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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 24.08.2009
Aktenzeichen: 9 K 547/05
Rechtsgebiete: GewStG, KStG, EStG, GmbHG, HGB, FGO


Vorschriften:

GewStG § 2 Abs. 2
GewStG § 7
KStG § 8 Abs. 1
EStG § 5 Abs. 1
GmbHG § 13 Abs. 3
HGB § 6 Abs. 1
HGB § 242 Abs. 1
FGO § 79b Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Streitig ist die bilanzielle Bildung von Passivposten (Verbindlichkeiten oder -hilfsweise-Rückstellungen) wegen der Ausgabe von Dienstleistungsgutscheinen zur Einlösung im Folgejahr.

Die Klägerin ist eine KG (St.-Nr.:xxxxxxxx), deren Gesellschaftszweck der Erwerb und das Halten von Beteiligungen sowie die Vermögensverwaltung und Geschäftsführung ist. Die Klägerin ist umsatz-, gewerbe- und körperschaftsteuerlich Organträgerin der Firma Frisör xxxxxxxx GmbH (St.-Nr.: xxxxxxxx, Organgesellschaft; fortan GmbH)). Die für die Klägerin festzustellenden Gewinne und festzusetzenden (und zu zerlegenden) einheitlichen Gewerbesteuermessbeträge resultieren in erheblichem Umfang aus den jeweiligen Gewinnen und Gewerbeerträgen der GmbH als Organgesellschaft. Die GmbH betreibt und verwaltet in Deutschland eine Vielzahl von Frisörsalons. So wurden in 1995 303, in 1996 351 und in 1997 417 Betriebsstätten in angemieteten Geschäftslokalen betrieben. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob und wenn ja wie die Einlösungsverpflichtungen aus der Hingabe von sogenannten Weihnachtsgutscheinen in xxxxxxxx-Frisörsalons bei der GmbH erfolgsmindernd zu bilanzieren sind.

In den Jahren 1995, 1996 und 1997 gaben xxxxxxxx-Frisörsalons jeweils Ende des Jahres von Mitte November bis Ende Dezember im Rahmen von Weihnachtsaktionen an Kunden bei Bezug einer Leistung jeweils einen und ab 1996 auch zwei Gutschein/e mit dem Hinweis zur Einlösung bis spätestens Januar 1996 (Gutscheine aus 1995) beziehungsweise des einen im Januar und des anderen im Februar (Gutscheine aus 1996 und 1997) des Folgejahres aus, dass "... pro Besuch nur ein Gutschein eingelöst werden könne". Die Gutscheine waren 8,5 cm x 5,5, cm groß, zeigten als Aussteller "FRISÖR xxxxxxxx", beinhalteten "... als Dankeschön, dass Sie uns auch in diesem Jahr die Treue gehalten haben" einen "Gutschein von DM 10,- für jede Dienstleistung in allen Frisör xxxxxxxx Salons" mit Gültigkeit im Januar beziehungsweise Februar des Folgejahres und waren jeweils mit einem "Stempel" des ausgebenden Frisörsalons zu versehen. Der Name des Kunden wurde bei Ausgabe der Gutscheine nicht auf den Gutscheinen eingetragen und vom Frisörsalon auch nicht anderweitig festgehalten. Eine Bareinlösung der Gutscheine war ebenso ausgeschlossen wie die Kumulation von Gutscheinen. Nach Ablauf des Aktionszeitraums verfielen die Gutscheine entschädigungslos. Die Aushändigung der Gutscheine geschah unmittelbar nach Abrechnung der jeweiligen Dienstleistung an der Kasse durch die/den Salonangestellte/n, die/der den Kunden vorher betreut hatte. Hierdurch wurde sichergestellt, dass nur solche Kunden einen Gutschein erhielten, die in den Monaten November beziehungsweise Dezember auch eine entgeltliche Dienstleistung bezogen hatten. Bei der Aushändigung des Gutscheins hatte die/der Salonangestellte dem jeweiligen Kunden ihren/seinen Dank für die diesjährige Treue auszusprechen und ihn über die Modalitäten der Gutscheineinlösung zu informieren. Für die nach Ansicht der GmbH zu erwartenden Erlösminderungen wies die GmbH in der Bilanz des Ausgabejahres (jeweils in der Bilanz des Folgejahr wieder aufgelöste) Rückstellungen aus, wobei sie die Höhe der Rückstellungen jeweils in Anlehnung an die Zahl der gedruckten Gutscheine im Schätzungswege bestimmte. Über die ausgegebenen und tatsächlich wieder eingelösten Gutscheine wurden bis auf Ausnahmen keine genauen Aufzeichnungen geführt.

Für das Jahr 1995 lies die GmbH 350.000 Gutscheine drucken. Da lediglich aus einer Region Aufzeichnungen über die Rückläufer vorlagen, ermittelte die GmbH die Gesamtzahl der Gutscheinrückläufer anhand einer Schätzung. Diese Schätzung basierte auf den Zahlen, die aus der Region des Bereichsleiters xxxxxxxx gemeldet worden waren. Da in dieser Region von 20.088 ausgegebenen Gutscheinen 16.638 Gutscheine wieder eingelöst wurden, was 82,8% entsprach, nahm die GmbH diesen Wert als Anhaltspunkt, um die Gesamtzahl der Rückläufer in allen drei Regionen der GmbH zu ermitteln. Da nach Mitteilung der Regionen dort nur insgesamt 187.477 Gutscheine verteilt worden waren, errechnete die GmbH eine Zahl von (82,8% von 187.477 = 155.230 = lt. Klägerin) 155.236 eingelösten Gutscheinen à 10,00 DM und nahm deshalb einen rückzustellenden Betrag von 1.5 Mio. DM an.

