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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 10.03.2008
Aktenzeichen: 1 K 289/2007
Rechtsgebiete: GewStG, EStG


Vorschriften:

GewStG § 7
EStG § 8 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat der 1. Senat des Finanzgerichts Nürnberg

aufgrund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 10.03.2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand:

Streitig ist die Erfassung von erhaltenen Spenden als körperschaftsteuer- und gewerbesteuerpflichtige Betriebseinnahmen.

Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, betreibt einen Verlag. Mit ihrem Gesellschaftszweck verfolgt sie das Ziel, das "religiöse Gut aufgrund christlicher Grundlage im Sinne xxx weltweit zu verbreiten". Die Verwirklichung erfolgt durch Herstellung, Produktion und Verbreitung von Druckerzeugnissen, Tonträgern sowie Videokassetten. Alleinige Gesellschafterin bis 23.03.2000 war die B GmbH. Seit diesem Tag werden die Geschäftsanteile zu jeweils 25% von C, D, E und F gehalten.

Das Finanzamt lehnte den Antrag der Klägerin, für 1999 und 2000 als gemeinnützige Kapitalgesellschaft anerkannt zu werden, ab. Bei Werbemaßnahmen und Verlautbarungen wies die Klägerin darauf hin, welche positiven Wirkungen die Verbreitung ihres religiösen Gedankengutes für Mitmenschen auf der ganzen Welt zur Folge habe und bat darum, die damit verbundenen Kosten durch Geldspenden zu unterstützen. Daraufhin gingen bei der Klägerin zahlreiche (beispielsweise in 2003 ca. 320) Zahlungen ein. Es handelte sich sowohl um Kleinbeträge als auch teilweise um Zuwendungen von über 1.000 EUR von Privatpersonen und Unternehmungen, die mutmaßlich der Lehre xxx nahe standen. Die Klägerin erhielt hierdurch folgende Einnahmen:

 JahrSpenden
1999249.188 DM
2000148.238 DM
2001106.931 DM
200260.351 EUR
2003115.009 EUR
2004116.415 EUR

Im Rahmen einer Außenprüfung für die Jahre 1999 bis 2001 behandelte der Außenprüfer die von der Klägerin vereinnahmten Spenden als ertragsteuerpflichtige Betriebseinnahmen. Das Finanzamt folgte den Feststellungen und erhöhte auch für die Jahre 2002 bis 2004 das Einkommen und den Gewerbeertrag. Die Bescheide für 1999 bis 2003 ergingen am 31.10.2005 und für 2004 am 03.03.2006 u.a. mit folgenden Feststellungen und Festsetzungen:

 JahrEinkommen i.S.d. § 47 KStGKörperschaftsteuerGewStMB
199973.910 DM0 DM0 DM
20006.954 DM0 DM0 DM
200122.570 DM2.993 DM0 DM
20024.758 EUR397 EUR0 DM
2003-3.168 EUR0 EUR0 DM
20042.557 EUR639 EUR0 DM

Darüber hinaus unterwarf das Finanzamt die Spenden, soweit Freibeträge überschritten worden waren, der Schenkungsteuer. Die Klägerin beglich bis Mitte 2005 Schenkungsteuer von insgesamt 15.210,77 EUR. Die Schenkungsteuerbescheide wurden bestandskräftig.

Die Einsprüche der Klägerin gegen die Bescheide vom 31.10.2005 und 03.03.2006 blieben ohne Erfolg.

Die Klägerin hat Klage erhoben und vorgetragen, dass ein und derselbe Vorgang nicht einerseits der Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer und andererseits der Erbschaft- und Schenkungsteuer unterworfen werden dürfe. In Deutschland sowie in zahlreichen anderen Ländern werde die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen besteuert. Der Dualismus der Besteuerung von Einkommen- und Erbschaftsteuer erfasse daher zum einen die entgeltlichen und zum anderen die unentgeltlichen Vermögensmehrungen. Eine doppelte Erfassung eines Vermögenszugangs durch beide Steuern sei ausgeschlossen. Bereits im 17. Jahrhundert sei Erbschaftsteuer im markgräflichen Baden-Durlachschen Landrecht eingeführt worden. Zahlreiche Staaten und Gemeinden seien diesem Beispiel gefolgt. Das erste moderne deutsche Erbschaftsteuerrecht sei 1873 in Preußen in Kraft getreten. Während bis zum Ende des Ersten Weltkriegs die Einkommensteuer den Einzelstaaten überlassen worden seien, habe das Reich zur Finanzierung des Flottenbaus mit dem Erbschaftsteuergesetz 1906 das Besteuerungsrecht für Erbschaften an sich gerissen.

