes lägen keine weiteren Anschaffungskosten für das Wirtschaftsgut Windkraftanlage vor, weil die Windkraftanlagen durch andere Anlagen ersetzt werden könnten. Der Standortvorteil könne bei objektiver Betrachtung über die Pachtdauer genutzt werden und sei deshalb über die Dauer von 25 Jahren abzuschreiben.

Die Beteiligten haben sich in der mündlichen Verhandlung darüber verständigt, dass die unter dem Wirtschaftsgut "Standortvorteil" zusammengefassten Aufwendungen solche für Genehmigungen für den Windpark von 111.956 DM sowie solche für die Konzeptionierung des Windparks von 114.842 DM umfassen.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gem. § 105 Abs. 3 FGO auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Steuerakten sowie auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Klage ist im erkannten Umfang begründet. Die Abschreibungsbeträge für die verschiedenen Wirtschaftsgüter des Windparks sind wie im Folgenden dargelegt zu berücksichtigen.

1. Abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sind mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die AfA nach § 7 EStG, anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Die AfA bemisst sich nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 1 Satz 2 EStG).

Unter Nutzungsdauer ist der Zeitraum zu verstehen, in dem das Wirtschaftsgut erfahrungsgemäß verwendet oder genutzt werden kann. Betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer bedeutet, dass die besonderen betrieblichen Verhältnisse zu beachten sind, unter denen das Wirtschaftsgut eingesetzt wird (vgl. BFH-Urteile vom 26. Juli 1991 , VI R 82/89 BStBl II 1992, 1000 und vom 19. November 1997 , X R 78/94 BStBl II 1998, 59 m.w.N.). Maßgebend für die Bestimmung der Nutzungsdauer ist nicht die Dauer der betrieblichen Nutzung durch den einzelnen Steuerpflichtigen, sondern die objektive Nutzbarkeit eines Wirtschaftsguts unter Berücksichtigung der besonderen betriebstypischen Beanspruchung (vgl. BFH-Urteil vom 19. November 1997 , X R 78/94 BStBl II 1998, 59 m.w.N.). Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer eines Wirtschaftsgutes ist nach den Gegebenheiten des konkreten Betriebes bzw. nach den tatsächlichen Verhältnissen beim einzelnen Steuerpflichtigen unter Abwägung aller Umstände zu schätzen (vgl. BFH-Urteile vom 31. Januar 1986 , VI R 78/82 BStBl II 1986, 355; vom 9. August 1989 , X R 131-133/87 BStBl II 1990, 50; vom 19. November 1997 , X R 78/94 BStBl II 1998, 59 jeweils m.w.N.). Als Hilfsmittel für die Schätzung der Nutzungsdauer hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) unter Beteiligung der Fachverbände der Wirtschaft AfA-Tabellen für allgemein verwendbare Anlagegüter und für verschiedene Wirtschaftszweige herausgegeben. Sie berücksichtigen sowohl die technische als auch die wirtschaftliche Nutzungsdauer. Sie haben zunächst die Vermutung der Richtigkeit für sich, sind aber für die Gerichte nicht bindend (vgl. BFH-Urteil vom 19. November 1997 , X R 78/94 BStBl II 1998, 59; BFH Beschluss vom 4. Juli 2002 , IV B 44/02 BFH/NV 2002, 1559; BFH Urteil vom 9. Dezember 1999 , III R 74/97 BStBl II 2001, 311 m.w.N.).

2. Danach ist der Beklagte grundsätzlich zutreffend für das Wirtschaftsgut Windkraftanlage von einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 12 Jahren ausgegangen. Nach der für das Streitjahr anwendbaren amtlichen AfA-Tabelle vom 18. April 1997 (BMF Schreiben vom 18. April 1997, IV A 8-S 1551-37/97, BStBl I 1997, 376) ist von dieser Nutzungsdauer auszugehen. Die Nutzungsdauer von 12 Jahren ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.

Bei Windkraftanlagen handelt es sich zudem um bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (Betriebsvorrichtungen, BMF Schreiben vom 15. März 2006, BStBl I 2006, 314 Tz. 2.4), so dass der Beklagte zutreffend die degressive Abschreibung gem. § 7 Abs. 2 EStG sowie Sonderabschreibung gem. § 7g Abs. 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung von antragsgemäß 20 v.H. auf die Herstellungskosten gewährt hat.

Der Abschreibungsbetrag beträgt allerdings insgesamt 1.225.149 DM.

a) Die Herstellungskosten des Wirtschaftsguts Windkraftanlage betragen 3.769.689 DM. Der Betrag ermittelt sich aus den im Rahmen der Betriebsprüfung angenommenen Aufwendungen von 3.627.733 DM zzgl. 30.000 DM Korrektur von Rechenfehlern (10.000 DM wegen versehentlich unzutreffender Annahme von Aufwendungen für Wegebefestigung von 120.000 DM statt 110.000 DM sowie 20.000 DM wegen versehentlich unzutreffender Annahme von Aufwendungen für Standortvorteil von 246.798 DM statt 226.789 DM) sowie unter Einbeziehung von Aufwendungen i.H.v. 111.956 DM für Genehmigungsgebühren.

