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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 27.09.2006
Aktenzeichen: 1 K 1029/06
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 10 Abs. 2 S. 2
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 2
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Rheinland-Pfalz

1 K 1029/06

Gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen

In dem Finanzrechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 1. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27. September 2006

durch

...

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Der Bescheid über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen vom 18. August 2005 und die Einspruchsentscheidung vom 08. Dezember 2005 werden aufgehoben.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Bescheides über die gesonderte Feststellung der steuerpflichtigen Zinsen aus Kapitallebensversicherungen.

Der Kläger ist Gesellschafter-Geschäftsführer der Windkraftanlagetechnologie T GmbH, die ihrerseits Komplementärin der Windpark H GmbH & Co. KG (im folgenden: KG) ist. Der Kläger war alleiniger Kommanditist dieser KG.

Am 13. Oktober 2003 schloss der Kläger mit der A Lebensversicherungs-AG unter der Versicherungs-Nr. 31 744 297 9 einen Rentenversicherungsvertrag, der für den Kläger eine Zukunftsrente oder anstelle derselben ein einmaliges Garantiekapital von 122.034 EUR vorsah (Bl. 8 Vertragsakten).

Am 17.10.2003 schloss die KG mit der O-Bank AG einen Darlehensvertrag über eine Darlehenssumme von 145.000 EUR. Die Mittel sollten aus dem Kreditprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) kommen. Als Sicherheit sollten der Bank u.a. die Abtretung der Rechte und Ansprüche aus einer noch abzuschließenden A-Rentenversicherung dienen, die zur Tilgung des Darlehens bei Ablauf herangezogen werden soll (Bl. 19 f. Vertragsakten).

Ebenfalls am 17.10.2003 trat der Kläger die ihm zustehenden Ansprüche aus der oben genannten Versicherung an die O-Bank AG in Höhe von 139.000 EUR ab (Bl. 17 Vertragsakten).

Nach den vorliegenden Bankkontoauszügen der KG erfolgte die Darlehensauszahlung auf das bei der O-Bank AG geführte Kontokorrentkonto der KG in Höhe von 139.200 EUR am 24.10.2003 (Bl. 29 Vertragsakten). Aufgrund einer Anzahlungsanforderung der die Windenergieanlage erstellenden Firma ENERCON GmbH überwies die KG mit Wert 29.10.2003 den angeforderten Anzahlungsbetrag in Höhe von 67.280 EUR an die Auftragnehmerin (Bl. 30, 31 Vertragsakten).

Nach einer weiteren Anzahlungsanforderung der ENERCON GmbH vom 29.10.2003 und nach Eingang der Schlussrechnung vom 19.11.2003 zahlte die KG an die ENERCON GmbH mit Wert 26.11.2003 weitere 100.000 EUR (Bl. 32, 33, 35 Vertragsakten).

Nachdem die O-Bank AG mit Anzeige nach § 29 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung -EStDV- dem Beklagten am 11.05.2004 den Abtretungsvorgang angezeigt hatte, erließ dieser am 18. August 2005 einen Bescheid über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen. Danach seien die außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen zu der genannten Versicherung genannten Sparanteilen im Zeitpunkt ihrer Verrechnung oder Auszahlung insgesamt steuerpflichtig, weil der Kläger angeforderte Unterlagen, die eine Steuerunschädlichkeit des Vorgangs belegen würden, nicht eingereicht habe.

Nachdem der Kläger im Zuge des sodann geführten Einspruchsverfahrens verschiedene Unterlagen vorgelegt hatte, hielt der Beklagte in seiner Einspruchsentscheidung vom 08. Dezember 2005 (Bl. 47 Vertragsakten) an der Steuerpflicht der Zinsen fest. Er begründete dies damit, dass das Darlehen unmittelbar zur Bezahlung angeschaffter oder hergestellter Wirtschaftsgüter dienen müsse. Die Karenzzeit zwischen der Auszahlung des Darlehensbetrages und der Abbuchung zur Zahlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten betrage nach dem einschlägigen BMF-Schreiben vom 15. Juni 2000 30 Tage. Im Streitfall sei die Überweisung des Betrages in Höhe von 100.000 EUR aber erst nach Ablauf dieser Frist erfolgt, so dass eine steuerschädliche Verwendung der abgetretenen Versicherungssumme eingetreten sei.

