Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 24.04.2007
Aktenzeichen: I 175/05
Rechtsgebiete: AO, KStG


Vorschriften:

AO § 52 Abs. 1 S. 1
AO § 52 Abs. 2 Nr. 1
AO § 55 Abs. 1 Nr. 4
AO § 61 Abs. 1
KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Nürnberg

I 175/05

Körperschaftsteuer 1995

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Senat des Finanzgerichts Nürnberg durch

aufgrund mündlicher Verhandlung

in der Sitzung vom 24.04.2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Körperschaftsteuerbescheid 1995 vom 28.12.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.05.2005 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die für die Gemeinnützigkeit i.S.d. §§ 51 bis 68 AO erforderliche Vermögensbindung im Streitjahr 1995 gegeben war.

Der Kläger ist ein 1986 gegründeter, eingetragener Verein mit dem Zweck der Bildung, der Erziehung und der Förderung von Kindern und Jugendlichen auf urchristlicher Grundlage im Sinne der Weltanschauung des X-Verein e.V. . Er betreibt eine staatlich zugelassene private Volksschule.

In der Gründungssatzung vom 16.02.1986 wurde zur Vermögensbindung geregelt:

§ 6

Auflösung des Vereins

Bei Auflösung oder Aufhebung des Vereins oder Wegfalls seines bisherigen Zweckes fällt das Vermögen des Vereins an X-Verein e. V. das es unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke zu verwenden hat.

Mit Bescheid vom 17.03.1986 bescheinigte das beklagte Finanzamt dem Kläger vorläufig, dass er gemeinnützige Zwecke im Sinne der §§ 51 ff. AO verfolge.

Das Finanzamt A versagte dem vorgesehenen Destinatär "X-Verein e.V." mit Bescheid vom 30.03.1994 die Gemeinnützigkeit für die Jahre 1989 bis 1991. Das Finanzgericht Nürnberg wies die Klage hiergegen am 24.03.1998 zurück. Der Bundesfinanzhof ließ die Revision mit Beschluss vom 03.09.1999 nicht zu.

Am 19.12.1994 fand eine ordentliche Mitgliederversammlung des Klägers statt. Die Versammlung wurde geleitet von Frau 1, die seit 09.02.1992 als weiteres Mitglied dem erweiterten Vorstand des Vereins "X-Verein e.V." angehörte. Dieser Verein und der Kläger werden durch denselben Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 2 steuerlich beraten.

In einer späteren Mitgliederversammlung vom 26.05.1995 fasste der Kläger § 6 seiner Satzung neu:

§ 6

Auflösung des Vereins:

Bei Auflösung oder Aufhebung des Vereins oder bei Wegfall seines bisherigen Zweckes fällt das Vermögen des Vereins an:

1. X-Verein e.V., sofern dieser Verein zum Zeitpunkt des Vermögensanfalls als gemeinnützig anerkannt ist, ansonsten an den:

2. Z-Verein e.V. sofern dieser Verein zum Zeitpunkt des Vermögensanfalls als gemeinnützig anerkannt ist, ansonsten an den:

3. Y-Verein e.V. sofern dieser Verein zum Zeitpunkt des Vermögensanfalls als gemeinnützig anerkannt ist, die es unmittelbar und für steuerbegünstigte Zwecke zu verwenden haben.

Falls zum Zeitpunkt des Anfalls keine der Begünstigten mehr besteht oder als gemeinnützig anerkannt ist, ist das Vermögen zu steuerbegünstigten Zwecken zu verwenden. Die Mitgliederversammlung entscheidet hierüber mit einfacher Mehrheit.

Beschlüsse über die künftige Verwendung des Vermögens dürfen erst nach Einwilligung des Finanzamts ausgeführt werden.

Diese Satzungsänderung wurde im Vereinsregister am 01.08.1995 eingetragen und am 29.08.1995 beim beklagte Finanzamt eingereicht.