Da nach Mitteilung der Regionen das Gutscheinsystem von den Stammkunden ab dem zweiten Jahr verstärkt akzeptiert wurde, ging die GmbH davon aus, dass die Ende 1996 ausgegebenen Gutscheine in der Folge in vollem Umfang eingelöst wurden. Ausgehend von 400 000 ausgegebenen Gutscheinen à 10 DM schätzte daher die GmbH den nach ihrer Ansicht rückzustellenden Betrag auf 4 Mio. DM.

Für 1997 nahm die GmbH an, dass von insgesamt ausgegebenen 563.750 Gutscheinen à 10 DM 558.500 Gutscheine eingelöst wurden und dafür eine Rückstellung von 5.585.000 DM zu bilden sei. Zusätzlich erhöhte sie die Rückstellung noch um weitere 600.000 DM, weil angeblich bei der Ausgabe der Gutscheine ein Wettbewerbsverstoß nach damaligem Recht befürchtet wurde. Dementsprechend bildete die GmbH eine Rückstellung von (5.585.000 DM + 600.000 DM =) 6.185 Mio. DM.

Im Anschluss an für 1995 und 1996 in 1998 durchgeführte Betriebsprüfungen des Finanzamts für Großbetriebsprüfung Braunschweig bei der Klägerin (Bericht vom 12.02.1999) und der GmbH (Bericht vom 12.02.1999) ging der Beklagte (das Finanzamt -FA-) nunmehr davon aus, dass die mit der Ausgabe der Gutscheine verbundenen Erlösminderungen wirtschaftlich noch nicht dem Ausgabe-, sondern erst dem Einlösejahr zuzurechnen und deshalb keine Rückstellungen zu bilden seien. Das FA erhöhte dementsprechend die Gewinne der GmbH und damit letztlich auch der Klägerin aus Gewerbetrieb für 1995 um 1,5 Mio. DM, 1996 um (4 Mio. DM - 1,5 Mio. DM =) 2,5 Mio. DM und für 1997 im Rahmen der Veranlagung um (6,185 Mio. DM - 4 Mio. DM =) 2,185 Mio. DM.

Unter dem 18.05.1999 änderte das FA dementsprechend die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheide über die einheitlich und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1995-1996, Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1995-1996 und die Gewerbesteuer-Zerlegungsbescheide 1995 und 1996 und berücksichtigte im Rahmen der Veranlagung bei den Feststellungs- und Gewerbesteuermessbescheiden 1997 vom 08.12.1999 die streitigen Erlösminderungen nicht.

Die dagegen eingelegten Einsprüche wies das FA durch Bescheid vom 05.04.2000 als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Klägerin wendet sich weiterhin gegen die vom FA abgelehnte ergebnismindernde Berücksichtigung der Gutscheine bereits im Jahr der Gutscheinausgabe. Bereits die Ausgabe der Gutscheine habe bewirkt, dass Verbindlichkeiten in Höhe der zu erwartenden Erlösminderung entstanden seien. Nur hilfsweise werde vorgetragen, dass Rückstellungen in ebendieser Höhe zu bilden seien.

Verbindlichkeiten seien Verpflichtungen des Unternehmens gegenüber Dritten, die nach Grund und Höhe feststehen und eindeutig qualifizierbar seien. Diese Voraussetzungen seien hier erfüllt. Durch die Ausgabe des Gutscheines verpflichte sich der Frisörsalon und damit die GmbH gegenüber dem Kunden zur Zuwendung eines Vorteils, nämlich dem Kunden beim nächsten Frisörbesuch im Januar/Februar des Folgejahres einen Preisnachlass in Höhe des aufgedruckten Betrages zu gewähren. Die Verpflichtung könne nach Grund (=Gutschein) und Höhe (=aufgedruckter Betrag) genau bestimmt werden. Schuldrechtlich handele es sich bei den von der GmbH ausgegebenen Gutscheinen um Inhaberpapiere i.S.der §§ 793, 807 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), die einen -notfalls einklagbaren- Anspruch auf Gewährung eines Preisnachlasses gewährten. Und eben dieser Anspruch des Kunden sei wirtschaftlich dem abgelaufenen Kalenderjahr zuzuordnen, da die GmbH durch die Ausgabe der Gutscheine noch in dem alten Jahr diesen Anspruch des Kunden begründet habe. Sofern die Gutscheine nicht als Inhaberpapiere i.S.des § 807 BGB anzusehen seien, sei das steuerliche Ergebnis gleich, da in jedem Fall eine steuerlich zu beachtende Selbstverpflichtungserklärung der GmbH mit faktischer Bindungswirkung anzunehmen sei. Dass die Kunden ihre Gutscheine erst im Januar/Februar des Folgejahres einlösen konnten, betreffe lediglich die Fälligkeit des Anspruches, nicht aber dessen rechtliches Entstehen. Es komme also nicht darauf an, dass der Kunde, der Inhaber eines Gutscheins ist, -erst- im Januar/Februar des Folgejahres eine Willenserklärung -gerichtet auf den Abschluss eines Dienstleistungsvertrags- abgeben müsse.

