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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 11.11.1997
Aktenzeichen: XII (IX) 283/93
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 13a Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Niedersachsen

XII (IX) 283/93

In dem Rechtsstreit

hat der XII. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 11. November 1997, an der mitgewirkt haben:

1. Vorsitzender Richter am Finanzgericht

2. Richter am Finanzgericht

3. Richter am Finanzgericht

4. ehrenamtliche Richterin Unternehmerfrau

5. ehrenamtliche Richterin Hausfrau

für Recht erkannt:

Tenor:

Feststellung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft 1983 Pferdezucht als landwirtschaftliche Erwerbstätigkeit oder Liebhaberei. Sind bereits die Anfangsverluste erheblich und zieht der Steuerpflichtige, weil die Kostensenkungsmaßnahmen nicht den erwarteten Erfolg brachten, die Konsequenz und gibt den Pferdezuchtbetrieb auf, so ist dies ein wichtiges Beweisanzeichen, das der Annahme einer Liebhaberei entgegensteht.

Der negative Feststellungsbescheid vom 12. Oktober 1990 und der Einspruchsbescheid des Beklagten vom 18. Mai 1993 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, die Einkünfte der Kläger aus Land- und Forstwirtschaft für 1983 einheitlich und gesondert festzustellen und jeweils die Hälfte der Einkünfte dem Kläger und der Klägerin zuzurechnen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird Vollstreckungsnachlaß hinsichtlich der Kosten gewährt.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Kläger die Pferdezucht im Rahmen einer landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit oder als steuerlich unbeachtliche Liebhaberei betrieben haben.

Die Kläger sind Eheleute und haben drei Kinder. Der Kläger war bis Mai 1982 als Arzt nichtselbständig tätig, seit dem 1. Juni 1982 betrieb er eine Praxis als selbständiger Facharzt für Chirurgie und Orthopädie. Die Klägerin übte bis 1987 neben ihrer Tätigkeit als Hausfrau und in der Pferdezucht keinen weiteren Beruf aus. Seit 1988 war sie bei dem Kläger als medizinisch-technische Assistentin angestellt.

1975 mieteten die Kläger ein 3.000 qm großes Grundstück in B mit aufstehendem Wohnhaus und Stallgebäude (Schweinestall), 1980 und 1983 pachteten sie landwirtschaftliche Flächen (Wiesen) hinzu. Außerdem kauften sie 1983 ein ca. 5.500 qm großes landwirtschaftliches Grundstück.

Die Kläger hatten im Januar 1978 ein Reitpferd (Stute) erworben, das bis 1980 bei einem Nachbarn in einem Stall in H untergebracht war. Kurz zuvor hatte der Kläger mit der Ausübung des Reitsports begonnen. Im Juni 1979 erwarben die Kläger eine tragende Stute, deren Fohlen 1980 geboren und verkauft wurde. Außerdem erwarben sie im Mai 1980 eine dritte Stute. Die drei Stuten wurden noch im selben Jahr erfolglos gedeckt. Bis 1980 waren die Pferde in dem Stall des Nachbarn untergebracht. 1981 errichteten die Kläger drei Pferdeboxen in dem ehemaligen Schweinestall und ließen zwei ihrer Stuten erfolgreich decken.1982 erhielten sie die ersten beiden Fohlen aus eigener Zucht und erwarben außerdem eine vierte Stute. Darauf bauten sie einen weiteren Stall mit fünf Boxen auf einer der gepachteten Flächen.