Herstellungskosten sind gem. § 255 Abs. 2 HGB Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Anschaffungskosten sind gemäß § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Diese handelsrechtlichen Begriffe der Abschaffungs- und Herstellungskosten sind auch der steuerbilanziellen Beurteilung zugrunde zu legen.

Die Aufwendungen für die notwendigen Genehmigungen des Windparks sind ebenfalls als Herstellungskosten des Wirtschaftsgutes Windkraftanlage anzusehen. Herstellungskosten sind alle Aufwendungen, die in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Errichtung eines Wirtschaftsguts stehen. Die Genehmigungskosten stehen in unmittelbaren und untrennbaren Zusammenhang mit der Errichtung und Inbetriebnahme der Windkraftanlagen, denn die Klägerin hat die Aufwendungen getragen, um das konkrete Projekt überhaupt durchführen zu können (vgl. zu den Genehmigungskosten eines Gebäudes BFH-Urteil vom 27. Juni 1990 , I R 18/88 BFH/NV 1991, 34). Unbeachtlich ist vorliegend, dass die Klägerin die erforderlichen Genehmigungen nicht selbst eingeholt hat, sondern das fertige Projekt mit den bereits eingeholten Genehmigungen erworben hat. Die Genehmigungen beziehen sich indes auf das konkrete Projekt, das die Klägerin dann umgesetzt hat. Es liegen insoweit weder sofort abzugsfähige Betriebsausgaben noch ein eigenständiges immaterielles Wirtschaftsgut Standortvorteil vor.

b) Die degressive AfA gem. § 7 Abs. 2 Satz 2 EStG beträgt 25 v.H. Im Streitjahr ist der Klägerin die sog. Halbjahresabschreibung (R 44 Abs. 2 Satz 3 EStR in der Fassung des Streitjahres) zu gewähren. Entgegen der Annahme des Beklagten ist der Abschreibungsbetrag nicht gem. der Regelung in R 44 Abs. 2 Sätze 4ff EStR anteilig zu kürzen, da im Streitjahr kein Rumpfwirtschaftsjahr vorgelegen hat. Die Klägerin hat ihren Betrieb nach einkommenssteuerlichen Maßstäben bereits im Jahre 1997 aufgenommen.

Nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur kommt es für den einkommensteuerrechtlichen Beginn des Betriebes nicht auf den Beginn der werbenden Tätigkeit (so aber für die Gewerbesteuer) an, vielmehr beginnt ein Betrieb bereits mit der ersten Vorbereitungshandlung (vgl. BFH-Urteile vom 10. Dezember 1992 , XI R 45/88 BStBl II 1993, 538 m.w.N.; vom 5. März 1998 , IV R 23/97 BStBl II 1998, 745 m.w.N.; vom 16. Dezember 1988 , III R 116/86 BStBl II 1989, 380; Wied in Blümich EStG § 4 Rz. 65; Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach EStG vor §§ 4 - 7 Anm. 95; Wacker in Schmidt EStG 28. Aufl. § 15 Rz. 195 m.w.N.). Vorliegend hat die Klägerin solche auf die Errichtung und das Betreiben des Windparks bezogenen Vorbereitungshandlungen bereits im Jahre 1997 mit dem Erwerb des bereits entwickelten Windparkprojekts für über 100.000 DM getroffen.

Für die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes ergibt sich keine abweichende Ermittlung der Abschreibungen. Auch wenn der gewerbesteuerliche Beginn eines Betriebes von dem einkommenssteuerlichen Beginn abweichen kann, ist für die Gewerbesteuer der nach den Vorschriften des EStG zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb maßgeblich, § 7 Satz 1 GewStG.

c) Der Abschreibungsbetrag beträgt nach den vorgenannten Grundsätzen 1.225.149 DM (3.769.689 DM x 25 v.H. x 6/12 zzgl. 3.769.689 DM x 20 v.H.).

3. Gesondert abzuschreiben sind indes die selbständigen Wirtschaftsgüter Wegebau, Kabelbau, Netzanschluss, Umspannwerk, Konzeptionierung. Diese Wirtschaftsgüter sind keine Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Windkraftanlagen, denn sie stehen mit deren Errichtung nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang.

