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Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 07.08.2007
Aktenzeichen: II 250/05
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 14
UStG § 15 Abs. 1 S. 1
UStG § 15 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Nürnberg

II 250/05

Umsatzsteuer 2001 - 2003

In dem Rechtsstreit

...

hat der 2. Senat des Finanzgerichts Nürnberg

durch

...

aufgrund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 07.08.2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Umsatzsteuerbescheide 2001 bis 2003 vom 24.06.2004 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 30.5.2007 werden dahin abgeändert, dass die Umsatzsteuer für das Jahr 2001 i.H.v. 1563,00 DM, für das Jahr 2002 i.H.v. 799,87 EUR und für das Jahr 2003 i.H.v. 837,68 EUR festgesetzt wird.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu 12/13 und das Finanzamt zu 1/13 zu tragen.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe der Umsatzsteuer 2001-2003.

Die Klägerin war in den Streitjahren im Hauptberuf nichtselbständig als Konditorin bei einem Backwarenbetrieb bzw. im Jahr 2003 als Filialleiteranwärterin tätig. Im Nebenerwerb führte sie Reinigungsdienstleistungen aus. Für diese Dienstleistungen reichte sie Umsatzsteuererklärungen ein, die als Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung wirkten und in denen sie die Umsatzsteuer mit 727,47 DM (2001), 396,96 EUR (2002) und 409,15 EUR (2003) errechnete.

Anlässlich einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass der bislang von der Klägerin als betrieblich behandelte Pkw Seat Toledo mit dem amtlichen Kennzeichen XXX dem Privatvermögen der Klägerin zuzuordnen sei. Die Klägerin hatte den Pkw, der erstmals im Juni 1995 zugelassen war, gebraucht am 22.11.2000 für 9.950 DM erworben und zum 01.01.2001 in den Betrieb eingelegt. In ihren Umsatzsteuererklärungen hatte sie den Pkw als betriebliches Fahrzeug behandelt und die Vorsteuern aus den Betriebskosten (nicht Erwerb) geltend gemacht sowie die private Nutzung gem. § 3 Abs. 9a UStG in den Umsatzsteuererklärungen angegeben. Nach den Prüfungsfeststellungen anhand der vorgelegten Werkstattrechnungen vom 09.03.2001 und vom 11.11.2003 betrug der Kilometerstand zu Beginn 62.102 km -handschriftlich ausgebessert auf 76.000 km- bzw. zum Ende des Prüfungszeitraums 293.335 km. Der Prüfer legte als Anfangsbestand für Januar 2001 einen Kilometerstand von 65.000 km zugrunde. Die im streitigen Zeitraum gefahrenen betrieblichen Kilometer stellte er anhand der von der Klägerin vorgelegten Stundenzettel mit 8.574 km fest. Der Prüfer war der Auffassung, dass wegen des betrieblichen Anteils von durchschnittlich 3,76 % eine Zuordnung des Pkws zum Gegenstand des Unternehmens nicht erfolgt.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ am 24.06.2004 gem. § 164 Abs. 2 AO geänderte Umsatzsteuerbescheide, in denen die Umsatzsteuer für das Jahr 2001 mit 852,32 EUR (1.667,00 DM), für das Jahr 2002 mit 853,58 EUR und für das Jahr 2003 mit 875,68 EUR festgesetzt wurde. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde gem. § 164 Abs. 3 AO aufgehoben. Entgegen den Angaben in den vorgelegten Umsatzsteuererklärungen wurden in den geänderten Bescheiden vom 24.06.2004 für den Pkw Seat Toledo keine unentgeltlichen Wertabgaben mehr angesetzt und gleichzeitig auch die geltend gemachten Vorsteuerbeträge für den Pkw nicht mehr zum Abzug zugelassen.

Am 22.07.2004 hat die Klägerin Einspruch gegen die Umsatzsteuerbescheide 2001 bis 2004 vom 24.06.2004 eingelegt und mit Schreiben vom 23.08.2005 (Untätigkeits-) Klage gem. § 46 FGO erhoben.