Zum 1. Januar 1983 wurde dem Finanzamt (FA) gegenüber die Eröffnung eines Pferdezuchtbetriebes erklärt. Es ergaben sich folgende Erlöse aus Pferdeverkäufen und Verluste aus der Pferdezucht:

 19831984198519861987
 DMDMDMDMDM
Erlöse (netto)5.80065012.28038.3829.345
Verluste33.85960.24855.58433.44140.539

Die erklärten Verluste für 1983 und 1984 berücksichtigte das FA zunächst unmittelbar im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft. Die Bescheide ergingen gemäß § 165 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) vorläufig und nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Für die Veranlagungszeiträume 1985 bis 1987 führte das FA antragsgemäß einheitliche und gesonderte Feststellungen für den Pferdezuchtbetrieb der Kläger durch. Zum 31. Dezember 1987 erklärten die Kläger die Aufgabe des Pferdezuchtbetriebes. Die von ihnen ermittelten stillen Reserven betrugen ca. 23.000 DM. Seitdem betreiben die Kläger die Pferdezucht nur noch in eingeschränktem Umfang als Hobby. Einkünfte aus dieser Tätigkeit machten sie ab 1988 nicht mehr geltend.

Aufgrund von Feststellungen, die das FA anlässlich einer bei den Klägern im Jahre 1989 durchgeführten Außenprüfung traf, vertrat es die Auffassung, dass die Kläger die Pferdezucht seit Beginn in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betrieben haben; die Verluste aus der Pferdezucht beurteilte es jedoch als Ergebnis einer steuerlich nicht relevanten Liebhaberei-Tätigkeit. Es lehnte daher durch negativen Feststellungsbescheid vom12. Oktober 1990 die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte für 1983 und 1984 ab und hob die bereits erteilten Feststellungsbescheide für 1985 bis 1987 auf.

Durch Einspruchsbescheid vom 18. Mai 1993 wies das FA den Einspruch der Kläger, soweit er den negativen Feststellungsbescheid für 1983 betraf, als unbegründet zurück und stellte die Entscheidung über die Einsprüche hinsichtlich der Gewinnfeststellungen 1984 bis 1987 im Einvernehmen mit den Klägern bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Gewinnfeststellungssache 1983 zurück.

Zur Begründung ihres Einspruchs hatten die Kläger vorgetragen, sie hätten ihre unternehmerische Tätigkeit zum 1. Januar 1983 aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt hätten sie geplant, den Betrieb auszuweiten und aus dem Hobby eine gewinnbringende Tätigkeit zu machen, diese habe für den Kläger zum Nebenberuf und für die Klägerin zum Hauptberuf werden sollen. Daher sei eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet worden. In den Jahren 1983bis 1987 seien sie mit Gewinnerzielungsabsicht tätig gewesen. Der Züchterverband habe ihnen die Auskunft erteilt, aufgrund des Mutterstammes der Tiere könne sich eine Zucht rentieren. Da die Verluste erheblich gewesen seien, hätten sie durch Einsparungen bei den Personalkosten und Kündigung von Pachtverträgen die Kosten gesenkt. Außerdem seien die Pferde durch Reitlehrer ausgebildet worden, um die Erlöse zu erhöhen. Da diese Maßnahmen nicht die gewollten Erfolge gebracht hätten, sei schließlich der unternehmerische Betrieb eingestellt und in eingeschränktem Umfang nur noch als Hobby weitergeführt worden. Bei den geltend gemachten Verlusten habe es sich um solche aus einer Anlaufphase gehandelt. Sie hätten die Gewinnaussichten und die betrieblichen Erfordernisse verkannt und Fehlmaßnahmen ergriffen.

Die Zurückweisung des Einspruchs begründete das FA im Einspruchsbescheid im Wesentlichen wie folgt:

Der im Veranlagungszeitraum 1983 erzielte Verlust aus der Pferdezucht sei nicht einheitlich und gesondert festzustellen, da es sich bei der Tätigkeit der Kläger um eine steuerlich nicht beachtliche Liebhaberei gehandelt habe. Der Betrieb sei nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung nicht geeignet gewesen, auf Dauer gesehen nachhaltig mit Gewinn zu arbeiten. Erfahrungsgemäß sei es nicht möglich, mit einer reinen Pferdezucht in kleinerem Rahmen einen Gewinn zu erwirtschaften. In der Zeit von 1983 bis 1987 hätten die Kläger insgesamt einen Verlust von ca. 223.000 DM erwirtschaftet. Eine Gegenüberstellung der Erlöse aus Pferdeverkäufen und der Betriebsausgaben nur in Form von Kosten für Futter, Schmied, Tierarzt, Löhne und Ausbildung ergebe bereits ein negatives Gesamtergebnis von ca. 88.000 DM.