Folglich komme es auch nicht darauf an, ob die Kunden von ihrem Anspruch aus dem Inhaberpapier Gebrauch machen und im Januar des Folgejahres ihr "Guthaben" verrechnen lassen. Dieser Punkt betreffe nur die (Un)-Gewissheit der Inanspruchnahme der GmbH und somit einen rein tatsächlichen Vorgang. Rein rechtlich sei das "Guthaben" der Kunden in Höhe von 10 DM jedoch noch in dem alten Jahr begründet worden. Dies sei zivilrechtlich durch Einigung und Übergabe -bezogen auf das jeweilige Inhaberpapier- geschehen.

Dementsprechend sei auch davon auszugehen, dass das Betriebsvermögen der GmbH um eben den Wert der ausgegebenen Gutscheine bereits zum 31.12. des Altjahres geschmälert war. Denn die Gutscheine seien nur an solche Kunden ausgegeben worden, die im November/Dezember des Altjahres eine entgeltliche Dienstleistung bezogen hatten. Wirtschaftlich betrachtet stelle sich somit der Gutschein als ein Preisnachlass auf das im November/Dezember des Altjahres gezahlte Entgelt dar. Lediglich die Verrechenbarkeit des Preisnachlasses, also des in dem Inhaberpapier verkörperten Werts, werde in das Folgejahr geschoben. Und eben hierbei handele es sich um eine Fälligkeitsabrede, die die Entstehung der Verbindlichkeit der GmbH gegenüber dem Kunden im Altjahr unberührt lasse.

Jede andere Verbindlichkeit, die die GmbH noch vor dem 31.12. eines jeden Jahres begründete, hätte nicht zu einer rechtlichen Auseinandersetzung mit dem FA geführt, wenn der Leistungszeitpunkt und deren Fälligkeit "sicher" gewesen wären. Vorliegend stünden sowohl der Leistungszeitpunkt als auch die Fälligkeit der Leistung der GmbH, also die Verrechnung des Guthabens, fest. Ungewiss sei allenfalls die tatsächliche Inanspruchnahme, da bei der Ausgabe der Gutscheine noch nicht absehbar gewesen sei, ob sämtliche Kunden von ihrem Anspruch Gebrauch machen würden. Diese Ungewissheit berühre jedoch allenfalls die Höhe der zu berücksichtigenden Verbindlichkeit beziehungsweise Rückstellung. Deren grundsätzliche Bildung berühre sie nicht. Sofern es im Folgejahr nicht zu einer Inanspruchnahme der GmbH gekommen sein sollte, hätte die (in voller Höhe) gebildete Verbindlichkeit beziehungsweise Rückstellung entsprechend gewinnerhöhend ausgebucht werden müssen. Deren grundsätzliche Bildung zum 31.12. des Altjahres berühre diese Ungewissheit hingegen nicht und könne allenfalls als wertaufhellender Umstand im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung des Altjahres berücksichtigt werden.

Dass das jeweilige Betriebsvermögen der GmbH zum 31.12. der Streitjahre vermögensmindernd durch die Ausgabe der Gutscheine betroffen war, verdeutliche auch ein weiterer Aspekt. Ein gedachter Erwerber des Gewerbebetriebs der GmbH hätte - zum Stichtag 31.12.- die aus den ausgegebenen Gutscheinen resultierenden Verpflichtungen kaufpreismindernd berücksichtigt. Denn nach § 25 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) wäre er als neuer Inhaber des Gewerbetriebes an die von seiner Vorgängerin, der GmbH, begründeten Verbindlichkeiten gebunden, sei die sich aus § 25 Abs. 2 HGB ergebende Möglichkeit zur Durchsetzung abweichender Vereinbarungen nur theoretischer Natur gewesen. Da die Fälligkeit der Verpflichtungen jedoch erst nach dem 31. 12. des Altjahres und damit nach dem -gedachten- Betriebsübergang lag, hätte er den Grad seiner Inanspruchnahme ermittelt und den zum 31.12. des Altjahres zu zahlenden Kaufpreis in entsprechender Höhe gemindert. Der Fall eines gedachten Erwerbers zeige, dass die Ausgabe der Gutscheine bereits das Betriebsvermögen des jeweiligen Ausgabejahres wirtschaftlich belastete.

Soweit vom FA eingewendet werde, dass die Klägerin keine Nachweise, sondern allenfalls eine grobe Schätzung vorgelegt habe, treffe dies nicht zu. Die Klägerin habe im Einzelnen dargelegt, wie die Verteilung und Rücknahme der Gutscheine durchgeführt und buchhalterisch erfasst worden seien. Der Vortrag der Klägerin, dass die Gutscheine der Jahre 1996 und 1997 in nahezu vollem Umfang wieder eingelöst worden seien, stehe auch nicht im Widerspruch zu der Rückläuferquote der Gutscheine des Jahres 1995. Denn in 1995 seien die Gutscheine erstmalig ausgegeben worden und bei den Kunden noch nicht auf die Akzeptanz gestoßen, die den Gutscheinen in den Folgejahren zugekommen sei. In den Folgejahren hätten die Kunden der GmbH, bei denen es sich ganz überwiegend um Stammkunden handelte, die ausgegebenen Gutscheine mehr und mehr anerkannt. Da die Akzeptanz der Gutscheine stieg, sei es nicht unplausibel, dass diese in den Folgejahren auch in nahezu vollem Umfang wieder eingelöst wurden. Dass die Klägerin hierzu nicht die von dem FA erwünschten Aufzeichnungen vorlegen könne, sei zwar bedauerlich. Dies ändere jedoch nichts an der Tatsache, dass die Ausgabe der Gutscheine und deren Einlösung wie vorgetragen tatsächlich durchgeführt worden seien.