Mit der hiergegen erhobenen Klage hält der Kläger daran fest, dass die Zinsen aus der streitgegenständlichen Versicherung nicht steuerpflichtig seien. Die Voraussetzungen für eine steuerunschädliche Verwendung im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG seien erfüllt, denn das Darlehen habe unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines begünstigten Wirtschaftsgutes gedient. Der Umstand, dass das Darlehen nicht direkt an das Bauunternehmen (ENERCON GmbH), sondern auf ein bei einer Bank geführtes Konto der KG gezahlt worden sei, sei im Hinblick darauf, dass es sich hierbei nicht um ein steuersparendes Finanzierungsmodell, sondern um einen üblichen Zahlungsweg handele, unschädlich. Dies sei im Sinne der BFH-Rechtsprechung lediglich ein notwendiges Durchgangsstadium im Rahmen einer wirtschaftlich sinnvollen Zahlungsgestaltung. Zu einer schädlichen Verwendung hätte es einer weiteren Umbuchung des ausgezahlten Darlehens bzw. eines Teilbetrages des Gesamtdarlehens bedurft. Für das Kontokorrentkonto, auf das die Darlehensvaluta eingezahlt worden sei, habe das Kreditinstitut keine Guthabenverzinsung gewährt. Zudem habe sich der Kontensaldo während der gesamten Zeit vor der Einzahlung des Darlehens bis zur Abbuchung der zweiten Rate im Haben befunden, so dass es durch die Einzahlung der Darlehensvaluta auch zu keinem Vorteil durch den Wegfall eventueller Schuldzinsen gekommen sei. Der Kläger bzw. die KG hätten somit keine Möglichkeit gehabt, ohne weitere Verfügungen Zinserträge zu erzielen. Zwar sei die vom Beklagten genannte 30-Tagefrist im Streitfall überschritten worden, diese äußerst kurze Überschreitung der im übrigen nicht im Gesetz zu findenden, sondern per BMF-Schreiben gewählten Begriffsbestimmung des Tatbestandsmerkmales "unmittelbar" könne aber alleine nicht zu einer Steuerschädlichkeit der Darlehensverwendung führen. Die aus dem 30-Tage-Zeitraum heraus fallende zweite Teilzahlung habe erst nach Abnahme erfolgen können und habe somit nur mittelbar in den Händen der KG gelegen. Diese habe aus wirtschaftlichen und vernunftmäßigen Gesichtspunkten den vollständigen Zahlungsbetrag, also die zweite Teilzahlung, erst nach Abnahme anweisen wollen und können. Eine Beschränkung des in dem Wort "unmittelbar" zum Ausdruck kommenden zeitlichen Elementes dahingehend, dass die Darlehensmittel innerhalb eines Zeitraumes von 30 Tagen verwendet werden müssten, sei weder dem Gesetzeswortlaut noch dem Gesetzeszweck zu entnehmen. Dieses Wort "unmittelbar" könne räumlich oder zeitlich verstanden werden. Der Gesetzeskontext lasse den Schluss auf ein räumliches Verständnis zu, da ausgezahlte Darlehensmittel direkt und ohne Umweg zur Finanzierung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten begünstigter Wirtschaftsgüter verwendet werden müssten. Nach dem Gesetzeszweck habe nur verhindert werden sollen, dass mit dem durch die Lebensversicherung abgesicherten und zu tilgenden Darlehen gleichzeitig die Zinsen des Ursprungsdarlehens getilgt oder gesichert würden, wozu aber eine zeitliche Beschränkung nicht erforderlich sei. Lediglich im Falle einer erheblichen zeitlichen Verzögerung bei der Verwendung der Darlehensmittel könne der Schluss nahe liegen, dass das Darlehen nicht der Anschaffung oder Herstellung eines begünstigten Wirtschaftsgutes diene. Im Streitfall sei die Verzögerung dagegen so gering, dass von einer anderweitigen Verwendung nicht ausgegangen werden könne. Es habe auch weder eine Festgeldanlage der Darlehensmittel bestanden noch sei ein sonstiger Zinsvorteil durch die Auszahlung auf das Konto der KG entstanden. Der unbestimmte Rechtsbegriff "unmittelbar" sei vor diesem Hintergrund mit Inhalt zu füllen und auszulegen. Dabei sei auch immer die Sinnhaftigkeit der gewählten Auslegung im