Der für 1983 geltend gemachte Verlust sei auch nicht deshalb den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen, weil das in dem Zeitraum 1983 bis 1987 erzielte negative Betriebsergebnis als lediglich anlaufbedingt anzusehen sei. Einen Zeitraum von etwa acht und mehr Jahren reiche für die Feststellung aus, dass ein Betrieb von Anfang an nicht geeignet war, nachhaltig Gewinne zu erzielen. Im Falle der Kläger liege ein solcher ausreichend langer Zeitraum zur Beurteilung vor. Die Kläger hätten bereits 1981 drei Zuchtstuten - davon zwei tragende - in eigenen Pferdeboxen gehalten und die Pferdezucht nach 1987 weiterhin betrieben, wenn auch in geringerem Umfang und nicht unter steuerlicher Geltendmachung der Verluste. Zwar treffe die Auffassung der Kläger zu, einem Steuerpflichtigen sei der Nachweis gestattet, dass er unter Verkennung der tatsächlichen Gegebenheiten von der Möglichkeit der Gewinnerzielung ausgegangen sei. Einen solchen Nachweis hätten die Kläger jedoch nicht erbracht, da sie ihren Betrieb nicht eingstellt oder verkauft, sondern in vermindertem Umfang weitergeführt hätten und die angefallenen Verluste aus persönlichen Gründen auch weitergetragen hätten. Einen Nachweis in anderer Form, etwa in der eines vor Betriebsbeginn eingeholten Gutachtens, hätten die Kläger nicht geführt. Liege keinerlei Nachweis darüber vor, dass sich die Kläger über die Gewinnaussichten ihres Pferdezuchtbetriebes lediglich geirrt haben, müsse dies zu ihren Lasten gehen.

Mit der vorliegenden Klage verfolgen die Kläger die steuerliche Berücksichtigung der Verluste aus der Pferdezucht weiter und tragen ergänzend zum Einspruchsvorbringen im Wesentlichen folgendes vor:

Bis 1982 hätten sie einen Liebhabereibetrieb (bestehend aus Pferden, Schafen, Ziegen, Hühnern, Gänsen) betrieben. In der Zeit von 1975 bis 1982 hätten nur wenige Pferde im Eigentum der Kläger gestanden, von denen eines verkauft wurde. Am 1. Januar 1983 sei der Pferdezuchtbetrieb Unger GbR mit einem Anfangsbestand von vier Zuchtstuten und zwei Fohlen gegründet worden. In der Zeit von 1983 bis 1987 hätten insgesamt 18 Pferde in ihrem Eigentum gestanden. Davon seien 12 Pferde gezüchtet worden, von diesen seien fünf und von den vier Zuchtstuten zwei verkauft worden, der Endbestand 1987 habe bei zwei Zuchtstuten und neun Fohlen gelegen. Von 1983 bis 1987 habe der Betrieb ein wirtschaftliches Minus von ca. 223.000 DM erwirtschaftet, 95.000 DM seien in die Pferdeaufzucht und -ausbildung (ohne Futterkosten etc.) investiert, für ca. 66.000 DM seien Pferde verkauft und stille Reserven in Höhe von ca. 23.000,00 DM gebildet worden. Die hohe Krankheitsanfälligkeit der Pferde sei ein starkes Handikap für die Pferdezucht gewesen, so dass insgesamt ca. 35.000 DM an den Pferdearzt gezahlt werden mussten. Die Krankheiten hätten nicht nur den reibungslosen Ablauf des Zuchtbetriebs gestört, sondern auch den Verkaufspreis der Pferde gemindert.