Das beklagte Finanzamt erließ am 25.06.1996 einen Vorauszahlungsbescheid über Körperschaftsteuer für 1995 mit 0 DM. In der Begründung führte es aus, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof am 18.12.1995 entschieden habe, dass der Kläger gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung, insbesondere gegen Artikel 2 des Grundgesetzes verstoße. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Nach einer Stellungnahme des zuständigen Ministeriums hob das Finanzamt den Vorauszahlungsbescheid am 10.03.1997 auf und setzte am 24.03.1997 die Körperschaftsteuer 1995 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 0 DM fest. In der Anlage zum Bescheid wurden die Felder zur Aussage über die Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke nicht ausgefüllt (Nummer 1), jedoch angegeben, dass die Körperschaft bis 31.12.1997 zur Ausstellung von Spendenbescheinigungen (Nummer 2) auch für Mitgliedsbeitrage (Nummer 3) berechtigt sei. Die Anlage enthielt den Hinweis, dass in den Nummern 2 und 3 nur über die Rechtsauffassung des Finanzamt unterrichtet werde und einer Entscheidung über die Steuerfreiheit in den folgenden Veranlagungszeiträumen nicht vorgegriffen werde.

Am 21.12.2000 teilte das Finanzamt dem Kläger mit, dass der Vorbehalt der Nachprüfung im Bescheid vom 24.03.1997 wegen der ausstehenden Entscheidung über die Gemeinnützigkeit des Vereins X-Verein e.V. erfolgt sei. Da diesem endgültig die Gemeinnützigkeit aberkannt worden sei, sei dem Kläger aufgrund seiner Satzung, die bis 1995 gegolten habe, die Gemeinnützigkeit abzuerkennen. Am 28.12.2000 setzte es die Körperschaftsteuer 1995 mit 56.269 DM fest und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Dabei legte es Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 141.475 DM zu Grunde. Das Einspruchsverfahren führte aufgrund einer Beteiligung zu einer Minderung der Einkünfte um 45.240 DM, zu einem zu versteuernden Einkommen von 88.735 DM und einer festgesetzten Körperschaftsteuer von 19.054,83 EUR.

Der Kläger hat Klage erhoben und vorgetragen, dass er Vertrauensschutz genieße. Es sei bereits fraglich, ob der Vorbehalt der Nachprüfung zulässig gewesen sei oder ob eine vorläufige Feststellung nach § 165 Abs. 1 AO aufgrund der strittigen Gemeinnützigkeit des ursprünglichen Destinatärs erforderlich gewesen wäre. Auch das Finanzamt sei der Ansicht, dass der Verlust der Gemeinnützigkeit des Destinatärs nicht automatisch den Verlust der Gemeinnützigkeit des Klägers nach sich ziehe, sondern dass eine Satzungsanpassung in der ordentlichen Mitgliederversammlung vom 19.12.1994 ausreichend gewesen wäre. Dies könne das Finanzamt jedoch nur verlangen, wenn der Kläger damals gewusst habe oder jedenfalls habe wissen können, dass er bereits jetzt seine Satzung zu ändern habe, um die Gemeinnützigkeit für das Jahr 1995 nicht zu verlieren.

Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit des Destinatärs mit Bescheid vom 30.03.1994 habe noch keine Verpflichtung zur Satzungsänderung ausgelöst, da dieser Bescheid angefochten worden sei und erst am 24.03.1998 durch das Finanzgericht und letztendlich durch die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 03.09.1999 der Streitpunkt geklärt gewesen sei. Dem Kläger sei ebenso wie dem Finanzamt zuzubilligen, weitere Entscheidungen erst nach Rechtskraft zu treffen.

Der gesetzliche Vertreter des Klägers habe nicht gewusst, dass die Gemeinnützigkeit seines eigenen Vereins gefährdet gewesen sei. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Verhalten des Vorstands und der Mitglieder in der Versammlung vom 19.12.1994, in der die Bestimmung eines neuen oder zusätzlichen Destinatärs nicht angedacht gewesen sei. Eine Wissenszurechnung des steuerlichen Beraters komme nicht in Betracht, da er aufgrund des Steuergeheimnisses verpflichtet gewesen sei, anderen Mandanten keine Mitteilung zu machen. Frau 1 gehöre nicht zum Vertretungsvorstand des X-Verein und sei als Hauswirtschaftslehrerin auch nicht in der Lage gewesen, einen rechtlichen Handlungsbedarf zu erkennen. Der erweiterte Vorstand sei nur selten an Vorstandssitzungen beteiligt gewesen.

Das Finanzamt könne den Vertrauensschutz für das Jahr 1995 nicht durchbrechen, da es den Kläger nicht rechtzeitig darauf hingewiesen habe, dass er seine Satzung ändern müsse, um die Gemeinnützigkeit für das Jahr 1995 nicht zu verlieren.