Ein (selbständiges) Wirtschaftsgut ist nach ständiger Rechtsprechung jeder greifbare betriebliche Vorteil, für den der Erwerber eines Betriebs etwas aufwenden würde. Es muss sich um einen Gegenstand handeln, der nach der Verkehrsanschauung einer besonderen Bewertung zugänglich ist, in einem eigenen, selbstständigen Nutzungs- und Funktionszusammenhang steht und entsprechend in Erscheinung tritt (vgl. BFH-Urteil vom 17. Dezember 2008 , IV R 36/06, nv, [...]).

a) Danach ist der Wegebau (110.000 DM) als eigenständiges Wirtschaftsgut zu aktivieren. Die errichteten Wege dienen nicht unmittelbar dem Betrieb der konkret errichteten Windkraftanlagen. Die Klägerin hat sie weder aufgewendet, um die Windkraftanlagen zu erwerben, noch um diese zu errichten. Indes liegt auch nach dem äußeren Erscheinungsbild ein selbständiges Wirtschaftsgut vor. Da es sich um eine Schotterwegbefestigung handelt, ist die Abschreibung nach der maßgeblichen AfA-Tabelle (Nr. 2.1.2) über 5 Jahre vorzunehmen. Bei der Ermittlung des Abschreibungsbetrages ist weder die degressive AfA noch eine Sonderabschreibung zu gewähren, weil die Wegebefestigung zum unbeweglichen Anlagevermögen zählt, da vorliegend weder ein Scheinbestandteil, noch eine Betriebsvorrichtung anzunehmen ist.

aa) Das Vorliegen eines Scheinbestandteils, der als bewegliche Sache einzuordnen wäre, setzt nämlich voraus, dass die Sache nur zu einem vorübergehenden Zweck eingebaut worden ist. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die Vereinbarungen zwischen Verpächter und Pächter an, indes ist die Einfügung zu einem vorübergehenden Zweck bereits dann nicht gegeben, wenn die Lebensdauer der eingefügten Sache - wie auch im vorliegenden Fall - nicht länger ist als die Zeitspanne, für die sie eingefügt ist - hier die voraussichtliche Nutzungsberechtigung von 25 Jahren (vgl. BFH-Urteil vom 4. Dezember 1970 , VI R 157/68 BStBl II 1971, 165).

bb) Auch liegt im konkreten Fall eine Betriebsvorrichtung nicht vor. Wegebefestigungen sind regelmäßig keine Betriebsvorrichtungen. Nach der Rechtsprechung des BFH setzt der Begriff der Betriebsvorrichtung Gegenstände voraus, durch die das Gewerbe unmittelbar betrieben wird. Zwischen Anlage und Betriebsablauf muss dabei ein besonders enger Zusammenhang bestehen, wie er bei einer Maschine üblicherweise gegeben ist, der sich in der baulichen Gestaltung auswirkt. Dagegen reicht es für die Annahme einer Betriebsvorrichtung nicht aus, dass eine Anlage zu einem gewerblichen Betrieb gehört oder dass sie für die Ausübung des Gewerbebetriebs nützlich, notwendig oder sogar vorgeschrieben ist (vgl. BFH-Urteil vom 10. Oktober 1990 , II R 171/87 BStBl II 1991, 59). Bei Außenanlagen und Platz- und Wegebefestigungen hat die Rechtsprechung lediglich dann Betriebsvorrichtungen angenommen, wenn die Bodenbefestigungen in einem so engen Zusammenhang mit dem auf dem Grundstück ausgeübten Gewerbebetrieb stehen, dass sie für den Grundstückseigentümer nach Einstellung des konkreten Betriebes wertlos werden (vgl. BFH-Urteil vom 10. Oktober 1990 , II R 171/87 BStBl II 1991, 59).

Ein derartiger Ausnahmefall liegt in Bezug auf die Wegebefestigung der Klägerin jedoch nicht vor. Zunächst sind keine Anhaltspunkte für eine besonders enge Beziehung der Wegebefestigung zum Betrieb der Windkraftanlagen ersichtlich, insbesondere werden diese nicht durch die Wege unmittelbar betrieben. Auch sind die errichteten Wege nicht von einer besonderen Beschaffenheit, die sie von sonstigen Wegebefestigungen derart unterscheiden würden, dass sie nach Einstellung des Betriebes für den Eigentümer wertlos wären.

cc) Die AfA beträgt für die Wegebefestigung beträgt nach den vorgenannten Grundsätzen für das Streitjahr 1.833 DM (110.000 DM x 20 v.H. x 1/12).