Die Einkommensteuer habe sich indessen erst im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelt. Manche Staaten hätten sich an der Quellentheorie orientiert, wonach der Beitrag zum Volkseinkommen auf bestimmte Einkunftsquellen beschränkt gewesen sei. Im Umkehrschluss hätten außerordentliche, einmalige oder zufällige Zu- oder Abflüsse nicht der Einkommensteuer unterlegen. Die hanseatischen Einkommensteuergesetze hingegen seien der Reinvermögenszugangstheorie gefolgt und hätten deshalb auch unentgeltliche Erwerber grundsätzlich erfasst. Die Doppelbelastung sei durch eine explizite Steuerbefreiung ausdrücklich ausgeschlossen worden. Die Neuordnung der Einkommensteuer nach Ende des Ersten Weltkrieges habe sich an der Reinvermögenszugangstheorie orientiert und die Doppelerfassung mit einer Steuerbefreiung in § 12 Nr. 1 EStG 1920 ausgeschlossen. Im EStG 1925 sei eine Rückkehr zur Quellentheorie erfolgt und in § 6 Abs. 3 EStG 1925 deklaratorisch klargestellt worden, dass einmalige Vermögensanfälle nicht zum steuerbaren Einkommen gehören sollten. Der Gesetzgeber habe es nicht für erforderlich angesehen diese Regelung in das Einkommensteuergesetz 1934 zu übernehmen, da die Steuerfreiheit sich bereits aus dem Einkommensbegriff ergebe. Der Ausschluss von Erbschaften und Schenkungen bei der Einkommensteuer sei so alt, wie die Einkommensteuer selbst.

Die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeitsprinzip sei das systemtragende Prinzip der Besteuerung von Einkommen sowie die Besteuerung für Erbschaften und Schenkungen. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schöpften sowohl die Einkommensteuer als auch die Erbschaftsteuer die Leistungsfähigkeit ab. Während die Einkommensteuer grundsätzlich die am Markt generierte Leistungsfähigkeit aus dem Einsatz von Arbeit und Kapital erfasse, habe die Erbschaftsteuer die unentgeltliche Mehrung der Leistungsfähigkeit zum Gegenstand. Das Bundesverfassungsgericht habe bei Prüfung des Halbteilungsgrundsatzes Erbschaftsteuer außen vorgelassen und damit zum Ausdruck gebracht, dass diese und die Einkommensteuer auf unterschiedlichen Ebenen wirkten. Eine Doppelbelastung mit beiden Steuern sei daher nicht möglich. Sowohl nach der Entstehungsgeschichte, als auch nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben sei ein Zusammentreffen von Einkommensteuer und Erbschaftsteuer ausgeschlossen.

Wie bereits in § 6 Abs. 3 EStG 1925, sei es auch heute erforderlich, die eingetretene Vermögensmehrung durch Schenkungen über Einlagen auszugleichen. Das EStG 1934 sei nach wie vor Grundlage des heutigen Einkommensteuerrechts, wenn auch mehrfach neue Bekanntmachungen und unzählige Änderungen stattgefunden hätten. Obwohl der Gesetzgeber eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung aufgrund der unterschiedlichen Regelungen zur Bewertung des unentgeltlich übertragenen Vermögens in Kauf genommen habe, sei eine juristische Doppelbesteuerung, wonach ein und derselbe Sachverhalt nach beiden Steuergesetzen steuerpflichtig sei, nicht systemgerecht.

Die Klägerin hat beantragt,

die angefochtenen Bescheide vom 31.10.2005 und 03.03.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.01.2007 dahingehend zu ändern, dass die eingenommenen Spenden nicht als Betriebseinnahmen behandelt werden.

Im Fall des Unterliegens hat sie beantragt,

die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat es vorgetragen, dass Erbschaftsteuer und Einkommensteuer grundsätzlich kumulativ nebeneinander erhoben werden könnten, da sie unterschiedliche Besteuerungsgegenstände beträfen. In der Kommentierung zu § 35 EStG sei die vom Gesetzgeber gewollte Doppelbelastung dargestellt. So habe auch das Hessische Finanzgericht in der Aufhebung des § 35 EStG keinen Verfassungsverstoß erkennen können. Der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellte Halbteilungsgrundsatz sei nur zur Vermögensteuer ergangen und betreffe nicht das Zusammenwirken von Erbschaft- und Einkommensteuer. Eine Korrektur der Vermögensmehrung über Einlage sei im Streitfall ausgeschlossen, da die Schenker nicht Gesellschafter der Klägerin seien.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Die "Spenden" sind als Betriebseinnahmen zu erfassen und erhöhen das körperschaftliche Einkommen und den Gewerbeertrag.