Zu der Auffassung, dass aus der Pferdezucht von Anfang an ein Totalgewinn nicht erzielbar gewesen sei, komme das Finanzamt erst nach Einstellung der Pferdezucht. Entscheidend sei jedoch insoweit nicht die Auffassung des FA, sondern die Absicht und die Möglichkeit der Kläger, Gewinne zu erzielen. Auf der bedeutendsten niedersächsischen Pferdeauktion, der Verdener Frühjahrs- bzw. Herbstauktion 1983 seien für Pferde Durchschnittspreise von knapp 20.000 DM erzielt worden. Auf der Frühjahrsauktion 1986 sei ein Durchschnittspreis von ca. 21.000 DM, auf der Herbstauktion 1985 von 25.000 DM erzielt worden. Unter der Voraussetzung, dass man für jedes Pferd einen "Durchschnittspreis" erzielt hätte, hätten die von den Klägern erzielbaren Erlöse zwischen 240.000 DM bis 300.000 DM gelegen. Tatsächlich seien sieben Pferde für ca. 66.000 DM verkauft worden; hinzukomme der Wert der verbleibenden fünf Pferde laut Berechnung des Anlagevermögens zum 31. Dezember 1987 mit ca. 50.000 DM, so dass die Erlöse aus dem Pferdeverkauf ca. 116.000 DM betrugen. Insgesamt seien den Klägern somit Erlöse zwischen 124.000 DM bis 184.000 DM entgangen.

Laufende Arztkosten bei Pferden seien lediglich die Kosten für durchzuführende Impfungen mit ca. 100 DM pro Jahr und Pferd. Bei durchschnittlich zehn Pferden in jedem der fünf Jahre ergebe sich ein Betrag von 6.000 DM in diesem Zeitraum. Die tatsächlichen Arztkosten seien somit um 29.000 DM höher gewesen als die laufenden Kosten, mit denen ein Pferdezüchter rechnen müsse. Für die möglichen Gewinnaussichten ihres Pferdezuchtbetriebs ergebe sich somit folgendes Bild:

+ 124.000 DM bis 184.000 DM fehlende Einnahmen aus Pferdeverkäufen

+ 29.000 DM nicht kalkulierbare Arztkosten

+ 23.000 DM stille Reserven ./. 223.000 DM Verluste Pferdezucht

./. 47.000 DM bis + 13.000 DM Insgesamt

Diese Aufstellung zeige, dass ein Gewinn durchaus möglich war. Zu beachten sei hierbei, dass der Blick auf die möglichen Gewinnaussichten insbesondere durch anlaufbedingte Kosten getrübt gewesen sei. Konsequenterweise hätten sie, die Kläger, nachdem sie erkannt hatten, dass der Pferdezuchtbetrieb keinen Gewinn abwerfen würde, diesen aufgelöst. Dabei hätte es sich aus betriebswirtschaftlicher Sicht entgegen der Auffassung des FA als Fehler erwiesen, sämtliche Pferde sofort und geradezu übereilt zu verkaufen, denn der Verlust aus dem Pferdezuchtbetrieb hätte sich durch ein solches Vorgehen noch erheblich erhöht. Die Aufrechterhaltung des Betriebs in kleinerem Rahmen ab 1988 sei daher unter einem betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkt zu sehen.

Die Kläger beantragen,

den negativen Feststellungsbescheid für 1983 vom 12. Oktober 1990 und den Einspruchsbescheid vom 18. Mai 1993 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Einkünfte der Kläger aus Land- und Forstwirtschaft für 1983 gesondert und einheitlich festzustellen und diese den Klägern je zur Hälfte zuzurechnen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er vertritt weiter die Auffassung, dass aus der Pferdezucht in der von den Klägern betriebenen Weise von Anfang an kein Totalgewinn erzielbar war und dass die Kläger aus privaten Gründen bereit und in der Lage gewesen sind, Verluste hieraus in Kauf zu nehmen. Die Freude an Pferden könne sich in der Weise äußern oder sich dahin entwickeln, dass neben der Ausübung des Reitsportes auch die Zucht von Pferden betrieben wird. Diese Art, ein Hobby zu gestalten, sei bei Pferdeliebern nicht selten anzutreffen und ebenso bei anderen Tierliebhabern feststellbar, die zunächst nur ein Tier oder wenige Tiere halten, sich aber später mit der Zucht, der Aufzucht, gegebenenfalls auch mit der Ausbildung und dem Verkauf der Tiere beschäftigen.