Das Einspruchsverfahren war insoweit erfolgreich, als im Klageverfahren mit Einspruchsentscheidung vom 30.05.2007 unter Abänderung des Umsatzsteuerbescheides 2001 die Umsatzsteuer mit 1.631 DM (833,92 EUR) und unter Abänderung des Umsatzsteuerbescheides 2002 die Umsatzsteuer mit 834,87 EUR festgesetzt wurde. Der Einspruch gegen den Umsatzsteuerbescheid 2003 wurde als unbegründet zurückgewiesen. Die durchgeführten Änderungen betrafen nicht die streitige Sachbehandlung des Pkw Seat Toledo.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

die Umsatzsteuerbescheide 2001 bis 2003 vom 24.06.2004 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 30.05.2007 dahin zu ändern, dass die steuerliche Behandlung des PKW Seat entsprechend den eingereichten Umsatzsteuererklärungen als betriebliches Fahrzeug vorgenommen wird.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass es sich bei dem Pkw Seat Toledo um ein betriebliches Fahrzeug handle. Es könnten für die Ermittlung der betrieblichen Fahrten nicht nur die vorgelegten Werkverträge und Stundenzettel zugrunde gelegt werden. Es sei zu berücksichtigen, dass einige Objekte mehrmals täglich hätten angefahren werden müssen und dass nicht nur sie mit dem Pkw gefahren sei, sondern auch andere Familienangehörige, die sie bei ihrer Arbeit unentgeltlich unterstützt hätten. Im Schreiben vom 13.06.2007 versichert sie an Eides statt, dass die Kunden mit dem PKW XXX angefahren worden seien. Einige Kunden, insbesondere die Arztpraxis, hätten besonders in den Herbst- bzw. Wintermonaten vermehrt angefahren werden müssen. Die Kunden seien von ihr von ihrem Wohnort bzw. Arbeitsplatz (A, B usw.) aus bzw. von ihrer Mutter 1 i.d.R. von deren Arbeitsort/Marktstand in C oder D aus angefahren worden. Wenn der Kunde mehrmals täglich angefahren worden sei, seien die Stunden für diesen Tag zusammengefasst und nicht extra auf den Arbeitsnachweisen aufgeführt worden. Das Schreiben ist von der Klägerin und ihrer Mutter 1 unterschrieben.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es ist der Auffassung, dass der Pkw Seat Toledo nicht dem Unternehmen zuzuordnen sei, da er nach den Feststellungen der Außenprüfung zu weniger als 10 % für das Unternehmen genutzt worden sei. Der Vorsteuerabzug sei deshalb zu versagen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage bleibt überwiegend ohne Erfolg.

Das Finanzamt hat anhand der vorgelegten Unterlagen sachgerecht festgestellt, dass der Pkw Seat der Klägerin nicht deren unternehmerischen Bereich zugeordnet werden konnte und deshalb nicht im begehrten Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigte. Denn der volle Vorsteuerabzug aus den Betriebskosten eines Pkw -mit einer Besteuerung der privaten Nutzung- ist nur dann möglich, wenn das Fahrzeug zulässigerweise dem Unternehmen zugeordnet ist, d.h. zu mehr als 10 % unternehmerisch genutzt wird. Dies hat die Klägerin nicht zur Überzeugung des Gerichts dargelegt. Allerdings ist der Vorsteuerabzug aus den Betriebskosten zulässig, soweit die unternehmerische Nutzung nachgewiesen ist.

1. Nach § 15 Abs 1 Satz 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Voraussetzung für die Zuordnung zum Unternehmen ist, dass der erworbene Gegenstand zu mindestens 10 % für das Unternehmen genutzt wird (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG).