1. Betriebseinnahmen sind in Anlehnung an § 8 Abs. 1 EStG (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG und § 7 Satz 1 GewStG) alle Zugänge in Geld oder Geldeswert, die durch den Betrieb veranlasst sind. Ein Wertzuwachs ist betrieblich veranlasst, wenn insoweit ein nicht nur äußerlicher, sondern sachlicher, wirtschaftlicher Zusammenhang gegeben ist (BFH-Urteil vom 27.05.1998 X R 17/95, BStBl II 1998, 618, m.w.N.).

Von den Betriebseinnahmen zu unterscheiden sind Wertzugänge, deren Zufluss durch private Umstände veranlasst worden ist (BFH-Urteil vom 14.03.1989 I R 83/85, BStBl II 1989, 650).

a) Für die Beurteilung des Veranlassungszusammenhangs kommt es nicht auf die zivilrechtliche Rechtsgrundlage der Leistung an. Als betrieblich veranlasst sind daher nicht nur solche Einnahmen zu werten, die aus der maßgeblichen Sicht des Unternehmers (BFH-Urteil, BStBl II 1989, 650) Entgelt für betriebliche Leistungen darstellen. Es ist weder erforderlich, dass der Vermögenszuwachs im Betrieb erwirtschaftet wurde, noch, dass der Steuerpflichtige einen Rechtsanspruch auf die Einnahme hat. Betriebseinnahmen können auch vorliegen, wenn der Steuerpflichtige als Betriebsinhaber unentgeltliche Zuwendungen erhält, mit denen weder ein zuvor begründeter Rechtsanspruch erfüllt, noch eine in der Vergangenheit erbrachte Leistung vergütet werden soll (ständige Rechtsprechung, BFH-Urteile vom 21.11.1963 IV 345/61 S, BStBl III 1964, 183 und vom 13.12.1973 I R 136/72, BStBl II 1974, 210). Erforderlich ist nur, dass die Zuwendung einen wirtschaftlichen Bezug zum Betrieb aufweist (BFH-Urteil vom 14.03.2006 VIII R 60/03, BStBl II 2006, 650).

b) Im Streitfall besteht ein tatsächlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang der streitigen Spenden mit der gewerblichen Tätigkeit der Klägerin. Die Klägerin hat diese Zuwendungen erhalten, da sie um die Unterstützung bei der Verbreitung der Wertvorstellungen xxx gebeten hat und hierfür die Zahlungen geleistet wurden. Die Verbreitung dieser Weltanschauung ist gerade der Gesellschaftszweck und Gegenstand des Betriebs der Klägerin. Die Klägerin hat diese Zuwendungen nur erhalten, weil sie diese Tätigkeit ausübt.

Eine private Veranlassung, die ihre Grundlage in der persönlichen Verbundenheit mit der Klägerin als Person oder mit deren Gesellschaftern haben könnte, kann nicht festgestellt werden. Soweit in der Spenderliste 2003 auch Organisationen aufgeführt sind, die ebenfalls das Gedankengut xxx befürworten und verbreiten, weist dies nicht auf persönliche Bindungen der dahinterstehenden Personen hin, sondern belegt, dass der Gesellschaftszweck der Klägerin von den Zuwendenden gefördert werden sollte. Es sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Gesellschafter der Klägerin auch persönlich durch die Zuwendungen begünstigt werden sollten.

2. Das Gericht kann im Streitfall nicht entscheiden, ob die Festsetzung von Schenkungsteuer auf betrieblich veranlasste, freiwillige Zuwendungen rechtmäßig ist oder ob ein Anspruch darauf besteht, eine ggf. vorhandene doppelte Besteuerung durch eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO zu mildern. Über den beim Finanzamt gestellten Antrag wird dieses noch eigenständig entscheiden.

3. Die Revision war nicht zuzulassen, da die für die Ertragsteuern hier zu beantwortenden Rechtsfragen vom Bundesfinanzhof geklärt sind und erst durch die Entscheidung vom 14.03.2006 bestätigt wurden.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen, da sie in der Sache unterlegen ist (§ 135 Abs. 1 FGO).

Ende der Entscheidung

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