Der Kläger hat beantragt,

den Körperschaftsteuerbescheid 1995 vom 28.12.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.05.2005 aufzuheben.

Das Finanzamt hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat es vorgetragen, dass die Satzungsänderung zu spät beschlossen und eingetragen worden sei. Da der Kläger sich zu einer Vermögensbindung im Sinne des § 61 AO entschieden habe, wonach das Vermögen bei Auflösung auf eine andere steuerbegünstigte Körperschaft zu übertragen sei, schlage der Wegfall der Steuerbegünstigung des Destinatärs auf die Gemeinnützigkeit des Klägers durch. Es obliege dem Steuerpflichtigen die Gemeinnützigkeit des Destinatärs laufend zu überprüfen; das Finanzamt habe insoweit keine Hinweispflicht. Der steuerliche Berater, dem auch die Einspruchsentscheidung des Vereins "X-Verein " am 07.07.1994 bekannt gegeben worden sei, habe erkennen können und müssen, dass eine Satzungsänderung beim Kläger erforderlich sei. In der nächsten ordentlichen Mitgliederversammlung am 19.12.1994 sei sie dem Kläger jedenfalls zumutbar gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet. Der Kläger ist mit seinen Einnahmen im Streitjahr 1995 von der Körperschaftsteuer befreit.

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG sind Körperschaften, die nach der Satzung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 AO) von der Körperschaftsteuer befreit, soweit die Einnahmen nicht im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erzielt werden. Die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke i.S.d. Vorschriften setzt u.a. voraus, dass die Tätigkeit der Körperschaft darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigen oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern (§ 52 Abs. 1 Satz 1 AO). Unter diesen Voraussetzungen ist die Förderung von Bildung und Erziehung als Förderung der Allgemeinheit anzuerkennen (§ 52 Abs. 2 Nr. 1 AO).

Mit dem Betrieb der Volksschule verfolgt der Kläger sowohl nach seiner Satzung als auch mit seiner tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar die Förderung von Bildung und Erziehung. Weder aus dem Sachverhalt, wie er sich aus den Akten ergibt, noch aus dem Vortrag der Beteiligten ergeben sich insoweit Bedenken.

Der Kläger erfüllt zudem die Anforderungen an die Selbstlosigkeit i.S.d. § 52 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 55 AO. Insbesondere genügt er dem Grundsatz der Vermögensbindung (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 AO) und hat dies in seiner Satzung vom 16.02.1986 genau bestimmt (§ 61 Abs. 1 AO).

Nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 AO setzt die Steuerbefreiung u.a. voraus, dass bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks das Vermögen der Körperschaft, soweit es die eingezahlten Kapitalanteile der Mitglieder und den gemeinen Wert der von den Mitgliedern geleisteten Sacheinlagen übersteigt, nur für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden darf (sog. Grundsatz der Vermögensbindung). Diese Voraussetzung wird auch erfüllt, wenn das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks auf eine andere steuerbegünstigte Körperschaft oder eine Körperschaft des öffentlichen Rechts zur Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke übertragen werden soll ( § 55 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 AO).

In Ausfüllung dieser sog. formellen Satzungsmäßigkeit bestimmt § 61 Abs. 1 AO, dass eine dem § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO entsprechende Vermögensbindung nur vorliegt, wenn der Zweck, für den das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks verwendet werden soll, in der Satzung so genau bestimmt ist, dass aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob der Verwendungszweck steuerbegünstigt ist. Die gesetzlich vorgeschriebene Festschreibung der (künftigen) Vermögensverwendung hat die Funktion eines Buchnachweises. Die zuständige Finanzbehörde soll in die Lage versetzt werden, schon an Hand der Satzung prüfen zu können, ob die Körperschaft ausschließlich steuerbegünstigte Zwecke verfolgt. Das hat zur Folge, dass weder auf außerhalb der Satzung getroffene Vereinbarungen oder auf Regelungen in anderen Satzungen Bezug genommen werden darf noch auf die steuerbegünstigten Zwecken tatsächlich entsprechende Geschäftsführung verwiesen werden kann (BFH-Urteil vom 21.07.1999 I R 2/98, BFH/NV 2000, 297).