Auch wenn es zutreffe, dass die GmbH erst ab dem Jahr 1998 vertiefte buchhalterische Aufzeichnungen hinsichtlich der ausgegebenen und eingelösten Gutscheine führte, rechtfertige diese tatsächliche Unsicherheit nicht den Schluss, den das FA ziehen möchte. Denn das FA gehe davon aus, dass aufgrund des Vortrags der Klägerin die Passivierung einer Verbindlichkeit beziehungsweise einer Rückstellung insgesamt auszuscheiden habe. Da die Klägerin jedoch belegen könne, dass es tatsächlich zu der grundsätzlichen Ausgabe beziehungsweise Einlösung der Gutscheine gekommen sei, erscheine es allenfalls gerechtfertigt, dieser Unsicherheit bei der Passivierung der Verbindlichkeit der Höhe nach Rechnung zu tragen. Dies könne allenfalls durch einen angemessenen Sicherheitsabschlag erfolgen. Eine vollständige Versagung der Passivierung einer Verbindlichkeit werde den rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen, die die Ausgabe und Einlösung der Gutscheine nach sich zog, jedoch nicht gerecht. Denn die geringfügigen Unsicherheiten in tatsächlicher Hinsicht, die das FA ausmache, berührten die Passivierung einer Verbindlichkeit beziehungsweise einer Rückstellung dem Grunde nach nicht.

Nachdem der Berichterstatter durch richterliche Verfügung vom 04.02.2009 um Klarstellung gebeten hat, aufgrund welcher Erwägungen auch die Bescheide des Jahres 1997 angefochten werden, teilte die Klägerin unter anderem mit, dass in 1997 die Rückstellung um weitere 600.000 DM gebildet worden sei, weil man aufgrund der Gutscheinausgabe einen Wettbewerbsverstoß befürchtet habe. Die Klägerin sei bemüht, insoweit weitere Unterlagen zu beschaffen und dem Gericht kurzfristig vorzulegen.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Einspruchsbescheides vom 5. April 2000 die vorgenannten Feststellungs-, Gewerbesteuermessbetrags- und Gewerbesteuer-zerlegungsbescheide in den aktuellen Fassungen (Feststellungs- und Gewerbesteuermessbescheide 1997 vom 27. Januar 2003) dahingehend abzuändern, dass bei den Steuerfestsetzungen im Jahr 1995 DM 1,5 Mio. DM, im Jahr 1996 4 Mio. DM und im Jahr 1997 6,185 Mio. DM als Verbindlichkeit oder Rückstellung zusätzlich angesetzt werden.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hält daran fest, dass keine Verbindlichkeiten des jeweils abgelaufenen Wirtschaftsjahrs vorlägen und auch noch keine Rückstellungen zu bilden seien, weil der Tatbestand, an dem hier die Verpflichtungen geknüpft werde, wirtschaftlich noch nicht im abgelaufenen Wirtschaftsjahr begründet, sondern erst im Folgejahr verwirklicht werde. Zu unterscheiden seien realisierte und künftige Aufwendungen und ihr Bezug zu realisierten Erträgen und künftigen Erträgen. Realisierte Aufwendungen seien -von Sonderfällen abgesehen- stets wirtschaftlich verursacht, künftige Aufwendungen hingegen nur, sofern sie mit realisierten Erträgen in Zusammenhang stünden. Realisierter Aufwand sei gegeben, wenn sich die realisierte Verpflichtung zu einer konkreten Leistungspflicht verdichtet habe. Es müsse sich um Aufwand handeln, der bereits im abgelaufenen Jahr geleistet werden musste und damit zu einer Belastung des Betriebs im abgelaufenen Jahr geführt habe. Die GmbH habe mit der Ausgabe von Gutscheinen noch keinen Aufwand im Dezember realisiert, denn die Leistung im abgelaufenen Wirtschafsjahr erfolgte zum normalen Preis. Es habe sich auch nicht um Verbindlichkeiten gehandelt, die nur aus künftigen Einnahmen zu tilgen seien, sondern allenfalls um einen Verzicht auf Einnahmen im Folgejahr. Der Argumentation hinsichtlich des neuen § 5 Abs. 2 a) Einkommensteuergesetz (EStG) könne allein deshalb nicht gefolgt werden. Selbst wenn eine Verbindlichkeit rechtlich entstanden sein sollte, wäre sie nicht auszuweisen, denn sie wäre lediglich im Rahmen eines nicht erfüllten schwebenden Geschäftes entstanden. Die rechtliche Entstehung der Verbindlichkeit werde erst dann steuerlich relevant, wenn die Gegenleistung im Folgejahr zum ermäßigten Preis erbracht werde. Für die aufschiebend bedingt entstandenen zukünftig zu gewährenden Preisnachlässe bestehe daher ein Passivierungsverbot.