Bei einem Fahrzeug, welches von dem Unternehmer sowohl für unternehmerische als auch für nichtunternehmerische (private) Zwecke genutzt wird (sog. gemischt genutztes Fahrzeug) gilt, dass das Kfz -unabhängig von der ertragsteuerlichen Behandlung als Betriebs- oder Privatvermögen- dem Unternehmen zugeordnet werden kann. Erforderlich für die Zuordnung zum Unternehmen ist jedoch, dass das Fahrzeug zu mindestens 10% für das Unternehmen genutzt wird. Maßgebend ist bei einem Fahrzeug das Verhältnis der Kilometer unternehmerischer Fahrten zu den Jahreskilometern des Fahrzeugs. Wenn danach die 10 %ige Mindestnutzung für unternehmerische Zwecke nicht erreicht wird, kann das Fahrzeug nicht dem Unternehmen zugeordnet werden. In Zweifelsfällen muss der Unternehmer dem Finanzamt die mindestens 10 %ige unternehmerische Nutzung glaubhaft machen, z.B. durch Aufzeichnung der Jahreskilometer des betreffenden Fahrzeugs und der unternehmerischen Fahrten (mit Fahrtziel und gefahrenen Kilometern (BMF-Schreiben vom 27.08.2004 IV B 7 - S - 7300- 70/04 BStBl. I 2004, Seite 864)).

Allerdings sind nach der Rechtsprechung (EuGH-Urteil v. 08.03.2001, Rs. C-415/98. Bakcsi, BFH/NV Beilage 01, 52 und BFH-Urt. v. 31.01.2002 V R 61/96, BFH/NV 02, 742) die Anwendung des MWSt-Systems auf den Gegenstand selbst und auf die Leistungen zu seiner Nutzung und Wartung getrennte Fragen. Auch wenn der Gegenstand selbst nicht dem Unternehmen zugeordnet wurde oder werden durfte, sind Betriebs- und Erhaltungsaufwendungen (als sonstige Leistungen) für den unternehmerischen Einsatz des Gegenstands vom Zuordnungsverbot ausgenommen; so ist z.B. der Vorsteuerabzug aus Reparatur- oder Treibstoffkosten bei beruflicher Fahrt mit dem PKW zulässig (Wagner in Sölch/Ringleb, UStG, Kommentar, §15 UStG Rn. 477)

2. Unter Berücksichtigung vorstehender Rechtsgrundsätze hat die Klägerin nicht zur Überzeugung des Gerichts dargelegt und insbesondere keine Aufzeichnungen oder Unterlagen vorgelegt, aus denen sich eine unternehmerische Nutzung des Pkw Seat Toledo von mehr als 10 % ergibt. Es hat die Klägerin kein Fahrtenbuch und auch keine sonstigen Aufzeichnungen mit Datum, Fahrtziel und Kilometerangaben geführt, aus denen sich das Verhältnis der unternehmerischen und privaten Fahrten hätte ermitteln lassen.

Aufzeichnungen wären jedoch im Streitfall deshalb besonders erforderlich gewesen, weil das Fahrzeug in den Streitjahren 2001 bis 2003 eine aussergewöhnlich hohe Fahrleistung von ca. 228.335 km hatte, obwohl sich die Kunden der Klägerin im Stadtgebiet von E meist in kurzer Entfernung (z.B. Z1, Z2, Z3., Z4) befunden haben.

Soweit die Klägerin vorträgt (vgl. Schreiben vom 08.06.2004), die Kunden würden vor oder nach der Arbeit i.d.R. vom Landkreis aus angefahren, so ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin in ihren Einkommensteuerklärungen 2001 bis 2003 bereits sämtliche Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durch die Nutzung anderer privater Pkw ,d.h. nicht des Seat Toledo, als Werbungskosten geltend gemacht hat.

Es lässt sich der unternehmerische Fahranteil auch nicht ermitteln, wenn die Angaben der Klägerin zugrunde gelegt werden, Familienmitglieder hätten den Pkw Seat Toledo benutzt, um ihr bei den Reinigungsdienstleistungen zu helfen. Denn es liegen auch insoweit keine Aufzeichnungen vor. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, warum Fahrten der Mutter von ihrem Wohnort in E zu ihrem Arbeitsplatz am Marktstand in C und zurück nach E Fahrten für das Unternehmen der Klägerin sein sollen. Dabei weist das Gericht darauf hin, dass es insoweit nicht geprüft hat, ob die Mutter die Fahrten Wohnung-Arbeitstätte mit einem eigenen Pkw in den Streitjahren steuerlich geltend gemacht hat.