1. Der formelle Buchnachweis i.S.d. § 61 Abs. 1 AO ist geführt, wenn sich aus der Satzungsregelung die Bindung ergibt, das Vereinsvermögen - auch im Falle einer Auflösung oder bei Wegfall des steuerbegünstigten Zweckes - nur für steuerbegünstigte Zwecke zu verwenden. Zur Auslegung der satzungsmäßigen Verpflichtung ist im Falle einer Vermögensübertragung auf eine steuerbegünstigte oder öffentlich rechtliche Körperschaft neben der Nennung des Destinatärs von Bedeutung, ob in Zukunft mit der Steuerbegünstigung des Destinatärs gerechnet werden kann.

Nach dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck des § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO und des § 61 Abs. 1 AO kommt es für den formellen Buchnachweis jedoch nicht darauf an, ob der Destinatär im Beurteilungszeitpunkt tatsächlich objektiv alle Tatbestandsmerkmale einer gemeinnützigen Körperschaft nach den Regelungen der Abgabenordnung erfüllt oder ob die für ihn zuständige Finanzbehörde ihm einen Freistellungsbescheid erteilt hat. Diese Kriterien sind nur insoweit von Bedeutung, als aus der positiven Kenntnis hierzu auf den Inhalt der niedergelegten Verpflichtung hinsichtlich der späteren Mittelverwendung geschlossen werden kann.

a) Sowohl für die Körperschaft, deren Satzung hinsichtlich der Vermögensbindung zu beurteilen ist, als auch für die Finanzbehörden ist es i.d.R. nicht möglich, zu beurteilen, ob der Destinatär zum aktuellen Zeitpunkt tatsächlich alle Voraussetzungen für die Gemeinnützigkeit erfüllt.

Die Formulierungen der § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO und § 61 Abs. 1 AO gehen daher von einer Vermögensbindung bei Auflösung oder Zweckwegfall aus, wenn das Vermögen auf eine steuerbegünstigte oder öffentlich rechtliche Körperschaft übertragen werden soll. Nach dem Wortlaut beider Regelungen liegt die Vermögensbindung vor, wenn für den Fall der Auflösung oder des Zweckwegfalls eine Verpflichtung dieser Art besteht. Da es sich hierbei notwendigerweise um ein künftiges Ereignis handelt, das erst durch Eintritt weiterer Bedingungen - Auflösung oder Zweckwegfall - eintritt, fordert der Wortlaut beider Regelungen die Steuerbegünstigung des Destinatärs lediglich im Zeitpunkt der Vermögensübertragung.

Es entspricht auch nicht dem Sinn und Zweck des formellen Buchnachweises i.S.d. § 61 Abs. 1 AO, die einzelnen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit bei der empfangenden Körperschaft zu prüfen. Insbesondere bei deren Vermögensbindung wäre andernfalls erforderlich alle weiteren Körperschaften, die wiederum Begünstigte der Vermögensanfälle bei Auflösungen wären, hinsichtlich ihrer Gemeinnützigkeit und Vermögensbindung zu prüfen (BFH-Urteil vom 21.07.1999 I R 2/98, BFH/NV 2000, 297). Die sich so ergebende Prüfungskette stünde im Widerspruch zum Sinn des formellen Buchnachweises, der eine zügige Entscheidung zur aktuellen Rechtslage aufgrund der vorliegenden Satzung ermöglichen soll.

Dass es nicht auf die objektive Erfüllung der Gemeinnützigkeitsmerkmale durch den Destinatär zum aktuellen Zeitpunkt ankommen kann, ergibt sich zudem aus den Anforderungen an seine tatsächliche Geschäftsführung. So könnte zwar bei entsprechender Prüfungskette festgestellt werden, ob die Satzung des Destinatärs geeignet ist, diesem Gemeinnützigkeit zu bescheinigen. Um die Steuerbegünstigung tatsächlich zu erhalten, ist jedoch darüber hinaus erforderlich, dass er auch nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgt (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG, § 59 AO). Weder die Finanzbehörde noch i.d.R. die zu beurteilende Körperschaft hat Kenntnis über die aktuelle, tatsächliche Geschäftsführung des Destinatärs und können daher hieraus keine Folgerungen ziehen.

b) Ebenso wenig kann es für den formellen Buchnachweis entscheidend sein, ob eine Entscheidung der für den Destinatär zuständigen Finanzbehörde vorliegt, wonach dieser für den Beurteilungszeitpunkt die Gemeinnützigkeitsanforderungen erfüllt. Eine Entscheidung hierüber liegt i.d.R. nicht vor.