Das FA widerspricht im Übrigen wegen Fehlens einer ausreichend konkreten Leistungsverpflichtung auch der rechtlichen Qualifizierung der Gutscheine als Inhaberpapiere i.S.des § 807 BGB. Bei wirtschaftlicher Betrachtung würden lediglich Ende des Jahres für die nachfragearme Zeit nach den Feiertagen für einen begrenzten Zeitraum zu Beginn des Folgejahres Dienstleistungen zu einem günstig(er)en (Sonder-)Preis zugesagt.

Dann fehle es auch am ausreichenden Nachweis der behaupteten Zahl an ausgegebenen und eingelösten Gutscheinen.

Schließlich verweist das FA auf die nach seiner Ansicht zutreffende rechtliche Beurteilung des Niedersächsischen Finanzgerichts in seinem rechtskräftigen (vgl. Beschluss des BFH vom 25. 1. 2005 II B 170/03, BStBl. II 2005, 429) Urteil vom 28.10.2003 1 K 193/00 ([...]).

Die vom FA abgelehnten Betriebsvermögensminderungen durch Ansatz von Passivposten (Verpflichtungen oder Rückstellungen) wegen Ausgabe von Gutscheinen sind bereits von der GmbH durch Klagen angegriffen worden.

Die Klage wegen Einheitsbewertung des Betriebsvermögens auf den 01.01.1996 und 01.01.1997 und Vermögensteuer auf den 01.01.1996 hat das Niedersächsische Finanzgericht durch Urteil vom 28.10.2003 1 K 193/00, a.a.O., abgewiesen. Das Gericht schloss sich dabei der Rechtsauffassung des FA an und lehnte die Bildung von Passivposten ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision wies der BFH durch Beschluss vom 25.01.2005 II B 170/03, a.a.O., im Wesentlichen deshalb als unbegründet zurück, weil ein Streit über den Ansatz oder den Wert einzelner Wirtschaftsgüter nur auf dem Gebiert der Ertragssteuern ausgetragen werden könne. Denn die ertragssteuerlichen Bilanzansätze -von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen- seien dem Grunde und der Höhe nach ohne weiteres (auch noch nach späterer Änderung) für die Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens zu übernehmen.

Die Klage wegen Körperschaftssteuer 1995 und 1996 und gesonderter Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 und Abs. 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) zum 31.12.1995 und 31.12.1996 hat das Niedersächsische Finanzgericht durch Urteil vom 22.04.2004 6 K 303/00, EFG 2004,1662, abgewiesen. Einwendungen gegen die Höhe des Einkommens der GmbH als Organgesellschaft bezüglich der streitigen aufwandswirksamen Passivierungen könne nur die Organträgerin, hier also die Klägerin, im Rahmen ihrer einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung vorbringen. Die dagegen zugelassene Revision wurde nach Vortrag der Klägerin von ihr allein aus Kostengründen zurückgenommen, nachdem ihr der BFH durch Schreiben vom 01.06.2005 unter Hinweis auf das BFH-Urteil I R 84/03 vom 28.01.2004, BStBl. II 2004, 539, mitgeteilt hätte, dass die Revision einstimmig für unbegründet erachtete werde.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Durch sie wird die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Zu Recht nimmt das FA an, dass die GmbH als Organgesellschaft der Klägerin in ihren Handels- und Steuerbilanzen auf den 31.12.1995, 1996 und 1997 schon dem Grunde nach wegen der ausgegebenen Dienstleistungsgutscheine (1.) und wegen angeblicher Risiken aus Wettbewerbsverstößen (2.) keine Passivposten ausweisen durfte.

Die vorgenannten Bilanzierungsfragen bei der GmbH wirken sich insofern auf die in den hier streitigen Feststellungsbescheiden für die Klägerin getroffenen Feststellungen aus, als in den Feststellungsbescheiden auch das Einkommen der GmbH als Organgesellschaft mit festgestellt und auf die Beteiligten der Klägerin aufgeteilt wird. Die streitigen Gewerbesteuermessbeträge und diesbezüglichen Zerlegungen sind deshalb von den GmbH-Bilanzierungsfragen betroffen, weil im Rahmen der gewerbesteuerlichen Organschaft die GmbH als Betriebsstätte der Klägerin (§ 2 Abs. 2 Satz 2 Gewerbesteuergesetz -GewStG-) gilt, so dass sich die Passivierung über den Gewerbeertrag der GmbH auch auf den bei der Klägerin festzusetzenden und zu zerlegenden Gewerbesteuermessbetrag auswirkt (vgl. Urteil des BFH vom 12. 12. 1990 I R 153/86, BStBl. II 1991, 479).

Die GmbH war in den Streitjahren zur Buchführung und zu regelmäßigen Abschlüssen verpflichtet. Als GmbH gilt sie als Handelsgesellschäft i.S.des Handelsgesetzbuches -HGB- (§ 13 Abs. 3 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung -GmbHG-). Auf Handelsgesellschaften finden die Vorschriften über Kaufleute Anwendung (§ 6 Abs. 1 HGB). Kaufleute haben zum Schluss jeden Wirtschaftsjahres eine Bilanz aufzustellen. (§ 242 Abs. 1 Satz 1 HGB).