b) Die Aufwendungen für (externen) Kabelbau, Netzanschluss sowie die Übergabestation (insgesamt 270.000 DM) bilden ebenfalls eigenständige Wirtschaftsgüter. Zwar dienen diese Aufwendungen dem Betrieb der Windkraftanlagen, sie besitzen indes ebenfalls eine Eigenständigkeit dergestalt, dass sie selbständig und anderweitig (beispielsweise für andere Windkrafträder) nutzbar sind. Die Nutzungsdauer schätzt der Senat mit dem Kläger auf 20 Jahre. Die Wirtschaftsgüter sind in der AfA-Tabelle nicht ausdrücklich enthalten. In Anlehnung an die Nutzungsdauer für Stromerzeugung (Nr. 3.2.1 der AfA-Tabelle) könnte zwar möglicherweise von einer Nutzungsdauer von 15 Jahren ausgegangen werden, indes sieht der Senat im konkreten Fall keinen Anlass, von der Einschätzung der Klägerin selbst abzuweichen, die von einer Nutzungsdauer unter Berücksichtigung des Betriebskonzepts für den Windpark ausgeht. Die degressive AfA beträgt für das Streitjahr 15 v.H. Der Abschreibungsbetrag einschließlich Sonderabschreibung beträgt insgesamt für das Streitjahr 74.250 DM (270.000 DM x 15 v.H. x 6/12 zzgl. 270.000 DM x 20 v.H.).

c) Ein Wirtschaftsgut Standortvorteil existiert nach Auffassung des Senats nicht in der vom Beklagten angenommenen Weise. Indes zählen die hierunter gefassten Aufwendungen für Genehmigungen zu den Herstellungskosten der Windkraftanlagen selbst (vgl. Ausführungen unter I.2)a)). Allerdings stellen die gesondert in Rechnung gestellten Aufwendungen von 114.842 DM für die betriebswirtschaftliche und vertragliche Konzeption des Windparks ein eigenständiges, entgeltlich erworbenes immaterielles Wirtschaftsgut dar.

aa) Aufwendungen für die Erarbeitung eines finanziellen, betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Konzepts für ein Vorhaben sind je nach den Verhältnissen im Einzelfall als Betriebsausgaben sofort abziehbar oder als Anschaffungskosten eines immateriellen Wirtschaftsguts zu aktivieren. Die konkrete Einordnung richtet sich nach der Rechtsprechung des BFH danach, ob bloße Beratungsleistungen zu rechtlichen oder steuerlichen Teilbereichen des beabsichtigten Vorhabens erbracht werden (dann sofort abzugsfähige Betriebsausgaben) oder ob von einem Dritten ein fertiges und selbständig handelbares Anlagekonzept erworben wird, das die Basis für die unternehmerische Tätigkeit bildet (vgl. BFH-Urteil vom 10. Dezember 1992 , XI R 45/88 BStBl II 1993, 538). Sofern allerdings die Kosten der Beschaffung von Eigenkapital dienen würden, kommt eine Aktivierung als immaterielles Wirtschaftsgut nicht in Betracht (vgl. BFH-Urteil vom 10. Dezember 1992 , XI R 45/88 BStBl II 1993, 538).

bb) Der Senat sieht die Aufwendungen für die Konzeptionierung des Windparks als eigenständiges immaterielles Wirtschaftsgut an, das die Klägerin zu aktivieren hat. Nach Auskunft des Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung handelt es sich bei dem erworbenen Konzept um eine Excel-Tabelle und der Projekterwerber bezahlt letztlich die dem Projekt zugrunde liegende Idee. Der Senat geht danach davon aus, dass die Klägerin die Aufwendungen für die Übernahme eines fertigen und selbständig handelbaren Konzepts für das Betreiben eines entsprechenden Windparks erbracht hat.

Demgegenüber liegen keine sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben vor. Es ist nicht ersichtlich, dass das Konzept lediglich Beratungsleistungen zu rechtlichen oder steuerlichen Teilbereichen des konkret beabsichtigten Vorhabens enthalten würde. Indes ist das Konzept bereits im Vorfeld der Projektübernahme entwickelt worden. Anschaffungs(neben)kosten für die Windkraftanlagen liegen nach Auffassung des Senats ebenfalls nicht vor, weil die Klägerin die Aufwendungen nicht getragen hat, um die Windkrafträder zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand versetzen zu können.

cc) Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer nimmt der Senat entsprechend der Konzeptionierung des Windparks mit 20 Jahren an. Der Abschreibungsbetrag beträgt für das Streitjahr 478 DM (114.842 DM x 5 v.H. x 1/12).

4. Insgesamt ist für den Windpark AfA von 1.301.709 DM (bisher 1.016.502 DM) zu gewähren und der Gewinn der Klägerin um 285.207 DM vermindert anzusetzen. Nachdem in einem weiteren Gerichtsverfahren (5 K 148/06) geklärt worden ist, dass der Klägerin für das Streitjahr weitere Vorsteuerbeträge von 12.800 DM zu erstatten sind, ist der Gewinn zwischen den Beteiligten unstreitig für das Streitjahr insoweit um 12.800 DM zu erhöhen. Insgesamt ergibt sich eine Minderung des Gewinns um 272.407 DM.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

III. Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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