Da neben den formellen Anforderungen auch die tatsächliche Geschäftsführung den Anforderungen der Gemeinnützigkeit entsprechen muss, kann die Finanzbehörde im Voraus nur den Zweck, seine voraussichtliche Umsetzung, die Förderung der Allgemeinheit und die Verpflichtung zur Selbstlosigkeit und die Verankerung dieser Kriterien in der Satzung prüfen. Sie erteilt daher auch nur Bescheinigungen, die über ihre vorläufige rechtliche Beurteilung informiert ohne eine Regelung im Einzelfall zu treffen. Erst nach Ablauf des Kalenderjahres und im vorgesehenen Turnus prüft und entscheidet sie verbindlich über die Gemeinnützigkeit und als Folge die Freistellung und Vergünstigungen bei Steuern.

So wird auch nach dem Wortlaut der § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO und § 61 Abs. 1 AO nicht vorausgesetzt, dass der Destinatär für das laufende oder ein früheres Kalenderjahr von der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer durch einen Verwaltungsakt freigestellt wurde oder ihm widerruflich die Berechtigung zur Ausstellung von Spendenbestätigungen erteilt wurde.

Es entspräche zwar dem Sinn und Zweck des formellen Buchnachweises aufgrund eines Bescheides des für den Destinatärs zuständigen Finanzamts leicht und zweifelsfrei dessen Steuerbegünstigung festzustellen, um die Vermögensbindung beurteilen zu können. Die vorläufige Erteilung der Berechtigung für Spendenbestätigungen kann hierfür jedoch keine Grundlage sein, da sie zum einen keinen Verwaltungsakt darstellt und deshalb nicht justitiabel ist und zum anderen dadurch keine Entscheidung zur Steuerbegünstigung getroffen wird. So widerspräche es dem Sinn und Zweck der Vermögensbindung, das steuerbegünstigt angesammelte Vermögen einem Destinatär tatsächlich zuzuwenden, der zwar im Jahr der Vermögensübertragung noch eine vorläufige Berechtigung für Spendenbestätigungen hatte, dessen Gemeinnützigkeit im Rahmen seiner Veranlagung für dieses Jahr jedoch nicht anerkannt wurde. Alleine die vorläufig erteilte Berechtigung des Destinatärs Spendenbestätigungen ausstellen zu können, rechtfertigt nicht die steuerbegünstigte Vermögensübertragung, insbesondere nicht, wenn der zuwendenden Körperschaft die mangelnde Erfüllung der Gemeinnützigkeitsanforderungen bekannt sein sollte.

c) Auch das beklagte Finanzamt kommt für die Folgejahre und das Vorjahr zu dieser Auslegung der § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO und § 61 Abs. 1 AO. Nicht die Entscheidung der Finanzverwaltung über die Gemeinnützigkeit des Destinatärs, sondern das Verhalten des Klägers ist für die niedergelegte Vermögensbindung von Bedeutung.

So veranlagte das beklagte Finanzamt den Kläger nur für das Jahr 1995 zur Körperschaftsteuer - nicht für die Folgejahre-, obwohl in der Satzung in der auch für die Folgejahre gültigen Fassung vom 26.05.1995 nach wie vor der Verein "X-Verein e.V." als Destinatär eingesetzt wurde, unter der Voraussetzung, dass dieser im Zeitpunkt des Vermögensanfalls als gemeinnützig anerkannt ist. Auch in der nächsten Satzungsversion vom 14.05.1998 wird ohne Beanstandung durch die Finanzverwaltung diese Formulierung gewählt, wobei jedoch der Verein "Z-Verein e.V." als Destinatär bestimmt wurde, dessen Gemeinnützigkeit bis ins Jahr 2005 (vgl. Klageverfahren beim Finanzgericht Nürnberg Az. I 68/2001) ebenfalls strittig war.