Da die GmbH aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet war, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, war für Zwecke der Gewinnfeststellung und der Gewerbesteuer das nach handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisende Betriebsvermögen anzusetzen (§ 7 GewStG, § 8 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz -KStG-, § 5 Abs. 1 Einkommensteuergesetz -EStG- ). In der Bilanz der GmbH waren nach diesen Grundsätzen Verbindlichkeiten und Rückstellungen zu passivieren. Das ergibt sich für Verbindlichkeiten aus § 247 Abs. 1, § 266 Abs. 3 Abschn. C HGB. Für ungewisse Verbindlichkeiten waren in den Streitjahren gemäß dem auch auf die GmbH anwendbaren § 249 Abs. 1, § 266 Abs. 3 Abschn. B HGB Rückstellungen zu passivieren.

1. Die streitigen Dienstleistungsrabattzusagen der GmbH waren vor der Inanspruchnahme der GmbH, also vor der Einlösung durch Kunden im jeweiligen Folgejahr weder -gewisse- "Verbindlichkeiten" (a.) noch durch Rückstellungen zu passivierende "ungewisse Verbindlichkeiten" (b.).

a. Eine Verbindlichkeit ist zu bilanzieren, wenn der Unternehmer zu einer dem Inhalt und der Höhe nach bestimmten Leistung an einen Dritten verpflichtet ist, die vom Gläubiger erzwungen werden kann und eine wirtschaftliche Belastung darstellt. Ist die Verpflichtung noch nicht wirksam entstanden, weil sie von dem Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, kann danach keine Bilanzierung einer gewissen Verbindlichkeit erfolgen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 17. 12. 1998 IV R 21/97 m.w.N., BStBl. II 2000, 116, 118). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.

Die GmbH hatte zwar zugesagt, Kunden bei Nachfrage von künftigen Dienstleistungen im Folgejahr gegen Vorlage der Gutscheine einen Preisabschlag von 10,00 DM zu gewähren. Diese Verpflichtung kann aber im Ausgabejahr noch nicht als Verbindlichkeit ausgewiesen werden, da sie am Bilanzstichtag rechtlich noch nicht voll wirksam entstanden ist und ungewiss ist, ob und in welcher Höhe sie in Zukunft eintreten wird. Die Verpflichtung der GmbH, einen Preisabschlag zu gewähren, entsteht rechtlich voll wirksam erst, wenn sich -auch- der Gutscheininhaber im Folgejahr gegenüber der GmbH zur Abnahme einer Dienstleistung verpflichtet. Die von der GmbH ausgegebenen Gutscheine begründen für den Inhaber lediglich den Anspruch auf die Einräumung eines Preisvorteils für den Fall, dass dieser die Dienste der GmbH im ersten Monat beziehungsweise in den ersten beiden Monaten des Folgejahres in Anspruch nimmt. Die Gutschein-Einlösung war daher nur bei Entgegennahme einer weiteren Dienstleistung, also nicht voraussetzungslos möglich. Eine Verpflichtung, die noch von dem Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, rechtfertigt aber nicht die Bilanzierung einer gewissen Verbindlichkeit (vgl. Urteil des BFH vom 17.12.1998 IV R 21/97, BStBl. II 2000, 116, 118, Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts 1 K 193/00, [...]). Sie war auch wirtschaftlich noch nicht in dem Geschäftsjahr verursacht, in dem die GmbH den Kunden Gutscheine für das Folgejahr aushändigte. Die Dienstleistungen an Kunden im "Altjahr" und die Dienstleistungen im Folgejahr beruhten auf rechtlich getrennten Verträgen, die nach dem Grundsatz der Einzelbewertung auch bilanzrechtlich getrennt zu erfassen sind. Durch die Gewährung des Preisabschlags wurden allein die Erlöse des Folgejahrs gemindert. Der Preisabschlag war damit wirtschaftlich so eng mit den künftigen Dienstleistungen verknüpft, dass er allein als eine Belastung des Betriebsvermögens der GmbH im jeweiligen Folgejahr anzusehen ist. Der rechtliche und wirtschaftliche Zusammenhang des Preisabschlags mit den künftigen Dienstleistungen zeigt sich auch darin, dass nach den mit den Gutscheinen verknüpften Voraussetzungen die GmbH an einen Kunden, der keine Dienstleistungen mehr nachfragte, auch nichts mehr, also auch keinen Ausgleich mehr zu zahlen hatte (vgl. Urteil des BFH vom 31.01.1973 I R 205/69, BStBl. II 1973, 305)