Soweit die Klägerin vorträgt, entgegen den Angaben auf den Stundenzetteln hätte z.B. das Objekt Y in der Z3 gerade in den Wintermonaten mehrmals täglich gereinigt werden müssen, so ergibt sich dies jedenfalls nicht aus den vorgelegten Kopien der Stundenzettel z.B. für die Monate November und Dezember 2003. Aus diesen Stundenzetteln ist nicht ersichtlich, dass das Objekt mehrmals täglich angefahren wurde. Gegen eine mehrfache Reinigung an dem gleichen Tag spricht vielmehr, dass als Uhrzeit für Beginn der Reinigung frühestens 18.00 Uhr eingetragen und als Anzahl der Stunden weit überwiegend 1,5 Stunden angegeben ist. Da als Art des Reinigungsdienstes an einzelnen Tagen "nass abstauben" und "Stühle putzen" angegeben ist, erscheint es schon vom zeitlichen Umfang her nicht glaubhaft, dass die Klägerin die Praxis mehrfach angefahren hat. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass sowohl die Klägerin als auch deren Mutter anderweitig hauptberuflich tätig waren. Ausserdem wurde anhand der Stundenzettel abgerechnet.

Es kann nicht der Auffassung der Klägerin gefolgt werden, es seien Kilometer wegen des Einkaufs von Reinigungsmitteln anzusetzen. Denn nach den vorgelegten Werkverträgen waren grundsätzlich die Reinigungsmittel und Reinigungsgeräte vom Auftraggeber zu stellen. Demgegenüber sind Aufzeichnungen in welchem Umfang Einkaufsfahrten angefallen sind oder konkrete Belege nicht vorgelegt worden.

Die Klägerin hat damit weder nachgewiesen noch zur Überzeugung des Gerichts glaubhaft gemacht, dass für den Pkw Seat eine unternehmerischen Nutzung von über 10 % stattgefunden hat. Vielmehr hat das Finanzamt -unter den gegebenen Umständen- sachgerecht anhand der vorgelegten Stundenzettel den unternehmerischen Nutzungsanteil im Wege der Schätzung ermittelt. Es wäre Aufgabe der Klägerin gewesen, durch eine geordnete Aufzeichnung der mit dem Pkw Seat Toledo durchgeführten Fahrten einen höheren unternehmerischen Anteil nachvollziehbar darzustellen oder jedenfalls die Stundenzettel so zu führen, wie sie -nach ihrer Auffassung- den tatsächlichen Abläufen entsprochen haben.

3. Allerdings kann die Klägerin entgegen der Auffassung des Finanzamts den Vorsteuerabzug aus den Betriebskosten bei unternehmerischen Fahrten vornehmen, auch soweit der Pkw Seat Toledo als Privat-Pkw anzusehen ist.

Das Gericht geht für diese Berechnung von den steuerbelasteten Kfz-Kosten aus, wie sie die Klägerin in ihren G. u. V.-Rechnungen für die Streitjahre angegeben hat und legt unter Beachtung eines Sicherheitszuschlages die berufliche Nutzung mit 5 % zugrunde. Das Gericht sieht damit als abgegolten an, dass z.B. in der Praxis Y in der Urlaubszeit Vorhänge gewaschen wurden und deshalb Zusatzfahrten angefallen sein können. Danach ist entsprechend folgender Berechnung die festzusetzende Umsatzsteuer in den Jahren 2001 um 68 DM, 2002 um 35EUR und 2003 um 38EUR niedriger festzusetzen:

 20018.485 DM x 5 % = 425 x 16 % = 68 DM,
20024.414 EUR x 5 % = 220 x 16 % = 35 EUR
20034.782 EUR x 5 % = 239 x 16 % = 38 EUR

Damit bleibt die Klage überwiegend ohne Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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