Der weitere Satzungszusatz, dass Beschlüsse über die künftige Verwendung des Vermögens der Einwilligung des Finanzamt bedürfen, kann eine fehlerhafte Vermögensbindung i.S.d. § 61 Abs. 1 AO aufgrund eines "schädlichen" Destinatärs nicht ersetzen. Dieses Einwilligungserfordernis könnte nur unter den Voraussetzungen des § 61 Abs. 2 AO eine ausreichende Vermögensbindung darstellen, wenn also aus zwingenden Gründen in der Satzung keine Bestimmung getroffen werden kann. Nur wenn zwingende Gründe vorliegen, kann das Einwilligungserfordernis ausreichen (BFH-Urteil vom 25.01.2005 I R 52/03, BStBl II 2005, 514). Ob der anhängige Rechtsstreit des Vereins "X-Verein e.V." einen solch zwingender Grund dargestellt hat, kann dahinstehen, da in der Satzung bereits die künftige Vermögensverwendung bestimmt wurde. Eines Beschlusses der Mitgliederversammlung, in den das Finanzamt einwilligen könnte, bedarf es daher nicht mehr. Lediglich wenn alle drei benannten Destinatäre im Zeitpunkt des Vermögensanfalls nicht als gemeinnützig anerkannt wären, käme es zu einem solchen Beschluss.

Das Finanzamt hat den Kläger auch nicht - unter Berücksichtigung der Verjährungsfristen - ab 1989 zur Körperschaftsteuer herangezogen und dies selbst für 1994 unterlassen. Käme es auf die tatsächliche Gemeinnützigkeit des Destinatärs an, so wäre die Vermögensbindung des Klägers seit 1989 entfallen - so zumindest die Entscheidung des Finanzamts A vom 30.03.1994 und der ihr folgenden Gerichtsentscheidungen. Käme es dagegen auf den Zeitpunkt an, bis zu dem dem Destinatär durch die Finanzbehörde die Berechtigung für Spendenbestätigungen erteilt und nicht widerrufen wurde, so wäre die Vermögensbindung jedenfalls am 30.03.1994 entfallen. Es stand nicht im Belieben des Finanzamts auf den Steueranspruch 1994 zu verzichten. Einen Vertrauenstatbestand hat es - wie es selbst vorträgt - nicht geschaffen. Das Finanzamt folgte vielmehr der zutreffenden Auslegung der satzungsgemäßen Vermögensbindung, wonach aus dem Verhalten des Klägers aufgrund der ihm bekannten Umstände auf seine Absicht, sein Vermögen im Auflösungsfall einer steuerbegünstigten Körperschaft zu übertragen, zu schließen ist.

2. Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger auch in der für 1995 maßgebenden Satzung bindend festgelegt, dass sein Vermögen im Falle der Auflösung oder des Zweckwegfalls auf eine steuerbegünstigte Körperschaft übertragen werden soll.

a) Die Absicht der steuerbegünstigten Verwendung des Vermögens ergab sich aus dem Wortlaut der Satzung vom 16.02.1986. Danach sollte das Vermögen dem Verein "X-Verein e.V. übertragen werden, der es unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke zu verwenden hatte. Der Kläger hatte - jedenfalls bis zum Beginn der Außenprüfung beim Verein "X-Verein e.V." im Jahr 1992 - keine Veranlassung an der Gemeinnützigkeit und Steuerbegünstigung des Destinatärs zu zweifeln.

b) Es kann dahinstehen, wann dem Kläger der Rechtsstreit um die Gemeinnützigkeit des Vereins "X-Verein e.V." bekannt wurde, da aus seinem Verhalten nicht auf den Verzicht der steuerbegünstigten Vermögensbindung geschlossen werden kann. Es ist daher nicht entscheidend, ob Frau 1 1994 an erweiterten Vorstandssitzungen des Vereins "X-Verein e.V." teilgenommen hat und die möglichen Auswirkungen auf die Steuerbegünstigung des Klägers erkennen konnte. Ebenso hatten zwar der Verein "X-Verein e.V." und der Kläger denselben steuerlichen Berater, jedoch war dieser weder gehalten noch berechtigt, seine Informationen aus dem anhängigen Rechtstreit an den Kläger weiter zu geben. Lediglich in Vorbereitung der Mitgliederversammlung vom 26.05.1995 musste dem Kläger die Problematik bekannt gewesen sein, jedoch reagierte er hierauf bereits am 26.05.1995 mit einer Änderung der Satzung.