b. Die Dienstleistungsrabattzusagen sind auch keine durch Rückstellungen zu erfassende ungewisse Verbindlichkeiten. Eine Rückstellung für eine ungewisse Verbindlichkeit ist zu bilden, wenn sie im abgelaufenen Wirtschaftsjahr wirtschaftlich verursacht und ihre Geltendmachung gegenüber dem Steuerpflichtigen nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag wahrscheinlich ist. Wirtschaftlich verursacht ist eine Verbindlichkeit, wenn der Tatbestand, von dessen Verwirklichung ihre Entstehung abhängt, in dem betreffenden Wirtschaftsjahr im wesentlichen verwirklicht ist und die Verbindlichkeit damit so eng mit dem betrieblichen Geschehen dieses Wirtschaftsjahres verknüpft ist, dass es gerechtfertigt erscheint, sie wirtschaftlich als eine am Bilanzstichtag bestehende Verbindlichkeit zu behandeln. Selbst wenn die Verbindlichkeit am Bilanzstichtag rechtlich bereits wirksam entstanden ist, folgt daraus zumindest bei (auflösend oder aufschiebend) bedingten Verpflichtungen noch nicht die wirtschaftliche Verursachung. Solche bedingten Verpflichtungen sind in diesem Sinne noch nicht voll wirksam -wirtschaftlich- entstanden. In diesen Fällen steht der rechtliche Bestand der Verbindlichkeit noch nicht endgültig fest (vgl. BFH-Urteil IV R 21/97 m.w.N., a.a.O., 118 f.). Danach sind auch die für den Ausweis von Rückstellungen notwendigen Voraussetzungen im Streitfall nicht erfüllt. Aus den bereits unter a. dargelegten Gründen waren die Verpflichtungen aus den Dienstleistungsrabattzusagen noch nicht im Jahr der Gutscheinausgabe wirtschaftlich verursacht, sondern war die Gewährung des Preisabschlags eng und untrennbar mit der Inanspruchnahme einer weiteren Dienstleistung im Folgejahr verknüpft. Der Umstand, dass die GmbH den Anspruch auf die Einräumung des Preisvorteils durch die Ausgabe von Gutscheinen verbrieft hat, ändert nichts an dem rechtlichen Inhalt und der wirtschaftlichen Natur der dadurch eingegangenen Verpflichtung.

Soweit sich die Klägerin für ihre gegenteilige Auffassung auf die Urteile des BFH vom 04.12.1959 III 317/59 S (Rabattmarken-Karten), BStBl. III 1960, 80, vom 22.01.1988 VIII R 62/85 (Gutmünzen), BStBl. II 1989, 359, und vom 27. 6. 2001 I R45/97 (Verpflichtung zur Anpassung an Emissionswerte), BStBl. II 2003, 121, beruft, übersieht sie die im Vergleich zum Rechtsstreit unterschiedlichen Sachverhalte. So wurden dort deshalb Passivierungen für zulässig erachtet, weil zum Bilanzstichtag rechtlich bereits unbedingt entstandene und unabgängig vom Abschluss neuer Verträge zu erfüllende Verbindlichkeiten bestanden (Verpflichtung -auch- zur Bar-Einlösung bei den BFH-Urteilen III 317/59 S und VIII R 62/85 und Verpflichtung zur Einhaltung von Emissionswerten bei Betrieb der Spänetrocknungsanlage im Falle des BFH-Urteils I R 45/97).

Der hier zu beurteilende Sachverhalt unterscheidet sich auch grundlegend von den Fällen, in denen dem Steuerpflichtigen vor dem Bilanzstichtag eine als Kredit, Zuschuss oder Beihilfe bezeichnete Leistung gewährt wurde, deren Rückzahlung ganz oder teilweise vom künftigen wirtschaftlichen Erfolg des dadurch geförderten Vorhabens abhing. Der Unterschied liegt darin, dass der die bedingte Rückzahlungspflicht auslösende Vorgang -nämlich die Auszahlung des gegebenenfalls zurück zu gewährenden Zuschusses- zum Bilanzstichtag bereits verwirklicht war. Betrifft also eine ungewisse Verbindlichkeit zurück zu gewährende Erlöse, so ergibt sich die wirtschaftliche Verursachung der Rückzahlung bereits aus der erfolgswirksamen Vereinnahmung dieser Erlöse (BFH-Urteil IV R 21/97, a.a.O., 118 -unter 3. b)-). Durch die Bildung eines Passivpostens soll in diesen Fällen verhindert werden, dass die mit der Vereinnahmung des entsprechenden Geldbetrags verbundene Erhöhung des Betriebsvermögens zum Ausweis eines Gewinnes führt, der wirtschaftlich noch gar nicht voll verdient ist.

Schließlich überzeugt auch nicht der Einwand der Klägerin, dass das jeweilige Betriebsvermögen der GmbH zum 31.12. der Streitjahre bereits deshalb betriebsvermögensmindernd durch die Ausgabe der Gutscheine betroffen sei, weil ein gedachter Erwerber des Gewerbebetriebs der GmbH -zum Stichtag 31.12. - die aus den ausgegebenen Gutscheinen resultierenden und ihn nach § 25 Abs. 1 HGB bindenden Verpflichtungen kaufpreismindernd berücksichtigt hätte. Selbstverständlich hätte ein Kaufinteressent die Höhe seines Kaufangebots in Anlehnung an die im wirtschaftlichen Umfeld durchsetzbaren Dienstleistungsentgelte und danach erzielbaren Jahresumsätze bestimmt. Die Jahreserlöse sind aber bereits das Ergebnis der (nach Preisgestaltungsmaßnahmen wie z.B. auch Rabattaktionen) im Marktumfeld möglichen und von den Kunden der GmbH geforderten Dienstleistungsentgelte, die streitigen Preisabschlagszusagen stellen daher für einen gedachten Erwerber gar kein zusätzliches -eigenständiges- Kaufpreisminderungsmoment dar. Davon abgesehen bestand für den gedachten Kaufinteressenten nach § 25 Abs. 2 HGB hinsichtlich der von der GmbH eingegangenen Verpflichtungen auch durchaus die Möglichkeit zur abweichenden Vereinbarung und konnte er zudem die künftige Höhe der Dienstleistungsentgelte frei festlegen, also die Preise auch nach Marktlage erhöhen.