Die Auffassung der Kläger, sie hätten aufgrund widriger Umstände keinen Gewinn erzielen können, sei nicht überzeugend. Die angefallen Arztkosten von ca. 35.000 DM in fünf Jahren seien nicht außergewöhnlich hoch. Insbesondere die Pferdezucht führe zu erhöhten Aufwendungen für den Tierarzt.

Die von den Klägern genannten Durchschnittspreise für Pferde von ca. 20.000 DM in 1983 seien überhöht und aus den von den Klägern vorgelegten Ergebnissen der Frühjahrs- und Herbstauktionen 1983 nicht ersichtlich. Für dieses Jahr seien aus dem Verkauf ungekörter Hengste durchschnittliche Preise in Höhe von 14.708 DM und aus dem Verkauf von Fohlen in Höhe von 5.291 DM erzielt worden. Bei realistischer Betrachtung hätten die Kläger jedoch nicht mit den angegebenen Durchschnittspreisen rechnen können, da nur ein geringer Teil der Pferdeverkäufe über die Verdener Auktion abgewickelt werde und außerdem dort nur ausgesuchte, qualitativ höherwertige Tiere zugelassen würden. Die überwiegende Zahl der Pferdeverkäufe finde außerhalb von Auktionen statt, wo erheblich niedrigere Erlöse erzielt würden.

Den Berechnungen der Kläger sei zu entnehmen, dass sie auch bei Berücksichtigung der stillen Reserven und verminderter Arztkosten erst ab einem durchschnittlichen Veräußerungserlös von24.000 DM einen Überschuss erwirtschaftet hätten. Das seien unrealistische Erwartungen der Kläger gewesen.

Die Kläger verweisen demgegenüber auf die Auskunft des Verbandes Hannoverscher Warmblutzüchter e. V. vom 15. März 1995, wonach die Zahl der auf den Auktionen angebotenen Pferde (ca. 700 = 10% des jährlichen Fohlenzuwachses) nicht aus Gründen der Qualität der Pferde, sondern nur aus Kapazitäts- und Organisationsgründen beschränkt werde und das Verdener Auktionsangebot eine "Schaufensterfunktion" habe, die sich nachhaltig auf das Preisniveau für die Verkäufe "ab Hof bzw. Züchterstall" auswirke.

Wegen des Vobringens der Beteiligten im einzelnen wird auf ihre zu den Gerichtsakten überreichten Schriftsätze sowie auf die vom FA vorgelegten Steuerakten der Kläger Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

1. Die Kläger haben Anfang 1983 mit vier Stuten die Pferdezucht als landwirtschaftliche Erwerbstätigkeit begonnen. Das zugehörige Gelände (Grünland) war 1980 bzw. 1983 gepachtet worden, 5.500 qm waren 1983 von beiden Klägern je zur Hälfte käuflich erworben worden, so dass ab 1983 insgesamt 7.430 qm Grünland für die Pferdezucht zur Verfügung stand. In dem Schweinestall am angemieten Hausgrundstück in B wurden drei Pferdeboxen errichtet, fünf weitere auf einer der gepachteten Flächen.

Drei Stuten (K , B und A ) besaßen die Kläger schon vor 1983, 1982 hatten sie die ersten beiden Fohlen aus eigener Zucht erhalten. Der Senat geht mit den Beteiligten davon aus, dass die Kläger bis 1982 einschließlich sich mit der Pferdezucht nur hobbymäßig befasst haben.

