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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 19.02.2009
Aktenzeichen: 6 K 1859/2008
Rechtsgebiete: EStG, BEEG


Vorschriften:

EStG § 32a
EStG § 32b Abs. 2
BEEG § 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat der 6. Senat des Finanzgerichts Nürnberg

ohne mündliche Verhandlung

in der Sitzung vom 19.02.2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der monatliche Mindestbetrag des Elterngeldes von 300 EUR in den Progressionsvorbehalt einzubeziehen ist.

Die Kläger wurden im Streitjahr 2007 als Eheleute zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Klägerin bezog für die Monate Oktober bis Dezember neben einem Mutterschaftsgeld i.H.v. 210 EUR auch Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz i.H.v. 900 EUR. Die gemeinsame Tochter ist am 16.10.2007 geboren worden.

Im Einkommensteuerbescheid 2007 vom 09.07.2008 bezog das Finanzamt diese Leistungen nach § 32 b Abs. 1 Nr. 1 c) und j) EStG i.H.v. 190 EUR (§ 32 b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG) in die Berechnung des Steuersatzes ein (Progressionsvorbehalt). Es setzte die Einkommensteuer 2007 ausgehend von einem zu versteuernden Einkommen von 25.041 EUR und einem Steuersatz von 7,6017% auf 1.903 EUR fest.

Ihren Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 begründeten die Kläger damit, dass das Elterngeld nur in Höhe des den Mindestbetrag übersteigenden Betrages bei der Berechnung des besonderen Steuersatzes nach § 32 b Abs. 2 EStG anzusetzen sei. Das ergebe sich aus den Verfügungen der OFD Chemnitz (vom 27.06.2008 - S 2295-47/4 - St 22), der OFD Frankfurt/Main (vom 21.11.2007 - S 2282 A - 22 - St 217) und der OFD Münster (vom 08.05.2008 - NWB-Kurzinfo Einkommensteuer 20/2008).

Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 20.11.2008 als unbegründet zurückgewiesen. Das Finanzamt führte aus, nach § 32 b Abs. 1 Nr. 1 j) EStG unterliege das Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz dem Progressionsvorbehalt. In den von den Klägern genannten Verfügungen sei lediglich dargestellt, dass das Elterngeld für die Ermittlung der Bezüge des Kindes nach § 32 Abs. 4 Satz 2 ff., § 33 a Abs. 1 Satz 4 und § 33 a Abs. 2 Satz 2 EStG nur insoweit anzurechnen sei, als es den Sockelbetrag von monatlich 300 EUR übersteige. In der Verfügung der OFD Münster sei "Zur Klarstellung" ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Elterngeld in voller Höhe dem Progressionsvorbehalt unterliege. Der Gesetzeswortlaut und die Verwaltungsanweisungen seien eindeutig.

Im Klageverfahren trägt der Klägervertreter ergänzend vor, das im Elterngeld enthaltene Mindestelterngeld von 300 EUR im Monat werde unabhängig von einer früheren Erwerbstätigkeit gezahlt und sei deshalb nicht mit - den Progressionsvorbehalt rechtfertigenden Lohnersatzleistungen - sondern mit reinen Sozialleistungen vergleichbar. Eine Einbeziehung in den Progressionsvorbehalt widerspräche dem Willen des Gesetzgebers und verstoße gegen die bisherige Rechtssystematik.

Während des Klageverfahrens hat das Finanzamt am 28.01.2009 einen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid erlassen, in dem es bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zusätzliche Werbungskosten i.H.v. 260 EUR berücksichtigt und die Einkommensteuer 2007 auf 1.841 EUR herabgesetzt hat.

Dieser Bescheid ist gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 28.01.2009 dahin zu ändern, dass der Sockelbetrag, d.h. das Mindestelterngeld i.H.v. 300 EUR monatlich bei der Berechnung der Einkommensteuer außer Betracht bleibt.

Für den Fall des Unterliegens beantragen sie

die Zulassung der Revision.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es nimmt im Wesentlichen auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung Bezug.

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden, § 90 Abs. 2 FGO.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Das Finanzamt hat das nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz gezahlte Elterngeld zu Recht in voller Höhe in die Berechnung des besonderen Steuersatzes nach § 32 b Abs. 2 EStG einbezogen.

Hat ein unbeschränkt Steuerpflichtiger Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG - bezogen, so ist auf das nach § 32 a Abs. 1 EStG zu versteuernde Einkommen ein besonderer Steuersatz anzuwenden, § 32 b Abs. 1 Nr. 1 j) EStG. Dies ist der Steuersatz, der sich ergibt, wenn bei der Berechnung der Einkommensteuer das zu versteuernde Einkommen im Fall des Abs. 1 Nr. 1 vermehrt wird um die Summe der Leistungen nach Abzug des Arbeitnehmerpauschbetrages, soweit er nicht bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar ist, § 32 b Abs. 2 Satz 1 EStG.

Der Wortlaut des Gesetzes ist eindeutig. Er entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der das Elterngeld, anders als das bis 2006 gezahlte Erziehungsgeld, in den Progressionsvorbehalt einbezogen und die "Gegenfinanzierung" durch Mehreinnahmen aus dem Progressionsvorbehalt ausdrücklich in die Begründung des Gesetzentwurfes zur Einführung des Elterngeldes aufgenommen hat (BT-Drs. 16/1889).

Das Elterngeld wird als familienpolitisch begründete Lohnersatzleistung gewährt und damit systemkonform in den Progressionsvorbehalt einbezogen:

Anspruch auf Elterngeld hat, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, mit seinem Kind in einem Haushalt lebt, dieses Kind selbst betreut und erzieht und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt, § 1 Abs. 1 BEEG. Bezugsgröße für die Höhe des Elterngeldes ist das durchschnittliche monatliche Erwerbseinkommen aus den letzten zwölf Monaten vor der Geburt, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BEEG. Das Elterngeld wird für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen oder ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt als vor der Geburt des Kindes, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 BEEG. Elterngeld wird nach § 2 Abs. 5 Satz 1 BEEG mindestens in Höhe von 300 Euro gezahlt. Dies gilt nach § 2 Abs. 5 Satz 2 BEEG auch, wenn in dem nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG maßgeblichen Zeitraum vor der Geburt des Kindes kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt worden ist. Der Betrag nach § 2 Abs. 5 Satz 1 BEEG wird nicht zusätzlich zu dem Elterngeld nach den Absätzen 1 bis 3 gezahlt, § 2 Abs. 5 Satz 3 BEEG. Hierzu ist im Gesetzentwurf ausgeführt:

"Das Elterngeld unterstützt Eltern, die nicht voll erwerbstätig sind, durch einen Mindestbetrag in Höhe von 300 Euro, auch wenn vor der Geburt keine Erwerbstätigkeit bestanden hat. Eltern mit kleinen Einkommen und Eltern von Geschwisterkindern, die in enger Folge geboren werden, werden besonders berücksichtigt."

Das Elterngeld ist als Ausgleich für ein in der Zeit nach der Geburt wegen der Betreuung des Kindes - und den damit verbundenen Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit - reduziertes Einkommen gedacht. Das gilt auch für den Fall, dass der Betreuende schon vor der Geburt keine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat und jetzt wegen der Betreuung des Kindes weiterhin keine Erwerbstätigkeit ausübt.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe vorliegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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