2. Die GmbH durfte auch wegen angeblicher Risiken aus Wettbewerbsverstößen keinen Passivposten von 600 000 DM in der Bilanz für 1997 bilden. Ein solcher Passivposten darf nur gebildet werden, wenn eine entsprechende das Betriebsvermögen des Jahres 1997 mindernde Verbindlichkeit nach Grund und Höhe vorliegt. Dazu wurden von der Klägerin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen. Entgegen der Ansicht der Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung konnte das Gericht auch nach Aktenlage entscheiden und war nicht verpflichtet, die Sache zu vertagen und der Klägerin nochmals Gelegenheit zum ergänzenden Vortrag zu geben.

Nachdem die Klägerin mit Schriftsatz vom 05.05.2000 auch bezüglich 1997 gegen Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen und über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag Klage erhoben, bis dahin für 1997 die Klage aber nicht begründet hatte, wurde sie unter Fristsetzung gemäß § 79 b Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) zum ( zunächst 05.03.2009 und dann nochmals verlängert bis zum 05.04.2009 und nochmals zum) 05.05.2009 und Hinweis auf die möglichen Konsequenzen aus § 79 b Abs. 3 FGO durch Verfügung des Gerichts vom 04.02.2009 (-unter 1. -) darauf aufmerksam gemacht und " ... um Klarstellung gebeten, aufgrund welcher Erwägungen ... jeweils auch das Streitjahr 1997 angefochten wird ...". Daraufhin teilte die Klägerin mit Schriftsatz vom 01.04.2009 mit, dass bezüglich 1997 die vom FA abgelehnte Berücksichtigung der von der Klägerin bilanzierten Rückstellung von 6.185.000 DM Streitgegenstand (Seite 2) und darin ein Betrag von 600.000 DM enthalten sei. Die Rückstellung sei um 600.000 DM erhöht worden, da man aufgrund der Ausgabe der Gutscheine einen Wettbewerbsverstoß nach damaligem Recht befürchtet habe. Die Berechnung des zuständigen Mitarbeiters der Steuerberatungsgesellschaft der Klägerin sei als Anlage 3 beigefügt. Auch insoweit sei die Klägerin bemüht, weitere Unterlagen zu beschaffen und dem Gericht kurzfristig vorzulegen (Seite 5). In der von der Klägerin beigefügten Anlage 3 heißt es dazu, "Risiko aus Wettbewerbsverstoß (10% der ausgegebenen Gutscheine) rd. 600.000 ...". Aufgrund dieser Ausführungen der Klägerin war nicht ausreichend dargetan geschweige denn belegt, dass die für die Bildung einer Rückstellung von 600.000 DM notwendigen Gründe vorliegen. Aufgrund des Hinweises des Gerichts und der zweifelsfreien Kenntnisnahme der Klägerin verbunden sogar noch mit der Ankündigung diesbezüglichen ergänzenden Vortrags konnte und durfte das Gericht davon ausgehen, dass die Klägerin jetzt ohne erneuten richterlichen Hinweis spätestens in der mündlichen Verhandlung ihrer Darlegungspflicht nachkommen werde. Nachdem die Klägerin auch in der mündlichen Verhandlung nicht in der Lage war, die Rückstellung von 600.000 DM rechtfertigende Tatsachen vorzutragen und zu belegen, durfte das Gericht gemäß § 79 b Abs. 3 FGO von einer die Erledigung des Rechtsstreits verzögernden Vertagung der Sache absehen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. Das Unvermögen der Klägerin, in der mündlichen Verhandlung die Gründe für die streitige Rückstellung darlegen und belegen zu können, beruht auf einer unzureichenden Vorbereitung und Mitwirkung im Verfahren. Beim vorliegenden Sachverhalt konnte die Klägerin nicht erwarten und darauf vertrauen, dass sie vor der mündlichen Verhandlung -nochmals- vom Gericht auf Lücken ihrer Klagebegründung aufmerksam gemacht wird. Hier musste die Klägerin bei genügender Vorbereitung sich -bereits ausreichend- aufgefordert wissen, dem Gericht spätestens in der mündlichen Verhandlung die Gründe für die Rückstellung vorzutragen und entsprechende Nachweise vorzulegen. Zudem kann vom -zumal von einem steuerlich qualifizierten Bevollmächtigten vertretenen- Kläger erwartet werden, dass er seine grundlegenden prozessualen Pflichten kennt und auch ohne besonderen Hinweis des Gerichts weiß, dass alle entscheidungserheblichen Punkte seines Streitgegenstandes und insbesondere ein gewinnmindernder Posten wie hier von 600 000 DM auch ohne besondere Aufforderung durch das Gericht nachvollziehbar darzulegen und zu belegen sind. Nach alledem waren die Klägerin beziehungsweise ihr Bevollmächtigter nicht ohne Verschulden an der sachdienlichen Vorbereitung der mündlichen Verhandlung und dem fraglichen Vortrag gehindert. Die Ablehnung der Vertagung war daher berechtigt, und zwar unabhängig davon, ob sie auch auf § 79 b Abs. 3 FGO gestützt werden kann (vgl. Beschluss des BFH vom 16. 6. 2009 X B 202/08, BFH/NV 2009, 1659, 1660)

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

Ende der Entscheidung

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