2. Ob die Pferdezucht ab 1983 trotz ununterbrochen erzielter Verluste eine landwirtschaftliche Erwerbstätigkeit darstellte oder eine steuerrechtlich unbeachtliche Liebhaberei, ist nach der für den Senat bindenden Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, (BStBl II 1984, 751, 766) danach zu beurteilen, ob die Pferdezucht mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wurde oder nicht der Erzielung positiver Einkünfte diente, sondern aus persönlichen, nicht wirtschaftlichen Gründen der Lebensführung betrieben wurde. Dabei geht der Große Senat des BFH davon aus, dass auf die fehlende oder nicht fehlende Gewinnerzielungsabsicht nicht aus den Erklärungen des Steuerpflichtigen, sondern als innere Tatsache nur aus objektiven Umständen und Verhältnissen geschlossen werden kann.

Der Beweis, dass ein über Jahre hin mit Verlusten arbeitender Betrieb nicht mit der Absicht der Gewinnerzielung geführt wird, der Steuerpflichtige vielmehr aus nicht wirtschaftlichen persönlichen Gründen diese ständige finanzielle Belastung getragen hat, kann in der Regel als erbracht gelten, wenn feststeht, dass der Betrieb nicht nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt und nach seiner Wesensart und der Art der Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen nicht nachhaltig mit Gewinn arbeiten kann.

Diese Grundsätze gelten in der Regel nicht für die Anlaufzeit eines Betriebs, der neu aufgebaut werden muss. Verluste der Anlaufzeit als geplante Verluste können nur dann steuerlich nicht anerkannt werden, wenn aufgrund der bekannten Entwicklung des Betriebes eindeutig feststeht, dass er, so wie er vom Steuerpflichtigen betrieben wurde, von vornherein nicht in der Lage war, nachhaltige Gewinne zu erzielen und deshalb nach objektiver Beurteilung von Anfang an keine Einkunftsquelle im Bereich des Einkommensteuersteuerrechts darstellt (vgl. BFH-Urteil vom 12. November 1984 IV R 139/81, BStBl II 1985, 205, und die dort angeführte Rechtsprechung). Diese Grundsätze hat die Rechtsprechung des BFH vor allem für landwirtschaftliche Betriebe, für Gestüte und ähnliche Betriebe entwickelt, deren Beibehaltung trotz ständiger hoher Verluste als vom wirtschaftlichen Erfolgunabhängige persönliche Passion einer gehobenen Lebenshaltung erklärbar ist.

So verhält es sich jedoch im vorliegenden Fall nicht. Der Kläger und die Klägerin, die Mitglied im Verband H Warmblutzüchter e. V. waren, haben 1982, bevor sie sich zur Pferdezucht als Erwerbstätigkeit entschlossen, die einschlägige Literatur gelesen, mit Züchtern gesprochen, beim Verband der Warmblutzüchter Auskunft eingeholt und den Leiter der Deckstelle befragt, der ihnen für ein dreijähriges ausgebildetes Pferd einen Mindesterlös von 20.000 DM nannte.

Die Kläger haben drei Auktionen des Verbandes mit ihren Pferden beschickt und aus dem Verkauf von sieben Pferden 66.000 DM erzielt. Dass ganz andere Preise keine Utopie waren, ergibt sich aus der glaubhaften Versicherung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, 1984 sei für ein dreijähriges Pferd aus ihrem Stamm 42.000 DM (an einen anderen Züchter) gezahlt worden. Andererseits bestehen die Gewinnchancen, die die Kläger unter Annahme eines Durchschnittspreises von 20.000 DM bis 25.000 DM für jedes zu verkaufende Pferd errechnet haben, nur in der Theorie, wie der Senat meint. Die Kläger lassen bei ihrer Annahme auch die züchterische Grunderfahrung außer acht, dass bei der Pferdezucht die Qualität im ganzen aus der Quantität kommt. Das heißt, der einzelne Züchter hat Erfolge (Qualität) in der Regel erst zu erwarten, wenn er seine Zucht auf einer genügend breiten Basis (Quantität) betreibt.