konkreten Einzelfall zu überprüfen, das Festhalten an einer einmal gefundenen Auslegung dürfe nicht zu unbilligen Härten oder einer unangemessenen Benachteiligung im Einzelfall führen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen vom 18. August 2005 und die Einspruchsentscheidung vom 08. Dezember 2005 aufzuheben,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die unschädliche Karenzzeit zwischen der Auszahlung eines Darlehens und der Abbuchung zur Bezahlung von Anschaffung- oder Herstellungskosten betrage 30 Tage. Dies gelte auch dann, wenn die Darlehensmittel zunächst auf ein Kontokorrentkonto des Darlehensnehmers überwiesen würden, von dem sodann die Herstellungs- oder Anschaffungskosten bezahlt würden. Im vorliegenden Falle sei der Darlehensbetrag am 24. Oktober 2003 auf ein Kontokorrentkonto der Darlehensnehmerin, der KG, ausgezahlt worden. Die abschließende Überweisung von 100.000 EUR an die Erstellerin der Windkraftanlage sei erst am 26.11.2003 erfolgt. Da der Darlehensnehmerin der volle Darlehensbetrag in Höhe von 145.000 EUR unmittelbar zur Verfügung gestellt worden sei, habe keine Veranlassung mehr für die verzögerte Zahlung des Restkaufpreises durch die Darlehensnehmerin bestanden. Die vom Kläger abgetretenen Versicherungsansprüche seien nicht mehr in vollem Umfang unmittelbar zur Zahlung des begünstigten Wirtschaftsgutes und somit steuerunschädlich verwandt worden. Es sei nämlich untypisch und ungewöhnlich, Geldmittel ausgezahlter Darlehen auf längere Sicht nicht auszugeben, ohne dabei einen anderen Zweck als den der Finanzierung von erwähnten Wirtschaftsgütern zu verfolgen. Im Streitfall handele es sich daher nicht um ein notwendiges Durchgangsstadium im Rahmen einer wirtschaftlich sinnvollen Zahlungsgestaltung. Die von der Finanzverwaltung im Sinne einer Ausschlussfrist zwingend anzuwendende 30-Tage-Regelung aus dem BMF-Schreiben vom 15.06.2000 sei als Verwaltungspraxis allseits bekannt, es könne sich jedermann darauf einstellen. Daher könne dem Einwand des Klägers, durch den ungewissen Zeitpunkt der Abnahme habe nicht vorausgesehen werden können, wann die Schlusszahlung zu leisten sei, nicht gefolgt werden. Indem der Kläger gewusst habe, dass der Zeitpunkt der zweiten Zahlung ungewiss sei, habe er die Auszahlung des Darlehens in anderer Form sicherstellen können. So hätte er beispielsweise dessen Auszahlung in zwei Tranchen abrufen können. Die 30-Tage-Frist des BMF-Schreibens sei auch in dem Urteil des Finanzgerichtes Rheinland-Pfalz vom 08.09.1997 (Az. 5 K 2737/95) nicht in Frage gestellt worden.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Der angefochtene Feststellungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Die Kapitalerträge, die dem Kläger zukünftig aus der hier streitbefangenen Versicherung zufließen, sind entgegen der gesonderten Feststellung des Beklagten steuerfrei, § 20 Abs. 1 Nr. 6 Sätze 2 und 3 i.V.m. § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG , auf den § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG ausdrücklich verweist. Die dort genannten Voraussetzungen für den Abzug der Versicherungsprämien als Sonderausgaben sind erfüllt. Zwar können nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG Versicherungsprämien nicht als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn sie zur Finanzierung eines Darlehens dienen, dessen Finanzierungskosten wie im Streitfall Betriebsausgaben sind. Von den in § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a bis c EStG geregelten Ausnahmetatbeständen zu diesem Grundsatz greift im Streitfall die in Buchstabe a für den Fall vorgesehene Regelung, dass ein Darlehen unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes dient, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist.