c) Aber auch unter der Annahme, dass dem Kläger rechtzeitig vor der Mitgliederversammlung vom 19.12.1994 der Rechtsstreit des Vereins "X-Verein e.V." bekannt gewesen sei, lässt sich hieraus nicht auf einen Verzicht auf die steuerbegünstigte Vermögensbindung schließen. Zu diesem Zeitpunkt war die Rechtslage noch völlig offen. Lediglich die Finanzverwaltung hatte durch Bescheide vom 30.03.1994 und durch Einspruchsentscheidung vom 07.07.1994 die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit verneint. Die erstinstanzielle gerichtliche Entscheidung erging jedoch erst dreieinhalb Jahre später. Der Kläger musste daher allenfalls Bedenken wegen der Steuerbegünstigung des Destinatärs hegen. Er war jedoch nicht verpflichtet - im Vorgriff auf spätere gerichtliche Entscheidungen - vorsorglich seine Vermögensbindung zu ändern. Es stand ihm frei, den Ausgang des rechtsstaatlichen Verfahrens abzuwarten. Dies gilt umso mehr, als die Außenprüfung dem Destinatär die Gemeinnützigkeit noch absprach, weil die strengen Pflichten und hohen Anforderungen an die Mitglieder den Zugang der Allgemeinheit hinderten, wogegen das Finanzgericht die Selbstlosigkeit ablehnte, weil die Vermögensbindung aufgrund einer unzureichenden Anmeldung nicht ins Vereinsregister eingetragen wurde.

Jedenfalls kann aus dem Zuwarten des Klägers nicht geschlossen werden, dass er sein Vermögen nur und ausschließlich auf den Verein "X-Verein e.V." übertragen wollte, unabhängig davon, ob dieser nun steuerbegünstigt sei oder nicht.

d) Das beklagte Finanzamt hat dem Kläger noch jahrelang keinen Anlass gegeben seine Vermögensbindung zu überprüfen, so dass auch aus dessen Untätigkeit keine Rückschlüsse auf die beabsichtigte Vermögensverwendung gezogen werden könnten.

So erkannte die Veranlagungsbeamtin zwar am 14.09.1995, als der Kläger seine aufgrund der Mitgliederversammlung vom 26.05.1995 geänderten Satzung einreichte, dass die "Aberkennung" der Gemeinnützigkeit des Destinatärs und das anhängige Klageverfahren problematisch waren, jedoch hat sie hieraus weder für die bisherige noch für die geänderte Satzung Folgerungen gezogen, sondern lediglich einen Aktenvermerk gefertigt. Der Vorauszahlungsbescheid über Körperschaftsteuer 1995 vom 25.06.1996 führte als einzige Begründung an, dass die Gemeinnützigkeit wegen Verstoßes gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung voraussichtlich ab 1995 entzogen werde. Weder die Aufhebung des Vorauszahlungsbescheids vom 06.03.1997 noch der Körperschaftsteuerbescheid 1992 vom 24.03.1997 enthielten Angaben zum Grund der Vorbehaltsveranlagung oder den Hinweis auf die fragliche Gemeinnützigkeit des Destinatärs. Erstmalig im Schreiben vom 21.12.2000 wird als Vorbehaltsgrund die ausstehende Entscheidung über die Gemeinnützigkeit des Vereins "X-Verein e.V." angeführt.

Offenbar ging auch das Finanzamt davon aus, dass ein Handlungsbedarf erst nach rechtskräftiger Entscheidung über die Gemeinnützigkeit des Destinatärs bestehe. Dies ist auch nachvollziehbar, da bei einem für den Destinatär positiv ausgehenden Rechtsstreit im Hinblick auf den formellen Buchnachweis der Satzung keine Veranlassung bestanden hätte, eine ausreichende Vermögensbindung abzulehnen.

Der Kläger hatte bis Frühjahr 1994 und - wie die Satzungsänderung am 26.05.1995 zeigt - ab Mitte 1995 die Absicht, sein Vermögen im Falle der Auflösung oder bei Zweckwegfall auf eine steuerbegünstigte Körperschaft zu übertragen. Diese Absicht hatte er auch in dem Zeitraum dazwischen, da die Gemeinnützigkeit des Destinatärs lediglich umstritten war und aus dem Zuwarten des Klägers deshalb nicht auf eine andere Vermögensverwendung geschlossen werden kann. Er hat in seiner Satzung die entsprechende Bindung des Vermögens niedergelegt.

3. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen, da er in der Sache unterlegen ist (§ 135 Abs. 1 FGO).

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren diente der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Der Streitwert ist nicht festzusetzen, da er sich leicht und unmittelbar aus dem Klageantrag ermitteln lässt und deshalb kein besonderes Rechtsschutzbedürfnis hierfür besteht (BFH-Beschluss vom 07.03.2003 IV S 15/01, BFH/NV 2003, 1190).

Ende der Entscheidung

Zurück