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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 19.02.2008
Aktenzeichen: III 9/06
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1
EStG § 63 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Nürnberg

III 9/06

Rückforderung von Kindergeld

In dem Rechtsstreit

...

hat der 3. Senat des Finanzgerichts Nürnberg durch

...

ohne mündliche Verhandlung

am 19.02.2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand:

Streitig ist der Kindergeldanspruch der Klägerin für ihren am 20.09.1983 geborenen Sohn A für die Monate März 2004 bis Juli 2004.

Die Klägerin bezog für ihren Sohn A zunächst laufend Kindergeld. Bis 10.02.2004 besuchte er die 10. Jahrgangsstufe der Berufsschule. In der Zeit vom 11.05.2004 bis 21.07.2004 arbeitete er bei der Firma 1 . Ab August 2004 war er als Bewerber sowohl um einen Ausbildungsplatz als auch um einen Arbeitsplatz bei der Berufsberatung bzw. Arbeitsvermittlung gemeldet.

Mit Bescheid vom 22.09.2005 hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung für das Kind A ab März 2004 auf und forderte von der Klägerin das für den Zeitraum März 2004 bis Juli 2004 gezahlte Kindergeld in Höhe von insgesamt 770 EUR zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen angegeben, das Kind habe die Schulausbildung abgebrochen und befinde sich nicht mehr in Ausbildung. Es sei nicht bei der Arbeitsvermittlung als arbeitssuchend gemeldet. Das Kind habe eine Beschäftigung für den Zeitraum 11.05. bis 21.07.2004 aufgenommen, die den Anspruch auf Kindergeld ausschließe. Eine Ausbildung werde nach Aktenlage nicht bzw. nicht mehr angestrebt.

Mit Einspruchsentscheidung vom 09.12.2005 wurde der dagegen eingelegte Einspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen.

Zur Begründung der Klage wird im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Es sei zutreffend, dass der Sohn der Klägerin die Schule am 10.02.2004 beendet hat. Daran anschließend habe er sich hinsichtlich seiner weiteren beruflichen Zukunft zunächst orientiert und sich über weiterführende Ausbildungsmöglichkeiten informiert. Da er kurzfristig keine neue Ausbildungsstelle habe antreten können, habe er in der Zeit vom 11.05. bis 21.07.2004 bei der Firma 1 gearbeitet, um wenigstens etwas eigenes Geld verdienen zu können. Der Arbeitslohn für diesen Zeitraum habe ausweislich der Lohnsteuerkarte 2004 lediglich 2.009,20 EUR betragen. Die zu beachtende Einkunftsgrenze des Kindes für 2004 sei keineswegs erreicht worden. Es sei auch die einzige Arbeitstätigkeit gewesen. Eine dauerhafte Tätigkeit sei nicht eingegangen worden. Darüber hinaus sei zu beachten, dass A erst am 20.09.2004 das 21. Lebensjahr vollendet hat. Er habe sich direkt nach dem Beenden der Schule nicht arbeitslos gemeldet, da er schließlich beabsichtigt habe, seine Ausbildung fortzusetzen. Die Tatsache, dass er keine Ausbildungsstelle fand, könne nicht zu seinen bzw. zu Lasten der Klägerin gewertet werden. Die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 EStG lägen demnach nicht vor, so dass kein Rechtsgrund für die Rückforderung des Kindergelds bestehe.

Für die Klägerin wird beantragt,

den Bescheid vom 22.09.2005 und die Einspruchsentscheidung vom 09.12.2005 aufzuheben.

Für die Beklagte wird Klageabweisung beantragt und zur Begründung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Insbesondere ein Berücksichtigungstatbestand nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c EStG sei für den strittigen Zeitraum nicht gegeben. Nachweise über Bemühungen des Kindes um einen Ausbildungsplatz lägen nicht vor. Voraussetzung nach dieser Vorschrift sei ein oder mehrere konkrete Berufsziele des Kindes. Eine Orientierung und Information, wie von der Klägerin geltend gemacht, könne deshalb nicht nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c EStG berücksichtigt werden. Im Übrigen sei dies von der Klägerin auch nicht belegt worden. Außerdem habe sich nach dem Vortrag der Klägerin das Kind auf Arbeitssuche befunden, d.h. das Kind habe eine Arbeitsstelle und nicht einen Ausbildungsplatz gesucht.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der vorliegenden Kindergeldakte KG-Nummer: verwiesen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter des Senats (§§ 90 Abs. 2, 79a Abse. 3 und 4 FGO) einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Verwaltungsakte verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

1. Für Zwecke der Kindergeldfestsetzung werden nach § 63 Abs. 1 S. 2 EStG Kinder berücksichtigt, die zumindest einen der Berücksichtigungstatbestände nach § 32 Abs. 4 S. 1 EStG erfüllen und deren Einkünfte und Bezüge den Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 S. 2 EStG nicht überschreiten. Im Streitfall erfüllt der Sohn der Klägerin für die strittigen Monate März bis Juli 2004 keinen der Tatbestände nach § 32 Abs. 4 S. 1 EStG, so dass ein Kindergeldanspruch der Klägerin für diese Monate nicht besteht.

a) Nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1. EStG 2004 ist kein Kindergeldanspruch gegeben, denn der Sohn der Klägerin hat zwar erst am 20.09.2004 sein 21. Lebensjahr vollendet. Aber unstreitig war er in den Monaten März bis Juli 2004 nicht bei einem Arbeitsamt im Inland als Arbeitssuchender gemeldet. Nach dem in der Kindergeldakte befindlichen Antrag der Klägerin vom 09.01.2005 erfolgte eine entsprechende Meldung erst ab August 2004, also außerhalb des im vorliegenden Verfahren zu beurteilenden Zeitraums. Weil nach der gesetzlichen Regelung ausdrücklich die Meldung bei einem Arbeitsamt im Inland als Arbeitssuchender gefordert wird, genügt eine Arbeitsplatzsuche des Kindes in Eigeninitiative ohne Meldung bei der Agentur für Arbeit nicht.

b) Die Voraussetzungen nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b oder d sowie Nr. 3 EStG 2004 sind im Streitfall ebenfalls nicht gegeben, insbesondere befand sich der Sohn der Klägerin während der strittigen Monate nicht in einer Übergangszeit von höchstens 4 Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten.

c) Ein Kindergeldanspruch besteht für die Monate März bis Juli 2004 weder nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG noch nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c EStG. Die von der Klägerin vorgetragene Orientierung und Information des Kindes über weiterführende Ausbildungsmöglichkeiten stellt keine Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG dar und kann auch nicht als Zeit ohne Ausbildungsplatz bzw. ernsthaftes Bemühen des Kindes um einen Ausbildungsplatz gewertet werden.

Berufsausbildung ist jede ernstlich betriebene Vorbereitung auf einen künftigen Beruf. Erfasst werden alle Maßnahmen zum Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind (vgl. Schmidt/Loschelder, EStG, 26. Aufl., § 32 Rz. 26 m.w.N).

Die Voraussetzungen nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c EStG sind dann gegeben, wenn ein Ausbildungsplatz fehlt und sich das Kind um einen solchen ernsthaft bemüht (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 21.07.2005 III S 19/04, BFH/NV 2005, 2207 m.w.N.).

Im Streitfall kann dahingestellt bleiben, ob und gegebenenfalls welche Art von Orientierung und für welche Dauer eine Information über weitere oder weiterführende Ausbildungsmöglichkeiten als Teil der Suche des Kindes nach einem Ausbildungsplatz bzw. als Vorbereitung für eine Berufsausbildung anzuerkennen ist, denn ebenso wie bei der Ausbildungsplatzsuche selbst setzt eine solche Orientierung oder Informationen jedenfalls ein nachweisbares und ernsthaftes Bemühen des Kindes um eine Ausbildung voraus. Die Klägerin hat jedoch zu der behaupteten Orientierung und Information des Kindes über weiterführende Ausbildungsmöglichkeiten im streitigen Zeitraum nichts Näheres vorgetragen oder belegt. Sie hat nicht einmal angegeben, wo, bei wem und über welche konkreten Ausbildungen bzw. Berufe sich ihr Sohn überhaupt informiert hat. Auch (Eigen-)Bewerbungen des Kindes um einen Ausbildungsplatz wurden nicht nachgewiesen. Weil die Klägerin die Beweislast (Feststellungslast) für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen trägt, geht das Fehlen entsprechender Nachweise zu ihren Lasten.

Schließlich kann auch dahingestellt bleiben, ob allein die Meldung des Kindes bei der Berufsberatung als Bewerber um einen Ausbildungsplatz einen ausreichenden Nachweis für ein ernsthaftes Bemühen um eine Ausbildung darstellt, denn nach den Angaben der Klägerin in ihrem Antrag vom 09.01.2005 ist ihr Sohn nicht während der strittigen Monate, sondern erst ab August 2004 bei der Berufsberatung als ausbildungsplatzsuchend gemeldet gewesen.

d) Eine andere Entscheidung ist auch nicht aufgrund des BFH-Urteils vom 16.11.2006 III R 15/06 (BStBl II 2008, 56) geboten. Nach dieser Entscheidung steht zwar eine Vollzeiterwerbstätigkeit des Kindes einer Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a bis c EStG bei Einhaltung des maßgeblichen Grenzbetrags grundsätzlich nicht entgegen. Aber dies setzt voraus, dass im Zeitraum der Vollzeiterwerbstätigkeit zugleich die Voraussetzungen eines Berücksichtigungstatbestands erfüllt sind. Wie vorstehend ausgeführt, kann der Sohn der Klägerin jedoch für die strittigen Monate nicht nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a bis c EStG berücksichtigt werden.

Die Einhaltung des Grenzbetrags nach § 32 Abs. 4 S. 2 EStG 2004 ist bei dieser Rechtslage nicht entscheidungserheblich.

Weil ab März 2004 bis einschließlich Juli 2004 ein Kindergeldanspruch der Klägerin für ihren Sohn A nicht bestand, hat die Beklagte zu Recht die Kindergeldfestsetzung ab März 2004 nach § 70 Abs. 2 EStG aufgehoben und das für die strittigen Monate gezahlte Kindergeld in Höhe von 770 EUR nach § 37 Abs. 2 AO von der Klägerin zurückgefordert.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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