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt, denn im Streitfall sind die Darlehensmittel unmittelbar und ausschließlich für die Herstellungskosten der Windenergieanlage verwendet worden. Dass die Darlehensverwendung nicht vom Kläger persönlich, sondern durch die KG erfolgt ist, ist insoweit nicht von Belang. Denn die Abzugsbeschränkung des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG wirkt nicht personenbezogen, sodass auch eine schädliche Verwendung durch oder für Dritte hiervon erfasst ist (vgl. Urteil des Finanzgerichtes Münster vom 09. März 2005, Az.: 1 K 1191/02 F, EFG 2005, 1678 m.w.N.).

Zwar ist im Streitfall durch den Umstand, dass das Darlehen nicht direkt an die die Windeenergieanlage errichtende und die Rechnungen erstellende Firma ENERCON GmbH, sondern auf ein bei der O-Bank AG geführtes Kontokorrentkonto der KG ausgezahlt wurde, das Darlehen zunächst zur Begründung einer Forderung der KG gegenüber der kontoführenden Bank verwendet worden. Bei einer wortlautgemäßen Auslegung hat das Darlehen damit unmittelbar zur Begründung einer Forderung und erst danach zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten gedient, so dass eine steuerschädliche Verwendung vorliegen würde.

Dieses wortlautgemäße Gesetzesverständnis hätte zur Folge, dass bei der üblichen Zahlungsabwicklung bei Bau- und ähnlichen Vorhaben für die Zinsen aus Lebensversicherungen, die der Absicherung von Darlehen zur Finanzierung der Vorhaben dienen, regelmäßig eine Steuerpflicht gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG einträte. Dieses Ergebnis geht allerdings über den Gesetzeszweck, der mit der durch das Steueränderungsgesetz (StÄndG) 1992 eingeführten Einschränkung des Sonderausgabenabzugs verfolgt wurde, hinaus. Denn bei der Auszahlung eines Darlehens, das für die Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes verwendet werden soll, auf ein Bau- oder Kontokorrentkonto handelt es sich nicht um ein steuersparendes Finanzierungsmodell, sondern um einen üblichen Zahlungsweg (vgl. dazu BFH-Urteil vom 13. Juli 2004, Az.: VIII R 61/03, BFH/NV 2005, 184).

Die Finanzverwaltung vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass dann, wenn Darlehensmittel i.S.d. § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG zunächst auf ein Konto (z.B. Kontokorrentkonto, Sparkonto) des Darlehensnehmers überwiesen werden, von dem sodann die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts bezahlt werden, dies nur dann steuerunschädlich ist, wenn zwischen der Überweisung der Darlehensmittel auf das Konto und der Abbuchung zur Bezahlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten ein Zeitraum von nicht mehr als 30 Tagen liegt (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 15. Juni 2000, Az.: IV C 4 - S 2221 - 86/00, BStBl I 2000, 1118, Rdnr. 53). Der BFH hat in seiner o.g. Entscheidung VIII R 61/03 wegen der Gestaltung des dort zugrunde liegenden Sachverhaltes zwar ausdrücklich offen gelassen, ob er dieser Auffassung folgen könnte. Allerdings hat er für den Fall einer vorzunehmenden wortlautkorrigierenden Auslegung des Tatbestandsmerkmales "unmittelbare und ausschließliche" Verwendung des Darlehens unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung (vgl. BTDrucks 12/1506, S. 156) ausgeführt, aus Gründen der Praktikabilität und zur Vermeidung unlösbarer Abgrenzungsschwierigkeiten könne eine solche nur dahin gehen, dass die zwischenzeitliche Begründung einer Forderung durch das mit der Lebensversicherung abgesicherte Darlehen nur dann unschädlich sei, wenn die Forderung lediglich ein notwendiges Durchgangsstadium im Rahmen einer wirtschaftlich sinnvollen Zahlungsgestaltung sei. Die Begründung einer Forderung könne aber dann nicht mehr als ein notwendiges Durchgangsstadium angesehen werden, wenn das Darlehen zunächst auf ein sog. Baukonto eingezahlt werde und sodann Beträge dieses Kontos und damit Teilbeträge des Gesamtdarlehens auf einem Unterkonto fest angelegt würden. Durch die Verfügung, die teilweise auch aus dem Darlehen stammenden Mittel für einen bestimmten Zeitraum fest anzulegen, trete der primäre Zweck des Darlehens, der Bezahlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu dienen, gegenüber dem Zweck, Zinsen zu erzielen, für einen Teilbetrag des Gesamtdarlehens für die Dauer der Festgeldanlage in den Hintergrund. Bei diesem Sachverhalt beruhe die Forderung gegenüber der Bank nicht mehr auf den üblichen Gepflogenheiten des Geldverkehrs, sondern auf der weiteren Willensentscheidung, aus der Forderung Zinserträge erzielen zu wollen. Darin liege eine steuerschädliche Verwendung, die der Gesetzgeber selbst dann habe unterbinden wollen, wenn sie "nur für kurze Zeit" stattgefunden habe.