Die Kläger haben nur vier Zuchtstuten gehalten, also die Zucht auf einer recht schmalen Basis betrieben. Die Fütterung und Unterbringung der Tiere war kostengünstig. Ob das Pferdematerial geeignet war, ist zweifelhaft. Der Senat stimmt den Klägern zu, wenn sie bei Tierarztkosten von 35.000,00 DM in fünf Jahren von einer hohen Krankheitsanfälligkeit sprechen, die nicht nur den Verkaufspreis der Pferde gemindert, sondern auch den Ablauf des Zuchtbetriebes gestört habe.

Da bereits die Anfangsverluste erheblich waren, haben die Kläger zunächst durch Einsparungen bei den Personalkosten und Kündigung von Pachtverträgen die Kosten gesenkt. Neue Kosten kamen jedoch hinzu, weil die Pferde zur Erzielung höherer Verkaufserlöse durch Reitlehrer ausgebildet werden mussten. Da diese Maßnahmen nicht den gewollten Erfolg brachten und an einen Ausgleich der Verluste durch spätere Gewinne nicht mehr zu denken war, zogen die Kläger die Konsequenz und gaben den Pferdezuchtbetrieb als landwirtschaftliche Erwerbstätigkeit auf. Darin sieht der Senat das entscheidende Beweisanzeichen, das der Schlussfolgerung des FA, es habe sich bei der Pferdezucht nur um eine Liebhaberei der Kläger gehandelt, entgegensteht.

3. Da die Voraussetzungen für die gesonderte und einheitliche Feststellung der von beiden Klägern erwirtschafteten landwirtschaftlichen Einkünfte für 1983 gemäß § 180 AO erfüllt sind (vgl. auch Tz. 13 des Bp.-Berichtes vom 7. September 1990) und der Antrag auf steuerliche Berücksichtigung des durch Einnahme-/Überschußrechnung zu ermittelnden Gewinns gemäß § 13 a Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) rechtzeitig gestellt wurde (vgl. Schreiben des früheren Steuerberaters der Kläger vom 10. Dezember 1983 (Bl. 63 der Arbeitsakte des Prüfers), wird das FA die auf das Streitjahr 1983 entfallenden Einkünfte aus Land-und Forstwirtschaft zu ermitteln und einheitlich gemäß § 180 AO festzustellen haben.

Der Senat hat über die einheitliche Feststellung der landwirtschaftlichen Einkünfte für die Jahre 1984 bis 1987 nicht zu entscheiden, weil die Streitsache sich im noch nicht erledigten Einspruchsverfahren befindet. Der Senat empfiehlt den Beteiligten, sich in der Weise außergerichtlich zu einigen, dass die anlaufbedingten Verluste der Kläger steuerlich anerkannt werden. Obwohl im Bereich der Landwirtschaft im allgemeinen erst ein Zeitraum von etwa acht Jahren für die Feststellung ausreicht, dass ein Betrieb von Anfang an nicht geeignet ist, nachhaltig Gewinne zu erzielen, hätte der Senat, wenn er entscheiden müsste, Bedenken, den Klägern einen so langen Zeitraum für die Erkenntnis zuzubilligen, dass ihr Pferdezuchtbetrieb keinen Totalgewinn erwarten ließ. Diese bessere Erkenntnis hätten die Kläger nicht erst nach Ablauf von fünf Jahren, sondern bereits nach Ablauf von drei, höchstens vier Jahren haben können; denn die in dem verhältnismäßig kleinen Betrieb der Kläger entstandenen Verluste waren von Anfang an außerordentlich hoch und blieben dies auch, so dass der Ausgleich der Verluste durch spätere Gewinne einschließlich möglicher Veräußerungsgewinne, die jedoch nur in begrenztem Umfang entstehen konnten, mit jedem neuen Wirtschaftsjahr unwahrscheinlicher wurde.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 155 FGO in Verbindung mit §§ 708Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).



Ende der Entscheidung

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