Diesen Ausführungen schließt sich der Senat vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Absicht der mit dem StÄndG 1992 eingeführten Regelung, nämlich der Eindämmung bestimmter steuersparender Finanzierungsmodelle (vgl. dazu auch Schmidt/Heinrich EStG § 10 Rz 186), an. Maßgeblich ist danach, dass der primäre Zweck des Darlehens, der Bezahlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten begünstigter Wirtschaftsgüter zu dienen, eindeutig im Vordergrund steht. Soweit das BMF in dem o.g. Schreiben die Einhaltung einer Frist von maximal 30 Tagen zwischen Überweisung der Darlehensvaluta auf das Konto des Darlehensnehmers (der KG) und Abbuchung zur Bezahlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten für eine steuerunschädliche Behandlung eines Vorganges wie im Streitfall für unerlässlich hält, vermag der Senat dem als absolut und in jedem Einzelfall einzuhaltender Frist nicht zu folgen. Zwar mag diese Frist eine aus Gründen der Praktikabilität und besseren Handhabung der Vorschrift in der Mehrzahl der Fälle anzulegender Grobmaßstab sein (in diesem Sinne auch die Ausführungen des Gerichtes in der von den Beteiligten angesprochenen Entscheidung 5 K 2737/95 vom 08. September 1997, n.v., wobei es bei dem dort zugrunde liegenden Sachverhalt ohnehin nicht auf eine - kurze - Überschreitung der Frist ankam). Indes kann sie als weder in der Gesetzesbegründung noch in dem Gesetzeswortlaut zu findender Grenze als starre Auslegung des Tatbestandsmerkmales der "unmittelbaren und ausschließlichen Verwendung" des Darlehens verstanden werden, ohne dass die Umstände des zu würdigenden Einzelfalles berücksichtigt würden.

Solche für den Streitfall zu würdigende Einzelumstände erblickt der Senat zum einen darin, dass die festzustellende Fristüberschreitung eine äußerst kurze gewesen ist. War ausgehend von der Gutschrift der Darlehensvaluta auf dem Konto der KG am 24.10.2003 die erste Abbuchung zur Zahlung der Anschaffungskosten des begünstigten Wirtschaftsgutes mit dem 29.10.2003 innerhalb der 30-Tage-Frist erfolgt, wird mit der weiteren Zahlung vom 26.11.2003 diese am 23.11.2003 (Sonntag) endende Frist um lediglich 3 Tage überschritten, bei Anwendung des Gedankens aus § 193 BGB um nur 2 Tage. Schon diese bloß minimale Überschreitung einer nicht gesetzlich normierten Frist rechtfertigt eine derart weitreichende Konsequenz wie die der gesamten Steuerschädlichkeit nicht.

Im Streitfall kommt zu dieser letztlich formal orientierten Betrachtungsweise ein weiterer beachtenswerter Umstand hinzu. Die KG hat als Darlehensnehmerin nicht in einer Weise über die Darlehensvaluta verfügt, die dem Kläger mit steuerschädlicher Konsequenz zuzurechnen wäre. Nach den vorgelegten Kontoauszügen des Kontokorrentkontos ist auszuschließen, dass mit den streitgegenständlichen Darlehensmitteln nicht begünstigte Wirtschaftsgüter oder Aufwendungen bezahlt worden sind. Das Konto wies am 24.10.2003 vor Zubuchung der Darlehensvaluta einen Habensaldo iHv rd. 29.500. Euro aus, zudem erfolgte am 24.10.2003 neben dem Zugang von Mittel aus dem hier streitgegenständlichen Darlehen ein weiterer Zugang iHv 125.000 Euro. Der die Zahlung vom 29.10.2003 beinhaltende Kontoauszug weist nach deren Abbuchung ebenso einen positiven Kontostand (iHv 169.944,81 Euro) aus. Dem die Zahlung vom 26.11.2003 ausweisenden Kontoauszug lässt sich ein Anfangssaldo iHv + 192.594,14 Euro und ein abschließender Saldo iHv + 92.487,65 Euro entnehmen. Damit ist eine Finanzierung nicht begünstigter Aufwendungen mit den streitgegenständlichen Darlehensmitteln ausgeschlossen. Die KG hat auch anders als der Kläger in dem der Entscheidung des BFH vom 13. Juli 2004 (Az.: VIII R 61/03, a.a.O.) zugrundeliegenden Sachverhalt keine Darlehensmittel, auch nicht teilweise oder nur vorübergehend, dazu verwandt, Festgelder anzulegen und daraus Zinsen zu erzielen. Eine derartige Verfügung, durch die steuerschädlich der Zweck, mit den Darlehensmittel für einen bestimmten Zeitraum Zinsen zu erzielen, in den Vordergrund treten würde, hat die KG nicht vorgenommen. Mangels anderweitiger Willensentscheidung der KG standen die Darlehensmittel vielmehr im gesamten Zeitraum vom 24.10. bis 26.11.2003 für den Zweck der Bezahlung der Anschaffungskosten der Windenergieanlage zur Verfügung.

Unter Beachtung dieser Umstände kommt der zudem äußerst geringfügigen Überschreitung der in dem zitierten BMF-Schreiben genannten Frist als dem im Streitfall allein steuerschädlichen Gesichtspunkt keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 151 Abs.1 und 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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